Ein Buch geht durch viele Hände – von der Idee bis zum großen Worte ENDE. Dank der Herausgeberinnen
Die Schreibtischtäterinnen. Kurzbiografien
Die Unterstützer*innen
Sie können oder wollen gerade nicht auf Reisen gehen, haben aber übermächtiges Fernweh?
Dann kommen Sie mit uns auf einen abenteuerlichen Trip rund um den Globus: Fliegen wir gemeinsam auf Rabenschwingen vom Tower of London zu einer dramatischen Shakespearevorstellung im Wiener Burgtheater, mischen uns unter Schmuggler in Französisch-Guayana, erleben einen mörderischen Jahreswechsel in Rio und essen Jaleb in Neu-Delhi oder Meerschweinchen in Peru.
Denn »Wer zum Hängen geboren wurde, stirbt nicht durch Ertrinken …«, sagte einst Jules Verne, der Autor von IN 80 TAGEN UM DIE WELT.
Von den Abenteuern dieser Reise inspiriert, sind Sie auf den kommenden Seiten 18 Morden auf der Spur – es gibt allerdings auch Überlebende! In welchen Ländern? Finden Sie es heraus! Das Ticket halten Sie bereits in Händen.
Gefördert und unterstützt von der Hessischen Kulturstiftung, dem Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst sowie den Mörderischen Schwestern e.V., lassen Sie uns gemeinsam aufbrechen und das Flair fremder Länder genießen …
Gute Reise wünschen Ihnen im Namen aller Autorinnen
Fenna Williams & Petra K. Gungl
Grußwort der Hessischen Ministerin für Wissenschaft und Kunst Angela Dorn
Liebe Leserinnen, liebe Leser,
es war eine dunkle und stürmische Nacht. Die Turmuhr schlug eins, doch in Wirklichkeit war es erst Mitternacht über dem mittelenglischen Moor: Der Gärtner des Pfarrers hatte die Zeiger verstellt, um zusammen mit der vertauschten Bahnkarte sein Alibi für den Mord …
Na gut, ich überlasse es doch lieber anderen, spannende Geschichten zu Papier zu bringen. Den Autorinnen dieses Bandes zum Beispiel. Sie reisen mit 18 Morden um die Welt – in den Fußstapfen von Phileas Fogg, der bei Jules Verne 80 Tage für die Strecke hatte und seine Wette nur dank der Zeitverschiebung beim Überqueren der Datumsgrenze gewann: Es war knapp.
Knapp ist es in den Corona-Zeiten, in denen der vorliegende Band entstanden ist, auch für viele Künstlerinnen und Künstler – dessen bin ich mir sehr bewusst. Gerade die Kultur lebt von Konzerten, Theateraufführungen, Museumsbesuchen und Lesungen, vom direkten Kontakt zwischen Menschen. Deshalb ist sie so besonders verwundbar. Ich bin froh, dass die Arbeits- und Projektstipendien meines Ministeriums einen Beitrag dazu geleistet haben, dass Künstlerinnen und Künstler weiterarbeiten können.
Neben vielen anderen großartigen Werken ist daraus auch dieses Buch entstanden. Das freut mich besonders: Das Schmökern und auch das Hörbuch mit passender Musik ermöglichen es uns, dem leider in der Realität mörderischen Virus mit Geschichten zu entfliehen, die nur in der Fantasie mörderisch sind.
Viel Spaß und Spannung wünscht
Angela Dorn
Hessische Ministerin für Wissenschaft und Kunst
Grußwort der Präsidentin der Mörderischen Schwestern e.V. Carola Christiansen
Liebe Leserinnen und Leser,
die Hessische Kulturförderung hat mit dieser Anthologie (und dem dazugehörigen Programm) ein reines »Frauenpower-Projekt« gefördert. Obwohl alle natürlich (insgeheim) auf eine Zusage gehofft hatten, waren unsere Überraschung und Begeisterung doch riesengroß. Besonders gefreut hat es mich als Präsidentin der Mörderischen Schwestern e.V., denn unser Vereinsziel ist »die Förderung der von Frauen geschriebenen Spannungsliteratur«.
Die Bereitschaft des Leinpfad Verlages, diese Anthologie trotz augenblicklich angespannter Lage zu verlegen und damit Vertrauen in unser Projekt zu beweisen, war zweifellos ein entscheidender Schritt.
