Ich gebe meinen Patienten dann eine Dreitagesration einer speziell formulierten Substanz-Kombination für den TH-1- bzw. den TH-2-Reaktionsweg mit nach Hause. Zuerst nehmen sie die TH-1-Kombination ein und beobachten das Befinden, anschließend die TH-2-Kombination. (Die beiden Präparate sollten nicht gleichzeitig eingenommen werden, damit eine Beurteilung unterschiedlicher Reaktionen möglich ist.) Manchmal sind die Auswirkungen sehr deutlich: Es kann bei einem Präparat zu einem Aufflammen der Schilddrüsensymptome, beim anderen zu einer merklichen Besserung des Befindens kommen. Manche Menschen bemerken jedoch keinen Unterschied, und dann geht die Suche weiter.
Anmerkung: Dieser Provokationstest sollte nur unter der Aufsicht eines Arztes erfolgen. Manche Menschen neigen zu Autoimmunreaktionen in Gehirn und Nervengewebe, z. B. bei Muskeldystrophie oder Autismus. Diese Methode ist daher absolut kontraindiziert, wenn das Risiko einer Zerstörung von Nerven- oder Hirngewebe besteht.
Hashimoto ist eine Erkrankung des Immunsystems
„Meine späten Teenagerjahre waren durch ständig wiederkehrende Atemwegsinfekte, Hautausschläge, Müdigkeit, stechende Bauchschmerzen, starke Menstruationsbeschwerden, unregelmäßige Periodenblutungen und Gewichtszunahme belastet. Schließlich wurde mit Anfang 20 die Diagnose Hypothyreose gestellt, und ich sollte Schilddrüsenhormone einnehmen. Ich beschloss, einen auf Ernährung spezialisierten Chiropraktiker aufzusuchen, mit dessen Hilfe meine Schilddrüsenhormone wieder Normalwerte erreichten. Es ging mir tatsächlich etwas besser und ich nahm ab, aber die Hautausschläge, die Müdigkeit, die starken Menstruationskrämpfe und die unregelmäßigen Periodenblutungen hielten an.
Etwa ein Jahr später ließ ich von einem Endokrinologen wieder ein Blutbild machen. Er stellte die Diagnose Hashimoto Thyreoiditis. Ich war fassungslos! Mein Arzt schien davon überzeugt zu sein, dass ich lebenslang Schilddrüsenhormone einnehmen müsste. Diesen Weg hielt ich jedoch nicht für die Lösung meines Problems und kümmerte mich verstärkt um meine Ernährung. Ich suchte Hilfe bei Dr. Mark Flannery, der von Kharrazian ausgebildet worden war. Er nahm sich die Zeit, mir zu erklären, dass nicht meine Schilddrüse als solche erkrankt war, sondern dass mein Immunsystem diese attackierte.
Nach einer Reihe von Blutuntersuchungen begann ich mit einem sehr einfachen Programm, das auf das Immunsystem abzielte – und nicht auf die Schilddrüse. Ich wunderte mich, dass Dr. Flannery mir keine speziellen Ergänzungsmittel für die Schilddrüse verordnete. Die Ergebnisse der Bluttests belegten jedoch, dass ich auf die richtige Schiene gesetzt worden war. Das brachte den Endokrinologen schier um den Verstand, für ihn war es undenkbar, dass ich keine Medikamente eingenommen haben sollte. Meine Energie kehrte zurück, Haare und Haut waren weicher als je zuvor, der Menstruationszyklus wurde regelmäßig, und ich habe seit mehr als zwei Jahren keine Regelkrämpfe mehr. Meine gute Gesundheit verdanke ich der Fachkenntnis über das Immunsystem von Dr. Mark Flannery – er hat mir mein Leben zurückgegeben.“
VJ, eine Patientin von Mark Flannery (DC),
HealthWise Chiropractic & Nutrition, Simi Valley, Kalifornien
Schritt 3: Das Antigen entfernen, das den Autoimmunangriff auslöst
Ziemlich oft stellt sich heraus, dass ein spezifisches Antigen – ein Nahrungsmittel, Schimmelpilze, Bakterien, ein Virus oder Parasit – den Autoimmunangriff auslöst. Das perfekte Beispiel bei der Hashimoto Thyreoiditis ist Gluten, das jedes Mal einen Angriff auf die Schilddrüse auslöst, wenn ein glutenintoleranter Mensch es zu sich nimmt. Manche Menschen entwickeln auch eine Immunreaktion auf Haptene, das sind Umweltchemikalien oder Schwermetalle, die eine solche Reaktion auslösen. Festzuhalten ist jedoch, dass es nicht bei jedem Menschen zu einer Autoimmunreaktion auf Antigene oder Haptene kommt. Wir alle leiden zum Beispiel mehr oder weniger unter der Toxizität von Schwermetallen, aber nicht jedes Immunsystem startet auch einen Angriff auf Quecksilber, Blei, Kadmium oder andere Metalle. (Der Einfachheit halber bezeichne ich Haptene ebenfalls als Antigene, auch wenn sich Haptene auf anorganische Verbindungen wie Schwermetalle bezieht im Vergleich zu organischen Verbindungen bei Antigenen.)
