Tilman Wetterling - Alkoholmissbrauch und -abhängigkeit

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Alkoholmissbrauch und Alkoholabhängigkeit sind in Deutschland sehr verbreitet. Die Betroffenen haben oft große Schwierigkeiten, ihre Sucht zu überwinden. Hierfür sind v. a. die Wirkungen von Alkohol auf das Gehirn, insbesondere auf das psychische Befinden, verantwortlich. Bei längerem erhöhtem Alkoholkonsum kommt es sehr häufig auch zu körperlichen Erkrankungen und sozialen Folgeerscheinungen. Das Buch stellt all diese Aspekte der alkoholbezogenen Störungen fundiert dar. Aufbauend auf der über 35-jährigen klinischen Erfahrung des Autors werden praktische, d. h. auf den Alltag bezogene Behandlungsstrategien aufgezeigt, insbesondere therapeutische Interventionsmöglichkeiten in verschiedenen Behandlungskonstellationen.

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Der Autor Prof Dr med DiplChem Tilman Wetterling ist Neurologe und - фото 1

Der Autor

Prof. Dr. med. Dipl.-Chem. Tilman Wetterling ist Neurologe und Psychiater. Er war Chefarzt einer psychiatrischen Klinik in Berlin und lehrte an der Charité, Berlin. www.prof-wetterling.de

Tilman Wetterling

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1. Auflage 2021

Alle Rechte vorbehalten

© W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart

Gesamtherstellung: W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart

Print:

ISBN 978-3-17-029715-9

E-Book-Formate:

pdf: ISBN 978-3-17-029716-6

epub: ISBN 978-3-17-029717-3

mobi: ISBN 978-3-17-029718-0

Geleitwort der Reihenherausgeber

Die Entwicklungen der letzten Jahrzehnte im Suchtbereich sind beachtlich und erfreulich. Dies gilt für Prävention, Diagnostik und Therapie, aber auch für die Suchtforschung in den Bereichen Biologie, Medizin, Psychologie und den Sozialwissenschaften. Dabei wird vielfältig und interdisziplinär an den Themen der Abhängigkeit, des schädlichen Gebrauchs und der gesellschaftlichen, persönlichen und biologischen Risikofaktoren gearbeitet. In den unterschiedlichen Alters- und Entwicklungsphasen sowie in den unterschiedlichen familiären, beruflichen und sozialen Kontexten zeigen sich teils überlappende, teils sehr unterschiedliche Herausforderungen.

Um diesen vielen neuen Entwicklungen im Suchtbereich gerecht zu werden, wurde die Reihe »Sucht: Risiken – Formen – Interventionen« konzipiert. In jedem einzelnen Band wird von ausgewiesenen Expertinnen und Experten ein Schwerpunktthema bearbeitet.

Die Reihe gliedert sich konzeptionell in drei Hauptbereiche, sog. »tracks«:

Track 1: Grundlagen und Interventionsansätze

Track 2: Substanzabhängige Störungen und Verhaltenssüchte im Einzelnen

Track 3: Gefährdete Personengruppen und Komorbiditäten

In jedem Band wird auf die interdisziplinären und praxisrelevanten Aspekte fokussiert, es werden aber auch die neuesten wissenschaftlichen Grundlagen des Themas umfassend und verständlich dargestellt. Die Leserinnen und Leser haben so die Möglichkeit, sich entweder Stück für Stück ihre »persönliche Suchtbibliothek« zusammenzustellen oder aber mit einzelnen Bänden Wissen und Können in einem bestimmten Bereich zu erweitern.

Unsere Reihe »Sucht« ist geeignet und besonders gedacht für Fachleute und Praktiker aus den unterschiedlichen Arbeitsfeldern der Suchtberatung, der ambulanten und stationären Therapie, der Rehabilitation und nicht zuletzt der Prävention. Sie ist aber auch gleichermaßen geeignet für Studierende der Psychologie, der Pädagogik, der Medizin, der Pflege und anderer Fachbereiche, die sich intensiver mit Suchtgefährdeten und Suchtkranken beschäftigen wollen.

Wir als Herausgeber möchten mit diesem interdisziplinären Konzept der Sucht-Reihe einen Beitrag in der Aus- und Weiterbildung in diesem anspruchsvollen Feld leisten. Wir bedanken uns beim Verlag für die Umsetzung dieses innovativen Konzepts und bei allen Autoren für die sehr anspruchsvollen, aber dennoch gut lesbaren und praxisrelevanten Werke.

