Petra E. Jörns - FREMDE HEIMAT

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Die Erde ist verloren, die Menschheit nahezu vollständig ausradiert. Einzig der Leichte Schlachtkreuzer «Sydney» konnte mit seiner fünfzig Mann starken Besatzung dem Massaker entkommen.
Auf sich allein gestellt sucht die Mannschaft nach einer Möglichkeit zu überleben. Als sie auf der Suche nach Unterstützung in Kontakt mit den kriegerischen Krail-on kommen, stolpern sie in eine Intrige, deren Ausmaß erst nach und nach klar wird. Unversehens wird der junge Pilot Alan McBride durch die Ereignisse gezwungen, die Führung zu übernehmen. Dank seines Mutes findet er unter den Krail-on nicht nur Gegner. Es scheint gar, als könnten die letzten Menschen bei den Fremden eine neue Heimat finden. Doch es ist nicht leicht, Freund und Feind zu unterscheiden, denn der Feind sitzt auch in den eigenen Reihen.

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Petra E. Jörns

Fremde Heimat

AndroSF 111

Petra E. Jörns

FREMDE HEIMAT

AndroSF 111

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

© dieser Ausgabe: August 2020

p. machinery Michael Haitel

Titelbild: Crossvalley Smith †

Layout & Umschlaggestaltung: global:epropaganda

Korrektorat & Lektorat: Michael Haitel

Herstellung: global:epropaganda

Verlag: p. machinery Michael Haitel

Norderweg 31, 25887 Winnert

www. p machinery.de

für den Science Fiction Club Deutschland e. V., www.sfcd.eu

ISBN des Printbuches: 978 3 95765 196 9

ISBN dieses E-Books: 978 3 95765 892 0

Die Erde ist verloren. Syrakuse, die Marskolonie und Paradise – alle in der Hand der Irhog. Gebe Gott, dass Genevieve und Mutter nicht lange leiden mussten.

Persönliches Logbuch, Commander Jean-Pierre Delacroix, Sydney

1.

Nein , durchschoss es Alan. Das war nicht real. Das konnte nicht real sein. Gleich würde er aufwachen und feststellen, dass das alles nur ein Albtraum war.

»Die Afrika ruft uns.« Yaels Stimme schien von weit weg zu kommen, obwohl sie direkt neben ihm saß. Ihr Gesicht wirkte im roten Licht des Feindalarms wie eine Maske.

»Ich höre«, rief Commander Delacroix.

Ein Beben lief durch den Boden unter Alans Füßen.

»Treffer!«, bestätigte Jäggi von der Schadenskontrolle. »Offiziersmesse.«

Delacroix blieb ganz ruhig: »Feuer nach Belieben, Mister Fiorentino.«

»Aye, Sir«, antwortete Dean von der taktischen Konsole sofort.

Auf dem Displayausschnitt seines 3-D-Monitors konnte Alan den nächsten Fächer der Geschosse erkennen, die auf sie zurasten. Seine Finger tauchten in die Matrix hinein, zogen und stauchten sie. Das Displaybild änderte sich.

»Rückzug«, krächzte eine Stimme aus dem Interkom. »Verteidigen Sie die zivilen Schiffe.«

»Aye, Admiral Ousseni!«, erwiderte Delacroix.

Ousseni war der Oberkommandierende der Flotte. Vielleicht war ja doch noch nicht alles verloren! Alan wagte kaum, zu hoffen.

»Übermitteln Rückzugsvekt…« Die Stimme des Admirals ging in einem Rauschen unter.

Jemand wimmerte.

»Mister Nguyen!«, blaffte Delacroix.

Die Geschosse verfehlten sie, aber die nächsten folgten schon.

Ausweichen. Er musste den Geschossen ausweichen, mahnte sich Alan.

Seine Finger spielten mit der Matrix. Ein Wimpernschlag brachte ihn tiefer hinein, bewegte ihn vorwärts. Ohne dass er darüber nachdenken musste, schnippte er hier einen Vektor beiseite, holte dort einen heran. Sah Bilder, wo keine waren, ordnete neu an, ohne erklären zu können, woher er wusste, was richtig war.

»Mister Nguyen!« Delacroix' Stimme klang zornig.

Warum antwortete Nguyen nicht endlich, wunderte sich Alan. Er brauchte endlich diesen verdammten Rückzugsvektor, den Ousseni an Nguyens Konsole übermitteln wollte. Damit er mit seiner Hilfe den Kurs für die Sydney berechnen konnte, um der Flotte zu folgen.

»Die … die Afrika wurde getroffen.« Yaels Stimme.

Ganz nebenbei wich Alan einem Angriff aus. Das war knapp gewesen. Für einen Herzschlag schien die Zeit stillzustehen. Alan atmete aus, und die Matrix wich zurück.

Da zerbrach das Echo der Afrika auf dem Display und wurde zu einem Mückenschwarm aus Trümmern. Wie viele Menschen hatten sich an Bord des Trägerschiffes befunden? Zweitausend? Dreitausend?

