Peter Klein
Der todgeweihte Prinz
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Inhaltsverzeichnis
Titel Peter Klein Der todgeweihte Prinz Dieses ebook wurde erstellt bei
Karte Karte
Widmung Widmung Für alle Neu-Gierigen
Prolog
Präludium
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Epilog
Danksagung
Impressum neobooks
Für alle Neu-Gierigen
Der Dunkle genoss das Gefühl der Macht. Die kleine feindliche Armee hatte wie erwartet keine Chance gegen die Übermacht der verbündeten Truppen. Nur einige wenige Kämpfer hielten noch die Stellung, während man in der Ferne schon die ersten Bewohner der Stadt in Panik fliehen sah.
Ein Lächeln umspielte seine Lippen. Außenstehende mochten ihn für grausam halten. Aber das war er nicht. Er hatte zwar Spaß an dem, was er tat, wie es ihn stets befriedigte, wenn einer seiner Pläne funktionierte und er seine Überlegenheit gegenüber Mitmenschen fühlen konnte. Doch man mochte auch sagen, er tue lediglich, was nötig sei. Es war schließlich wichtig, dass möglichst keiner entkam, auch nicht die Bewohner der Stadt. Die Truppen hatten entsprechende Anweisungen.
Doch was war das? Seine große Armee wurde aufgehalten. Die Stelle war strategisch gut gewählt, aber nur wenige wären so heldenhaft, sich einer derartigen Übermacht in den Weg zu stellen. Völlig sinnlos. Er trieb sein Pferd an. Er musste näher heran. Das durfte nicht gestattet werden. Zu viele Stadtbewohner würden fliehen können.
Ja, es war der Kerntrupp seiner Feinde. Der aus vielen Wunden blutende Prinz hätte wirklich besser fliehen sollen, dann hätte er vielleicht eine Chance zu überleben gehabt. Stattdessen stand er dort neben seinem Waffenmeister und tat so, als sei er ein Held. Der Waffenmeister war in eine Art Berserkerrausch verfallen, und seine lange Klinge wütete wie eine Sense blutig unter den Verbündeten, während der Prinz ihm mühsam den Rücken freihielt. Ein Berg von Leichen umgab sie.
Wie konnte es nur sein, dass sie von den vielen gegnerischen Waffen nicht getroffen wurden? Zweifelsohne war zumindest der Waffenmeister einer der besten Kämpfer des Reiches, doch gegen diese Übermacht hätten sie eigentlich nicht so lange bestehen können.
Der Dunkle beobachtete grimmig das ungleiche Gefecht. Da, und dort, unerklärliche Irritationen bei den Angreifern, kleine Verzögerungen beim Schwung der Waffe, etwas unkorrekter Stand, was war bloß die Ursache?
Aber natürlich, er hätte es sich denken können. Im Schatten hinter den beiden feindlichen Kämpfern konnte er jetzt eine längliche, hagere Figur erkennen. Der Hofmagus des Prinzen! Dieser Emporkömmling war ihm schon lange ein Dorn im Auge. Das würde lustig werden.
Er fokussierte seine ganze immense Kraft und formte ein dunkles, geistiges Schwert. Voller Energie schlug er zu. Doch der Hofmagus, dieser elende Nichtskönner, wagte es, ihm zu widerstehen, setzte ihm sein widerliches Talent entgegen. Aber natürlich war es hoffnungslos für ihn. Zu gering war seine Erfahrung im Kampf, seit zu kurzer Zeit war dieser erst Magier, als dass er mit seiner Macht hätte mithalten können. Er fand die Lücke in der Abwehr des anderen Verstandes und schlug erneut mit aller Kraft zu. Der Hofmagus ging zu Boden, wie er es verdient hatte.
