Peter W. Klein
Die eiserne Hand
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Inhaltsverzeichnis
Titel Peter W. Klein Die eiserne Hand Dieses ebook wurde erstellt bei
Inhalt Peter W. Klein Die eiserne Hand Dieses ebook wurde erstellt bei
KAPITEL 1
KAPITEL 2
KAPITEL 3
KAPITEL 4
KAPITEL 5
KAPITEL 6
KAPITEL 7
KAPITEL 8
KAPITEL 9
KAPITEL 10
KAPITEL 11
KAPITEL 12
KAPITEL 13
KAPITEL 14
KAPITEL 15
KAPITEL 16
KAPITEL 17
KAPITEL 18
KAPITEL 19
KAPITEL 20
KAPITEL 21
KAPITEL 22
KAPITEL 23
KAPITEL 24
Impressum neobooks
Ich bevorzuge ja eigentlich farbige Wohnungen. Weiße Wände erinnern mich immer an Krankenhauszimmer und an meine Exfrau, die alles blass und fade wollte. Aber jetzt, am Morgen nach dem Aufstehen, war mir meine Single-Wohnung doch zu bunt. Die roten Blutspuren waren rein optisch gesehen zu viel des Guten.
Da habe ich mühevoll nach meiner Ehescheidung das Wohnzimmer mit den Farben `Lachs´und `Terracotta´ gestrichen, fein abgestimmt auf `Physalis´ im Flur. Und jetzt war der untere Bereich der Wände blutverschmiert, von den Möbeln ganz abgesehen.
Auf dem Deckel der alten bemalten Bauerntruhe hatte sich die künstlerisch gestaltete Sonnenblume unter einem Blutklecks versteckt, als Blume kaum noch erkennbar. Im Bücherregal war der Titel von einem Luis Trenker Antiquariat blutbesudelt – statt `Bergferien im Sommer´ stand da jetzt `...rien...omm´. Und meine handgeschnitzte und mühsam aus Indien mitgeschleppte Buddha Figur hatte ebenfalls den roten Lebenssaft im hölzernen Antlitz – das sah aus als hätte sie Nasenbluten.
Der Flokati am Boden bestätigte mir durch die Blutflecken einmal mehr, dass Rot und Weiß eine hübsche Farbkombination ist, aber diesen altgedienten Faserteppich wollte ich ohnehin schon seit langem entsorgen, er war einfach nicht mehr zeitgemäß.
Ein befreiender Seufzer blähte meine Backen auf, als ich den Blick auf die Couchgarnitur richtete. Die blutige Schleifspur darauf bestätigte, dass die kaffeebraune Sitzgruppe `Kuba´ im Lederlook doch kein Fehlkauf war. Das wasserfeste Kunstleder lies sich später bestens abwischen.
Doch zu meiner blitzschnellen ästhetischen Bestandsaufnahme gesellte sich ebenso rasant ein Schock, verbunden mit der allumfassenden Frage: Woher, verdammt noch mal, stammt das viele Blut? Etwas verwirrt fuhr ich mir mit den Fingern durch meine zwar noch vollen aber leicht grau melierten Haare.
Sofort fiel mir `X-Man´ein.
`X-Man´ war mein Kater.
Den Namen bekam er, weil die Natur ihm etwas x-förmige Hinterläufe mitgegeben hatte. Ansonsten war er ein schönes Tier mit seiner schwarz-weiß Färbung.
Am Abend zuvor kam `X-Man´ angeschlichen, holte sich seine Streicheleinheiten, wobei mir auffiel, dass sein Schwanz am Ansatz einen leichten Knick mit einer eher harmlosen leicht blutenden Wunde hatte. Da mein Kater immer wieder mal mit einer kleineren Verletzung nach Hause kam, machte ich mir keine große Gedanken darüber. Ich nahm an, dass er in eine Rauferei mit einem Hund geraten war oder einen Schlag mit einem Knüppel einstecken musste. Vielleicht hatte ihn auch ein Auto angefahren
„X-Man“ rief ich und raste zum Katzenbett in der hinteren Ecke des Wohnzimmers. Da lag friedlich mein Kater - und hatte keinen Schwanz mehr!
Nur noch ein blutiger Stummel leuchtete mir entgegen.
Ich brauchte eine Weile um zu verstehen was da passiert war. Durch die kleine Verletzung, die doch wohl etwas größer war als ich anfangs dachte, wurden wohl auch einige Nervenstränge beschädigt und dadurch empfand mein Stubentiger kein Gefühl mehr in seinem Schwanz und hat diesen nun vermeintlichen Fremdkörper über Nacht einfach aufgefressen. Frisches Fleisch
und Blut – für das Tier ein Leckerbissen.
