Petra Block - Das Geheimnis der Baumeisterin

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Das Zwillingspärchen Ghese und Conrad wird nach der Geburt getrennt. Schicksalhaft verbinden sich ihre Wege wieder und nichtsahnend kommen sie sich näher. Nach Conrads Tod übernimmt Ghese dessen Amt als Kirchenbaumeister. Als Mann verkleidet, ständig in Angst lebend und auch noch eine Tochter großziehend, versucht sie zu überleben. Doch nicht nur das ist ihr Geheimnis, denn sie verbirgt noch etwas weit Schlimmeres. Sie ist Anhängerin des alten Glaubens und wird von einem Hexenjäger verfolgt.Dieser Roman ist eine Mischung von fiktiven und realen Gestalten und Ereignissen rund um den Bau der Wismarer Sankt Georgen Kirche. Das Leben einer mittelalterlichen Stadt wird bis kurz vor die Zeit der Reformation sehr eindringlich beschrieben. Glorreiche Zeiten, Brände, Pest, Aufstieg und Niedergang einer kleinen Stadt und ihrer Bewohner sind exakt recherchiert und in einer fiktiven Geschichte wiedergegeben. Aufgelockert wird der Roman durch die authentischen Berichte des Gallus Sympathicus, der ein ziemlich genaues Bild jener Zeit schafft.

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Petra Block

Das Geheimnis der Baumeisterin

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Inhaltsverzeichnis Titel Petra Block Das Geheimnis der Baumeisterin Dieses - фото 1

Inhaltsverzeichnis

Titel Petra Block Das Geheimnis der Baumeisterin Dieses ebook wurde erstellt bei

November 1248 – Agnes

November 1248 - Johann Rikeland

März 1250 - Jokoff Moderitz

Gallus Sympathicus - Der Erzähler

März 1250 – Die Opferhand

März 1254 – Der Entschluss

April 1254 – Ghese

Mai 1260 – Conrad

Juli 1262 – Feuer

August 1262 – Die Beginen

Gallus Sympathicus - Der Erzähler

Februar 1263 - Begierden

September 1263 – Unheil

Mai 1264 – Ungewissheiten

Mai 1265 – Veränderungen

März 1268 – Das Begräbnis

Gallus Sympathicus - Der Erzähler

Mai 1268 – Hochzeit

Dezember 1268 – Nachwuchs

August 1270 – Das Geheimnis

Juni 1276 – Die Rückkehr

Gallus Sympathicus - Der Erzähler

Mai 1300 – Seelenqualen

Juli 1300 – neue Pläne

September 1300 – Geldmächte

März 1301 – Begegnungen

Mai 1301 – Das Marktfest

Gallus Sympathicus - Der Erzähler

Januar 1302 – Tod im Eis

Juni 1303 – Der Neue

April 1320 – Johann Grote

Mai 1320 – Abschied

Gallus Sympathicus - Der Erzähler

August 1336 – Die Plagen

Februar 1339 – Geldnöte

März 1350 – Katastrophen

Gallus Sympathicus - Der Erzähler

März 1404 – Die Bittschrift

April 1404 – Freunde

Mai 1404 – Himmelfahrt

Dezember 1404 – Verdächtigungen

Gallus Sympathicus - Der Erzähler

Februar 1405 – Vergangenheit

Juni 1405 – Ansichten

September 1405 – Entscheidungen

November 1405 – Zukunft

März 1406 – Doppelhochzeit

Gallus Sympathicus - Der Erzähler

August 1406 – Albertus

Januar 1407 – Elerus

Mai 1434 – Das Wiedersehen

Juni 1434 – Enthüllungen

Gallus Sympathicus - Der Erzähler

Juli 1442 – Hermann Münster

Oktober 1460 – Hans Martens

Gallus Sympathicus - Der Erzähler

Impressum neobooks

November 1248 – Agnes

Schreie gellten durch die kalte Nacht.

Eine junge Frau wand sich in Schmerzen auf ihrem armseligen Lager. Die Pflegerin neben ihr konnte nichts weiter tun, als hin und wieder mit einem Lappen über die Stirn der werdenden Mutter zu wischen.

Kinderkriegen war keine große Sache, jedes Mädchen wurde einmal Mutter, das gehörte zum Lauf des Lebens. Diese hier litt allerdings zweifellos mehr, als alle anderen, die sie bisher bei der Geburt begleitet hatte. Seit Stunden schien sie kein Stück voran zu kommen. Krämpfe schüttelten das junge Ding, und wie im Fieberwahn rief sie immer wieder nach der Mutter Maria. Ob die Angerufene aber helfen würde?

Hierher an den Stadtrand, in das Siechen- und Leprahaus, hatte sich Agnes in der Stunde ihrer Niederkunft geflüchtet. Nun lag sie ein wenig abgeschirmt von den Alten und Siechen auf dem feuchten Laken im Stroh und versuchte ein Kind durch die Geburtswege ihres zarten Körpers zu pressen.

Viel zu früh wollte es kommen, schon die Schwangerschaft bereitete ihr große Probleme. In ihrer Unerfahrenheit schob sie es auf den Zorn Gottes. Unverheiratet hatte sie das Kind durch eine Liebschaft empfangen. Von ihrer Familie war sie davongejagt worden. Vermögen besaß sie nicht, ihr weniges Geld reichte gerade, damit sie in diesem Wismarer Aussätzigenhospital unterschlüpfen konnte. Für eine Hebamme war nichts mehr übrig.

