Reiner Sörries
Ruhe sanft
Reiner Sörries
Ruhe sanft
Kulturgeschichte des Friedhofs
Butzon & Bercker
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ISBN 978-3-7666-1316-5
E-BOOK ISBN 978-3-7666-4117-5
EPUB ISBN 978-3-7666-4118-2
© 2009 Butzon & Bercker GmbH, 47623 Kevelaer, Deutschland, www.bube.de
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Umschlagfoto: © Reiner Sörries
Umschlaggestaltung: Christoph Kemkes, Geldern
Satz: Schröder Media GbR, Dernbach
Vorwort
Einleitung
I. Von der Antike zum Mittelalter
Die „Erfindung“ des Friedhofs im Frühen Christentum
A. Das Prinzip der familiären Totenfürsorge in der Antike
1. Rechtliche und organisatorische Grundlagen
2. Römische Nekropolen und Familiengrabstätten in Germanien
B. Kollektive Totenfürsorge im Frühen Christentum
1. Theologische und organisatorische Grundlagen
2. Die ältesten christlichen Friedhöfe auf deutschem Boden
C. Die Bestattung „ad sanctos“ – bei den Heiligen
1. Der Grabstein der Sarmannina in Regensburg
2. Das Begräbnis bei den Blutzeugen und die Kirchenbestattung
D. Erdbestattung contra Feuerbestattung
E. Der Kirchhof
1. Die Entstehung des Kirchhofs
2. Der Visitationsbericht des Regino von Prüm
3. Der St. Galler Klosterplan
II. Mittelalter
Die kirchliche Totenfürsorge als Werk der christlichen Barmherzigkeit
A. Die Lage und kultische Ausstattung des Kirchhofs
1. Die Möblierung des Kirchhofs
2. Karner, Beinhaus und Zweitbestattung
3. Totenleuchten, Ölberge und Calvaires
B. Privilegierte Gräber
1. Die Kirchenbestattung
2. Ausblick auf die späteren Formen privilegierter Bestattungen
C. Kirchenburgen und Wehrkirchhöfe
D. Siechen- und Pestfriedhöfe
1. Siechen- und Leprosenfriedhöfe
2. Pestfriedhöfe
E. Totentanz
1. Die Vorstellung von den lebenden Toten
2. Ikonografie und Bedeutung der Totentänze
F. Judenfriedhöfe
1. Die Identität des Diasporajudentums
2. Der älteste jüdische Friedhof in Worms
3. Der jüdische Verbandsfriedhof
4. Ausstattung und Organisation des jüdischen Friedhofs
5. Jüdische Friedhöfe im 19./20. Jahrhundert
6. Jüdische Friedhöfe in Regensburg
G. Sonderbestattungen
1. Zur archäologischen Definition von Sonderbestattung
2. Sonderbestattungen als Ausgrenzung vom kirchlichen Begräbnis
3. Das Begräbnis der ungetauften Kinder
4. Grab- und Friedhofsschändungen
H. Ein spätmittelalterlicher Kirchhof
III. Frühe Neuzeit
Die Konfessionalisierung des Friedhofs
A. Hygienische Bedenken gegen den Friedhof in der Stadt
1. Die Erfahrungen der Pest
2. Die Auslagerung von Friedhöfen Ende des 15. Jahrhunderts
B. Reformation und Gottesacker
1. Theologische Voraussetzungen
2. Der Friedhof vom Typ Campo Santo
3. Das Bildprogramm protestantischer Friedhöfe
4. Die Kanzel auf dem Friedhof
5. Grablegen des Adels und die Erfindung des Sarges
6. Der Friedhof im evangelisch-reformierten Verständnis
C. Konfessionalisierung der Friedhöfe
D. Vorboten des modernen Friedhofs
1. Der Herrnhuter Gottesacker
2. Der neue Begräbnisplatz in Dessau
IV. Neuzeit
Die Enteignung der kirchlichen Friedhöfe
A. Ästhetisierung der Friedhöfe
1. Die Theorie
2. Die Praxis
3. Die Bepflanzung auf den Friedhöfen – vom Nutz- zum Ziergarten
B. Feuerbestattung und Urnenhain
1. Die Anfänge der Feuerbestattung
2. Das Krematorium als Bauaufgabe
3. Das Urnengrab im Friedhofsbild
4. Kolumbarien
5. Die Anfänge eines weltlichen Friedhofswesens
C. Kommunalisierung im Bestattungs- und Friedhofswesen
1. Vorkehrungen gegen den Scheintod
2. Die Erfolgsgeschichte des kommunalen Friedhofs
3. Typisch: Der Frankfurter Hauptfriedhof
