Schloss Carlsburg bietet die Gelegenheit dafür. Von der Straße aus können wir den Anblick des Prachtbaus genießen, ohne jemanden zu stören. Allerhöchstens steht unser Auto nicht weit genug am Rand, wenn ein landwirtschaftliches Großgerät Vorbeifahrt verlangt. Dem wird schnell abgeholfen, und nun haben wir Muße, uns an dem hübschen Schlösschen sattzusehen.
Vom Fähranleger Sundsacker in etwa einem Kilometer Entfernung hat man einen Blick auf Deutschlands kleinste Stadt Arnis. Die Fähre setzt Radfahrer, Fußgänger und Autos über die Schlei.
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Schloss Carlsburg
Karlsburg
24398 Winnemark
Fähranleger Sundsacker
Sundsacker
24398 Winnemark
10 Zuckersusi zieht
Kappeln: Angelner Dampfeisenbahn
Darf ich mich vorstellen? »Zuckersusi« werde ich genannt, und ich bin auf dem besten Weg, eine alte Dame zu werden. Im Jahr 1959 wurde ich geboren – Verzeihung, fertiggestellt, sollte ich korrekterweise sagen. Ein Leichtgewicht bin ich nicht, ich bringe stolze 30 Tonnen auf die Waage. Aber das muss man schon, denn eine Lokomotive soll ja was bewegen!
Und genau das mache ich auch heute noch. Ich gehöre mit anderen Loks zur Angelner Dampfeisenbahn, und meine Arbeit besteht darin, die Museumswagen durch die schöne Landschaft Angelns zu ziehen. Durch Felder führt meine Strecke, durch Wiesen, vorbei an kleinen Wäldern, immer den Schienen abseits der Straßen nach. Unser Startbahnhof ist Kappeln. Direkt an der Schlei lassen wir die Fahrgäste einsteigen. Sie nehmen Platz in einem der historischen Waggons und genießen eine gemächliche Reise, bei der man genüsslich die Umgebung betrachten kann, ohne dass einem wegen hoher Geschwindigkeit etwas entgeht.
Unmittelbar bevor die Passagiere schließlich in Süderbrarup aussteigen, wird gestoppt: Die Weichen müssen von Hand umgestellt werden. Dann rolle ich in den Bahnhof ein und darf an einem echten Gleis der Deutschen Bahn halten. Das Stationsgebäude aus dem Jahr 1904 ist selbst eine Sehenswürdigkeit; liebevoll wurde es restauriert. Nach einem Aufenthalt von einer Stunde, währenddessen man Süderbrarup mit dem sagenumwobenen Thorsberger Moor erkunden kann, tuckere ich schließlich zurück nach Kappeln.
Ich bewege und die Fahrgäste sind bewegt von Natur und nostalgischem Erlebnis gleichermaßen. Natürlich sind meine Kolleginnen, die mit Dampf betriebenen Loks, die beliebtere Attraktion. Ich als Diesellok bin weniger hübsch und längst nicht so spektakulär. Meine Arbeit mache ich jedoch genauso gern – vielleicht fahren Sie ja auch einmal mit?
In Wagersrott steht gleich neben dem Bahnhof ein historischer Holländerhof, das Dorfmuseum. In der Fernsehserie Der Landarzt bildete er die Kulisse für das Heim des Kräuterdoktors Hinnerksen.
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Angelner Dampfeisenbahn
Von Kappeln nach Süderbrarup
Bahnhofsweg 9
24376 Kappeln
04642 9251653
www.angelner-dampfeisenbahn.de
Holländerhof Bartel
Hinnerksens Hof
Holländerhof
24392 Wagersrott
04641 2292
11 Die Jagd nach Silberlingen
Kappeln: Heringszaun in der Schlei
Bei einem Besuch in Kappeln passieren wir zu Fuß die Schleibrücke und gönnen uns einen Blick von der kleinen Aussichtsplattform in Richtung Norden. Da sehen wir aus der Förde Pfähle ragen, die im Groben ein »W« ins Wasser malen. Das hat wohl mit Fischerei zu tun, denken wir uns.
