– Sachsen:Sächsisches Disziplinargesetz (SächsDG) vom 10. April 2007 (GVBl. S. 54), zuletzt geändert durch Art. 12 des Gesetzes vom 26. April 2018 (GVBl. S. 198);
– Sachsen-Anhalt:Disziplinargesetz Sachsen-Anhalt (DG LSA) vom 21. März 2006 (GVBl. S. 102), zuletzt geändert durch Art. 3 des Gesetzes vom 22. Juli 2019 (GVBl. S. 176);
– Schleswig-Holstein:Landesdisziplinargesetz (LDG) vom 18. März 2003 (GVOBL. S. 154), zuletzt geändert durch Art. 18 LVO vom 16. Januar 2019 (GVOB. S. 30);
– Thüringen:Thüringer Disziplinargesetz (ThürDG) vom 21. Juni 2002 (GVBl. S. 257), zuletzt geändert durch Art. 3 des Gesetzes vom 30. Juli 2019 (GVBl. S. 298).
1.5 Geltungsbereich
1.5.1 Persönlicher Geltungsbereich
§ 1 BDG legt den persönlichen Geltungsbereich des Gesetzes fest. Es gilt für
– Beamte im Sinne des BBG (vgl. §§ 1, 2 BBG),
– Ruhestandsbeamte (§§ 50 bis 59 BBG); als solche gelten auch frühere Beamte , die Unterhaltsbeiträge nach den Bestimmungen des Beamtenversorgungsgesetzes oder entsprechender früherer Regelungen beziehen (§ 1 Satz 2 BDG).
Beamte im disziplinarrechtlichen Sinne sind selbstverständlich gleichermaßen männliche wie weibliche Beamte. 51 § 24 AGG sieht die Geltung der Gleichstellungsvorschriften des AGG grundsätzlich auch für öffentlich-rechtliche Dienstverhältnisse vor.
Voraussetzung für eine disziplinare Verfolgung und Ahndung ist das Bestehen der Beamteneigenschaft des Betroffenen. Er muss vom zuständigen Dienstvorgesetzten (§ 3 Abs. 2 BBG) 52 nach ordnungsgemäßem Verfahren in ein Beamtenverhältnis (§§ 4, 5 BBG) berufen worden sein. Insbesondere muss die Ernennung wirksam – unter Vorliegen der Berufungsvoraussetzungen (§ 7 BBG) und unter Verleihung einer Ernennungsurkunde mit dem gesetzlich vorgeschriebenen Inhalt (§ 10 Abs. 2 BBG) – vorgenommen worden sein.
Die Art des Beamtenverhältnisses kann für die Anwendung des BDG ausschlaggebend sein. Das BDG gilt in erster Linie für Bundesbeamte auf Lebenszeit (§ 6 Abs. 3 Nr. 1, § 11 BBG) und für Beamte auf Zeit (§ 6 Abs. 2 BBG).
Beamte auf Widerruf und Beamte auf Probe sind zwar ebenso wie Beamte auf Lebenszeit aktive Beamte. Auf sie ist das BDG jedoch nur nach Maßgabe von § 5 Abs. 3 Satz 1 BDG anwendbar (nur Verhängung von Verweisen und Auferlegung von Geldbußen). In schwereren Fällen wird ein Entlassungsverfahren in Betracht zu ziehen sein ( vgl. auch oben 1.4.6und unten 5.1).
Ruhestandsbeamte sind Beamte, die nach Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze bzw. vorzeitig (auf Antrag oder durch Zwangspensionierung) in den Ruhestand versetzt worden sind (vgl. §§ 50 ff. BBG). Die Zuständigkeit für die Ausübung der Disziplinarbefugnisse ist in § 84 BDG geregelt ( vgl. dazu unten 2.4.3).
