Alida Leimbach
Die Tote von der Maiwoche
Kriminalroman
Schicksalstag Maiwoche in Osnabrück: gute Laune, Bier, Musik. Und Jessica Wagner wird ein Teil davon sein! Hin- und hergerissen zwischen Freude und Angst betritt die junge Sängerin mit ihrer Band die Bühne. Am Morgen danach ist sie tot. Erstochen. Die Schlüsselfigur für die Tat scheint Jessicas Konkurrentin Katharina zu sein. Sie machte keinen Hehl daraus, Jessica zu hassen. Doch hat sie auch den Mord begangen? Je tiefer Kommissarin Birthe Schöndorf in den Fall einsteigt, desto größer werden ihre Zweifel. Das Ergebnis von Jessicas Autopsie wirft zahlreiche Fragen auf. Und Bandleader Carsten scheint etwas zu verbergen. Ihm wird eine Affäre mit Jessica nachgesagt. Hat er sie nur benutzt? Im Zuge der Ermittlungen stößt Birthe Schöndorf darauf, dass Jessica einen Stalker hatte. Sowohl er als auch Jessicas beste Freundin, die in einem Bestattungsunternehmen arbeitet, bringen die Kommissarin auf eine heiße Spur. Doch als Birthe Schöndorf dem Täter dicht auf den Fersen ist, begeht sie einen folgenschweren Fehler …
Alida Leimbach, Jahrgang 1964, ist in Lüneburg geboren und in Osnabrück aufgewachsen. Nach ihrer Buchhandelslehre studierte sie Sprachen und war einige Jahre als Übersetzerin in Frankfurt am Main tätig. Dann entschloss sie sich, noch einmal zu studieren: Evangelische Theologie, Germanistik und Englisch auf Lehramt. Heute lebt sie mit ihrer Familie in der Nähe von Frankfurt und schreibt erfolgreiche Krimis und Romane.
Bisherige Veröffentlichungen im Gmeiner-Verlag:
Deichkrone (2017)
Ostfriesenkind (2016)
Börsentöpfchen (2014)
Villenzauber (2013)
Wintergruft (2011)
Personen und Handlung sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder toten Personen sind rein zufällig und nicht beabsichtigt.
Die Band Blue Box gibt es nicht in Wirklichkeit.
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Alle Rechte vorbehalten
2. Auflage 2019
Lektorat: Katja Ernst
Herstellung: Julia Franze
E-Book: Mirjam Hecht
Umschlaggestaltung: U.O.R.G. Lutz Eberle, Stuttgart
unter Verwendung eines Fotos von: © Jan Schuler / fotolia.com
Druck: CPI books GmbH, Leck
Printed in Germany
ISBN 978-3-8392-5968-9
Und plötzlich weißt du, es ist Zeit, etwas Neues zu beginnen und dem Zauber des Anfangs zu vertrauen.
Meister Eckhart
Osnabrück, Freitag, 5. Mai, 19.50 Uhr
Kurz vor ihrem Auftritt saß Jessica Wagner auf einem Barhocker im hinteren Teil der Bühne und schaute zum wiederholten Male auf ihr Handy. In zehn Minuten war es so weit. Dann würde sie aufstehen, nach vorn gehen, ihr Lampenfieber überwinden und eine perfekte Show abliefern. Sie dachte an den Applaus hinterher, an Carsten. Er sollte stolz auf sie sein, sie beglückwünschen und in den Arm nehmen. Nichts anderes zählte in diesem Augenblick, nichts war wichtiger.
Als sie ihr Handy wieder einstecken wollte, zeigte ein Brummton den Eingang einer neuen Nachricht an.
Ich denke an dich, Schatz. Wie geht’s dir?
Jessica runzelte die Stirn. Schaffte sie es noch zu antworten? Die Zeit war eigentlich zu knapp. Weiß nicht, gab sie zurück. Die ignorieren mich.
Immer noch? Auch Carsten?
Nein, der nicht. Der will ja, dass ich singe. Aber die anderen hassen mich. Was kann ich dafür, dass ich für Katha einspringe.
