Almut Irmscher
Das Namibia-Lesebuch
Impressionen und Rezepte
aus dem Land von Wüste und Wildnis
Inhalt
Einführung
Die Wüste der Farben – zwischen den größten Sandbergen der Welt
Rock Shandy – Namibias Nationalgetränk gegen den Durst
Allen Widernissen trotzend – Namibia kulinarisch
Mielie-Pap mit Chakalaka-Gemüse
Clash der Welten – deutsche Kolonialisten in Südwest
Biltong – gewürztes Trockenfleisch
Scharfe Würzsauce
Abgrund des Grauens – der Krieg gegen die Herero und die Nama
Rooibos-Punsch
Die deutscheste Stadt außerhalb Deutschlands – Swakopmund
Schwarzwälder Kirschtorte wie in Swakopmund
Begegnungen aus nächster Nähe – eine Bootstour in Walvis Bay
Speckaustern der Pfanne
Zuflucht im Canyon – zwei Geologen und der Kampf ums Dasein
Apfelkuchen wie in Solitaire
Im Sperrgebiet – Zacharias und der Schatz in der Wüste
Potjiekos mit Gulasch und Pilzen
Auf der Suche nach Extremen – Rekorde, Entdeckungen und der Weg zur Leistungsgrenze
Flussbarsch namibisch
Windhoek – Stadt der Gegensätze
Butternutkürbissuppe
Auf der Farm – von der Jagd und den Sorgen des Alltags
Kudu-Schnitzel mit Rosinenreis und Gemüse
Von der Schule in die Wildnis – Leben in Namibia
Springbockmedaillons mit grünem Spargel
Gebackene Omaere
Die San – Menschen des Wissens und Besitzer des Schattens
Sosaties – Fleischspieße vom Grill
Maipi bittet um Regen – ein Besuch bei den Himba im Kaokoveld
Mielie-Pap mit Sauce
Streifzüge durch die Wildnis – der Etosha-Nationalpark
Etosha-Pfanne mit Amarula-Sauce
Im Reich des Wassers – ein Ausflug in den Caprivizipfel
Bobotie – ein Auflauf aus Hackfleisch und Gemüse
Faszination im Abendlicht – der Sundowner
Gin Tonic
Das letzte Wort
Danksagung
Karte
Bilder
Mit diesem nunmehr 28. Band meiner Reise-Lesebücher verlasse ich erstmals den europäischen Kontinent und lade Sie dazu ein, mich auf eine Rundfahrt durch Namibia zu begleiten. Doch warum ausgerechnet Namibia?
Den Wunsch, das Land im Südwesten von Afrika zu besuchen, hegte ich schon seit vielen Jahren. Die Gründe dafür sind sehr persönlich und, wie ich zugeben muss, von märchenhaft-verträumten Vorstellungen geprägt. Denn zum einen habe ich meinen Kindern mehrfach „Die unendliche Geschichte“ von Michael Ende vorgelesen. Wer das Buch kennt, weiß von Goab, der Wüste der Farben, einer magischen Gegend, in der zwar die Sonne alles Lebendige verglühen lässt, die aber, wie der Name schon verrät, auch von fantastischen Farben geprägt ist.
Zum anderen habe ich vor etlichen Jahren einen Bericht über die Wüste Namib im Radio gehört. Die Beschreibungen in dieser Reportage mischten sich mit den Traumbildern, die beim Lesen des Buchs entstanden waren und mich seither nicht mehr verlassen hatten. Daraus erwuchs meine Sehnsucht, selbst einmal inmitten des farbenprächtigen Sandmeers der Wüste Namib zu stehen und dessen Zauber auf mich wirken zu lassen.
Die Namib ist eine riesige Wüste, die sich auf einer Strecke von annähernd 2.000 Kilometern entlang der südwestlichen Küste Afrikas erstreckt und teilweise bis zu 160 Kilometer ins Landesinnere Namibias hineinreicht. Ihr verdankt das Land auch seinen Namen. Viele qualvolle Jahre hindurch litt die erhebliche Mehrheit der in dieser südwestafrikanischen Region lebenden Menschen unter der Drangsal wechselnder Fremdbestimmung.
Nach der Unabhängigkeit im Jahr 1990 ging es darum, ein versöhnendes Zeichen für den Aufbruch zu setzen und gleichzeitig all die unterschiedlichen Völker des Landes in den neuen Staat einzubinden, ohne eines davon zu bevorzugen oder zu benachteiligen. So setzte sich eine Idee des Politikwissenschaftlers Mburumba Kerina durch, der sich schon seit 1956 für die Unabhängigkeit seines Landes stark gemacht hatte und nun Mitglied der verfassungsgebenden Versammlung war. Die Wüste, die das Gesicht des Landes doch so maßgeblich prägt, hatte er schon viele Jahre zuvor als Namensgeberin vorgeschlagen. Deren Bezeichnung „Namib“ stammt aus der Sprache des Volks der Nama, der „roten Menschen“, die einst als nomadische Viehzüchter im südwestlichen Afrika lebten, hauptsächlich im Südosten des heutigen Namibia. „Namib“ bedeutet so viel wie „Luftspiegelung“ oder auch „große Fläche“.