Ferner freut mich die Beteiligung anderer Kulturschaffender an diesem Projekt: der Harfenistin Esther Groß, der Mezzosopranistin Stefanie Tettenborn und des Duos BIEN SÛR. Durch eine Kooperation zwischen unterschiedlichen Kulturformen stärken wir nicht nur die Kultur im Allgemeinen, sondern bringen auch uns und unser Publikum zusammen.
Dass alle an diesem Projekt Beteiligten so weit gekommen sind, liegt in erster Linie am Fleiß, der Professionalität und der Unterstützung unserer Herausgeberinnen Fenna Williams und Petra K. Gungl – dafür ein fettes Dankeschön von uns!
Vielleicht können wir gemeinsam andere Autorinnen und Autoren motivieren, in diesen herausfordernden Tagen den Mut aufzubringen, etwas auf die Beine zu stellen. Das wäre ein ganz besonderer Erfolg dieser Anthologie!
Genießen Sie nun die Geschichten und lernen Sie
dabei Land und Leute auf eine völlig neue Weise kennen.
Gute Reise!
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GROSSBRITANNIEN |
Pia O’Connell Meister der Raben
»Ich muss hier raus«, sagte Jess und hielt ihre bandagierte Hand schützend gegen das Sonnenlicht, das durch die historischen Butzenscheiben fiel. Mit einem Ruck setzte sie sich im Bett auf.
»Ich halte diesen Zirkus nicht mehr aus.« Demonstrativ hielt sie sich beide Ohren zu. Bauarbeiter waren seit Tagen damit beschäftigt, ein Gerüst am Weißen Turm im Tower of London hochzuziehen. Der metallene Klang ihrer Hämmer drang bis in die entlegensten Winkel und vermischte sich mit dem aufgeregten Schnattern der Schulklassen und Touristen, die sich schon in aller Frühe vor den Toren des Towers versammelt hatten.
Harry Hancock sah auf seine Frau hinunter und stellte eine dampfende Tasse Tee auf ihren Nachttisch. Er war bereits in Uniform. Der dunkelblaue Rock mit der roten Paspelierung, der roten Krone und den Buchstaben E II R auf der Brust verlieh ihm eine mittelalterlich anmutende Würde. Seine schwarzen Schuhe waren auf Hochglanz poliert.
»Wir sprechen heute Abend darüber«, sagte er beschwichtigend. »Ich muss mich jetzt um die Raben kümmern.«
»Die Raben! Die Raben! Immer nur die Raben«, beklagte sich Jess. »Hauptsache, den Raben geht es gut. Wie es mir geht, ist dir scheißegal.«
Sie rutschte im Bett nach unten und zog sich die Decke über ihren zerzausten Blondschopf. Jesses rotgetigerte Katze Riana sprang zu ihr hinauf und fauchte Harry an.
»Schatz, jetzt sei doch nicht so, das stimmt doch gar nicht.« Harry warf einen Blick auf die Uhr, setzte sich dann seufzend auf die Bettkante, schubste die Katze hinunter und gab seiner Frau einen Kuss auf die Locken, die unter der Decke hervorspitzten.
»Der heutige Abend gehört nur uns beiden. Du und ich, im Restaurant, bei Kerzenlicht.« Harry strich seiner Frau sanft über die Hand. »Champagner, unser Hochzeitstags-Menü«, er küsste ihre Finger, »du in deinem neuen Kleid, das dir so gut steht.«
Langsam kam Jess unter der Decke hervor, drehte sich um und sah ihren Mann mit zusammengezogenen Brauen an. »Harry Hancock, das eine sage ich dir: Wenn du nicht pünktlich um sechs Uhr hier auf der Matte stehst, dann kannst du mit deinen elenden Raben Hochzeitstag feiern.« Damit rollte sie sich zur Seite und zog sich die Decke wieder über den Kopf. »Verdammte Rabenbrut«, hörte er sie leise fluchen.
»Immerhin bin ich der verdammte Rabenmeister«, brummte Harry, ging aus dem Schlafzimmer und ließ die Tür hinter sich ins Schloss fallen. Im Flur nahm er den ballonartigen dunkelblauen Hut vom Haken und setzte ihn auf.
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