Michael Dangl - Orangen für Dostojewskij

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Orangen für Dostojewskij: краткое содержание, описание и аннотация

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Als Fjodor M. Dostojewskij zum ersten Mal Venedig besucht, ist das die Erfüllung eines Kindheitstraums. Doch ist er bereits 40, im Westen unbekannt und in einer beruflichen wie privaten Krise. Die Schönheit und Lebendigkeit Venedigs erreichen ihn nicht. Da widerfährt ihm eine phantastische Begegnung: mit dem Komponisten Gioachino Rossini, 70, weltberühmt, eine Legende. Der barocke Genussmensch, Inbegriff mediterraner Leichtigkeit und Allegria, verzaubert ihn mit Lebensfreude und stellt den grüblerischen, schwermütigen Asketen in drei Tagen sozusagen vom Kopf auf die Beine. Die Gegensätze sind die größten – und doch erleben wir die Annäherung zweier hochsensibler Künstlerseelen, in teils grotesken, komischen und an die Grundfragen des Menschlichen rührenden Situationen und Gesprächen. «Ich habe Venedig noch mehr geliebt als Russland», findet sich in privaten Notizen Dostojewskijs. Der Roman spürt möglichen Ursachen dieser Liebe nach.

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*„Am Morgen, da wecke sie nicht, am Morgen, da schläft sie so süß …“

2

Es war Samstagabend, und wenn sich die Venezianer in einem untragbaren Belagerungszustand befanden, wie es der Aristokrat gestern Abend eindrücklich geschildert hatte, dann wussten sie mit dieser Not gut umzugehen. Die Luft war voll Oleander und guter Laune. Paare flanierten lachend in alle Richtungen, grüßten einander, hielten zu kurzen Plaudereien, alle schienen alle zu kennen und sich ihrer zu freuen, der Ziehharmonikaspieler aus seinem Schlummer stand wirklich mitten auf der Straße, wünschte jedem Herankommenden höflich einen Guten Abend und spielte seine süßen, wehmütigen Lieder nahe an die Vorbeigehenden heran, um ihr Gemüt nur ja zu einer Gabe in die am Boden aufgelegte Kappe zu bewegen. Es hatte Abende und vor allem Feiertage gegeben, am Newskij-Prospekt, wenn sich die Petersburger zu ihrem Vergnügen ergingen, fein gekleidet und festlich gestimmt, Stunden in den Weißen Nächten, wenn die Menschen halb verrückt vor Frühling und Liebe die Straßen an den Ufern der Kanäle durchschwärmten, doch nie war die Stimmung so ungezwungen, von jeder Bedenklichkeit frei gewesen wie hier, nie zuvor hatte Dostojewskij erlebt, dass eine menschliche Gemeinschaft so – nur widerwillig gestand er sich dieses Wort ein, aber es war das einzige, das wirklich zutraf – leicht war.

Von der eisernen Brücke vor der Accademia, die er nun mühelos erklomm, schaute er auf eine prächtige in der Sonne leuchtende Kirchenkuppel und den Canal Grande, den er unschwer als solchen erkannte und der nicht anders zu benennen war als „groß“, nicht wegen seiner messbaren Ausdehnung, sondern wegen seiner unfassbaren Lebendigkeit aus Farben, Bewegung, Licht, Lachen, Stimmen … ihm war auf einmal, als riefen sie alle zu ihm herauf und wollten ihn mitreißen, der er da an der Brüstung gesenkten Hauptes stand, ein Pfahl im strömenden Fluss des venezianischen Abends … er spürte auf einmal eine solche Sehnsucht … wenn jemand es ihm befohlen hätte, er hätte mit Freude sein Herz in den Kanal hinabgeworfen. Wahrscheinlich würde es gleich untergehen, schwer, wie es war. Aber der Flug wäre schön gewesen, dachte er, die zwei Sekunden freien Falls.

