Russel hörte sich schluchzen und spürte etwas Warmes über sein Gesicht laufen. Begriff erst Augenblicke später, dass das Tränen waren. Er streckte die Hand nach Aislyn aus, um ihr Gesicht ein letztes Mal zu streicheln, aber Declan hielt die Hand fest.
»Wir wissen nicht, woran sie gestorben ist oder wie lange sie schon tot ist. Besser, du fasst sie nicht an, Russ.«
»Ist das Ihre Verlobte?«, vergewisserte sich die Frau im grünen Kittel.
Sie waren doch gar nicht verlobt gewesen. Dabei hatte Russel sich das und mehr so sehr gewünscht. Aber das war nun nicht mehr wichtig. Er nickte. »Aislyn O’Malley«, brachte er gerade noch fertig zu sagen. Dann sackten ihm die Beine weg.
Declan fing ihn auf, bevor er hinfiel, und half ihm, sich auf einen Stuhl zu setzen. Die Rechtsmedizinerin deckte sanft das Tuch wieder über Aislyn und schob den Schlitten ins Fach zurück.
»Ich nehme dann zu Protokoll, dass die bisher unbekannte Tote von ihrem Verlobten Russel O’Leary als Aislyn O’Malley identifiziert wurde.«
»Was – was ist denn mit ihr passiert?«, schaffte Russel zu fragen.
»Das wird die Obduktion zeigen. Soll ich nachsehen, für wann sie angesetzt ist?«
Declan schüttelte den Kopf. »Wir haben deine Zeit lange genug beansprucht. Ich bekomme ja im Anschluss die Akte auf den Tisch. Danke, Sarah.« Er legte Russel die Hand auf die Schulter. »Schaffst du es zurück zum Auto?«
»Sie können auch gern noch eine Weile sitzen bleiben«, bot Sarah an. »Möchten Sie ein Glas Wasser?«
Russel schüttelte den Kopf. Er hatte das Gefühl, nie wieder etwas in den Magen zu bekommen. Aislyn war tot. Wirklich und wahrhaftig tot. Er stemmte sich hoch und fühlte sich, als wäre er hundert Jahre alt und alle Kraft aus ihm gewichen.
»Danke«, murmelte er und wankte zur Tür.
Declan folgte ihm. »Wir fahren dich nach Hause«, entschied er.
Russel nickte. Dann fiel ihm ein: »Ihre Eltern. Ich habe versprochen, ihnen Bescheid zu geben, sobald ich was weiß. Das kann ich nicht einfach per Telefon machen.« Doch allein bei dem Gedanken, den O’Malleys die Hiobsbotschaft zu überbringen, drehte sich ihm der Magen um.
»Wir fahren dich hin«, bot Declan an.
Russel öffnete den Mund zum Protest.
»Und ich dulde keine Widerrede«, unterband Declan, was er hatte sagen wollen.
Russel schloss seinen Mund und nickte ergeben. Ihm fehlte die Kraft, mit Declan zu streiten. »Danke.«
Irgendwie schaffte er es zurück zum Auto, das gleich darauf mit ihm durch die Nacht fuhr. Ein Totentransport. Nicht nur, weil Aislyn unsichtbar neben ihm saß, sondern weil auch aus ihm alles Lebendige gewichen war und er sich wie tot fühlte. Wie vor neunzehn Jahren, als er nach Hause gebracht worden war und er erfahren hatte, dass er seine Mutter nie wiedersehen würde. Seine Welt hatte aufgehört zu existieren, war über ihm zusammengebrochen und hatte ihn unter sich begraben. Und er sah keine Veranlassung, je wieder unter den Trümmern hervor ins Licht zu kriechen.
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