Klaus Dörner - Bürger und Irre

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Wie geht die bürgerliche Gesellschaft mit denen um, die, gemessen an ihrem Begriff der Vernunft, unvernünftig sind? Klaus Dörner zeigt die Tatsache und die Gründe, warum die bürgerlichen Gesellschaften in England, Frankreich und Deutschland erst im Zusammenhang mit der industriell-kapitalistischen Revolution ihre psychisch Kranken als «die Irren» wahrnahmen: eine reich dokumentierte Geschichte der Psychiatire-Geschichtsschreibung, mit kritischem Überblick der klassischen Werke und ihrer Tendenz. «Bürger und Irre» war seit seinem ersten Erscheinen 1969 bahnbrechend bei der Entstehung der Psychiatriebewegung in der Bundesrepublik und in Italien. Die zahlreichen Einzeluntersuchungen, die in der Folge entstanden, die Übersetzungen in alle europäischen Sprachen zeigen, dass die Wirkung dieses Werkes ungebrochen ist. «Solange psychisch Kranke bestenfalls nur den halben Pflegesatz im Vergleich zu körperlich Kranken zugesprochen bekommen, dauert die ungleiche Auseinandersetzung zwischen 'Bürgern' und 'armen Irren' an.» Klaus Dörner

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Als Therapie kennt Sydenham zunächst reinigende Entleerungen des Körpers, sodann zur Stärkung der Spirits Eisenmittel und zu ihrer naturgemäßen Regulierung vor allem tägliches Reiten. 21Dies letztere Therapeutikum kann als Beginn der Tendenz angesehen werden, die gesamte Verhaltensordnung des Patienten in den Heilungsplan einzubeziehen; denn da die Symptome der Hysterie als Bewegungsunordnung sowohl der Nervenspirits als auch der sozialen Verhaltensweisen aufgefaßt werden, hat auch die Therapie eine Neuausrichtung dieser sozio-somatischen Bewegung anzuzielen.

Ein Beispiel wird Sydenham zugeschrieben, das, selbst wenn es Legende sein sollte, besonders instruktiv ist. Als der Arzt bei einem besonders hartnäckig leidenden »Nobleman« mit seiner Kunst am Ende war, gab er ihm eine Empfehlung für einen nicht existenten hochberühmten Kollegen, der im hohen Schottland wohne. Als der Patient nach langer und vergeblicher Reise und voller Vorwürfe zu Sydenham nach London zurückkehrte, war er geheilt. Erklärung: Die Verwirklichung der beschwerlichen Reise (Reise als Selbstzweck, »Reisen ohne anzukommen«) und der anschließende Affekt gegen den täuschenden Arzt hatten dem Patienten vermittelt »a motive of sufficient interest to divert the current of his ideas from the cherished theme« und ihm dadurch eine gesunde Bewegungsordnung zurückgegeben. 22

Das Modell der Medizin für nervöse bzw. psychische Krankheiten ist somit das, was in der bürgerlichen Öffentlichkeit sichtbar wird: die Hysterie. 23

Die Theorien, die anläßlich dieser repräsentativen Störung von Willis und Sydenham entwickelt werden, bestimmen bis zur Jahrhundertmitte das ärztliche Denken und Handeln. Wie die armen Irren weitgehend außerhalb der Öffentlichkeit und damit außerhalb dessen, was die Bürger als Gesellschaft verstehen, aber auch außerhalb des Interesses des Staates stehen, so beherrscht die Hysterie den Markt des Interesses an sich selbst. Sie wird zu einem Instrument, durch das der Bürger sein menschliches Selbst und sein gesellschaftlich-nationales Selbst zur Deckung bringen kann. Eine Bedingung dafür ist, daß den Ärzten im Enthusiasmus der öffentlichen Diskussion über alles ihre traditionelle Autorität abhanden gekommen ist, zumal sie sich selbst nur als Diskutanten unter anderen verstehen. Von den vier bedeutendsten Krankenhäusern Londons rechnen sich zwei zu den Whigs und zwei zu den Tories. So entsteht das Bild des Arztes, der sich zwar viel mit Politik, Ökonomie und Literatur beschäftigt, aber von der Medizin nicht viel mehr versteht, als daß er ein gutes Geschäft daraus zu machen weiß. Die Sprechstunde fand zu einem guten Teil im »coffee-house« statt; und auch der Teil der medizinischen Tätigkeit, der später die Psychiatrie ausmacht, war Sprechstunde – für hysterische Patienten, also »Sprechstundenpsychiatrie«. 24

Aus dieser wechselseitigen gesellschaftlich-ärztlichen Verflechtung wird nicht nur verständlich, daß alle Welt – Ärzte und Nicht-Ärzte – über Hysterie schrieb, sondern auch, daß die Mehrzahl dieser Bücher und Zeitschriftenaufsätze von der Beschreibung der eigenen Krankengeschichte des Autors ausgingen und daß sie – an die Gesamtheit der gebildeten Öffentlichkeit gerichtet – nicht an die ärztliche Autorität verwiesen, sondern durch Mitteilung eines umfassenden Heilungsplans zur Selbsthilfe aufforderten. Das Bemühen, aus einer als gefährlich empfundenen »instability« zu einer stabilen Ordnung, zur Identität, zu einem Selbst zu finden, das selbsttätig funktioniert und nicht durch eine äußere Autorität oktroyiert wird, war der Kern aller öffentlichen Diskussion – auf der politischen Ebene, so bei Locke 25, wie auf der individuellen.

