Ketil Bjørnstad - Die Welt, die meine war

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Der dritte Band in Ketil Bjørnstads autobiografischer Chronik unserer jüngsten Vergangenheit handelt von den Jahren der Yuppie-Ära und den verschwundenen Idealen der Rebellion. Bjørnstad beschreibt seine ersten Schritte zu späterem Weltruhm und schildert die europäische und norwegische Musikszene der 80er-Jahre. Doch Unfälle, Attentate und Vorfälle im eigenen Leben des Autors bereiten ihm persönliche Probleme, sowohl in Bezug auf seinen Körper, seine künstlerische Arbeit als auch auf die Menschen um ihn herum. Hin- und hergerissen zwischen dem beschaulichen Leben auf einer Insel im Oslofjord und dem hektischen Alltag in der Hauptstadt und an anderen Orten, muss Bjørnstad immer wieder um seinen künstlerischen Ausdruck, aber auch um die großen Linien in seinem Privatleben ringen. Neue Bekanntschaften und alte Freundschaften erweitern den Horizont des Menschen und Künstlers Bjørnstad. Und nicht selten kommt es dabei zu überraschenden und amüsanten Begegnungen mit weltberühmten Stars wie etwa Elton John und Paul Simon oder dem ECM-Produzenten Manfred Eicher.
Im Herbst 1983 steht die Welt erneut am Rande eines Atomkriegs. Im folgenden Jahr wird Ministerialrat Arne Treholt festgenommen und der Spionage angeklagt. Bjørnstads Interesse an dem Fall und sein Engagement für eine faire Behandlung des Politikers hat nach und nach Konsequenzen für sein eigenes Leben. Verrat, Lüge und Untreue werden zu zentralen Elementen einer Geschichte, an deren Ende ein historisches Ereignis steht: der Fall der Berliner Mauer.

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Ketil Bjørnstad

DIE WELT,

DIE MEINE WAR

Die achtziger Jahre

Roman

Aus dem Norwegischen von

Andreas Brunstermann, Gabriele Haefs,

Kerstin Reimers

und Nils Hinnerk Schulz

Titel der norwegischen Originalausgabe VERDEN SOM VAR MIN Band III - фото 1

Titel der norwegischen Originalausgabe:

VERDEN SOM VAR MIN.

Band III. Ảttitallet

© Ketil Bjørnstad

First published by H. Aschehoug & Co. (W. Nygaard) AS, 2017

Published in agreement with Oslo Literary Agency.

Die Arbeit der Übersetzer/Übersetzerinnen wurde im Rahmen des

Programms »NEUSTART KULTUR« aus Mitteln der Beauftragten der Bundesregierung

für Kultur und Medien vom Deutschen Übersetzerfonds gefördert.

Der Verlag dankt NORLA Norwegian Literature Abroad für die großzügige - фото 2

Der Verlag dankt NORLA, Norwegian Literature Abroad, für die großzügige Förderung der Übersetzung.

Erste Auflage 2022 Osburg Verlag Hamburg 2022 wwwosburgverlagdeAlle Rechte - фото 3

Erste Auflage 2022

© Osburg Verlag Hamburg 2022

www.osburgverlag.deAlle Rechte vorbehalten, insbesondere das der Übersetzung, des öffentlichen Vortrags sowie der Übertragung durch Rundfunk und Fernsehen, auch einzelner Teile.

Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form

(durch Fotografie, Mikrofilm oder andere Verfahren)

ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert

oder unter Verwendung elektronischer Systeme

verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.

Lektorat: Ulrich Steinmetzger, Halle (Saale)

Korrektorat: Mandy Kirchner, Weida

Umschlaggestaltung: Judith Hilgenstöhler, Hamburg

Satz: Hans-Jürgen Paasch, Oeste

ISBN 978-3-95510-273-9

eISBN 978-3-95510-282-1

Inhalt

1980

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

1981

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Kapitel 27

Kapitel 28

1982

Kapitel 29

Kapitel 30

Kapitel 31

Kapitel 32

Kapitel 33

Kapitel 34

Kapitel 35

Kapitel 36

Kapitel 37

Kapitel 38

Kapitel 39

1983

Kapitel 40

Kapitel 41

Kapitel 42

Kapitel 43

Kapitel 44

Kapitel 45

Kapitel 46

Kapitel 47

Kapitel 48

Kapitel 49

1984

Kapitel 50

Kapitel 51

Kapitel 52

Kapitel 53

Kapitel 54

Kapitel 55

Kapitel 56

Kapitel 57

Kapitel 58

Kapitel 59

Kapitel 60

Kapitel 61

Kapitel 62

Kapitel 63

Kapitel 64

Kapitel 65

Kapitel 66

Kapitel 67

1985

Kapitel 68

Kapitel 69

Kapitel 70

Kapitel 71

Kapitel 72

Kapitel 73

Kapitel 74

Kapitel 75

Kapitel 76

Kapitel 77

Kapitel 78

1986

Kapitel 79

Kapitel 80

Kapitel 81

Kapitel 82

Kapitel 83

Kapitel 84

Kapitel 85

Kapitel 86

Kapitel 87

1987

Kapitel 88

Kapitel 89

Kapitel 90

Kapitel 91

Kapitel 92

Kapitel 93

Kapitel 94

1988

Kapitel 95

Kapitel 96

Kapitel 97

Kapitel 98

Kapitel 99

Kapitel 100

Kapitel 101

Kapitel 102

Kapitel 103

1989

Kapitel 104

Kapitel 105

Kapitel 106

Kapitel 107

Kapitel 108

Kapitel 109

Kapitel 110

Kapitel 111

Zitatnachweis

1980

1.

