Der Fahrer ist hier, draußen, er sitzt auf einem Stuhl neben dem Brunnen, und er denkt an seine Frau und an seine vier Kinder. Er denkt an seinen Prozess, er denkt an den Richter, der über sein Verhalten beim Unfall urteilen wird. Der Fahrer und dein Vater waren mehrere Male zusammen mit diesem Laster unterwegs, der die Backsteine für deine zwei Zimmer transportierte. Der Lastwagenfahrer sagte zu deinem Vater, dass er gerne einen neuen Laster hätte, der Laster, der mit deinem Vater die Schlucht hinuntergestürzt ist, war fünfzehn Jahre alt, dein Vater sagte dem Fahrer, dass die Einheitspartei schon längst nicht mehr daran denke, alte Lastwagen zu ersetzen. Dein Vater sagte dem Fahrer, «die Welt ist aus dem Lot, mit denen da», der Lastwagenfahrer rauchte beim Fahren, dein Vater und der Lastwagenfahrer rauchten während der Fahrt, und der Lastwagenfahrer wiederholte, «ich hätte gerne einen neuen Lastwagen».
Um einen neuen Lastwagen zu bekommen, müsste der Fahrer dem Chef der Transportkolonne der Baustelle ein stattliches Trinkgeld geben. Die Lastwagenfahrer mussten ihren Chefs Trinkgelder geben, um einen neuen Lastwagen zu bekommen, die Lastwagenfahrer warteten jahrelang auf ein neues Fahrzeug. Die Chefs der Lastwagenfahrer sagten, «es gibt eine Warteliste», die Lastwagenfahrer arbeiteten schwarz, um ihren Lohn zu erhöhen und um den Chefs Trinkgelder zu bezahlen, sie transportierten schwarz Zement und Holz, Kies und Möbel, Asphalt und Schotter. Jeder Lastwagenfahrer träumte von einem neuen Lastwagen, während die Einheitspartei Wartelisten für neue Lastwagen erstellte. Zur gleichen Zeit, wie die neuen Lastwagen hergestellt wurden, wurden die Wartelisten für neue Lastwagen erstellt, der Lastwagenfahrer, mit dem dein Vater verunfallt ist, ist hier, draußen, er denkt an seine Frau und an seine vier Kinder, er denkt nicht mehr an einen neuen Lastwagen.
* * *
Ich nehme meiner Frau die mit Kaffee gefüllte Tasse aus der Hand, schaue mich um, auf dem Schreibtisch, auf dem Zeitungsstapel, auf den Unterlagen in einer offen stehenden Schublade, auf den Regalen neben der Bibliothek, ich sehe keinen einzigen freien Platz, an dem ich meine Tasse abstellen könnte, ich schaue auf den Boden, bücke mich und stelle die Tasse neben meinen Füßen hin. Die Große kommt mit einer Zeichnung in der Hand auf mich zu, die Zeichnung ist voller Farben, und ihr Blatt zeigt die ganze Familie. Von links nach rechts: meine Frau, die Kleine, die Große, der Hund und ich, wir stehen alle auf einem Bein, und wir tanzen und spielen ein Spiel, bei dem man so lange wie möglich auf einem Bein tanzen muss, unter dem Himmel der Zeichnung und unter dem runden und gelben und vollen Mond; sie zeigt mir die Zeichnung und hält mir das Blatt unter die Nase, sie sagt, dass die Zeichnung von ihr sei, sie sagt, dass sie von mir ein beschriebenes Papier aus einem der Plastikfächer haben wolle, um auf diesem Blatt den Buchstaben «Q» zu suchen und einzukreisen, ich lege meine rechte Hand auf ihre linke Schulter, ich ziehe sie zu mir, ich küsse sie auf die Stirn, ich sage ihr, dass ihre Zeichnung schön sei, ich küsse sie noch einmal auf die Stirn und drücke sie an mich, sie schielt auf meine offene Schublade, in dem sich bedrucktes Papier befindet, sie denkt an ihr Papier, ich nehme mit der linken Hand eines der Blätter und gebe es ihr, der Regen ist eine gehäkelte Spitze an unseren Fensterrahmen wir lieben es hindurchzuschauen durch ihre Maschen und durch ihre gehäkelte Durchsichtigkeit an unseren Fensterrahmen der Regen ist eine gehäkelte Spitze draußen wir lieben es ihre Durchsichtigkeit anzuschauen durch ihre Maschen hindurch ihre Durchsichtigkeit wir lieben es an unseren Fensterrahmen den Regen anzuschauen seine Maschen seine Durchsichtigkeit wir betrachten wie sie zu einer Spitze gehäkelt sind draußen vorbeigehende stumme Passanten eingetaucht in das Fieber der Straße der stummen Straßenpassanten der stummen Straßen Stumme kratzen mit ihren Schritten an den Worten die ich rede ich sage ich trinke mit dir ich trinke diese von den schweigenden Passanten angekratzten Worte durch die Fenster hindurch an dessen Rahmen der Regen gehäkelt ist wie eine Spitze die wir durch ihre Maschen hindurch anschauen, ich lese ihr ein bisschen aus dem Text vor und sage, «setze die Kommas, wohin du willst, schieb den Stuhl in deinem Zimmer ein bisschen zurück und nimm Platz, rück mit deinem Stuhl vor, zur Tischkante hin, schau die geschriebenen Wörter auf dem Blatt an und setze mit deiner rechten Hand, mit einem Farbstift, den du dir aussuchen kannst, wann du willst ein Komma».