Hin und wieder reichte ihr die Pflegerin einen Schluck Wasser, zwischen zwei Wehen blieb gerade soviel Zeit dafür.

Um ihr Strohlager herum waren große Tücher aufgehängt, nicht jeder der neugierigen Hospitalinsassen sollte einen Blick auf sie werfen können. Weil aber durch die schwere Geburt in dieser Nacht niemand zur Ruhe kam, schlich immer mal wieder eine der alten Frauen herbei und lugte durch einen Spalt. Sich bekreuzigend und Gebete murmelnd verschwanden sie aber gleich wieder. Sie waren sicher, dieses Mädchen musste leiden, es hatte die Frucht in Sünde empfangen, so etwas duldete der sonst so barmherzige Herrgott nicht.

Agnes wurde immer schwächer. Die Novembernacht ging langsam in einen grauen Tag über, als sich das Mädchen ein letztes Mal aufbäumte und sie ein winziges Kind gebar. Hastig griff die Pflegerin danach. Es lebte. Feingliedrig zwar, mit einem Stimmchen wie ein Vögelchen, aber es strampelte und atmete von allein. Schnell trocknete sie es ab und legte es neben seine Mutter. „Dein Kind ist wohlauf“, sagte sie. Agnes lupfte ein wenig das Tuch, in das es gewickelt war. „Wie schön“, antwortete sie, „es ist ein Mädchen.“ „Ja“, murmelte die Frau bedenklich, „und es ist rothaarig.“ Der völlig erschöpften Mutter stahl sich trotzdem ein kleines Lächeln ins Gesicht. Ihre Liebe war Fleisch geworden.

Plötzlich zuckte sie zusammen. Sie richtete sich halbwegs auf, warf den Kopf nach hinten und schrie schlimmer, als sie es während der gesamten Geburt getan hatte. Sie zuckte und wand sich, sodass die unerfahrene Pflegerin zwar schnell noch nach dem kleinen Mädchen schnappte, dann aber panisch davonrannte. Sie kam gerade in dem Moment mit einer weiteren Schwester des Pflegepersonals zurück, als Agnes das Bewusstsein verlor.

Die Schwester scheuchte alle Gaffer fort und beugte sich über die junge Mutter. Sie hob das dünne Laken an, mit dem diese bedeckt war und erwartete die Nachgeburt zu sehen. Tatsächlich aber war zwischen Agnes Beinen der Teufel erschienen.

November 1248 - Johann Rikeland

Ratsherr Johan Rikeland schaute unwirsch von seinem Teller auf. Warum störte man ihn gerade jetzt? Hatte das nicht Zeit bis nach dem Essen? Verärgert winkte er der Magd. Ausgerechnet Hegemann kam um die Mittagszeit zu ihm? Hatte der nicht selber bei Tische zu sein? Oder gab es heute für ihn nichts zu essen? Nun musste er doch schmunzeln. Hegemann hatte eine zänkische Alte zu Hause, und wenn die in Rage kam, dann blieb meistens die Küche kalt und er ließ sich im Wirtshaus oder bei Freunden beköstigen. War es also wieder einmal soweit?

Rikeland erhob sich um ihn zu begrüßen. „Gott sei mit Dir, Arnhold, und vor allem mit der Furie, die sich Dein Weib schimpft.“

„Du hast gut reden Johan, seit Jahren lebst Du mit Deinem Sohn allein und brauchst Dich um die Frauenzimmer nicht zu scheren.“ Hegemann warf dem Hausmädchen seinen Umhang zu. „Nun, ich wäre ein glücklicher Mann, wenn meine Barbara noch leben würde. Sie war immer sanftmütig und milde gestimmt.“ „Gemach, gemach, ich wollte Dir nicht zu nahe treten, ich weiß wie sehr Du sie vermisst. Mein Kommen hat auch nicht den Zweck, mir bei Dir den Bauch voll zu schlagen. Ein Anliegen von außerordentlicher Wichtigkeit führt mich zu Dir.“

Rikeland ließ trotzdem einen zweiten Teller bringen, und sein Freund und Geschäftspartner strafte augenblicklich seiner Aussage Lügen. Er griff nach dem größten Stück Fleisch und schlug sofort seine kräftigen Zähne hinein. Rikeland lachte. „Du könntest einen ganzen Hammel verschlingen, Arnhold, und das ohne auch nur ein Messer in die Hand zu nehmen. Woher hast Du nur dieses Gebiss? Unter Deinen Vorfahren muss ein Wolf gewesen sein. Ich wünschte ich hätte auch solche Zähne.“

„Das wünschte ich auch, dann könntest Du diese öfter einmal in den Versammlungen Eures Stadtrates zeigen.“ Zwischen den einzelnen Bissen holte Hegemann immer wieder tief Luft und empörte sich heftig. „Du bezeichnest Dich als meinen Freund, aber wenn es darauf ankommt, dann lässt Du mich im Ungewissen. Mir ist etwas zu Ohren gekommen, das Du mir erklären musst. Der Rat soll die Auflösung des Hospitals von Sankt Jürgen besprochen haben? Wie geht das an? Ihr werdet mich ruinieren. Seit Jahren spende ich regelmäßig 60 Scheffel Getreide und nach jedem Braugang ein Fass Bier für die Bedürftigen. Ich bin Pfründner, das weißt Du genau. Schon meine Eltern hatten sich in Sankt Jürgen eingekauft, und auch ich gedenke mich im Alter dort versorgen zu lassen. Sogar testamentarisch habe ich das geregelt. Mein Seelenheil und das meiner Familie ist mir einiges wert.“

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