Einen Moment lang schwankte der Dunkle wie benommen im Sattel. Dieses magische Duell hatte mehr Kraft erfordert, als er gedacht hätte. Doch dann richtete er seine Augen erneut auf das Gefecht. Der Prinz lag schon besiegt und wie tot am Boden, während der Waffenmeister, der verrückte Ritter, aus unzähligen kleineren und größeren Wunden blutend, immer noch wie wild focht. Dutzende musste er erschlagen haben, dieser Mann watete förmlich in Blut. Und in der Ferne flohen die erbärmlichen Stadtbewohner, versuchten ihr kümmerliches Leben zu retten, ein Leben, das zu leben er ihnen nicht gestattet hatte. Der Waffenmeister musste endlich sterben. Der Dunkle sammelte seine Kräfte und formte mühsam eine weitere geistige Waffe, aber es reichte nur noch für ein kleines dunkles Messer. Tiefe Verletzungen konnte er so nicht mehr bewirken, aber für eine Ablenkung würde es reichen. Hämisch wartete er auf den geeigneten Moment. Immer mehr seiner Truppen trafen ein, drängten förmlich nach vorne. Gut, dachte er, nur noch ein bisschen abwarten, er musste nur Geduld haben. Jetzt! Drei mutige Krieger wagten einen gemeinsamen Ausfall gegen den elenden Ritter. Dies war seine Chance! Der Dunkle stach mit seiner geistigen, kurzen Klinge energisch zu, und der Waffenmeister war sichtlich abgelenkt. Die drei feindlichen Schwerter trafen ihn zugleich, doch der Waffenmeister wirbelte noch einmal mit letzter Kraft herum. Unglaublich, wie hartnäckig dieser Kerl war. Die Köpfe der verbündeten Angreifer rollten zu Boden, so gewaltig war dieser letzte Streich des Waffenmeisters gewesen. Ihre Körper sanken zeitgleich nach unten, während – ja, was war denn das? Hinter dem taumelnden Waffenmeister hatte sich ein verborgener Eingang im Fels geöffnet, und darin stand der Hofmagus. Der Kerl war widerstandsfähiger, als gedacht. Der hätte doch eigentlich für den Rest seines Lebens wimmernd am Boden liegen müssen?
Angriff. Schneller Angriff. Der Waffenmeister kann sich doch nicht mehr wehren, die letzten Schläge haben ihm den Rest gegeben. Nein!!! Lasst sie nicht entkommen!!! Diese Tür darf sich nicht wieder schließen. Nein!!!!
Ach, egal. Sie sind beide derartig verletzt, dass sie mit Sicherheit sterben werden. Rasch, tötet die Stadtbewohner, tötet alle! Alles, was sie besitzen, soll euch gehören!
Der Prinz. Wo ist der Prinz? Er ist gewiss nicht durch die geheime Tür im Fels entkommen, das hätte ich gesehen. Er lag doch noch wie tot am Boden, als die beiden entkommen sind. Wo ist er jetzt? Verflucht! Bin ich denn von lauter Unfähigen umgeben? Wut! Wut! WUUUUUT!
Er stand ruhig dort im beginnenden Tag, an exponierter Stelle, und der Wind blies ihm sanft ins Gesicht. Die Sonne wärmte noch nicht, aber sie tauchte die Welt bereits in Farben. Ein paar Nebelfetzen zogen hoch, wurden vertrieben wie die Nacht selbst, vertrieben von der strahlenden Sonne. Es würde ein guter Tag werden.
Für ihn hingegen war es vorbei. Es war nur ein Husten gewesen, zunehmend, und er hatte es auf das Rauchen zurückgeführt. Dann aber hatte der morgendliche Schleim sich blutig verfärbt. Die Ärzte hatten die Diagnose bestätigt: Lungenkrebs im fortgeschrittenen Stadium, hieß es. Ungewöhnlich früh aufgetreten. «Wir können Ihnen eine Chemotherapie anbieten. Vielleicht auch eine Bestrahlung.»
Er wusste es besser. Es ließ sich ja alles nachlesen, es stand ja alles im Netz. Unheilbar! Vielleicht noch ein Jahr, aber unter ständigen medizinischen Maßnahmen. Sein Wohlstandsbäuchlein würde allmählich ausmergeln, und er würde immer schwächer werden, immer mehr dahinsiechen, bis schließlich ...
Das war nichts für ihn!
Er dachte an sein verkorkstes Leben.
Es fing schon in der Kindheit an. Seine Eltern hatten sich im Streit getrennt, und er hatte dazwischen gestanden. Bei einer Scheidung ging halt immer etwas kaputt. In diesem Fall war er der Puffer gewesen, der langsam zerbrochen war. Beide hatten danach neue Beziehungen gehabt, Beziehungen, in denen kein Platz für ihn war. So war er beim Aufwachsen mal bei dem einen, mal bei dem anderen gewesen, aber nie richtig glücklich. Machte er bei seiner Mutter etwas falsch, so hieß es: «Das hast du alles von deinem Vater.» War er bei seinem Vater, hieß es: «Du kommst viel zu sehr nach deiner Mutter.»
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