In Venedig nach dem Markusplatz zu fragen, war ein leichtes Unterfangen. Die Hände flogen schon nach dem Wort „Piazza“ in die gesuchte Richtung, das „San Marco“ wollten die meisten gar nicht mehr hören. Einmal brauchte Dostojewskij nur den Mund zur Frage zu öffnen, und der Entgegenkommende warf seinen Daumen, ohne aufzusehen, über die Schulter. Schließlich brauchte es kein Fragen mehr. Aus den Häusern und Gassen kamen die Menschen und gliederten sich der Menge ein, die nur ein Ziel hatte, und sie nahm ihn mit und spülte ihn zuletzt über die Marmorstufen einer Arkade hinab und entließ ihn nur, um von etwas viel Größerem empfangen zu werden, von dem er bislang keinen Begriff gehabt hatte und das sein Herz einen langen Augenblick stillstehen ließ, ehe es wild losschlug wie nach einem heftigen Schreck oder unvermittelter Freude. Ein wenig fühlte er sich daran erinnert, wie er zum ersten Mal einen Ballsaal im Winterpalast des Zaren betreten hatte, auch das ein Ort, von dem man von klein auf geträumt, den man lange ersehnt hatte, und nun war man da, und der Ort war so aufgeladen mit Traumbildern und Sehnsüchten, dass man Wirklichkeit und Vorstellung nicht unterscheiden konnte und nur wusste, spürte, dass man angekommen und der Weg, wie steinig und mühsam immer, es wert gewesen war, mehr: im selben Moment schon vergessen. Nur war der „Ballsaal“ hier so viel größer, weiter, nach oben offen, und die Ballgesellschaft war das Volk, alle waren geladen, und ihre tausendfachen Stimmen waren die Musik, und ihre hunderttausendfachen Schritte und Bewegungen und Drehungen der Tanz, und das Fest, das gefeiert wurde, geschah nicht zu Ehren eines herrschaftlichen Geburtstags oder eines militärischen Sieges, sondern du selbst fühltest dich deines Daseins gefeiert, dein Sieg, am Leben zu sein trotz allem und allem, war der Anlass. Das Fest, beleuchtet und angeheizt von der kräftigen, widerspruchslosen südlichen Sonne, galt, und das war es, was Dostojewskij in vierzig Jahren noch nie erfahren hatte, dem Leben selbst. Dieser auf drei Seiten von identischen Arkaden und Fassaden eingefasste Festsaal mündete auf der vierten in die verschnörkelten, verspielten Formen der Basilika, deren goldene Kuppeln im Blau des Himmels wogten und den auf der entgegengesetzten Seite des Platzes Stehenden an die menschentragenden Ballone erinnerte, die er in London aufsteigen gesehen hatte. Sehr prosaisch riss ihn die Stimme eines Mannes hinter ihm aus dem Staunen.

„Very famous place“ , sagte dieser mit einer Aussprache, als kaue er an den Worten im Mund herum und so, als offenbare er ein Geheimnis. Dostojewskij drehte sich um und sah, dass der Mann zu seiner Frau gesprochen hatte und dass es keine Ironie gewesen war, denn die Frau riss tatsächlich die Augen auf und fragte ungläubig: „Yes?“

Er bewegte sich vorwärts, geradewegs durch die Menge, wobei er sehr bemüht war, niemanden zu berühren und von niemandem angestoßen zu werden, denn Kontakt mit fremden Körpern, und sei es durch noch so viele Schichten Stoffs, war ihm unangenehm und peinlich. Als sich zu seiner Rechten eine Lücke auftat, nützte er sie, um einige Meter zu gewinnen, doch da sah er, dass die Lücke das Ende einer regelrechten Gasse war, die sich im Gedränge gebildet hatte, und dass die Ursache zwei Polizisten waren, die sich keinen Weg zu bahnen brauchten, weil der Weg durch die vor ihnen zurückweichenden, ausweichenden Menschen von selbst entstand, niemand wollte mit ihnen zu tun haben und hielt sie auf möglichst weitem Abstand wie Aussätzige, und da er diesen Raum, diese Respekts- oder Verabscheuungsblase, die die zwei Uniformierten um sich trugen, betreten hatte und sie in seine Richtung gingen, stand er auf einmal vor ihnen. Sie waren sehr jung, trugen beide Schnurrbart und sahen aus, als wären sie theatermäßig als Zwillinge geschminkt. Die vier Augen bohrten sich in ihn wie Bajonette.

„Haben Sie einen Pass?“, fragte der eine in lautem, schmetterndem Deutsch. Seine Stimme war aus Eisen, und die Frage fühlte sich an wie ein Schlag in den Magen.

„Natürlich“, gab Dostojewskij auf Deutsch zurück. Und weil Zorn in ihm hochstieg, setzte er hinzu: „Ich bin ja kein Passloser.“ Es war ein Reflex, der ihm bei Kontrollen in Deutschland häufig widerfahren war. Niemand von den Fragenden konnte wissen, dass in Russland ein „Passloser“ ein Sträfling war. Doch die Frage löste bei ihm Scham und Bitterkeit aus.

„Vorweisen!“, bellte der andere. Es war auffällig, dass sie sich nicht die geringste Mühe gaben, freundlich zu sein. Man fühlte sich sofort verhaftet, und ihr erstes Wort war schon ein Verhör. Dostojewskij wies seinen Pass vor. Der eine Beamte blätterte ihn langsam durch, während der andere die Augen nicht eine Sekunde vom Objekt ihrer Examinierung ließ.