Und ob es damit zu tun hat! Die Pfahlbauten, auf die wir schauen, bilden den Kappelner Heringszaun. Mit ihm werden Heringe gefangen, die zum Laichen in die Schlei kommen: »Silberlinge«, wie die Fische wegen ihrer im Wasser glänzenden Flanken genannt werden. Zur Mündung hin öffnet sich die Anlage trichterförmig. Die Fische schwimmen hinein und folgen den zunehmend enger stehenden Zäunen bis zum schmalen Ende, wo sie in Fangnetze geraten, aus denen sie nicht mehr entkommen. Seit dem 15. Jahrhundert existiert der Zaun an dieser Stelle. Früher gab es in der Schlei fast 40 solcher Bauten, jetzt ist das Kappelner Exemplar das letzte erhaltene seiner Art, und zwar nicht nur in Schleswig-Holstein, sondern in ganz Deutschland und sogar Europa.
In den 1970er-Jahren übergab Herzog Peter zu Schleswig-Holstein die Eigentumsrechte am Heringszaun an die Stadt Kappeln. Er wurde unter Denkmalschutz gestellt und das Material einer Erneuerung unterzogen. Dazu wurden 2.000 Pfähle bis zu viereinhalb Meter in den Schleigrund gerammt und anschließend das Flechtwerk zwischen ihnen angebracht. In jedem Jahr muss die Anlage ausgebessert werden, weil Strömung und Eis sie beschädigen. Im Januar 2017 wurde sie von Sturmtief Axel schwer in Mitleidenschaft gezogen.
Von der Brücke aus betrachtet, mag der historisch bedeutende Heringszaun unscheinbar anmuten. Doch wenn man um seine Einzigartigkeit weiß, dann wirkt das »W« wie ein Wahrzeichen Kappelns.
Jedes Jahr am Himmelfahrtswochenende veranstaltet die Stadt die Heringstage. Neben vielen Veranstaltungen wird auch das Heringskönigspaar gekrönt.
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Heringszaun in der Schlei
Nördlich der Schleibrücke Kappeln
Eckernförder Straße
24376 Kappeln
Kappelner Heringstage
Wirtschaft und Touristik Kappeln GmbH
Nordstraße 1
24376 Kappeln
0 46 42 92 16 27
www.wtk-kappeln.de
www.heringstage-kappeln.de
12 Klippklapp, klippklapp
Kappeln: Schleibrücke Kappeln
Immer um Viertel vor der vollen Stunde öffne ich mich, um die wartenden Wasserfahrzeuge durchzulassen. In Kappeln ermögliche ich die friedliche Ko-Existenz von Schiffs- und Straßenverkehr. Ich, die Schleibrücke in Kappeln, bin die dritte meiner Art.
Zuerst arbeitete an meiner statt eine Pontonüberquerung. Sie war nicht einmal stabil genug, damit der Zug sie mit Lokomotive und einem Wagen gleichzeitig passieren konnte. Man stelle sich das nur vor, die Lok musste abgekoppelt werden, und Pferde erledigten ihre Arbeit. Die Querung kostete damals noch etwas, und der alte Steg wurde immer wieder durch Eis oder ungeschickte Kapitäne beschädigt. 1927 reichte den Menschen dieser Zustand, und meine direkte Vorgängerin wurde errichtet, eine Drehbrücke. Ich könnte mich ja in ihre Art verlieben, so elegant, wie sie sich öffnet. Die Dame war zudem deutlich tragfähiger als das Pontongebilde. Zwei Züge zugleich samt Lok und Waggons konnten sie befahren.
Ich wurde schließlich 2002 erbaut, weil auch diese Konstruktion dem Verkehr nicht mehr gerecht wurde. Mit der Eisenbahn muss ich mich allerdings nicht mehr abgeben, die übernimmt meine Schwester weiter im Westen in Lindaunis. Grotesk ist, dass man an meiner Stelle erst über einen Tunnel nachdachte. Wie hätte Kappeln ohne Brücke ausgesehen! Zum Glück war diese Variante zu teuer. Auch eine Hochkonstruktion kam nicht infrage, denn dafür hätte man eine viel längere Auffahrt anlegen müssen und ein Zugang von so weit oben direkt in die Stadt wäre unmöglich gewesen.
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