Die Eigenschaft eines Beamten als Mitglied der Personalvertretung hindert die Einleitung und Durchführung eines Disziplinarverfahrens nicht, auch nicht, wenn der Betroffene für Personalratsaufgaben ganz freigestellt ist (§ 4 Abs. 2, § 46 Abs. 3, 4 BPersVG). Durch diese Tätigkeit sind sein Status und seine Pflichten als Beamter weder suspendiert noch gar beendet. Personalratsmitgliedern steht kein Zeugnisverweigerungsrecht zu. 53
(Berufs-)Richter 54 stehen zwar ebenfalls in einem besonderen Dienst- und Treueverhältnis zu ihrem Dienstherrn (§§ 3, 8 ff. DRiG). Sie sind jedoch keine Beamten. Deshalb ist das BDG auf Richter nicht anwendbar ( vgl. jedoch unten 1.5.2). Die Folgen von Pflichtverletzungen dieser Berufsgruppe sind vielmehr im Richterrecht geregelt (§§ 22, 30 ff., 61 ff. DRiG bzw. entsprechende Vorschriften im Landesrecht).
Die disziplinare Verfolgung und Ahndung der Dienstpflichtverletzungen von Soldaten, aber auch die Würdigung besonderer Leistungen durch förmliche Anerkennungen richtet sich nach den speziellen Vorschriften des Wehrdisziplinarrechts. 55 Für das gerichtliche Disziplinarverfahren sind Wehrdienstgerichte (Truppendienstgerichte, Bundesverwaltungsgerichte – Wehrdienstsenate) zuständig. 56 Ermittlungsorgane sind die Dienstvorgesetzten und die Wehrdisziplinaranwälte. 57 Das BDG ist auf Soldaten (Wehrpflichtige, Zeit- und Berufssoldaten) nicht anwendbar ( vgl. jedoch unten 1.5.2).
1.5.1.4 Angehörige des Bundesfreiwilligendienstes
Das BDG ist auf diesen Personenkreis nicht anwendbar.
Disziplinarverfahren gegen Notare regeln seit dem Gesetz zur Neuregelung des notariellen Disziplinarrechts 58 die §§ 95 bis 110a BNotO. Das BDG ist auf Notare in bestimmten Umfang entsprechend anwendbar (vgl. §§ 96, 109 BNotO).
Ist ein Notar aus dem Amt geschieden, muss ein gegen ihn laufendes, noch nicht rechtskräftig abgeschlossenes Disziplinarverfahren eingestellt werden. 59
Geistliche der Religionsgemeinschaften unterliegen innerkirchlichen Maßnahmen und Regularien. Das Beamtendisziplinarrecht ist auf sie nicht anwendbar. 60
1.5.2 Sachlicher Geltungsbereich
§ 2 BDG legt den sachlichen Geltungsbereich des Gesetzes fest. Es gilt (§ 2 Abs. 1 BDG) für die
– Nr. 1 : von Beamten während ihres Beamtenverhältnisses begangenen Dienstvergehen (§ 77 Abs. 1 BBG; vgl. oben 1.4.3.1),
– Nr. 2 : von Ruhestandsbeamten
– während ihres Beamtenverhältnisses begangenen Dienstvergehen (§ 77 Abs. 1 BBG; vgl. oben 1.4.3.1) und
– nach Eintritt in den Ruhestand begangenen und als Dienstvergehen geltenden Handlungen (§ 77 Abs. 2 BBG; vgl. oben 1.4.3.1).
Das BDG ist ferner auf die in seinem § 2 Abs. 2 und 3 genannten Beamten und Ruhestandsbeamten anwendbar:
Für Beamte und Ruhestandsbeamte, die früher in einem anderen Dienstverhältnis als Beamte, Richter, Berufssoldaten oder Soldaten auf Zeit gestanden haben, gilt das BDG auch wegen solcher Dienstvergehen, die sie in dem früheren Dienstverhältnis oder als Versorgungsberechtigte aus einem solchen Dienstverhältnis begangen haben; auch bei den aus einem solchen Dienstverhältnis Ausgeschiedenen und Entlassenen gelten Handlungen, die in § 77 Abs. 2 BBG bezeichnet sind (vgl. oben 1.4.3.1), als Dienstvergehen (§ 2 Abs. 2 Satz 1 BDG).
Ein Wechsel des Dienstherrn steht der Anwendung des BDG nicht entgegen (§ 2 Abs. 2 Satz 2 BDG).
