EINLEITUNG EINLEITUNG Charlotte lag völlig orientierungslos auf einem harten Fußboden aus Holzdielen. Sie öffnete die Augen, war aber nicht in der Lage, irgendetwas zu erkennen. Eine erbärmliche Kälte breitete sich in ihrem Körper aus und sie fing an zu zittern. Den moderigen Geruch, den sie einatmete, vermochte sie nicht zuzuordnen. In dem dunklen Raum herrschte Totenstille. Sie verspürte wahnsinnige Kopfschmerzen und hatte beim Schlucken einen widerlichen, blutigen Geschmack im Mund. Als Charlotte mit der Hand ihren schmerzenden Kopf berührte, bemerkte sie eine Wunde. Ein mulmiges Gefühl stieg in ihr auf und trieb mächtige Angst durch die Adern. Ihr Herzschlag wurde schneller und lauter. Nach und nach kam die Erinnerung zurück und versetzte Charlotte in Panik.
Die Toten vom Eifelhof
Von Nicole Berwanger
Buchbeschreibung:
Charlotte wird mit der Vermarktung eines Aussiedlerhofs in der Eifel beauftragt. Dort
trifft sie auf einige mürrische Bewohner, die ihr deutlich zu verstehen geben, dass sie
nicht willkommen ist.
Am kommenden Tag werden befreundete Nachbarn der erfolgreichen
Immobilienmaklerin auf ihr Verschwinden aufmerksam. Alarmiert durch deren Hündin
Ella, die unaufhörlich und klagend im Nachbarhaus bellt, verständigen sie die Polizei.
Eine erste Spur führt zum Hof in der Eifel, wo sich Kommissar Lohmüller des Falles
annimmt. Im Zuge seiner Ermittlungen findet er eine weibliche Leiche, doch sie passt so
gar nicht zu der Beschreibung der Verschwundenen.
Wo steckt Charlotte und was haben die Hofbewohner mit ihrem Verschwinden zu tun?
Selbst als der Fall aufgeklärt wird, ist die Geschichte noch lange nicht zu Ende ...
Die Toten vom Eifelhof
Kriminalroman
1. Auflage, 2019
© Alle Rechte vorbehalten.
EINLEITUNG
Charlotte lag völlig orientierungslos auf einem harten Fußboden aus Holzdielen. Sie öffnete die Augen, war aber nicht in der Lage, irgendetwas zu erkennen. Eine erbärmliche Kälte breitete sich in ihrem Körper aus und sie fing an zu zittern. Den moderigen Geruch, den sie einatmete, vermochte sie nicht zuzuordnen. In dem dunklen Raum herrschte Totenstille. Sie verspürte wahnsinnige Kopfschmerzen und hatte beim Schlucken einen widerlichen, blutigen Geschmack im Mund. Als Charlotte mit der Hand ihren schmerzenden Kopf berührte, bemerkte sie eine Wunde. Ein mulmiges Gefühl stieg in ihr auf und trieb mächtige Angst durch die Adern. Ihr Herzschlag wurde schneller und lauter. Nach und nach kam die Erinnerung zurück und versetzte Charlotte in Panik.
27. März – 10.30 Uhr – zwei Wochen vor Ostern
Wer hätte voraussehen können, dass ein einziges Telefongespräch eine solche Welle von unvorstellbaren Ereignissen auslösen würde.
Charlotte sah aus dem geöffneten Fenster ihres Büros, eine warme Tasse Kaffee in der Hand, der herrlich duftete. Das unüberhörbare Klingeln des Telefons riss sie aus ihren Tagträumen. Sie stellte die Tasse auf den Schreibtisch und nahm schon das zehnte Kundengespräch an diesem Morgen entgegen. Seit sie ihre eigene Firma hatte, verstand sie es besser, mit Stress im Büro umzugehen als vor einigen Jahren. Damals hatte sie in einem kleinen Maklerbüro einer Immobilienfirma für einen cholerischen Chef gearbeitet und stand kurz vor einem Burnout, als sie die Reißleine gezogen und ihm die Kündigung auf den Tisch geknallt hatte. Seitdem fühlte sie sich wieder bestens. Sie war jetzt ihr eigener Chef.
Der erste Kontakt mit Herrn Funk aus der Eifel war kurz, und wie sie fand, nicht informativ ausgefallen. Der Landwirt hatte ihr am Telefon mitgeteilt, dass er und seine Frau vor hatten, den landwirtschaftlichen Hof in der Eifel zu verkaufen.
