Den BH hatte sie schon ausgezogen. Sie wich nach hinten, als er versuchte, ihre Wange zu berühren. Seine Hand hing kurz in der Luft zwischen ihnen, er ließ sie auf die Schläuche hinabsinken. Die Hände glitten abwärts, Weiches unter den Fingerkuppen, er meinte zu fühlen, dass etwas geschah. Sicher war er nicht. Ein Sichausdehnen. Ein warmes Sichausdehnen. Er konnte den Stoff seiner Unterhose fühlen, Feinripp, auf einmal fühlte er ihn, stieß dagegen, Feinripp, nur ein wenig, aber sicher war er nicht.
»Ssscht!«
Ssssss so scharf, dass er es als Kribbeln in den Fingerspitzen fühlen konnte, so dass seine Fingerspitzen innehielten, unschlüssig, auf dem rauen Strumpfhosenbündchen.
»Ssscht.«
Aufwärts. Seine Fingerspitzen bewegten sich aufwärts, stießen gegen Brustwarzen, strichen die kleine Wölbung die Schläuche hinauf, ohne zu verlangsamen, und kamen erst weit oben, knapp unter ihrem Schlüsselbein, zur Ruhe. Vorsichtig legte er die Handflächen ab. Sie mussten kalt sein. Ihr Herz schlug ruhig unter seiner rechten Handfläche, nicht schnell, nein, ruhig.
»Ich glaube, das reicht für heute«, sagte sie.
Er lehnte mit dem Rücken am Holz der Schlafzimmertür, seine rechte Hand tastete nach dem Schlüssel. Nein, er würde nicht abschließen, sich verbarrikadieren, als hätte er Angst. Er stieß sich ab, betrachtete die Tür, sie öffnete und schloss lautlos, er hatte die Angeln geölt, vor kurzem erst, einerlei, er hatte keine Angst vor ihr.
Den Kulturbeutel tat er auf die Sitzfläche des Stuhls, über den er immer seine Kleidungsstücke legte, die er am Morgen wieder anziehen würde. Den Bademantel hängte er über die Lehne.
Mit dem Lastwagen gefahren. Er schlug die Decke zurück. Die Marmelade war hellrot, verklebt mit grauen Stofffasern, der Fleck vom Frühstück mittig auf dem weißen Laken. Sie hatte die Wäsche nicht abgezogen, hatte die Krümel entfernt, das Laken geglättet, die Decke auf den Fleck gelegt, aber nicht die Wäsche abgezogen. Er setzte sich auf die Bettkante, stieß die Pantoffeln von seinen Füßen, gab acht, den Fleck nicht zu berühren, als er sich zurücklehnte. Der Fleck befand sich auf Höhe seines linken Ellbogens. Sie hätte das Bett frisch beziehen müssen, war zu faul gewesen. Mit dem Lastwagen gefahren. Das »Ssscht!« begann erneut in seinen Fingerspitzen zu kribbeln. Mit dem Lastwagen ins gemachte Nest gefahren. Seine Hand strich über das Laken, ertastete den Fleck, rau und gleichzeitig klebrig. »Ssscht!«, seine Fingerspitzen kribbelten, er hätte nicht aufhören sollen. Die Hände einfach nach unten gleiten lassen sollen, den Bauch hinab, die Strumpfhose hinab, dorthin, wo es warm war. Er fühlte wieder den harten Muskel ihres Oberarms unter dem hervorquellenden Fleisch. Er könnte zu ihr gehen. In sein Wohnzimmer. Sich neben sie legen auf die schmale Couch.
Es war dunkel im Flur, die Wohnzimmertür geschlossen, eine schmale Linie Licht fiel durch den Spalt zwischen Tür und Schwelle. Er zögerte, die Hand erhoben, unsicher, ob er anklopfen oder die Klinke hinabdrücken sollte. Es war seine Wohnung.
»Frau Potulski«, er öffnete die Tür.
Das Deckenlicht brannte, ebenso die Stehlampe, die Decke hatte sie auf der Sitzfläche des Sofas ausgebreitet, das Kopfkissen lag noch auf der Lehne. Jana Potulski kniete auf dem Boden vor dem Sofa, ihre Hände lagen gefaltet auf dem Polster, den Kopf hielt sie gesenkt, die Augen geschlossen.
Lautlos und schnell bewegten sich ihre Lippen, formten unablässig Worte. Sie sah nicht auf, musste ihn gehört haben, ihre Lippen hielten nicht inne, ihre Augenlider zuckten nicht.
Sie trug noch immer das weiße T-Shirt. Ihr Kinn berührte fast den Halsausschnitt, ihre Beine verdeckte das Sofa. Er trat einen Schritt vor, die Diele knarrte unter seinen Pantoffeln, Jana Potulski rührte sich nicht. Schien nur die Lippen schneller zu bewegen. Kurz zögerte er, ob er hinausgehen, die Tür schließen, im Flur warten sollte, bis sie fertig war. Beim nächsten Schritt setzte er den Fuß betont forsch auf, die Dielen blieben still. »Frau Potulski«, sagte er erneut, sagte es laut, seine Stimme klang fragend, ärgerte ihn. Er ging weiter, ging in einem Halbkreis um sie herum, bis er ihren Rücken sehen konnte, ihre Beine. Sie rührte sich nicht, sie trug keine Hose. Ihre Oberschenkel waren sehr hell, dort, wo sie gegen die Unterschenkel gepresst wurden, von kleinen Dellen übersät. Schwarze Haare wuchsen auf ihnen, gut sichtbar auf der weißen Haut, auf ihren flachgedrückten Waden, ihren Schenkeln. Adern zeichneten sich ab, blaue, vereinzelt auch rot-violette.
