Helmut Degner - Graugrün und Kastanienbraun. Aufzeichnungen eines Neurotikers

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Graugrün und Kastanienbraun. Aufzeichnungen eines Neurotikers: краткое содержание, описание и аннотация

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Ein Roman als psychotherapeutische Maßnahme – geht das? «Graugrün und Kastanienbraun» ist ein facettenreicher Roman über die Lebenssituation der siebziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts. Er erzählt von einem souveränen Menschen, der trotz seiner Stärke der wuchernden Vielfalt seines Lebens ausgeliefert bleibt und letztendlich droht, daran zugrunde zu gehen. Ein packender Bericht über die Kehrseite von Karriere und Leistung. Hochaktuell!-

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Die Stunden, in denen er allein in seiner Wohnung auf der Couch lag, summierten sich zu Tausenden und Tausenden, und in diesen Stunden bevölkerte er, weil das Alleinsein wie ein schwarzer Schlund war, in den er immer tiefer zu stürzen drohte, seinen Kopf mit Namen – zahllosen Namen: von Filmschauspielern, von Markenartikeln, Buchtitel, Firmennamen, Namen von Menschen, die er gekannt hatte. Er gruppierte die Namen in seinem Kopf zu dritt oder zu fünft oder zu sechst und sagte sie in den Stunden auf seiner Couch unausgesetzt hintereinander auf. Fiel ihm ein Name nicht ein, dann ergriff ihn Todesangst, und er lag Stunden schweißüberströmt in Panik und grübelte darüber nach, wobei Horden anderer Namen über ihn herfielen und völlig von ihm Besitz ergriffen. Jeder neue Name, der hinzukam, drohte ihn zu vernichten – ein weiterer Grund, die Straße zu meiden, denn von überall her stürzten sich dort Namen auf ihn: von vorüberfahrenden Lastwagen, von Firmentafeln, von Plakaten, Straßenschildern. Er aß seit langem nur gebratenes Fleisch und Obst, denn Konserven, Nahrungsmittel, Tiefkühlkost konnte er sich nicht kaufen, weil auf jeder Packung oder Dose ein Name stand, den er sich merken mußte, ein neuer Name, der zu Hunderten von Namen in seinem Kopf hinzukam, den er mit anderen neuen Namen in Gruppen von fünf oder sechs immer wieder memorieren mußte, der ihn, fiel er ihm nicht ein, in Todesqualen versinken ließ. Er konnte seit zwei Jahren nicht lesen, nicht fernsehen, nicht arbeiten, denn in jedem Fernsehspiel, in jedem Zeitungsartikel, in jedem Buch gab es Namen – neue Namen von Schauspielern, von Politikern, von Orten und Ländern. Irgendwo, aus Gesprächen von Leuten in Geschäften oder auf der Straße, denen er nicht ausweichen konnte, hatte er aufgeschnappt, daß es seit vorigem Jahr in Amerika einen neuen Präsidenten gab und daß die SPD die letzten Wahlen wieder gewonnen hatte, doch er wußte nicht, wer der neue Präsident war oder wie er hieß und ob die Minister der SPD noch die gleichen waren wie vor zwei Jahren, als er noch Zeitung lesen konnte. Er hätte es brennend gern erfahren, wie alles andere, was inzwischen auf der Welt geschehen und nicht zu ihm gedrungen war, und zugleich fürchtete er maßlos, auf irgendeine Weise Kenntnis davon zu erlangen, denn es würde für ihn neue Namen bedeuten. Manchmal dachte er, daß das Aufsagen der Namen eine Ersatzreligion war, zur Abwehr der Angst, ähnlich dem Beten eines Rosenkranzes. Seine Ängste versammelten sich zu einer neuen Angst: daß die Namen seinen Verstand zerfressen würden, und er fand immer neue Anzeichen dafür, daß sie es bereits taten. Elektrischer Strom war ihm ein unlösbares Rätsel, ihm fiel nicht die Hauptstadt von Kolumbien ein, und er fragte sich, ob er auch früher schon nicht gewußt hatte, wie ein Telefon funktionierte, und ob auch andere Menschen mit durchschnittlicher Bildung so etwas nicht wußten. Daß die Entstehung von Äpfeln und Kirschen mit Blütenstaub und Bienen zu tun hatte, war ihm noch in Erinnerung, doch wie pflanzten sich Mohrrüben fort, bei denen es doch – wenn er sich richtig entsann – keine Blüten gab? Ein Mechaniker, dem die Reparatur eines Fernsehapparates gelingen konnte, erschien ihm als Genie, und wie merkte sich ein Kellner, oft ein Mensch ohne sonderliche Verstandesgaben, was jeder einzelne Gast bestellt und verzehrt hatte; woher nahm er immer wieder das passende Kleingeld zum Herausgeben? In ihm wuchs eine weitere Angst: er werde den Rest seines Lebens im riesigen Schlafsaal eines Irrenhauses, in grauer Anstaltskleidung, betäubt von Medikamenten, welche die Angst, aber auch jedes Gefühl und jede Phantasie zudeckten, dahindämmern müssen, zwischen Schizophrenen und Manikern. Sein Psychotherapeut, ein bärtiger kleiner Mann mit flinken Bewegungen und klugen, guten Augen, für ihn manchmal ein Pan und manchmal ein Sokrates, dem alles klar zu sein schien, was auf der Welt und zwischen den Menschen vor sich ging, und noch einiges mehr – er fuhr zweimal in der Woche mit dem Taxi zu ihm, mit gesenktem Kopf, damit sein Blick nicht auf Straßenschilder und Autoaufschriften und Reklametafeln fiel – hatte ihm gesagt, dies sei sein unbewußter Wunsch, denn was man fürchte, wolle man: eine ungeheure Selbstbestrafung – wofür, müsse man herausfinden. In der Nacht danach war ihm seine erste Kindheitserinnerung eingefallen: Er lag, mit zwei oder drei Jahren, in seinem Gitterbett – welch schreckliche Assoziation: Gitterbett – und sah an der Wand – er wußte nicht, ob es ein Tapetenmuster war oder Phantasie – einen weißbärtigen, seinem Großvater ähnelnden Petrus, der kleine nackte Engel übers Knie legte und verprügelte, und er hatte dabei ein angenehmes Gefühl empfunden.