Er sitzt in dem kleinen Arbeitszimmer im ersten Stock am Arbeitstisch vor der Schreibmaschine und starrt über die Baumwipfel. Das Meer liegt blaugrau auf der Außenseite der Insel. Ein Dienstag im Januar. Der Schnee auf dem Boden wird unter den schweren Wolken dunkel. Obwohl er erst am Vortag über Bäume, Felskuppen und Ackerflächen gefallen ist, wirkt er bereits schmutzig. Zwischen dem Nachbarhaus und dem Haus, in dem er zusammen mit der Anderen wohnt, entdeckt er einen riesigen zerzausten Brocken von rotem Kater. Das ist Adonis, der Schrecken von Sandøya, das Herzenskind von Hans Petter auf Hauketangen. Nun weiß er, dass die Nachbarskatze Kajsa läufig ist. Er sieht sie aus einem Spalt unter dem Haus von Tore und dessen Freundin hervorkommen. Die schwarzweiße Katze wird jetzt alt, sie wittert in allen Gerüchen, die der Wind mit sich bringt, fährt zusammen beim Anblick ihres langjährigen Liebhabers, mit dem sie mehrere Kinder hat. Er ist gerührt vom erschöpften Zug in ihrem Gesicht.

Er öffnet das Fenster, denkt, er könne irgendetwas hinauswerfen, wenn es da unten auf dem Hof zu einer gar zu argen Rauferei käme. Adonis und Kajsa knurren beide warnend, starren zur Seite, als seien sie mit etwas ganz anderem beschäftigt als dem Gegenüber. Aber die Zeit ist knapp. Jetzt kann er das Geheul aller anderen Kater hören, die zwischen Sträuchern und Unterholz hervorkommen und die Adonis bisher in respektvoller Nähe gefolgt sind. Bewahre, das sind wirklich viele. Ganz vorn sieht er Movitz, den Kater aus seinem eigenen Haus, schon seit Jahren sein Bettgesell, seit das Tier den großen Sprung von der Kiefer auf den Schlafzimmerbalkon gelernt hat. Ein Krach, jede einzelne Nacht, in der Regel genau dann, wenn er sich in den tiefsten Träumen aufhielt. Im Laufe der Zeit ist es fast zu einem lieben Ritual geworden. Im Halbschlaf aufstehen, die Balkontür öffnen und den Kater hereinlassen, die Pfoten spüren, die die Decke plattdrücken, sowie er sich wieder hingelegt hat. Movitz, der auf seinem Bauch herumtritt und dabei vor Freude schnurrt, ehe er sich mitten ins Bett legt und sich die Spuren der nächtlichen Eskapaden ableckt.

Er an seiner Schreibmaschine schafft es nicht, weiterzuschreiben. Er muss beobachten, was draußen passiert. Movitz ist wie immer hinter Adonis Nummer 2 in der Warteschlange. Aber während Movitz sich bisher in respektvoller Distanz gehalten hat, bohrt er diesmal seine Nase fast in den Schritt des furchterregenden Rivalen. Hinter Movitz steht der lächerliche Kater von Sannasvingen, der immer anfängt zu humpeln, wenn er merkt, dass er von Menschen beobachtet wird. Und hinter ihm kommt ein seltsamer Bursche, der von Østergården oder aus der Nähe stammen muss. Ein gerissener Knabe mit Schildpattmuster. Er ist so geil, dass er sich auf dem Boden wälzt. Es gehören noch drei weitere Kater zu diesem brünstigen Aufzug, aber das sind Verlierer oder Stümper, die hier bestenfalls den einen oder anderen Trick lernen können. In seiner Vorstellung war Adonis lange Zeit Sonny Liston, und Movitz war Floyd Patterson. Keiner von ihnen besitzt die Leichtigkeit Muhammad Alis. Diejenigen, die sich allen Ernstes eine Chance einräumen, es mit Kajsa zu treiben, sind bereit, sich gegenseitig die Eier abzubeißen. Und nun wird das Signal gegeben! Adonis hat es geschafft, Blickkontakt zu Kajsa aufzunehmen, aber just in dem Moment, als er sich aufbläst und einen schrillen Schrei ausstößt, springt Movitz von hinten auf ihn. Die beiden Körper verwandeln sich in einen knurrenden Ball, der den Hang hinab auf Tores Schreinerei zurollt. Sofort wittert der Hinkefuß Morgenluft und macht sich ohne Zögern über Kajsa her. Doch die erfahrene Katze windet sich aus seinem Griff und schlägt ihm die Krallen in die Visage. Der kleine Schurke jagt auf den Wald zu. Jetzt versucht der gerissene Knabe von Østergården sein Glück, aber Kajsa bleibt einfach ruhig sitzen und ignoriert ihn, wendet den Kopf den beiden zu, die unten vor der Schreinerei auf Leben und Tod kämpfen. Er, der an seiner Schreibmaschine sitzt und zuschaut, denkt voller Entsetzen an Movitzens bereits zerfressenen Kopf, an Wunden aus früheren Kämpfen, die nicht ganz verheilen wollen. Er war noch kein Jahr alt, als er von einem Fuchs gebissen wurde. Die Wunde begann zu eitern, und nach einigen Tagen fiel Movitz auf einer Seite das Fell aus. Dennoch stand er an der Tür, quengelte und wollte los zu neuen Abenteuern. Später bohrten sich die Krallen anderer Kater in seine Stirn, er hatte tiefe Bisswunden im Schritt. Er schien sich aus allem nichts zu machen. Als ob er den beiden Menschen im Haus an jedem einzelnen Tag dafür dankte, dass er nicht kastriert worden war.

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