Ketil Bjørnstad
Die achtziger Jahre
Roman
Aus dem Norwegischen von
Andreas Brunstermann, Gabriele Haefs,
Kerstin Reimers
und Nils Hinnerk Schulz
Titel der norwegischen Originalausgabe:
VERDEN SOM VAR MIN.
Band III. Ảttitallet
© Ketil Bjørnstad
First published by H. Aschehoug & Co. (W. Nygaard) AS, 2017
Published in agreement with Oslo Literary Agency.
Die Arbeit der Übersetzer/Übersetzerinnen wurde im Rahmen des
Programms »NEUSTART KULTUR« aus Mitteln der Beauftragten der Bundesregierung
für Kultur und Medien vom Deutschen Übersetzerfonds gefördert.
Der Verlag dankt NORLA, Norwegian Literature Abroad, für die großzügige Förderung der Übersetzung.
Erste Auflage 2022
© Osburg Verlag Hamburg 2022
www.osburgverlag.deAlle Rechte vorbehalten, insbesondere das der Übersetzung, des öffentlichen Vortrags sowie der Übertragung durch Rundfunk und Fernsehen, auch einzelner Teile.
Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form
(durch Fotografie, Mikrofilm oder andere Verfahren)
ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert
oder unter Verwendung elektronischer Systeme
verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.
Lektorat: Ulrich Steinmetzger, Halle (Saale)
Korrektorat: Mandy Kirchner, Weida
Umschlaggestaltung: Judith Hilgenstöhler, Hamburg
Satz: Hans-Jürgen Paasch, Oeste
ISBN 978-3-95510-273-9
eISBN 978-3-95510-282-1
1980
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
1981
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Kapitel 21
Kapitel 22
Kapitel 23
Kapitel 24
Kapitel 25
Kapitel 26
Kapitel 27
Kapitel 28
1982
Kapitel 29
Kapitel 30
Kapitel 31
Kapitel 32
Kapitel 33
Kapitel 34
Kapitel 35
Kapitel 36
Kapitel 37
Kapitel 38
Kapitel 39
1983
Kapitel 40
Kapitel 41
Kapitel 42
Kapitel 43
Kapitel 44
Kapitel 45
Kapitel 46
Kapitel 47
Kapitel 48
Kapitel 49
1984
Kapitel 50
Kapitel 51
Kapitel 52
Kapitel 53
Kapitel 54
Kapitel 55
Kapitel 56
Kapitel 57
Kapitel 58
Kapitel 59
Kapitel 60
Kapitel 61
Kapitel 62
Kapitel 63
Kapitel 64
Kapitel 65
Kapitel 66
Kapitel 67
1985
Kapitel 68
Kapitel 69
Kapitel 70
Kapitel 71
Kapitel 72
Kapitel 73
Kapitel 74
Kapitel 75
Kapitel 76
Kapitel 77
Kapitel 78
1986
Kapitel 79
Kapitel 80
Kapitel 81
Kapitel 82
Kapitel 83
Kapitel 84
Kapitel 85
Kapitel 86
Kapitel 87
1987
Kapitel 88
Kapitel 89
Kapitel 90
Kapitel 91
Kapitel 92
Kapitel 93
Kapitel 94
1988
Kapitel 95
Kapitel 96
Kapitel 97
Kapitel 98
Kapitel 99
Kapitel 100
Kapitel 101
Kapitel 102
Kapitel 103
1989
Kapitel 104
Kapitel 105
Kapitel 106
Kapitel 107
Kapitel 108
Kapitel 109
Kapitel 110
Kapitel 111
Zitatnachweis
Er sitzt in dem kleinen Arbeitszimmer im ersten Stock am Arbeitstisch vor der Schreibmaschine und starrt über die Baumwipfel. Das Meer liegt blaugrau auf der Außenseite der Insel. Ein Dienstag im Januar. Der Schnee auf dem Boden wird unter den schweren Wolken dunkel. Obwohl er erst am Vortag über Bäume, Felskuppen und Ackerflächen gefallen ist, wirkt er bereits schmutzig. Zwischen dem Nachbarhaus und dem Haus, in dem er zusammen mit der Anderen wohnt, entdeckt er einen riesigen zerzausten Brocken von rotem Kater. Das ist Adonis, der Schrecken von Sandøya, das Herzenskind von Hans Petter auf Hauketangen. Nun weiß er, dass die Nachbarskatze Kajsa läufig ist. Er sieht sie aus einem Spalt unter dem Haus von Tore und dessen Freundin hervorkommen. Die schwarzweiße Katze wird jetzt alt, sie wittert in allen Gerüchen, die der Wind mit sich bringt, fährt zusammen beim Anblick ihres langjährigen Liebhabers, mit dem sie mehrere Kinder hat. Er ist gerührt vom erschöpften Zug in ihrem Gesicht.