In der Garage, deren Miete unnütz sein Budget belastete, stand seit zwei Jahren sein Wagen: auf dem Tachometer die Kilometerzahl seiner letzten Fahrt, die Reifen ohne Luft. Den Boden der Garage bedeckte eine glitschige Schicht ausgetropften Öls, das bei seinem ersten und einzigen Besuch vor mehreren Monaten an seinen Schuhsohlen haften geblieben war, was er erst bemerkt hatte, als er die Flecken auf dem Teppich seiner Wohnung sah. Er sperrte die Tür des Wagens auf, setzte sich hinter das Lenkrad und strich mit der Hand über den geflochtenen Bezug. Plötzlich packte ihn Angst, er könne ersticken in dem kleinen, engen Raum, doch er kurbelte das Fenster herunter und hielt der Angst stand, und im gleichen Moment hörte er, daß die elektrische Uhr im Armaturenbrett tickte. Er schaltete die Scheinwerfer ein, und ihr gleißendes Licht fiel auf die weißgetünchte Wand der Garage. Daß die Batterie des Wagens zwei Winter überstanden hatte, ließ eine, wie ihm schien, unsinnige Hoffnung in ihm aufsteigen, doch er hatte es in der Zeit seither nicht über sich gebracht nachzusehen, ob sie immer noch intakt war.

Ende eines Kapitels

Als ihm das Mädchen ihre Geschichte erzählt hatte und gegangen war, trat er ans Fenster und schaute durch die trübe Scheibe hinaus in den Regen. Er begann im Zimmer auf und ab zu gehen, hier eine Vase zurecht rückend, dort mit dem Finger den Staub von einem Buch wischend, doch seine Unruhe wurde immer stärker. Er ging ins Vorzimmer, streifte seinen Mantel über, fuhr mit dem Lift hinunter und lief in den Park auf der andern Seite der Straße. Unter seinen Schuhen knirschte der nasse Kies. Er schlenderte eine Weile kreuz und quer über die schmalen Wege; dann setzte er sich auf eine zerschrammte Bank, deren grüne Farbe von Sitz und Lehne abgeblättert war. In den Büschen rauschte der Regen, hoch oben in einem der Bäume, deren dunkle Stämme über ihm mit der noch schwärzeren Finsternis verschmolzen, kreischte ein Nachtvogel. Hinter einigen Fenstern des Hauses gegenüber zuckte das blaue Licht von Fernsehapparaten, aus einem Radio plärrte Schlagermusik. Sein Blick fiel auf die Kirchturmuhr, die er auch von seiner Wohnung aus sehen konnte und deren Zeiger seit einigen Wochen zur Reparatur abmontiert waren. Er starrte auf das leere Zifferblatt und spürte mit seltsamer Distanziertheit, wie ihn Entsetzen packte. Mit der Zungenspitze fuhr er über die Zahnlücken in seinem Mund. Er war Ende vierzig, und seine Zähne faulten wie feuchtes Holz; alle paar Monate mußte einer gezogen werden. Manchmal stand er morgens im Bad vor dem Spiegel und starrte voll Haß das verkniffene Gesicht mit der Lücke im linken Mundwinkel an, das ihm hämisch entgegengrinste. Sein Friseur hatte ihn schon vor Jahren bei jedem Besuch darauf aufmerksam gemacht, wie seine grauen Haare sich vermehrten, und ihm irgendein Färbemittel empfohlen. Seit einigen Wochen ließ er nachts das Licht an und stellte seinen Wecker immer wieder so, daß er ihn alle zwei Stunden aus dem Schlaf riß, denn er fürchtete, sonst nie mehr aufzuwachen.

Der Vogel war verstummt, und das Plärren des Radios hatte aufgehört. Das einzige Geräusch war das Schnurren der Autoreifen auf dem nassen Asphalt der Straße hinter den Häusern. Die mondlose Dunkelheit umhüllte ihn wie ein nasser erstickender Mantel, und ihn überkam das Gefühl, allein zu sein auf einer Welt ohne Menschen, als einziger zurückgeblieben auf einem Planeten, auf dem alles Leben erstorben war. Sein Mund füllte sich mit schaumigem Speichel, doch er war nicht fähig, ihn hinunter zu schlucken, und er rann über sein stoppliges, seit zwei Tagen unrasiertes Kinn. Es kam sich vor wie ein sabbernder Idiot, doch es machte ihm nichts aus. Sein Magen war eine Grube voll Eis, und die Kälte breitete sich von ihm über seinen ganzen Körper aus, kroch den Rücken hinauf und ließ seine Glieder starr und steif werden. Mit einer Gleichgültigkeit, die ihm selbst unerklärlich war, ließ er zu, daß diese Starre ganz von ihm Besitz nahm, und als er aufhörte, sich gegen den Tod zu wehren – er war es, dessen war er sicher –, ergriff ihn plötzlich ein Gefühl schwebender Leichtigkeit, dem er sich ganz hinzugeben vermochte. Jeder Sinn für Zeit und Raum schwand, und als die Kirchturmuhr die volle Stunde schlug und ihr Dröhnen seinen Kopf füllte und ihn wieder zu sich kommen ließ, wußte er nicht, wie lange dieser Zustand völliger Leere gedauert hatte.

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