Die Matrix geriet in Unordnung. Schweiß tropfte von Alans Kinn. Mit einem Wimpernschlag tauchte er wieder in die Matrix hinein, schob Vektoren von links nach rechts, tupfte den einen zusammen und zog einen anderen heraus.

»Die Australia …« Yael wieder. »… tot.«

Damit hatten sie noch ein Trägerschiff verloren.

Das Rauschen des Interkoms füllte wieder die Brücke. Vage war darin Oussenis Stimme zu hören. »… Rückzug … alle Schiffe …«

Eine andere Stimme löste Admiral Ousseni plötzlich am Interkom ab. »Decken Rückzug. Heathcote Ende.« Heathcote kommandierte die Europa .

Alan konnte den Punkt in der Matrix identifizieren, der die Europa markierte. Die Matrix konfigurierte sich um. Neue Mückenschwärme kamen auf sie zu. Ohne nachzudenken, schob, tupfte und glättete er. Ausweichmanöver um Ausweichmanöver. Seine Hände schienen ohne sein Zutun zu arbeiten. Er wagte nicht zu blinzeln, aus Angst, den Faden zu verlieren.

Wie lange noch? Ein Fehler nur, egal wie winzig, und sie waren alle tot. Wann antwortete Nguyen endlich? Kapierte dieser Idiot nicht, dass sie alleine zurückbleiben würden, wenn die anderen Schiffe sprangen, ehe er mithilfe des Rückzugsvektors einen Sprungkurs berechnen konnte?

»Erde unter Beschuss.« Wieder Yael.

Ein Geschossfächer lief an ihnen vorbei. Noch einer. Keine Zeit zum Atmen.

»Wo bleibt der verdammte Rückzugsvektor?«, brüllte Commander Delacroix.

»Sir, ich weiß es nicht. Oh, mein Gott. Das ist New York. Nein.« Yael keuchte. »Paris. Moskau …«

Ein Schauer lief über Alans Rücken. Das war nicht real. Das musste ein Traum sein!

»Kanal zur Afrika «, fauchte Delacroix.

Yael antwortete prompt: »Kanal steht.«

Es rauschte. Ein Beben lief durch den Brückenboden.

»Komm ausgefallen«, krächzte Jäggi.

Alan verbiss sich einen Fluch. Verdammt, sie hatten den Sprungvektor immer noch nicht erhalten!

»Die Antarctica springt.« Yael.

Die Matrix auf Alans Monitor geriet in Unordnung. Ein Punkt im Display verschwand.

»Weg hier. Mister McBride, nehmen Sie den Sprungvektor der Antarctica! «

»Aye, Sir«, antwortete Alan.

Er schaffte das. Wenn jemand den Sprungvektor eines anderen Schiffes aus der Matrix herausfischen und berechnen konnte, dann er. Hatte er denn eine Wahl? Er musste ihn einfach finden. Sonst würden sie den Rest der Flotte nie wiedersehen.

Ein weiterer Punkt verschwand, verwässerte die Daten auf dem Monitor.

»Verdammt!«

Fast. Er war so nah dran gewesen.

Alan biss sich auf die Lippen. Weitere Punkte folgten dem ersten. Die Vektormatrix waberte. Die Sprungechos zerstörten jedes Bild, das im Chaos auftauchen wollte. Das war hoffnungslos.

»Zu viele Interferenzen«, antwortete er.

»Dann berechnen Sie einen Sprungvektor zu Delta-Neun!« Delacroix' Stimme war keine Emotion anzuhören.

»Aye, Sir.«

Neue Geschossfächer wanderten auf sie zu.

Ausweichmanöver. Noch eines. Alans Finger zupften ein Fenster auf, um den Sprungvektor zu legen.

»Mister McBride«, mahnte Delacroix.

»Washington, Rio de Janeiro, Boston …« Yael schluchzte. »Nein, oh nein.«

Boston.

Mutter …

Ein Traum, nur ein Traum.

»Mister McBride!«

Der Boden vibrierte einmal, zweimal.

»Mannschaftsdeck«, schrie Jäggi.

Die Matrix auf Alans Monitor verschwamm. Er wischte sich übers Gesicht und fühlte die Nässe. Tränen? Auf dem Monitor schälte sich der Sprungvektor aus dem Datenwust.

»Bereit.« Alans Stimme zitterte.

»Sprung.«

Alan stand im Schott zur Krankenstation.

»Raus hier«, herrschte Doktor Hayes ihn an. Die roten Locken hingen ihr ins Gesicht.

Jemand schrie. Von anderer Stelle ertönte ein Wimmern.

Das Neonlicht entblößte das Blut und den Ruß, zerfetzte Gliedmaßen und zerstörte Gesichter. Die Luft schmeckte nach Blut und Ozon.

In Alans Kehle würgte es. Er wollte hier weg.

»Ruhig, ruhig.« Marjas Stimme.

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