„Möglichst mit allem dazugehörigen Land, und am besten gleich mit sämtlichen landwirtschaftlichen Geräten“, hatte er ins Telefon gebrummt. Er sei auf ihre Anzeige als Immobilienmaklerin im „Bauernblatt“ gestoßen. Als Charlotte versucht hatte, weitere Informationen zur Immobilie zu erfragen, erklärte Herr Funk kurzerhand, sie solle doch vorbeikommen und sich den Hof selber anschauen. „Ich gebe Ihnen meine Adresse und unsere Telefonnummer und es wäre gut, wenn Sie schon für die nächste Woche einen Termin einplanen könnten“, sagte er in einem recht unfreundlichen Ton ins Telefon.
„Ich könnte heute in einer Woche zu Ihnen in die Eifel kommen“, schlug ihm Charlotte mit freundlicher Stimme vor. Nachdem er ihr die Adresse mitgeteilt hatte, legte Herr Funk mit einem schlichten „Bis dann“ auf.
Ein wenig verwundert war Charlotte schon, denn normalerweise dauerten solche telefonischen Erstkontakte länger. Herr Funk hatte sich als wortkarg erwiesen. Er hatte gar keine Fragen gestellt. Sein Ton war rüpelhaft.
In ihrem Job kam sie oft mit Menschen in Kontakt, die sie sich während des ersten Telefonats völlig anders vorgestellt hatte. Sie fand es immer aufregend, sich zum ersten Mal mit Kunden zu treffen und diese dann persönlich kennenzulernen. Sie hatte in all den Jahren schon so viele außergewöhnliche Leute kennengelernt. Dabei gab es immer wieder Klienten, die sich als schwierig entpuppten. Charlotte hatte sich angewöhnt stets freundlich, zuvorkommend und höflich zu bleiben. Sie wusste, dass man so am besten mit schwierigen Menschen klarkam.
Sie war schon gespannt auf die erste Begegnung mit der Familie Funk, ebenso auf den Bauernhof in der Eifel. Für Charlotte war es immer wieder interessant, eine Immobilie zu begutachten, dabei hatten es ihr alte Bauernhäuser von jeher angetan. Beim Eintreten spürte man die spezielle Atmosphäre der alten Gemäuer, sie hatten einfach Charme. Oft modernisierte man solche antiquarischen Häuser im Laufe der Zeit, ohne Rücksicht auf ihren eigentlichen ursprünglichen Charakter zu nehmen. Sie war gespannt, welche Art von Immobilie sie in der Eifel erwarten würde.
Montag, 3. April – eine Woche später
Als sie mit ihrem Auto vor dem Hauseingang des Eifelhofes parkte, fiel ihr auf, dass sich eine Gardine im Erdgeschoss des Hauses bewegte und sie offensichtlich erwartet wurde. Es kam niemand auf den Hof, um sie zu begrüßen. Der erste Eindruck war enttäuschend. „Wieder so ein altes Bauernhaus, das nicht stilgerecht renoviert worden ist“, murmelte sie. Die einstigen Fenster hatte man durch hässliche große Scheiben mit Aluminiumrahmen und zeitgemäßen Rollläden ersetzt. Auch die alte Haustür war einer modernen, langweiligen Eingangstür gewichen. Lediglich die alte Sandsteintreppe, die beidseitig hinauf zum Einlass führte, schien im Originalzustand zu sein. Daher wirkte sie verschlissen und marode. Vor dem Haus säumten allerlei Blumentöpfe, aus denen schon die unterschiedlichsten Frühlingsblüher ragten, die Front. Wenigstens ein schöner Anblick, der das trostlose Bild etwas aufwertet, schoss es ihr durch den Kopf.
Mit einem Blick auf die Uhr stieg Charlotte die altertümliche Treppe mit schnellen Schritten hinauf. An der Haustür drückte sie den Klingelknopf. Es schellte grell. Niemand reagierte, woraufhin Charlotte die Klingel ein zweites Mal betätigte. Ein durchdringendes „Ring-Ring“, hörte man bis vor die Haustür.
Eine lange hagere Frau in einer altmodischen Kittelschürze und mit einer langweiligen Frisur öffnete ihr nach einer ganzen Weile die Tür und musterte Charlotte von Kopf bis Fuß.
„Guten Tag, mein Name ist Charlotte Schumann. Ich bin Immobilienmaklerin und ich habe mit Herrn Funk einen Termin.“ Ein herrlicher Duft von frisch gebackenem Apfelkuchen durchströmte den Hausflur.
„Ja gut, kommen Sie rein, ich hole meinen Mann“, sagte die dürre Frau mit mürrischer Stimme und trat zur Seite. Charlotte stand in dem großen breiten Hausflur und hier war sie vorerst gezwungen, zu warten. So hatte sie immerhin etwas Zeit, sich in Ruhe umzuschauen.
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