De Sutton trat einen Schritt vor und deutete eine Verbeugung an. »Selbstverständlich«, beeilte er sich, hinzuzufügen. »Wenn ich Ihnen Ihre Kabine zeigen darf?«
In diesem Augenblick verließ McAllister die Fähre und stellte sich auf die andere Seite der offenen Luke. Als sie ihn direkt neben dem Schwarzen Gardisten sah, stellte Dee überrascht fest, wie klein er war. Der Kopf des Leibwächters zuckte in McAllisters Richtung, der völlig unbeeindruckt seinen Standort beibehielt.
Dees Nackenhaare richteten sich auf. Zwei Raubtiere, die sich gegenseitig belauerten.
»Thierry!« Die Stimme des Botschafters brach die Spannung.
Mit ausdrucksloser Miene baute sich der Leibwächter neben Duras auf.
Der Botschafter verzog die Lippen zu einem abschätzigen Grinsen. »Ich hoffe doch auf etwas mehr als nur die Kabine – damit sich der Ausflug wenigstens etwas lohnt.«
Fragend sah De Sutton Coulthard an.
»Sobald wir Kurs aufgenommen haben, wird Captain Coulthard sicherlich gerne Ihrer Bitte nachkommen«, antwortete Hagen an Coulthards Stelle.
Coulthards Augen wurden schmal. »Sicher.«
Mit selbstgefälliger Miene ließ der Botschafter Coulthard stehen und schritt Richtung Hangarausgang. »Ich verlasse mich darauf«, warf er noch hinter sich, während der Leibwächter ihm wie ein gut dressierter Hund auf dem Fuß folgte.
»Was bilden Sie sich ein?«, fauchte Coulthard, kaum dass Duras, Thierry und De Sutton den Hangar verlassen hatten.
Hagen versuchte ein Lächeln. »Beruhigen Sie sich doch bitte!«
»Was soll ich?«, schnappte Coulthard.
»Captain Coulthard, ich versichere Ihnen, dass es nicht meine Absicht war, Sie zu übergehen. Ich versuche nur, den reibungslosen Ablauf dieser Mission zu gewährleisten, deren Ausgang mit unserem Fortbestand eng verkn ...«
»Sparen Sie sich Ihre Floskeln! Ich bin nicht dumm. Wie können Sie diesem ... diesem arroganten Flegel einen Rundgang durch dieses Schiff versprechen? Sind Sie sich eigentlich im Klaren darüber, wo Sie sich befinden?«
»Auf einem Prototyp.« Hagens Stimme war immer noch ausgesucht höflich. »Der genau zu diesem Zweck für diese Mission ausgesucht wurde. Oder irre ich mich da?«
»Zu welchem Zweck?«
»Um den Feind davon zu überzeugen, dass es besser ist, sich zurückzuhalten und das Waffenstillstandsangebot anzunehmen.«
»Ich sagte es bereits: Ich bin nicht dumm. Nichtsdestotrotz bedeutet dies nicht, dass ich gewillt bin, einem Feind die empfindlichen Teile dieses Schiffes zu zeigen.«
Unbehaglich verlagerte Dee ihr Gewicht von einem Fuß auf den anderen. Es war nicht richtig, dass sie diesen Streit mitbekamen.
»Sir.« Dee drehte sich um und sah McAllister zwei Schritte auf Coulthard zugehen. »Es wird sich sicherlich eine Möglichkeit finden lassen, um beiden Seiten Genüge zu tun.«
Überrascht sah Coulthard ihn an.
Hagen lächelte. »Hören Sie auf den Lieutenant, Captain.«
Coulthards Miene verfinsterte sich. »Niemand bestreitet das, McAllister. Watanabe, machen Sie mit den betroffenen Offizieren einen Plan, was wir wie und wann dem Botschafter zu zeigen gedenken. Bis dieser Plan ausgearbeitet ist, gilt für den Botschafter und seinen Leibwächter ein eingeschränkter Bewegungsspielraum.«
»Captain Coulthard, ich bitte Sie«, versuchte Hagen, sie zu unterbrechen.
Aber Coulthard fuhr mit ihrer Erklärung fort, als habe sie den Protest nicht gehört. »Riegeln Sie mit Ihren Männern alles ab. Bis auf Weiteres werden unsere Gäste nur ihr Quartier, die Messe und die sanitären Anlagen zu Gesicht bekommen.«
Watanabe nickte. »Aye, Sir.«
»Und Sie«, wandte Coulthard sich schließlich doch an Hagen. »Mischen Sie sich nie wieder in meine Angelegenheiten ein! Niemand wagt es, mich auf meinem Schiff zu übergehen. Niemand! Habe ich mich klar und deutlich ausgedrückt?«
»Ja, Captain. Das haben Sie!« Hagens Miene blieb freundlich. »Und ich versichere Ihnen noch einmal, dass es nicht meine Absicht war, Sie zu übergehen. Aber bitte denken Sie daran, wer bei diesem Auftrag das Sagen hat, wenn Sie ihn schon durch eigenmächtige Personalentscheidungen in Gefahr bringen.«
Das zielte eindeutig in McAllisters Richtung.