Für Beamte, die Wehrdienst im Rahmen einer Wehrübung (§ 6 WPflG), einer Übung, einer besonderen Auslandsverwendung (§ 6a WPflG) oder einer Hilfeleistung im Innern oder einer Hilfeleistung im Ausland leisten, gilt das BDG auch wegen solcher Dienstvergehen, die während des Wehrdienstes begangen wurden, wenn das Verhalten sowohl soldatenrechtlich als auch beamtenrechtlich ein Dienstvergehen darstellt (§ 2 Abs. 3 BDG).
Dienstvergehen von Soldaten (§ 1 WDO) verfolgen die Disziplinarvorgesetzten (§§ 27 ff. WDO) als auch die Behörde des Bundeswehrdisziplinaranwalts im Zusammenwirken mit den bei den Truppendienstgerichten angesiedelten Wehrdisziplinaranwälten (§ 81 WDO). 61
1Vgl. Maunz/Dürig u. a., Art. 33 RdNr. 64, 71. — 2Vgl. §§ 72 bis 133 des Reichsbeamtengesetzes vom 31. März 1873 mit nachfolgenden Beamtengesetzen der Länder. — 3Vom 26. Januar 1937, m. spät. Änd. — 4Vom 28. November 1952 (BGBl. I S. 561). — 5Vom 20. Juli 1967 (BGBl. I S. 751), m. zahlreichen späteren Änderungen. — 6Vgl. § 15 BDO. — 7Vgl. dazu im Einzelnen unten 1.4.9. — 8Deutscher Bundestag, Drs. 14/4659. — 9Vom 9. Juli 2001 (BGBl. I S. 1510), mit mehrfachen Änderungen, zuletzt durch Art. 3 des Gesetzes zur besseren Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf für Beamtinnen und Beamte des Bundes und Soldatinnen und Soldaten sowie zur Änderung weiterer dienstrechtlicher Vorschriften vom 19. Oktober 2016 (BGBl. I S. 1666). — 10Vgl. Deutscher Bundestag, Drs. 14/4659. — 11Vgl. § 3 BDG. — 12Vgl. Art. 11, 16 BDiszNOG; hierzu kritisch Müller-Eising, S. 3587 f. — 13Vgl. Deutscher Bundestag, Drs. 14/4659, S. 57 f. — 14Art. 27 Abs. 1 Satz 3 BDiszNOG. — 15Art. 27 Abs. 2 BDiszNOG. — 16Landesdisziplinargesetz Rheinland-Pfalz vom 2. März 1998 (GVBl. S. 29). — 17Vgl. Schwandt 2001, S. 237. — 18Vgl. zur Unschuldsvermutung Hoffmann, S. 170 ff. — 19BVerfGE 21, 378, 391. — 20Vgl. Maunz/Dürig u. a., Art. 73 RdNr. 142. — 21Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes vom 28. April 2006 (BGBl. I S. 2034). — 22Vgl. Art. 125 a Abs. 1 GG. — 23Vgl. Art. 125 b Abs.1 Satz 1 GG. — 24Vgl. BVerfGE 112, 185, 207 f.; BVerfG, NVwZ 2013, 788. — 25BGBl. I S. 1510, zuletzt geändert durch Art. 62 der Verordnung vom 19. Juni 2020 (BGBl. I S. 1328). — 26Vgl. zum Folgenden die Begründung zum BDG, Deutscher Bundestag, Drs. 14/4659, sowie Schwandt 2001, S. 157 ff. — 27Vgl. Teil 3: Behördliches Disziplinarverfahren und Teil 4: Gerichtliches Disziplinarverfahren. — 28Zum Anwendungsbereich vgl. §§ 1, 2 VwVfG. — 29Vgl. zu diesem Anachronismus noch anschaulich BDiszG, ZBR 1989, 349; die Entscheidung sah sogar Aufforderungen der Aufsichtsbehörde, der Untersuchungsführer möge das Beschleunigungsgebot beachten, als unzulässigen Eingriff in dessen unabhängige Stellung an. — 30Das Bundesdisziplinargericht wurde mit Ablauf des 31. Dezember 2003 