Allein an diesem Beispiel wird deutlich, dass die Bemühungen von Personalverantwortlichen, Instrumente des Personalmanagements in ihren Behörden umzusetzen, auf dem Weg vom Hochglanzkonzept bis zur Realisierung an einer Vielzahl von Umsetzungsproblemen scheitern können. Ambitionierte Personalverantwortliche spüren den Zustand der Dissonanz zwischen Selbstwirksamkeitserwartung und Handlungsermöglichung, da sie oft ihre eigenen hohen fachlichen Ansprüche den realen Bedingungen anpassen müssen. Es mangelt nicht an vielen guten Personalmanagementkonzepten, sondern an der klaren Kommunikation, dass mit deren Umsetzung ein tatsächliches Problem, wie das des Fachkräftebedarfs, in der Praxis gelöst werden kann. Es bedarf also einer sorgfältigen Analyse der eigenen Organisationsziele, um zu entscheiden, welche Instrumente des NSM implementiert werden können und welchen Akzeptanzschwierigkeiten zu begegnen sind.
Tabelle 1zeigt die Veränderung der bisherigen Steuerungsfunktionen unter dem Einfluss des Neuen Steuerungsmodells. Alle Funktionen sind als Teil des Managementmodells interdependent. Erfolgt die Umsetzung nur partiell, beeinträchtigt dies die Wirksamkeit jeder einzelnen Funktion.
32Wenn neue Steuerungsinstrumente implementiert werden sollen, kann anhand folgender Fragestellungen vorgegangen werden:
• Welche normativen Festlegungen haben wir? Dokumentenanalyse (Dienstanweisungen, Verträge, Protokolle). Sind die Regeln akzeptiert und passen sie noch zu unseren Zielen?
• Haben wir eine konsequente Prozessorientierung? Sind die Prozesse input- oder output-orientiert? Gibt es ein Monitoring?
• Haben wir ein Risikomanagement implementiert? Und: Kennt jeder die erfolgskritischen Faktoren der konkreten Aufgabe?
• Wie wird kommuniziert bei regulären Vorgängen und bei herausfordernden Situationen?
• Was soll die Veränderung bewirken?
• Welche Auswirkungen hat die Veränderung auf andere Funktionen?
Es empfiehlt sich ferner, bei unklarer Befundlage eine Analyse nach bestehenden Dysfunktionalitäten der Personalmanagementfelder, der eingeführten Instrumente und Methoden durchzuführen. Dazu gehört eine Dokumentenanalyse der Dienstordnungen mit Blick auf mögliche Widersprüche gegenüber einem Zielzustand sowie eine Analyse der wichtigsten Personalprozesse. Nicht zu unterschätzen ist die gelebte Kommunikationskultur, die ebenfalls kritisch unter die Lupe genommen werden sollte. Hierzu bietet sich die Methode der 360°-Befragung an.
Tab. 1:Vergleich Funktionen des Personalmanagements, eigene Darstellung
Funktionen |
Bürokratisches Regulierungsmodell |
Neues Steuerungsmodell (NSM) |
Steuerung |
Verordnungen, Anweisungen |
Ziele, Ergebnisse |
Handlung |
Gesetze, Verordnungen |
Bürgerbeteiligung, Organisationsentwicklung |
Kontrolle |
Vollzug |
Projektcontrolling, Zielerreichungsgrad |
Akteure |
Behörde |
Kunde/Bürger |
Managementfunktion |
Regelvollzug |
strategische Funktion |
Personal- und Organisationsmanagement |
Personalverwaltung, Arbeitsteilung |
strategische Ausrichtung, Personalentwicklung, lernende Organisation |
Führung |
Anweisung Dienst- und Fachaufsicht |
Führungsgrundsätze partizipative Führung, strukturierte Mitarbeitergespräche |
Praxistipp:
Steht auf der Agenda der Personalentwicklung beispielsweise die Einführung von Führungsgrundsätzen mit Schwerpunkt kooperativer Arbeitsgestaltung, sollte zunächst geprüft werden, ob die normativen Voraussetzungen für die Realisierung des gewünschten Führungsverhaltens bestehen. Die Führungsgrundsätze müssen einen Bezug zu den Verwaltungszielen aufweisen und sich in eine Verwaltungsstrategie einordnen. Neue Führungsgrundsätze laufen ins Leere, wenn sie nicht mit dem bestehenden Beurteilungssystem, darunter den Anforderungsprofilen, in Einklang gebracht werden. Geschieht dies nicht, besteht die Gefahr, dass die Führungsgrundsätze lediglich auf dem Papier existieren.
