Ketil Bjørnstad
Die Welt, die meine war
Die sechziger Jahre
Ketil Bjørnstad
DIE WELT,
DIE MEINE WAR
Die sechziger Jahre
Roman
Aus dem Norwegischen von
Gabriele Haefs, Kerstin Reimers
und Andreas Brunstermann
Osburg Verlag
Titel der norwegischen Originalausgabe:
VERDEN SOM VAR MIN.
Bind I. Sekstitallet.
Copyright © 2015, H. Aschehoug & Co. (W. Nygaard), Oslo
This translation has been published with the financial
support of NORLA, Norwegian Literature Abroad.
Erste Auflage 2018
© Osburg Verlag Hamburg 2018 www.osburgverlag.de
Alle Rechte vorbehalten,
insbesondere das der Übersetzung, des öffentlichen Vortrags sowie der Übertragung durch Rundfunk und Fernsehen,
auch einzelner Teile.
Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form
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Lektorat: Ulrich Steinmetzger, Halle (Saale)
Umschlaggestaltung: Judith Hilgenstöhler, Hamburg Satz: Hans-Jürgen Paasch, Oeste
Druck und Bindung: CPI books GmbH, Leck Printed in Germany
ISBN 978-3-95510-163-3
eISBN 978-3-95510-172-5
Inhalt
Vorwort
1960: Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
1961: Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Kapitel 21
Kapitel 22
Kapitel 23
Kapitel 24
Kapitel 25
Kapitel 26
Kapitel 27
Kapitel 28
Kapitel 29
Kapitel 30
Kapitel 31
1962: Kapitel 32
Kapitel 33
Kapitel 34
Kapitel 35
Kapitel 36
Kapitel 37
Kapitel 38
Kapitel 39
Kapitel 40
Kapitel 41
Kapitel 42
Kapitel 43
1963: Kapitel 44
Kapitel 45
Kapitel 46
Kapitel 47
Kapitel 48
Kapitel 49
Kapitel 50
Kapitel 51
Kapitel 52
1964: Kapitel 53
Kapitel 54
Kapitel 55
Kapitel 56
Kapitel 57
Kapitel 58
Kapitel 59
Kapitel 60
Kapitel 61
Kapitel 62
Kapitel 63
1965: Kapitel 64
Kapitel 65
Kapitel 66
Kapitel 67
Kapitel 68
Kapitel 69
Kapitel 70
Kapitel 71
Kapitel 72
Kapitel 73
Kapitel 74
1966: Kapitel 75
Kapitel 76
Kapitel 77
Kapitel 78
Kapitel 79
Kapitel 80
Kapitel 81
Kapitel 82
Kapitel 83
Kapitel 84
Kapitel 85
Kapitel 86
1967: Kapitel 87
Kapitel 88
Kapitel 89
Kapitel 90
Kapitel 91
Kapitel 92
Kapitel 93
Kapitel 94
Kapitel 95
Kapitel 96
1968: Kapitel 97
Kapitel 98
Kapitel 99
Kapitel 100
Kapitel 101
Kapitel 102
Kapitel 103
Kapitel 104
Kapitel 105
Kapitel 106
Kapitel 107
Kapitel 108
Kapitel 109
1969: Kapitel 110
Kapitel 111
Kapitel 112
Kapitel 113
Kapitel 114
Kapitel 115
Kapitel 116
Kapitel 117
Kapitel 118
Kapitel 119
Kapitel 120
Kapitel 121
Vorwort
Es gehört zu meinen glücklichsten Kindheitserinnerungen, Mutter unten in Cammermeyers Buchhandlung (die später in Tanum umbenannt wurde) auf Karl Johan zu besuchen. In der Welt der Bücher auf Schatzsuche zu gehen. Ein nagelneues Buch aus dem Bücherregal zu ziehen, daran zu schnuppern und den Geruch von Papier und Druckerschwärze in mich aufzunehmen, behutsam eine Seite nach der anderen umzublättern, um festzustellen, ob das ein Buch für mich sein könnte. Mit Mutter und ihren wunderbaren Kolleginnen zu sprechen, den schönen und witzigen Damen wie Jynge, Krokann und Frau Lorentzen – und den enthusiastischen jungen Herren wie Widmark und Pål Christian. Alle erzählten mir von Büchern, die ich lesen müsste, und das tat auch Kari Forfang Grimnes später, beim Konkurrenten Norli in der Universitetsgate. Und Finn Jan Henrichsen im Bokladen in Homansbyen. Wie Rønnaug und Rolf es jetzt tun, im Buchladen Ark hier in Nordstrand. Bücher, die ich nicht versäumen dürfe. Bücher, die in ihrem eigenen Leben wichtig waren, und die auch in meinem wichtig werden würden. Ich habe euch so vieles zu verdanken!