Sie saß auf den Fersen, die Knie unter das Sofa geschoben. Ihre Unterwäsche konnte er nicht sehen, das T-Shirt hing über ihrem Schoß. Er ging weiter, ihre Fußsohlen orange verhornt, zur Ferse hin wurde die Haut weißlich, sie hielt den Rücken sehr gerade, das Shirt bedeckte knapp ihr Gesäß.
»Beten Sie«, fragte er, sie rührte sich nicht, er war sicher, ihre Lippen bewegten sich weiter. Er betrachtete ihren Rücken, ihren Nacken unter der geraden Schnittkante der Haare, sie wusste, dass er hinter ihr stand, ihre nackten Beine sehen konnte. Er machte einen Schritt auf sie zu, wollte die Hand ausstrecken, ihren Nacken berühren, ihn mit der Hand bedecken, seine Finger sanft an ihrem Hals. Sie musste hören, dass er näher kam, zwischen ihnen war nur noch der Couchtisch.
»Na wieki wiekòw. Amen.«
Ihre Stimme kam so plötzlich, dass er zurückwich, sie hob den Kopf, die Haarkante senkte sich in ihren Nacken.
»Frau Potulski«, sagte er, sagte es streng, sie räusperte sich, während ihre Hand routiniert Stirn, Brustbein, linke Schulter, rechte Schulter berührte, anschließend küsste sie flüchtig ihre Fingerspitzen.
Sie stützte sich auf dem Sofa auf, als sie sich aufrichtete, zog mit der anderen Hand ihr T-Shirt nach unten, das nützte nichts, sie trug eine weiße Unterhose, synthetisch glänzend, ohne Spitze oder sonstige Verzierungen. Hastig hob sie die Decke an, schlüpfte drunter, breitete sie über ihre Beine, zog sie über ihren Bauch.
»Was ist«, fragte sie.
»Die Bettwäsche ist schmutzig«, seine Stimme klang, als wenn er sich rechtfertigen würde.
»Anklopfen«, sie nahm das Kissen von der Lehne, legte es hinter sich, »Sie klopfen an, ehe Sie hereinkommen.«
Er stellte sich breitbeinig vor den Couchtisch, die Knie durchgedrückt, das Kinn vorgeschoben.
»Mein Bett muss bezogen werden.«
»Morgen«, sie zog die Decke höher, klemmte sie unter ihre Achseln, »die Wäsche mache ich morgen«, verschränkte die Arme vor der Brust, ihre Unterarme schoben ihre Brüste zusammen, schoben sie hoch, sie wölbten sich unter dem dünnen Baumwollstoff.
»Warum nicht heute?«
»Ich liege im Bett«, sie sah hinab auf die Decke, wieder zu ihm, entrüstet, wie ihm schien. »Ich habe gefegt, Staub gewischt, überall, im Flur, hier, in Ihrem Schlafzimmer, unter den Möbeln, unter Ihrem Bett. Ich kann nichts dafür, dass es bei Ihnen dreckig ist. Ich habe …«, sie machte eine Pause, biss sich auf die Unterlippe, schien nachzudenken. »Was haben Sie denn gemacht?« Sie richtete sich plötzlich auf, ihre Hand erhoben. »Was haben Sie denn gemacht?« Ihre Stimme überschlug sich. »Gemeckert und rumgesessen.« Sie ließ sich auf das Sofa zurückfallen, stieß wütend mit den Füßen in die Decke, bis sie ausgebreitet war. »Machen Sie das Licht aus, wenn Sie gehen.« Frau Potulski drehte sich auf die Seite, drehte ihm den Rücken zu, zog die Knie an, lag mit dem Gesicht zur Sofalehne.
Das Papiertaschentuch klebte sofort auf der Marmelade, er strich es mit der Handfläche glatt. Wenn er sich im Schlaf nicht allzu viel bewegte, würde es ausreichen, entschied er. Vorsichtig legte er seinen Unterarm auf das Papier, zog die Decke glatt und faltete die Hände über dem Bauch. Versuchte sich vorzustellen, dass er mit der einen Hand ihre Handgelenke zusammenhielt, sie lag auf dem Rücken, mit der anderen ihren Hosenknopf öffnete. Doch sie bäumte sich auf, stieß ihm die Knie in den Brustkorb, er fiel nach hinten. Ihre Hände griffen nach irgendwas, nach der Weltuhr, einem Messer, dem Mülleimer, hoben ihn drohend über ihren Kopf. Er sah das rote Dreieck, das der Mülleimer in seine Stirn riss, sah sich nach hinten kippen, die Augen verdreht. Er wäre nicht in der Lage, sie festzuhalten, niederzudrücken, unten zu halten, bis sie still genug lag. Mit dem Lastwagen gefahren. Er schüttelte den Kopf.
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