Die kennen dich doch gar nicht.
Doch, als Backing schon. Da war ich ihnen egal. Kaum bin ich vorne und singe Kathas Solo, werde ich gemobbt.
Jemand von der Technik kam, um ihr ein neues Funkmikrofon zu bringen. Das andere hatte vorhin beim Soundcheck versagt.
Du machst das schon, textete ihre Mutter. Wir denken an dich!
Danke, Mama, tippte Jessica unter plötzlich aufsteigenden Tränen, die sie schnell wegklimperte, aus Angst, die Wimperntusche könne verschmieren. Wenn ich das bloß schon hinter mir hätte.
Schreib gleich, wie’s war, hörst du?
Ja.
Toi, toi, toi. Grüße auch von Papa!
Danke, Grüße zurück!
Seufzend ließ sie das Handy in ihre Tasche fallen. In der Zwischenzeit hatte sich der Jürgensort nahe der Alten Posthalterei gefüllt. Am Eröffnungstag der Maiwoche zeigte sich die Stadt Osnabrück von ihrer besten Seite. Die Temperaturen waren sommerlich warm, aber nicht drückend wie im Hochsommer, und vor allem regnete es nicht, wie so oft im Mai. Die Innenstadt hatte sich in ein Open-Air-Festival verwandelt, bei dem Musikgruppen auf mehreren Bühnen für ein buntes, stimmungsvolles und obendrein kostenloses Programm sorgten.
Als Jessica die Menschen sah, die sich dicht an dicht vor der Bühne drängelten, wurde ihr schwindlig. Ihr Herz klopfte nun gewaltig, und sie fragte sich, wie die anderen Bandmitglieder so ruhig bleiben konnten.
Max schlug leise die Sticks gegeneinander, um seine Hände aufzuwärmen. Mit seinem modernen Haarschnitt, dem Vollbart, der markanten Brille und den bunt tätowierten Armen setzte er sich von den älteren Musikern ab. Jessica fand ihn interessant und hätte gern mal ein paar Worte mit ihm gewechselt, aber Max gab sich ihr gegenüber äußerst einsilbig.
Gerade kam Jürgen und nahm seine Position am rechten Bühnenrand ein. Mit Carsten, Clarissa und Katharina hatte er vor Jahrzehnten die Blue Box gegründet. Damals waren sie noch eine Schülerband gewesen – jung, ambitioniert, leicht chaotisch, aber vollkommen unbekannt außerhalb der Schulmauern des Ernst-Moritz-Arndt-Gymnasiums. Mittlerweile hatten sie sich auch außerhalb Osnabrücks einen Namen gemacht und waren von der jährlich stattfindenden Maiwoche nicht mehr wegzudenken. Jessica kannte Jürgen auf der Bühne nur mit schwarzer Satinweste über dem weißen Hemd. Die silbergrauen, streng zurückgekämmten Haare und die auf Hochglanz polierten Schuhe machten ihn zum Gentleman der Band. Konzentriert stimmte er seine E-Gitarre, ließ sich durch nichts ablenken.
Clarissa war auch schon da und schraubte ihre Wasserflasche auf. Die Sängerin mit der kräftigen Stimme, der roten Lockenmähne und den weiblichen Rundungen fiel durch ihren ausgefallenen Kleidungsstil auf. Ihre weiten, knallbunten Klamotten kombinierte sie im Lagenlook. Dazu trug sie derbe Boots mit pinkfarbenen Schnürsenkeln.
Mit zittrigen, eiskalten Händen schaltete Jessica ihr drahtloses Mikrofon ein und vergewisserte sich, dass es funktionierte, indem sie »Test, Test, Test, eins, zwei, drei« hineinhauchte. Der Tontechniker reckte zur Bestätigung einen Daumen in die Höhe. Sie nickte ihm zu und schaltete ihr Mikro aus, um ihre Stimmbänder zu lockern. »Ksch-ksch-ksch, mjam-mjam-mjam, do-mi-fa-so, mi-ma-mo-mu«, murmelte sie, und dabei fiel ihr Blick auf Carstens breiten Rücken.
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