Jetzt, da Mutter tot ist, kommen diese Erinnerungen näher an mich heran als je zuvor. Wenn ich mit Freunden spreche, wird deutlich, dass diese Erfahrung nur natürlich ist, wenn man älter wird. Man sieht die Vergangenheit in einem anderen Licht. Was früher selbstverständlich war, verwandelt sich in Erkenntnisse oder Geschichten.
Als ich »Mein Weg zu Mozart« schrieb, merkte ich, welche Befreiung es war, zum ersten Mal in einer angenäherten Romanform über mein eigenes Leben zu schreiben. Seit ich in den siebziger Jahren angefangen hatte, Hans Jæger zu lesen, hatte ich das vermutet. Aber worüber sollte ich denn schreiben, damals, als ich mittendrin stand ohne irgendeine Distanz? Zeit gibt Distanz. Aber Zeit gibt auch Nähe. Neue Erkenntnisse. Um ein Lied meines lieben Freundes Ole Paus ein wenig abzuwandeln: »Das hier wird jetzt langsam zu einem Leben, das hier fängt an, einem Roman zu ähneln.«
Die Idee war plötzlich da. Ich dachte an meine eigene Geschichte. Aber ich dachte auch an die Geschehnisse dort draußen in der weiten Welt. Alles, was in diesen Jahren passiert ist, hat dazu beigetragen, mich zu formen, bis heute. In meiner Erinnerung hat jedes Jahrzehnt eine Farbe. Die sechziger Jahre sind gelb. Die siebziger Jahre sind blaugrau. Die achtziger Jahre sind braun. Die neunziger Jahre sind fast weiß. Und die nuller Jahre sind wieder blaugrau, genau wie die siebziger. Während die Jahre von 2010 bis heute … Was, wenn ich über jedes dieser Jahrzehnte einen Roman schriebe, dachte ich. Einen Roman, der eine persönliche Erinnerung und zugleich eine Erzählung über die großen Ereignisse in der Welt und in Norwegen wäre, betrachtet von einem subjektiven Standpunkt aus. Ich habe diese Idee an Freunden und Kollegen getestet. »Das musst du unbedingt«, sagten sie fast einstimmig. »So erinnern wir uns doch an unsere Leben. An das Große und das Kleine, das zu einer einzigen Erinnerung verschmilzt.«
Ich dachte an das Lied »The World I Used To Know« von Rod McKuen. Ich hatte es auf Schallplatte, in der phantastischen Version von Olle Adolphson: »Die Welt, die meine war«. In meiner allerersten Gedichtsammlung, »Alene ut« (Allein aus dem Haus) gibt es ein Gedicht, das so heißt: »Verden som var min.« Natürlich, dachte ich. Hier ist der Titel für meinen Romanzyklus. Etwas, das war, das zugleich aber stark in meiner Erinnerung fortlebt. Jedes Buch der Serie sollte heißen wie das darin beschriebene Jahrzehnt: sechziger Jahre, siebziger Jahre, achtziger Jahre, neunziger Jahre, nuller Jahre, Das letzte Jahrzehnt.
Ich konnte es so deutlich vor mir sehen, als ich mit dem ersten Buch begann. Die sechziger Jahre. Das Jahrzehnt, in dem ich mich langsam von meiner Kindheit losriss. Mein eigener kleiner Kampf um das Dasein, während die großen Ereignisse ihren Lauf nahmen: Der Tod von Camus, die Hinrichtung von Chessman, der U-2-Skandal, die Kubakrise, die Beatles, der Algerienkrieg, Marilyn Monroe, die Kennedy-Morde, der Mord an Martin Luther King, die Rassenunruhen in den USA, der Granatenmann hier in Norwegen, die Hippiezeit, der Vietnamkrieg, alle Filme, die Musik, die Bücher. Die Grenzen, die gesprengt wurden, und die indirekt dafür sorgten, dass ich nach Paris fuhr auf Suche nach der Liebe und nach allem, was nicht von mir erwartet wurde.
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