Ein bakterieller Zusammenhang
Forscher haben herausgefunden, dass die Antikörper-Prävalenz gegen Yersinia enterolytica, durch die eine Bakterien-Exposition nachgewiesen wird, bei Hashimoto-Patienten im Vergleich zu Gesunden um das Vierzehnfache erhöht ist. 182Der Test auf dieses spezielle Bakterium und seine Beseitigung ist ein Beispiel dafür, dass die Antigenelimination ein wirksames Mittel im Umgang mit Hashimoto sein kann.
Ist ein Antigen für die Stimulation eines Autoimmunangriffs verantwortlich, könnte eine immunologische Testreihe zeigen, dass die Werte für TH-1- und TH-2-Zytokine erhöht und jene für T-Suppressorzellen niedrig sind. Das ist ein Hinweis darauf, dass sich der Körper gerade in einer hitzigen „Schlacht“ gegen etwas befindet, dass das Immunsystem als den Autoimmunmechanismus auslösenden Feind erkennt. Eine weitere wichtige immunologische Testreihe bestimmt das Verhältnis zwischen T-Helferzellen und T-Suppressorzellen. Dies ist der CD4/CD8-Test (CD4 bestimmt die T-Helferzellen und CD8 die T-Suppressorzellen). Wird eine Autoimmunerkrankung wie die Hashimoto Thyreoiditis üblicherweise durch eine Antigenreaktion angetrieben, liegt das Verhältnis von CD4 zu CD8 größer 2. Zeigen Folgeuntersuchungen ein sinkendes Verhältnis, dann wissen Sie, dass die ergriffenen Maßnahmen wirken.
Herauszufinden, welches das verantwortliche Antigen ist, kann eine knifflige Angelegenheit sein, doch es ist wichtig. Auch Fragen an den Patienten zu seiner Gesundheit und Lebensweise ergeben wesentliche Hinweise, zum Beispiel, ob es eine Schimmelbelastung in der Wohnung gibt, ob eine Hepatitis C vorliegt oder sie am Arbeitsplatz oder bei der Ausübung eines Hobbys Schwermetalltoxinen ausgesetzt waren. Immunologische Tests zum Auffinden von Antikörpern gegen spezielle Antigene sind auch hilfreich, sobald man die Möglichkeiten eingegrenzt hat. Streichen Sie bei Hashimoto möglichst umgehend Gluten vom Speiseplan, da es ein häufiges Antigen ist. Es ist typisch, dass Antigene wie Schimmelpilze, Viren, Parasiten und andere organische Stoffe ebenfalls den TH-1-Reaktionsweg in Gang setzen. Haptene, also anorganische Stoffe wie Schwermetalle, Pestizide und andere Verbindungen aus der Umwelt, kurbeln hingegen den TH-2-Reaktionsweg an. Doch das ist nur eine allgemeine Aussage, keine Regel. Reagiert jemand auf TH-1- und TH-2-Stimulatoren mit einer Verschlechterung des Befindens, ist das ein Hinweis darauf, dass ein Hapten eine Autoimmunerkrankung ausgelöst haben kann. In diesem Fall ist es entscheidend, dass die immunologischen Barrieren wieder aufgerichtet werden; von ihnen wird in diesem Kapitel noch die Rede sein.
Wie bei allen Autoimmunerkrankungen beginnt eine effektive Immunmodulation mit der Unterstützung der T-Regulatorzellen durch emulgiertes Vitamin D, EPA/DHA und einer Glutathioncreme, mit der man Glutathion wirksam über die Haut einschleusen kann.
Wann man den dominanten Reaktionsweg stimulieren sollte
Was den Umgang mit einem aktiven Antigen auszeichnet, ist die Unterstützung des dominanten TH-Reaktionswegs, um das Antigen zu eliminieren oder zur Remission zu bringen. Das trägt zur Wiederherstellung des Gleichgewichts und zur Beruhigung des gestressten Immunsystems bei.
Lassen Sie mich dies anhand einiger vereinfachter Beispiele erklären. Angenommen, ein Patient mit Hepatitis C, einer chronischen Leberinfektion, erkrankt an Hashimoto Thyreoiditis. Eine immunologische Testreihe zeigt, dass die Krankheit das Ergebnis einer aktiven Antigenreaktion ist – beide Reaktionswege, TH-1 und TH-2, sind entgleist und das Verhältnis von CD4 zu CD8 liegt höher als 2. Da ein aktives Antigen, zum Beispiel ein chronisches Virus, unter Umständen Autoimmunangriffe auslösen kann, unterstütze ich das Immunsystem dabei, die Hepatitis C in einen inaktiven Zustand zu bringen. Detaillierte Informationen zur Behandlung von Viren würden den Rahmen dieses Buches sprengen, aber in diesem Fall sollte ein viraler Belastungstest zur Überwachung der Leberinfektion sowie eine immunologische Testreihe zur Bestimmung einer TH-1- oder TH-2-Dominanz durchgeführt werden. (Selbst wenn beide Werte erhöht sind, liegt einer immer höher als der andere.) Ist der TH-1-Reaktionsweg der dominantere, wird dieser weiter mit Präparaten stimuliert, um dem Körper bei der Überwindung des Virus zu helfen; entsprechend verfahre ich bei einer TH-2-Dominanz. Das ist das genaue Gegenteil meiner Vorgehensweise bei einer durch eine Funktionsstörung des Immunsystems verursachten Hashimoto Thyreoiditis: In diesem Fall stützt man den geschwächten TH-Reaktionsweg. Befreit man das Immunsystem von der chronischen Infektion, kann es sich erholen, und die Autoimmunangriffe gehen zurück.
Читать дальше