Mandeville kann in seiner Lebensweise und in seinen medizinischen Schriften vielleicht als idealtypisch für den Arzt dieser Zeit gelten. Er betrieb seine Praxis nur lässig, bezog von einigen holländischen Kaufleuten eine Pension. Seine Interessen waren literarisch, politisch, ökonomisch eher als medizinisch. Vornehmlich in literarischen Zirkeln verkehrend, kannte er Addison ebenso wie Benjamin Franklin. 1711 schrieb er einen Treatise of the Hypochondriack and Hysterick Passions , verbunden mit der Darstellung der »real art of physick itself«, d. h. »writ by way of information to patients« und nach einer »method entirily new«: als Dialog zwischen Arzt und Patient. Auch hier wird die eigene Krankheit – als Angst, an Syphilis zu leiden – eingeschoben. Therapeutisch ist ihm keine eigene Theorie, sondern die erleichternde und über die Irrtümer des Patienten und der ärztlichen Kollegen satirisch aufklärende Diskussion selbst wichtig. Eingedenk seiner Vorliebe für die Funktion der »selfishness of man« läßt er den Patienten seine Aggressionen gegen ihn abreagieren – und läßt sich dafür nach Zeit bezahlen. Zugleich schreibt Mandeville – hier am Beispiel der hysterischen Tochter eines Patienten – einen »course of Exercise« vor, der den ganzen Tageslauf genau skandiert und ausfüllt; u. a. werden verlangt: frühes Aufstehen, mehrere Stunden Reiten, heftiges Hautbürsten durch eine Bedienstete und ein mehrstündiger Spaziergang. So etabliert sich das Hygieneideal der höheren Bürgerstochter.

Auch wird es in der ersten Jahrhunderthälfte Mode, über die Hysterie das individuelle und das gesellschaftliche Selbstbewußtsein unmittelbar zu identifizieren, gleichsam aus einem Mangel für die Individuen die Besonderheit und Größe der bürgerlichen Gesellschaft und Nation zu erklären, während Sydenham hier noch eher eine unerfreuliche Instabilität sah. Der »medical journalist« Blackmore verfaßte 1725 einen Treatise of the Spleen and Vapours: or, Hypocondriacal and Hysterical Affections . Auch er hält die Störungen der Männer und Frauen für Formen derselben Krankheit. Die Konstitution der Milz, der »spieen«, bestimmt, wie lasziv oder träge eine Person in sexueller und jeder anderen Aktivität ist. Zudem wird ihm der »English Spleen« zu einer Art Individuationsprinzip, das die Verschiedenheit des individuellen Genius und die Besonderheit der Nation bewirkt. Gegenüber den anderen Völkern »the temper of the Natives of Britain is most various, which proceeds from the Spleen, an Ingredient of their Constitution, which is almost peculiar, at least in the Degree of it, to this Island. Hence arises the Diversity of Genius and Disposition, of which this soul is so fertile. Our Neighbours have greater Poverty of Humour and Scarcity of Originals than we. [...] An Englishman need not go abroad to learn the Humours of these different Neighbours; let him but travel from Temple-Bar to Ludgate, and he will meet [...] in four and twenty hours, the Dispositions and Humours of all the Nations of Europe.« 26

The English Malady: or, a Treatise of Nervous Diseases of all Kinds... with the Author’s own Case at large von G. Cheyne erschien 1733. Hier ist die nationale Krankheitsbezeichnung als stolzes Bekenntnis zu den unter diesem Begriff vorgetragenen Angriffen des Auslands gewählt. Denn für Cheyne sind die Gründe der Häufigkeit dieser Krankheit in England gegenüber allen anderen Nationen u. a. »the Richness and Heaviness of our Food, the Wealth and Abundance of the Inhabitants (from their universal Trade) the Inactivity and sedentary Occupations of the better Sort (among whom this Evil mostly rages) and the Humour of living in great, populous and consequently unhealthy Towns«. Außerdem werden von der Krankheit gerade nicht »Fools, weak or stupid Persons, heavy and dull Souls« befallen, sondern solche »of the liveliest and quickest natural Parts [...] whose Genius is most keen and penetrating, and particularly where there is the most delicate Sensation and Taste, both of Pleasure and Pain«. Und dies ergibt sich »from the animal Oeconomy and the present Laws of Nature«. 27Auch für Cheyne kann diese Krankheit nur eine körperliche sein. Es liegt eine Schwäche oder Tonusstörung der Nerven vor, doch ist auch hier wieder der zugrunde liegende »Character and Temper of the Patient« entscheidend, so daß die »English Malady« als »Nervous Distemper« zu bezeichnen ist. Daher sind die Symptome dieser Krankheit auch nicht einheitlich, sondern entsprechen den Eigenheiten der jeweils befallenen Körperteile; jedes Organ hat ein ihm eigenes »sentiment«.

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