Fassungslos stand ich da und blickte mich um.
Den eigenen Schwanz gefressen!
Nichts war übrig geblieben, keine Haare, kein Knorpel – nichts! Außer dem Blut natürlich.
Verstört fragte ich mich, was ich zuerst tun sollte. Blut weg putzen? Kaffee aufsetzen? Mit `X-Man´ zum Tierarzt fahren?
Ich entschied mich für den Kaffee, da der Kater sich offensichtlich nicht quälte und es für den Veterinär ohnehin zu früh war. Der machte erst in zwei Stunden seine Praxis auf.
Also legte ich ein Kaffeepad in meinen Senseo Automat, füllte Wasser auf und verfolgte dann die Blutspur im Wohnzimmer. So konnte ich erstmals sehen welche Wanderung der Kater in den Nachtstunden vollzog. Das war erstaunlich.
Jetzt lag er friedlich da und knabberte an seinem Schwanzstummel als wäre es ein Leckerli.
Da ich meinen Lebensunterhalt als freier Autor und Journalist verdiene, unter anderem auch für ein kleines aber gut verkauftes Magazin mit dem schlichten Namen `Der Kriminalist` schreibe, hatte ich spontan den Einfall, aus der Katzengeschichte eine kleine Story zu machen.
Nach kurzer Überlegung verwarf ich aber diese Idee – wer will schon das Drama einer schwanzlosen Katze lesen, auch wenn eindeutig Kannibalismus an sich selbst der Aufmacher wäre. In Fachkreisen nennt man das auch `Autophagie`.
Nebenher schreibe ich noch (unter Pseudonym) sogenannte Groschenheftchen. Das beschert mir einen netten Nebenverdienst und man muss dabei nicht sonderlich auf Stil und literarische Finesse achten. Aber auch da wusste ich im Moment nicht, wo der Katzenhorror unterzubringen wäre.`Undercoveragent sucht Miezenschwanz´ oder `Dem Dachhasen auf der Spur´ –
Nein! Da macht mein schriftstellerisches Ego nicht mehr mit.
Das Kaffeewasser war heiß. Ich musterte die Tassen in der Vitrine und wollte heute bewusst nicht die sonst übliche Rote nehmen, sondern griff nach einer Blauen mit der Aufschrift `Internationales Guggenmusigg Treffen´.
Die war einmal eine Glühweintasse beim Faschingsumzug.
Der Kaffeeautomat wurde ausgeschaltet und dann fing die Putzaktion an.
`X-Man´ schaute interessiert zu, als wäre nichts geschehen. Um das Ganze etwas lockerer zu gestalten legte ich die CD `Beatles Nr.1 Hits´ ein und schaute noch einmal ob die Kaffeemaschine wirklich ausgeschaltet war.
Die Musik von `Cats´ wäre wohl passender gewesen, aber die hatte ich nicht. `Katzeklo´ von Helge Schneider fehlte auch in meiner Sammlung.
In der Küche lies ich Wasser in den Putzeimer laufen (der übrigens grün war), tat einen Schuss Allzweckreiniger hinzu und fing bei der alten Truhe an zu wischen, nachdem ein erneuter Blick auf die Kaffeemaschine mir bestätigte, dass sie ausgeschaltet war. Gleichzeitig wurde mir wieder einmal bewusst, dass mich meine Kontrollsucht wieder im Griff hatte und ich endlich etwas dagegen tun sollte.
Nicht ständig, aber immer wieder hatte ich den inneren Drang etwas mehrfach zu kontrollieren. Herdplatten, Aschenbecher, abgeschlossene Türen – und eben auch den Kaffeeautomaten.
Das war ein psychische Störung, im Medizinischen `Obsessive Compulsive Disorder´ genannt, oder kurz gesagt `OCD´.
Erfreulich war, dass bei mir diese Zwangsstörung nur gering ausgeprägt auftrat. Andere waschen sich hundert Mal am Tag die Hände bis sich die Haut löst. Ich schaue nur dreimal nach ob der Backofen auf Null steht oder die Haustüre abgeschlossen ist. Das ist nicht so schlimm. Und auch nicht immer. Trotzdem litt ich unter diesem Zwang.
Nun denn, nach einer etwa zweistündigen Putzorgie war mein Wohnzimmer bis auf wenige kleine Fleckchen wieder blutfrei. Ein paar mal dachte ich daran, dass mein Leben als Single auch Nachteile hat, speziell im Putzbereich, aber eine feste Beziehung reizte mich im Moment überhaupt nicht.
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