aufgelöst. — 31Die Behörde des Bundesdisziplinaranwalts wurde mit Ablauf des 31. Dezember 2003 aufgelöst, vgl. § 85 Abs. 4 S. 1 BDG; vgl. dazu auch Schwandt 2001, S. 159, 165. — 32Zur Mitgliedschaft in einer nicht verbotenen politischen Partei mit teilweise verfassungsfeindlichen Zielen vgl. BVerwG, ZBR 1987, 177. — 33Zur Auslegung dieser Vorschrift vgl. BVerwG, NJW 2001, 3565 und – zur zweiten außerdienstlichen Trunkenheitsfahrt eines Ruhestandsbeamten – NJW 2001, 3645. Zu disziplinarrelevanten Meinungsäußerungen eines Beamten vgl. BVerwG, NJW 2002, 155. — 34Vgl. RdSchr. des BMI vom 8. November 2005, GMBl. S. 1074; zur disziplinaren Relevanz vgl. BVerwG, ZBR 1989, 245. — 35Vgl. § 126 BDO. — 36Art. 3 BDiszNOG. — 37Vgl. Deutscher Bundestag, Drs. 14/4659. — 38Art. 3 Nr. 5 BDiszNOG. — 39Vgl. OVGRheinland-Pfalz, NVwZ 2001, 1316. — 40OVG Nordrhein-Westfalen, ZBR 1962, 13. — 41Vgl. HessVGH, ZBR 1989, 181. — 42BVerwG, NPA 213 Bundesbeamtengesetz § 73 Bl. 2; BVerwG, Urt. v. 12. Oktober 2006 – 1D2.05. Die medizinische Beurteilung eines Amtsarztes oder eines von ihm hinzugezogenen Facharztes genießt für die Entscheidung über die aktuelle Dienstfähigkeit eines Beamten Vorrang vor der medizinischen Beurteilung des Privatarztes, wenn beide hinsichtlich desselben Krankheitsbildes inhaltlich voneinander abweichen (BVerwG, NVwZ-RR 2008, 190). — 43Dienstjubiläumsverordnung vom 18. Dezember 2014 (BGBl. I S. 2267), geändert durch Art. 3 des Gesetzes vom 3. Dezember 2015 (BGBl. I S. 2163). — 44In der Fassung der Bek. vom 24. Februar 2010 (BGBl. I S. 150), zuletzt geändert durch Art. 3 und 4 des Gesetzes vom 25. Mai 2020 (BGBl. I S. 1063). — 45Die Mitwirkung bezieht sich nur auf die behördliche Abschlussentscheidung, ob Disziplinarklage erhoben werden soll, nicht auf den im Fall der Klageerhebung vorgesehenen Klageantrag, vgl. BVerwGE 124, 252. — 46Vgl. auch § 5 Abs. 3 Satz 2 BDG; dazu unten 5.1. — 47BVerwG, ZBR 1989, 372; vgl. auch BVerwG, NVwZ-RR 2010, 814. — 48Vgl. BVerwG, NVwZ-RR 2013, 693. — 49Sicherheitsüberprüfungsgesetz vom 20. April 1994 (BGBl. I S. 867), zuletzt geändert durch Art. 20 der Verordnung vom 19. Juni 2020 (BGBl. I S. 1328). — 50Vom 7. November 1967 (GMBl. S. 486). — 51Vgl. § 1 BBG ausdrücklich. — 52Zur Dienstherrnfähigkeit vgl. § 2 BeamtStG. — 53BVerfG, NJW 1979, 1286. — 54Zu den ehrenamtlichen Richtern vgl. §§ 44 bis 45a DRiG sowie unten 4.1.3. — 55Vgl. Wehrdisziplinarordnung vom 16. August 2001 (BGBl. I S. 2093), zuletzt geändert durch Art. 15 des Gesetzes vom 4. August 2019 (BGBl. I S. 1147). — 56§§ 68 ff. WDO. — 57Vgl. §§ 22 ff., 80 WDO. — 58Vom 17. Juni 2009 (BGBl. I S. 1282). — 59BGH, NJW 2011, 3371. — 60Vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 18. Dezember 2012 – 4 S 1540/12. — 61Vgl. BVerwG, DÖV 2011, 247.
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