»Oh nein, Mistress Hagen!«, fauchte Coulthard. »Sie irren sich. Sie haben vielleicht das Sagen bei dieser Mission, aber nicht auf diesem Schiff.«
Mit diesen Worten ließ Coulthard Hagen stehen und verließ den Hangar.
Verblüfft sah Dee ihr nach. Das versprach ein interessanter Flug zu werden.
»Sir!«
Dee sah von ihrer Kommandokonsole auf. Sie waren mitten in den Startvorbereitungen. Ein Auge nervös auf die Kontrollen gerichtet, linste Dee hinter sich.
Watanabe nahm neben Coulthards Kommandostuhl Haltung an.
Coulthard sah ihn mit gerunzelter Stirn an. »Sagen Sie mir, dass es wichtig ist«, knurrte sie.
»Der Botschafter beschwert sich.«
Ein Wunder! Hatte sie da eben Ironie aus Watanabes Stimme gehört?
Seufzend schüttelte Coulthard den Kopf. »Haben Sie auch ab und an gute Nachrichten für mich, Otho?«
»Ich bemühe mich, Sir.«
Noch zwei, die sich kannten.
»Diese Mission wird mir anscheinend noch jede Menge graue Haare bescheren. Also! Was will er denn, der Herr Botschafter?«, fragte Coulthard.
Watanabe räusperte sich. »Er beklagt sich darüber, dass das Quartier nicht seinen Anforderungen entspricht. Zumal sein Leibwächter zu seinen Füßen schlafen muss.«
»Wie bitte?«
Bei diesen Worten drehten sich auch Nayiga und McAllister zu Coulthard um.
»Der Leibwächter muss auf dem Boden schlafen?«, echote Coulthard. »Das ist nicht Ihr Ernst!«
»Doch, Sir. Lieutenant Commander De Sutton hat dem Leibwächter einen Platz in einem leer geräumten Lagerraum zugewiesen. Äh, eine Art Abstellkammer, wäre der passendere Ausdruck. Thierry hat das kategorisch abgelehnt. Er besteht darauf, in einem Raum mit Mister Duras zu schlafen, um seiner Aufgabe angemessen nachkommen zu können. Und da Ihre Kabine nur mit einem einfachen Bett ausgestattet ist, bedeutet dies, dass Thierry auf dem Boden schlafen muss.«
Wie Watanabe es schaffte, bei diesem Bericht ernst zu bleiben, war Dee ein Rätsel. Trotz des Ernstes der Lage musste sie sich auf die Lippen beißen, um ein Kichern zu unterdrücken.
Coulthard stöhnte und stützte den Kopf in die Hand. Nach einer Weile hob sie ihn wieder. »Und wie schlägt der Herr Botschafter vor, dieses Problem zu lösen?«
»Er wünscht, dass Thierry Ihre Kabine bezieht.«
»Aha!« Stille herrschte, in der Coulthard sich mit einer Hand die Schläfen massierte.
»Sir, es würde mir nichts ausmachen, mit Lieutenant Watanabe besagten Lagerraum zu beziehen«, mischte McAllister sich mit ruhiger Stimme ein.
Überrascht sah Coulthard ihn an, bis plötzlich ein schiefes Lächeln auf ihrem Gesicht erschien. »Immer noch besser als eine Zelle oder mit De Sutton das Quartier zu teilen, oder?«
McAllisters Miene wirkte mit einem Mal trotzig. »Wie Sie meinen, Sir.«
Coulthard seufzte. »Da mir im Moment nichts Besseres einfällt – machen wir es so. Otho, Lieutenant McAllister zieht zu Ihnen in den Lagerraum und ich gehe mit De Sutton in ein Quartier. Teilen Sie dem Leibwächter des Botschafters die Kabine des Zweiten Offiziers zu. War’s das?«
»Ja, Sir. Wird gemacht, Sir.« Watanabe deutete einen Gruß an.
Er wollte schon gehen, als Coulthard ihn mit einem Wink zurückhielt. »Wieso muss ich das eigentlich klären? Das war De Suttons Aufgabe.«
»Ich weiß es nicht, Sir. Commander De Sutton hat mich zu Ihnen geschickt, um eine Entscheidung zu erbitten.«
»So.« Danach machte Coulthard wieder diese Pause, in der Dee jedes Mal eine Gänsehaut bekam. »Schicken Sie De Sutton in den Besprechungsraum – nach dem Sprung. Und nachdem die Quartierfrage geklärt wurde.«
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