Er öffnet das Fenster, denkt, er könne irgendetwas hinauswerfen, wenn es da unten auf dem Hof zu einer gar zu argen Rauferei käme. Adonis und Kajsa knurren beide warnend, starren zur Seite, als seien sie mit etwas ganz anderem beschäftigt als dem Gegenüber. Aber die Zeit ist knapp. Jetzt kann er das Geheul aller anderen Kater hören, die zwischen Sträuchern und Unterholz hervorkommen und die Adonis bisher in respektvoller Nähe gefolgt sind. Bewahre, das sind wirklich viele. Ganz vorn sieht er Movitz, den Kater aus seinem eigenen Haus, schon seit Jahren sein Bettgesell, seit das Tier den großen Sprung von der Kiefer auf den Schlafzimmerbalkon gelernt hat. Ein Krach, jede einzelne Nacht, in der Regel genau dann, wenn er sich in den tiefsten Träumen aufhielt. Im Laufe der Zeit ist es fast zu einem lieben Ritual geworden. Im Halbschlaf aufstehen, die Balkontür öffnen und den Kater hereinlassen, die Pfoten spüren, die die Decke plattdrücken, sowie er sich wieder hingelegt hat. Movitz, der auf seinem Bauch herumtritt und dabei vor Freude schnurrt, ehe er sich mitten ins Bett legt und sich die Spuren der nächtlichen Eskapaden ableckt.
Er an seiner Schreibmaschine schafft es nicht, weiterzuschreiben. Er muss beobachten, was draußen passiert. Movitz ist wie immer hinter Adonis Nummer 2 in der Warteschlange. Aber während Movitz sich bisher in respektvoller Distanz gehalten hat, bohrt er diesmal seine Nase fast in den Schritt des furchterregenden Rivalen. Hinter Movitz steht der lächerliche Kater von Sannasvingen, der immer anfängt zu humpeln, wenn er merkt, dass er von Menschen beobachtet wird. Und hinter ihm kommt ein seltsamer Bursche, der von Østergården oder aus der Nähe stammen muss. Ein gerissener Knabe mit Schildpattmuster. Er ist so geil, dass er sich auf dem Boden wälzt. Es gehören noch drei weitere Kater zu diesem brünstigen Aufzug, aber das sind Verlierer oder Stümper, die hier bestenfalls den einen oder anderen Trick lernen können. In seiner Vorstellung war Adonis lange Zeit Sonny Liston, und Movitz war Floyd Patterson. Keiner von ihnen besitzt die Leichtigkeit Muhammad Alis. Diejenigen, die sich allen Ernstes eine Chance einräumen, es mit Kajsa zu treiben, sind bereit, sich gegenseitig die Eier abzubeißen. Und nun wird das Signal gegeben! Adonis hat es geschafft, Blickkontakt zu Kajsa aufzunehmen, aber just in dem Moment, als er sich aufbläst und einen schrillen Schrei ausstößt, springt Movitz von hinten auf ihn. Die beiden Körper verwandeln sich in einen knurrenden Ball, der den Hang hinab auf Tores Schreinerei zurollt. Sofort wittert der Hinkefuß Morgenluft und macht sich ohne Zögern über Kajsa her. Doch die erfahrene Katze windet sich aus seinem Griff und schlägt ihm die Krallen in die Visage. Der kleine Schurke jagt auf den Wald zu. Jetzt versucht der gerissene Knabe von Østergården sein Glück, aber Kajsa bleibt einfach ruhig sitzen und ignoriert ihn, wendet den Kopf den beiden zu, die unten vor der Schreinerei auf Leben und Tod kämpfen. Er, der an seiner Schreibmaschine sitzt und zuschaut, denkt voller Entsetzen an Movitzens bereits zerfressenen Kopf, an Wunden aus früheren Kämpfen, die nicht ganz verheilen wollen. Er war noch kein Jahr alt, als er von einem Fuchs gebissen wurde. Die Wunde begann zu eitern, und nach einigen Tagen fiel Movitz auf einer Seite das Fell aus. Dennoch stand er an der Tür, quengelte und wollte los zu neuen Abenteuern. Später bohrten sich die Krallen anderer Kater in seine Stirn, er hatte tiefe Bisswunden im Schritt. Er schien sich aus allem nichts zu machen. Als ob er den beiden Menschen im Haus an jedem einzelnen Tag dafür dankte, dass er nicht kastriert worden war.
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