„Russkie“ , kam nun mit schauerlichem Akzent und Hohn in der Stimme. Doch da schrie jemand in der Menge, und die Köpfe der Diensttuenden schnellten hin, und aus dem Schrei des Einzelnen wurden die Rufe vieler, vielleicht war ein Taschendieb ertappt worden, und schon waren die beiden dabei, sich durch die Menge zum Ort des Geschehens zu drängen, denn die Leute blickten in die Richtung, aus der der Lärm kam, und sahen die Polizisten nicht und konnten ihnen keine Gasse bilden und wurden sehr grob, beinahe brutal zur Seite gedrängt und gestoßen, einer, ein alter Mann, fiel dadurch sogar hin und wurde von den Umstehenden aufgehoben, und Dostojewskij stand da mit dem Pass in der Hand, die zitterte, und weißen Lippen und schien in einer Minute um einen Kopf kleiner geworden zu sein. Mechanisch ging er mit kleinen Schritten über den Platz und fühlte auf einmal wieder die Ketten an den Füßen, die er in Sibirien getragen hatte, und die ganze Schwere der Schuld, die eine um nichts als sich selbst besorgte Staatsmacht ihm umgehängt hatte, drückte ihn wieder und warf ihn um dreizehn Jahre zurück, als er von der menschlichen zivilen Gesellschaft entfernt und zum Antritt seiner Strafe expediert worden war, nach deren Verbüßung er vor drei Jahren äußerlich zu dieser Gesellschaft zurückgekehrt war, doch jetzt fühlte er, wie wenig er diese Rückkehr innerlich vollzogen hatte. Eine harmlose Passkontrolle schmiss ihn aus jeder vermeintlichen Sicherheit und wies ihm seinen Platz zu, der der eines Verurteilten, eines Schuldigen, eines Rechtlosen war. Die Macht hatte auf ihre verachtende, perfide Art Guten Tag gesagt und den Glanz des Orts, den Anflug von Freude, den er in seiner Brust gespürt hatte, weggewischt, als müsste er wieder und wieder vor Gericht stehen, verurteilt, gebrandmarkt für alle Zeit. Als er um den Campanile nach rechts bog, wo der große Platz in einen kleineren, nicht weniger belebten überging, der am Hafenbecken endete, läuteten gerade die Glocken oben im Turm, wie sie von der Peter-und-Paul-Kirche zur neunten Abendstunde geläutet hatten an jenem vierundzwanzigsten Dezember, als er in einem von vier offenen Pferdeschlitten durchs Festungstor gefahren wurde, über den Newskij-Prospekt, vorbei an hell erleuchteten Wohnungen mit festlich geschmückten Christbäumen. Am Ural blieben Pferde und Schlitten in den Schneewehen stecken, die Häftlinge mussten aussteigen und bei minus vierzig Grad im Schneesturm stehend stundenlang warten, bis die Schlitten wieder freigemacht waren. Es war die Grenze Europas. Vor ihm Sibirien und ein ungewisses Schicksal, hinter ihm die Vergangenheit und sein bisheriges Leben, das abgeschnitten, abgerissen war. Wieder, wie damals, schnürte es ihm den Hals zu, als er sich in diesen Moment zurückversetzt fühlte, und wieder, während er bei plus vierzig Grad durch die quirligste, heiterste Menschenmenge in schweißtreibendster südlicher Glut schritt, fror er, wie damals, bis ans Herz. Die wochenlange Fahrt nach Omsk war nur ein Anfang gewesen: der vier Jahre Zuchthaus, der Zwangsarbeit, des Hungers, der Krankheiten und Demütigungen und der ständigen Konfrontation mit den Abgründen menschlichen Seins, ein Anfang der weiteren sechs Jahre als gemeiner Soldat, bleierne Jahre in einer Provinzstadt am Ende der Welt, ein Anfang von insgesamt zehn Jahren Entrechtung, des Entzugs von jeglichem zivilisierten Umgang, Jahre des Schreib- und Publikationsverbots. Dieses eintönige Leben hat mich gebrochen, dachte Dostojewskij, als er am Hafen mit den Frachtschiffen, den Gondeln und all den kleinen Barken und Barkassen stand und auf das Meer schaute, das hier aber noch von allen möglichen Inselchen und Inseln, von denen er keine Ahnung hatte, bestimmt und begrenzt wurde, wie das makellose Blau des Himmels eingerahmt war von feinen wattebauschartigen Wölkchen am fernen Horizont.

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