Der vorliegende Band von Prof. Tilman Wetterling, der Track 2 (Substanzabhängige Störungen und Verhaltenssüchte im Einzelnen) zugehörig ist, behandelt Alkoholmissbrauch und -abhängigkeit in übersichtlicher und differenzierter Form. Das älteste Suchtmittel der Menschheit, das gesellschaftlich und individuell die schwerwiegendsten Schäden hinterlässt, zugleich aber auch die größte Akzeptanz in der Bevölkerung findet, wird hinsichtlich der für Klinik und ambulante Praxis, aber auch Forschung und Wissenschaft relevanten Aspekte behandelt. Epidemiologie, Pharmakologie, Neurobiologie, Konsumeffekte, psychosoziale Folgen, Ätiologie, Diagnostik, Therapie und Prävention sind die behandelten Schwerpunkte, die einen hochaktuellen Einblick in die jeweiligen Themen leifern. Der Autor zeigt – wissenschaftlich fundiert und praxisnah zugleich – die Bedeutung des Alkohols für Individuum und Gesellschaft, die Ursachen und Folgen des übermäßigen Konsums sowie die Präventions- und Therapiemöglichkeiten in Bezug auf Missbrauch und Abhängigkeit auf. Wir sind sicher, dass der vorliegende Band in Konzeption und Inhalt einen sehr wichtigen Beitrag für alle im Feld tätigen Fachkräfte und Interessierte liefert und wünschen eine hohe Verbreitung und Nutzung des Bandes.

Oliver Bilke-Hentsch, Luzern

Euphrosyne Gouzoulis-Mayfrank, Köln

Michael Klein, Köln

Vorbemerkungen

Dem allgemeinen Sprachgebrauch folgend wird in diesem Buch – chemisch nicht korrekt – die Bezeichnung »Alkohol« ausschließlich für Ethylalkohol benutzt.

Wenn eine eindeutige Differenzierung zwischen Alkoholabhängigkeit und Alkoholmissbrauch nicht vorgenommen werden konnte, wurde der Terminus Alkoholkrankheit benutzt (siehe hierzu auch DSM-5, APA 2013, in der eine Unterteilung aufgegeben wurde).

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Einleitung

1.1 Historische Betrachtungen

Alkohol entsteht bei der natürlichen Gärung von Zucker, der in Getreiden und Früchten enthalten ist. Der Konsum alkoholhaltiger Getränke ist bei vielen Völkern und in alten Kulturen seit Jahrtausenden bekannt. Wein wurde schon mehrere Tausend Jahre v. Chr. in Mesopotamien und in Persien angebaut. Im Alten Testament findet sich ein entsprechender Hinweis: Noah legte nach der Sintflut einen Weinberg an (Bibel 1. Buch Mose 9/20). Es gibt auch Aufzeichnungen von den Sumerern aus dem 3. Jahrtausend v. Chr., in denen die Herstellung von Bier beschrieben wird.

Der Herstellung alkoholischer Getränke und deren Konsum zeigten schon in der Antike deutliche regionale Unterschiede. Griechen und Römer tranken bevorzugt Wein. Chinesen brauten alkoholische Getränke auf der Grundlage von Reis (Sake). Die Germanen tranken Bier und Met (Honigwein). Diese wurden als Getränk und Genussmittel geschätzt. Bei anderen Völkern war Alkoholkonsum vorwiegend kultischen Zwecken bei Zeremonien, z. B. als Opfergaben bzw. zur Erzeugung eines Rauschzustandes vorbehalten. Die Griechen hatten einen Gott des Weines. Aber Dionysos war auch noch Gott der Freude, Fruchtbarkeit und des Wahnsinns sowie der Ekstase. In der Antike gab es einen Bacchus-Kult mit ekstatischen Trinkgelangen (Homer Odyssee). Archäologen vermuten sogar, dass ein für kultische Zwecke erforderliches alkoholhaltiges Getränk (Bier) schon über 10.000 Jahre v. Chr. mit dazu beigetragen hat, dass Menschen sesshaft wurden, um so Getreide anbauen zu können (Dietrich et al. 2012; Liu et al. 2018; Reichholf 2008).

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