Sie nimmt das Blatt und geht in ihr Zimmer zurück, auf dem Flur trifft sie auf die Kleine, sie lässt die Tür ihres Zimmers offen, sie kniet sich auf den Parkettboden, legt das Blatt Papier vor sich hin, nimmt einen der verstreuten Farbstifte vom Boden auf, schaut die Wörter an und setzt die Kommas, wann sie will, wohin sie will.
Die Kleine nimmt einen anderen Farbstift, einen gelben Farbstift, der auf dem Boden liegt, sie zieht mit ihrer rechten Hand diesen Farbstift über das Blatt der Großen, die sagt, «nein, nein, nicht hier!, geh zu Papa, und er gibt dir ein Blatt nur für dich, und dort kannst du selber Kommas setzen», dann hörst du die Große sagen, «Papa, Papa, sie hat mir mein Blatt zerrissen, sie will mich beißen, jetzt hat sie einen meiner Farbstifte genommen, und ich will ein anderes Blatt, um Kommas zwischen die Wörter zu setzen».
* * *
Du stehst neben deinem toten Vater, du schaust in seinen Sarg, und du erinnerst dich, wie er dir gesagt hat, «komm mit!» Er ist mit dir zu einem seiner Lastwagenfahrer gegangen, der in der Kabine seines Fahrzeugs schlief, dein Vater hat ihn aufgeweckt und ihm gesagt, «nimm meinen Sohn und lass ihn ans Steuer!»
Der Lastwagenfahrer hat gegähnt und gesagt, «okay, Chef!», dann hat er sich zu dir gewandt und dich angesehen: «Steig ein!» Dein Vater ist weggegangen, und der Lastwagenfahrer hat den Motor gestartet, hat mit seinem Handrücken seine Augen gerieben und ist mit dem Lastwagen auf ein Gelände in der Nähe der Baustelle gefahren.
Du hast im Kopf das Wort «Lastwagen» buchstabiert, Silbe um Silbe, du hast «Last-wa-gen» gesagt, du hast immer wieder «Last-wa-gen» gesagt, während der Fahrer dir den Schalthebel gezeigt hat, mit dem man die Gänge wechselt. Er hat dich angeschaut und hat dir erklärt, wie das Gaspedal funktioniert. Du hast das Schema der fünf Vorwärtsgänge gelernt, und du hast, mit ausgeschaltetem Motor, die Bedienung des Schalthebels geübt. Du hast auf das Kupplungs- und auf das Bremspedal gedrückt. Der Lastwagenfahrer hat gesagt, «fahr los!», du hast den Motor angelassen, indem du den Zündschlüssel gedreht hast, du hast alleine in den ersten Gang geschaltet und hast die Kupplung losgelassen und gleichzeitig Gas gegeben, sachte.
Der Lastwagen ist angefahren, ganz langsam. Du hast nach vorne geschaut, und du hast die Richtung gehalten, indem du schnurgerade in einer Fahrspur aus gestampftem Sand gefahren bist, auf dem Gelände unweit der Baustelle, wo du die meiste Zeit warst, wenn du die Ferien bei deinem Vater verbrachtest.
Dein Vater wird auf der Ladefläche eines Lastwagens zum Friedhof gebracht werden.
Am Ende der Fahrspur hättest du steuern müssen, du hast auf das Bremspedal gedrückt und auf die Kupplung, der Lastwagen ist stehengeblieben, du hast in den Leerlauf geschaltet, hast die Handbremse gezogen und den Führersitz dem Lastwagenfahrer überlassen, der es übernommen hat, das Fahrzeug zu wenden.
Du hast dich wieder hinters Steuer gesetzt und bist mit dem Lastwagen auf der Fahrspur im gestampften Sand zurückgefahren. Du hast mehrere Fahrten auf dem Gelände gemacht, du hast dich mit dem Lastwagenfahrer unterhalten, er hat dir von seiner Familie erzählt, er hat Fragen gestellt über deine Familie, du hast den Geruch dieses Mannes in der Kabine seines Arbeitsfahrzeuges gerochen, du hast seine Kleidung angeschaut und die Dinge, mit denen er die Fahrzeugkabine dekoriert hatte, du warst durchdrungen vom Geruch von Motoren- und von Treiböl.
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