(2) Bei Ruhestandsbeamtinnen und Ruhestandsbeamten oder früheren Beamtinnen mit Versorgungsbezügen und früheren Beamten mit Versorgungsbezügen gilt es als Dienstvergehen, wenn sie sich gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes betätigen oder an Bestrebungen teilnehmen, die darauf abzielen, den Bestand oder die Sicherheit der Bundesrepublik zu beeinträchtigen, oder wenn sie schuldhaft gegen die in den §§ 37, 41 und 42 bestimmten Pflichten verstoßen. Bei sonstigen früheren Beamtinnen und früheren Beamten gilt es als Dienstvergehen, wenn sie schuldhaft gegen die in den §§ 37, 41 und 42 bestimmten Pflichten verstoßen. Für Beamtinnen und Beamte nach den Sätzen 1 und 2 können durch Landesrecht weitere Handlungen festgelegt werden, die als Dienstvergehen gelten.
(3) Das Nähere über die Verfolgung von Dienstvergehen regeln die Disziplinargesetze.
§ 77 BBG – Nichterfüllung von Pflichten
(1) Beamtinnen und Beamte begehen ein Dienstvergehen, wenn sie schuldhaft die ihnen obliegenden Pflichten verletzen. Außerhalb des Dienstes ist dieses nur dann ein Dienstvergehen, wenn die Pflichtverletzung nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maße geeignet ist, das Vertrauen in einer für ihr Amt oder das Ansehen des Beamtentums bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen.
(2) Bei Ruhestandsbeamtinnen und Ruhestandsbeamten sowie früheren Beamtinnen mit Versorgungsbezügen und früheren Beamten mit Versorgungsbezügen gilt es als Dienstvergehen, wenn sie
1. sich gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes betätigen,
2. an Bestrebungen teilnehmen, die darauf abzielen, den Bestand oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland zu beeinträchtigen,
3. gegen die Verschwiegenheitspflicht, gegen die Anzeigepflicht oder das Verbot einer Tätigkeit nach Beendigung des Beamtenverhältnisses oder gegen das Verbot der Annahme von Belohnungen, Geschenken und sonstigen Vorteilen verstoßen oder
4. entgegen § 46 Absatz 1, 2, 4 oder 7 oder § 57 einer erneuten Berufung in das Beamtenverhältnis schuldhaft nicht nachkommen.
Satz 1 Nummer 1 bis 3 gilt auch für frühere Beamtinnen mit Anspruch auf Altersgeld und frühere Beamte mit Anspruch auf Altersgeld.
(3) Die Verfolgung von Dienstvergehen richtet sich nach dem Bundesdisziplinargesetz.
1.4.3.2 Beamtenrechtlicher Pflichtenkreis
Die dem Beamten obliegenden Pflichten ergeben sich im Wesentlichen aus dem Pflichtenkatalog der §§ 33 bis 48 BeamtStG bzw. §§ 60 bis 77 BBG sowie aus zahlreichen anderen Bestimmungen. Der grundlegende Pflichtenkreis der Bundesbeamten lässt sich wie folgt skizzieren:
– Politische Treuepflicht und Pflicht zur Mäßigung (§ 33 Abs. 2, § 34 BeamtStG, § 60 Abs. 2, § 61 BBG) 32 ,
– Unparteiische Amtsführung (§ 33 Abs. 1 BeamtStG, § 60 Abs. 1 BBG),
– Volle Hingabe an den Beruf (§ 34 Satz 1 BeamtStG, § 61 Abs. 1 BBG),
– Uneigennützigkeit (§ 34 Satz 2 BeamtStG, § 61 Abs. 1 Satz 2 BBG),
– Achtungs- und vertrauensgerechtes Verhalten innerhalb und außerhalb des Dienstes (§ 34 Satz 3 BeamtStG, § 61 Abs. 1 Satz 3 BBG) 33 ,
– Verbot, das Gesicht bei Ausübung des Dienstes oder bei einer Tätigkeit mit unmittelbarem Dienstbezug zu verhüllen, es sei denn, dienstliche oder gesundheitliche Gründe erfordern dies (§ 34 Satz 4 BeamtStG, § 61 Abs. 1 Satz 4 BBG),
– Beratungs- und Folgepflicht (§ 35 BeamtStG, § 62 Abs. 1 Satz 1 BBG),
– Remonstrationspflicht (§ 36 Abs. 2, 3 BeamtStG, § 63 Abs. 2, 3 BBG)
– Diensteid (§ 38 BeamtStG, § 64 BBG),
– Befreiung von Amtshandlungen (§ 65 BBG),
– Amtsverschwiegenheit (§ 37 BeamtStG, § 67 BBG),
– Nebentätigkeit (§ 40 BeamtStG, §§ 97 ff. BBG),
– Verbot der Annahme von Belohnungen und Geschenken (§ 42 BeamtStG, § 71 BBG) 34 ,
– Arbeitszeit (§ 87 ff. BBG),
– Wohnung (§ 72 BBG; Polizeivollzugsbeamte in der Bundespolizei können zum Wohnen in einer Gemeinschaftsunterkunft verpflichtet werden, § 10 BPolBG, § 59 Abs. 1 BeamtStG; vgl. auch § 70 BBesG),
– Aufenthaltspflicht (§ 73 BBG),
– Dienstkleidung (§ 74 BBG i. V. m. § 70 BBesG).