Doch Namibia besteht bei weitem nicht nur aus der prachtvollen Wüste Namib. Einen wesentlichen Teil des Landes nimmt auch die Kalahari ein, eine große Savanne, die sich über die Grenzen Namibias hinaus bis nach Botswana und in den Nordwesten Südafrikas hinein erstreckt. Weil sie im Wesentlichen von Sand und trockenem Dorngebüsch geprägt ist, wird auch die Kalahari oft als Wüste bezeichnet. Dank zahlreicher Fernsehdokumentationen über ihre faszinierende Tierwelt, die ich in meiner Kindheit gesehen habe, stellte auch die Kalahari für mich persönlich stets ein Wunschziel dar. Wollte ich doch einmal ihre stolzen Bewohner in freier Wildbahn sehen, die Elefanten, Nashörner, Giraffen, Strauße, Zebras, Löwen und all die anderen, statt immer nur hinter den Gittern ihrer begrenzten Gehege im heimischen Zoo.
Später las ich nicht minder faszinierende Berichte über die humanethologische Erforschung der Kalahari-Buschleute, über deren Sitten, deren Lebensweise und deren Fähigkeit, in der offensichtlich so lebensfeindlichen Umwelt der Trocken–savanne als Jäger und Sammler zu überdauern. Sie bilden zahlreiche ethnische Gruppen, die unter dem Oberbegriff „San“ als Volk zusammengefasst werden. Die San gelten als direkte Nachfahren der ersten Menschen, die das südliche Afrika besiedelten. Zeichnerische Darstellungen von Tieren, die 1969 in einer Höhle im Süden Namibias entdeckt wurden, zeugen nicht nur davon, dass die Region schon seit langer Zeit von Menschen bewohnt ist. Mit ihrem Alter von 27.000 Jahren zählen sie auch zu den ältesten Malereien Afrikas, nach den noch älteren Höhlenbildern Indonesiens und Australiens sogar zu den ältesten von Menschenhand geschaffenen Kunstwerken überhaupt. Ob diese Zeichnungen allerdings von den Ahnen der San angefertigt wurden, ist unbekannt. Vielleicht sind die San auch erst vor deutlich kürzerer Zeit, nämlich vor rund 2.000 Jahren, aus Zentralafrika ins heutige Namibia eingewandert. Diese Frage ist in der Wissenschaft umstritten.
Neben den San sind Menschen aus der Volksgruppe der Damara die ältesten Siedler Namibias. Auch sie durchzogen seit Jahrtausenden als nomadisierende Jäger und Sammler die Region, ohne jedoch in einer kulturellen oder ethnischen Verbindung zu den San oder den anderen Völkern Afrikas zu stehen.
Dass Namibia heute ein Vielvölkerstaat ist, in dem die verschiedensten ethnischen Gruppen leben, ist auf mehrere Wanderungsbewegungen zurückzuführen. Ab dem 16. Jahrhundert kamen zunächst die Ovambo, ein Volk von Viehzüchtern und Bauern, das zu den Bantustämmen gehört. Diese Bantustämme, die im ganzen südlichen Afrika verbreitet sind, werden als solche aufgrund der gemeinsamen Wurzeln ihrer Sprachen zusammengefasst, auch wenn es etwa 500 verschiedene Bantusprachen gibt. Die Ovambo stellen heute mit fast 50 Prozent den größten Teil der Bevölkerung Namibias.
Im 17. und 18. Jahrhundert kamen die Herero, ein ebenfalls zu den Bantustämmen gehörendes Hirtenvolk. In der Folge drangen immer mehr Angehörige afrikanischer Völker nach Namibia vor, was durch die Kolonialpolitik der Europäer und die Willkür, mit der diese den Kontinent mit Grenzen durchzogen, verursacht wurde. Damit sorgten die Kolonialisten nicht nur für Unruhe unter den ursprünglich dort lebenden Menschen, die sich ihrer traditionellen Wege beraubt sahen. Sie trugen auch durch gewaltsame Vertreibungen zum allgemeinen Aufruhr bei. Bedingt durch die Kolonialherrschaft siedelten sich zudem Weiße verschiedenster Herkunft im Bereich des heutigen Namibia an.
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