D. Heldenfriedhöfe
E. Muslimische Gräber
V. 20. Jahrhundert
Die Säkularisierung des Friedhofs
A. Der Friedhof um 1900 – lexikalisch betrachtet
B. Sozialprestige
C. Reformfriedhof
1. Die Gleichheit aller Menschen im Tode
2. Gräber stören
D. Friedhof der Volksgemeinschaft im Nationalsozialismus
E. Das Friedhofswesen in der Nachkriegszeit
1. Friedhofswesen in der BRD
2. Friedhofswesen in der DDR
3. Anonymisierung und Privatisierung im Friedhofswesen
4. Leitfriedhof und Lehrfriedhof
VI. Gegenwart und Zukunft
Der (kirchliche) Friedhof als Alternative
A. Alternative Beisetzungsformen
1. Friedwälder und andere Naturbestattungen
2. Neuheidnisches Bestattungswesen
3. Postmoderne Bestattungsformen: Esoterik und Ökologie
4. Die große Pyramide
B. Ende des kollektiven Friedhofs
1. Seebestattungen
2. Gemeinschaftsgrabstätten
3. Armengräber
4. Exklusives Grab und Mausoleum
5. Die Künstler-Nekropole in Kassel
6. Der moderne Friedhof
7. Die Aneignung der Totenasche
8. Die Nichtbestattung der Toten
C. Friedhofsdefinitionen
1. Multifunktionaler Friedhof
2. Multikultureller Friedhof
3. Trägerschaft von Friedhöfen
4. Virtuelle Friedhöfe
5. Tierfriedhöfe
D. Der kirchliche Friedhof in der Postmoderne
1. Urnenkirchen
2. Kirchliche Gemeinschaftsgrabstätten
E. Europäisches Friedhofswesen
F. Friedhofstourismus und berühmte Friedhöfe
VII. Die Erforschung der Friedhöfe
Der Friedhof als antiquarisches Relikt
A. Der Friedhof in der jüngeren Forschung
1. Quellen und Methoden
2. Archäologie und Friedhöfe
B. Historische Friedhöfe
1. Denkmalschutz und Denkmalpflege auf Friedhöfen
2. Musealisierung von Friedhöfen
Schluss
Anmerkungen
Literatur
Bildnachweise
Welch tiefe Ruhe ist über alle Friedhöfe gebreitet!
Wenn man dort mit über der Brust gekreuzten Armen liegt,
gehüllt in das Leichentuch,
dann gleiten die Jahrhunderte vorüber
und stören so wenig wie der Wind,
der durch das Gras fächelt.
GUSTAVE FLAUBERT
1821 – 1880
Es gibt wenig Orte, die uns gleichermaßen so vertraut und so fremd sind wie der Friedhof. Er markiert eine Grenze: Unsere Seite des Friedhofs kennen wir – aus unterschiedlichen Perspektiven, doch die Seite der Toten kennen wir nicht, sie bleibt uns verborgen. Zu allen Zeiten haben Gräber und Bestattungsorte versucht, zwischen beiden Welten eine Brücke zu schlagen, um sie doch gleichermaßen voneinander zu trennen: die Welt der Lebenden und die Welt der Toten. Friedhöfe berühren ein zentrales Menschheitsproblem, den Tod, und sind deshalb eine aufschlussreiche Quelle, wie Kulturen, Gesellschaften und Individuen dieses Problem zu lösen versuchten.
Sind Friedhöfe auch „exklusive Orte“ 1, so liegen sie doch nicht außerhalb der Welt, sondern sind als materiell erfahrbare Stätten präsent, beschreibbar und deutbar mit den Methoden historisch-kritischer Forschung. Zwar hat sich ihr eigentlicher Zweck der Bestattung der Toten nie geändert, doch die ihnen innewohnende Interpretation des Todes (und des Lebens) war und ist einem steten Wandel unterworfen. Ihm nachzuspüren ist ein Ziel dieses Buches. Wird hier auch „nur“ die 2000-jährige Geschichte des (christlich-)abendländischen Friedhofs nachgezeichnet, so erweist sich selbst dieses Unterfangen als schwierig, wenn man versucht, sie auf diesem knappen Raum darzustellen. Dies bedeutet für den Verfasser wie für den Leser eine Herausforderung. Sind die richtigen Akzente gesetzt? Kommt das zur Sprache, was mich berührt? Wird das erörtert, was mich interessiert?
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