Zu diesen allgemeinen Beamtenpflichten können weitere Dienstpflichten hinzutreten. Beispielsweise konkretisieren Dienstanweisungen die beamtenrechtliche Gehorsamspflicht. Von Vorgesetzten werden weitere besondere Pflichten erwartet, z. B. die Pflicht zur Fürsorge, Führung und Aufsicht ihrer Mitarbeiter, Vorbildfunktion usw.
1.4.3.3 Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Probe und auf Widerruf
Das Bundesbeamtengesetz enthält weitere Vorschriften mit disziplinarrechtlichem Bezug, z. B. § 35 BBG (Entlassung eines Beamten auf Probe in leitender Funktion , gegen den mindestens eine Kürzung der Dienstbezüge verhängt wurde), § 34 Abs. 1 Nr. 1 BBG ( Entlassung eines Beamten auf Probe wegen eines Verhaltens, das bei einem Beamten auf Lebenszeit mindestens eine Kürzung der Dienstbezüge zur Folge hätte; vgl. unten 5.1), §§ 41 ff. BBG (Verlust der Beamtenrechte) oder § 106 BBG (Vorschriften über Personalakten).
Das BDiszNOG hat die Untersuchungsverfahren , die unter der Geltung der BDO sowohl einer Entlassung von Beamten auf Probe und auf Widerruf 35 als auch einer „ Zwangspensionierung “ voranzugehen hatten, beseitigt. 36 Der die Untersuchung vorschreibende § 126 BDO war im Disziplinarrecht ohnehin verfahrensfremd angesiedelt. 37 Nunmehr bestimmt § 34 Abs. 3 BBG, dass Beamte auf Probe im Falle des § 34 Abs. 1 Nr. 1 BBG fristlos entlassen werden können (§ 34 Abs. 3 Satz 1 BBG). Vor der Entlassung ist der Sachverhalt aufzuklären; die §§ 21 bis 29 BDG gelten entsprechend (§ 34 Abs. 3 Satz 2 BBG; vgl. unten 5.1).
§ 47 BBG (Feststellung der Dienstunfähigkeit ohne Antrag des Beamten) erhielt eine geänderte Fassung. 38 Für die Feststellung der Dienstunfähigkeit von Polizeivollzugsbeamten des Bundes (§ 1 BPolBG) gilt die besondere Vorschrift des § 4 BPolBG.
1.4.3.4 Verbot der Führung von Dienstgeschäften
Im Zusammenhang mit Disziplinarverfahren können auch personalwirtschaftliche Maßnahmen erforderlich werden. Zu nennen sind insbesondere Umsetzungen 39 , Abordnungen und Versetzungen („Strafversetzung“). Die Voraussetzungen richten sich ausschließlich nach den einschlägigen beamtenrechtlichen Vorschriften (§§ 27 ff. BBG).
Besonders erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang die sog. „ Suspendierung “, „ Dienstenthebung “ oder „ Zwangsbeurlaubung “. Hinter diesen Begriffen verbirgt sich das in § 66 BBG geregelte Verbot der Führung von Dienstgeschäften, das „ aus zwingenden dienstlichen Gründen “ möglich ist. Ein solches Verbot setzt zwar weder ein Dienstvergehen noch Verschulden voraus. 40 Der unbestimmte Rechtsbegriff „zwingende dienstliche Gründe“ verlangt aber eine derart schwere Störung des Vertrauensverhältnisses zwischen dem Dienstherrn und dem betroffenen Beamten, dass die weitere Amtsausübung unweigerlich zu dienstlichen Nachteilen führen würde. Ein Verbot kommt daher insbesondere als vorläufige Maßnahme in Betracht, etwa wenn disziplinare Ermittlungen noch nicht eingeleitet wurden (§ 17 Abs. 1 BDG).
Nach § 66 Satz 2 BBG erlischt das Verbot kraft Gesetzes, wenn nicht bis zum Ablauf von drei Monaten gegen den Beamten ein Disziplinarverfahren oder ein sonstiges auf Rücknahme der Ernennung (§ 12 BBG) oder auf Beendigung des Beamtenverhältnisses gerichtetes Verfahren eingeleitet worden ist. 41 Zur vorläufigen Dienstenthebung und Einbehaltung von Bezügen gleichzeitig mit oder nach der Einleitung eines Disziplinarverfahrens vgl. §§ 38 bis 40 BDG (s. dazu näher unten 3.5).
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