Folgendes Beispiel lässt sich fortführen und auf alle Personalmanagementfelder übertragen.
Nehmen wir eine in Personalentwicklung sehr engagierte Behörde an, die Mitarbeiter durch Unterstützung bei Bachelor- und Masterqualifizierungen fördert. Eine nicht nur für die eigenen Mitarbeiter sondern auch für das Image der Behörde und die Attraktivität für potenzielle Bewerber gute Maßnahme.
Üblicherweise werden mit den betreffenden Arbeitnehmern Qualifizierungsverträge abgeschlossen, die die Kostenverteilung, Bindung und Rückzahlungsansprüche des Arbeitgebers regeln. Dabei können allerdings Fehler entstehen oder bewusst in Kauf genommen werden, wenn beispielsweise die Bindungsfrist und Rückzahlungsmodalitäten unverhältnismäßig zur Unterstützungsleistung stehen. Dennoch kann es sein, dass die Beschäftigten unterzeichnen, da sie die Qualifizierung in Anspruch nehmen wollen und den Vertrag dann zu Hause Familie und Freunden zeigen. Auch wenn der Vertrag nicht angefochten werden sollte, besteht das Risiko, dass negative Folgen eintreten können, obwohl eine positive Bindungswirkung durch Förderung der Mitarbeiter beabsichtigt war. Worin kann die negative Wirkung bestehen? Die Qualifizierungsverträge entfalten auch eine Außenwirkung. In Zeiten öffentlich zugänglicher Rechtsquellen kann sich der öffentliche Sektor Fehler auch bei internen Verwaltungsentscheidungen nicht mehr erlauben. Eine fehlerhaft getroffene Personalentscheidung entfaltet immer Außenwirkung in der Form, dass quasi alle Entscheidungen als Aushängeschild der Behörde wirken und Schlussfolgerungen über die Attraktivität der Behörde gezogen werden können. Das kann zu einem negativen Image der öffentlichen Verwaltung beitragen.
33Das Personalmanagement hat einen entscheidenden Einfluss auf die Leistungsfähigkeit und Attraktivität des öffentlichen Sektors. Anhand der historischen Entwicklung lassen sich die Veränderungsfaktoren der Personalarbeit für die jeweilige Behörde antizipieren und Bewährtes beibehalten. Der schwierige Wandel von der verwaltenden Personalarbeit hin zu einer Managementausrichtung kann auf vielfältige Weise gelingen, wenn die Perspektiven aller Fachdisziplinen einbezogen werden und bei der Umgestaltung konsequent die Kunden- und damit Output-Orientierung verfolgt wird. Neuere Modelle, die unter der Bezeichnung Public Governance gefasst sind, sind durch stärkere Output-Orientierung geeignet, die Schwachstellen des NSM aufzugreifen und intensiver auf das Gemeinwesen und die Lösung gesellschaftlicher Fragestellungen einzugehen.
II.Der Einfluss von Rahmenbedingungen
1.Personalmanagement im Spannungsfeld komplexer Systeme
34In „The Future of Management“ der Harvard Business School war bereits 2007 zu lesen: „(…) Doch anders als die Gesetze der Physik sind die Gesetze des Managements nicht vorherbestimmt und auch nicht ewig gültig. Rasante Veränderungen, flüchtige Vorteile, technologische Brüche, aufrührerische Konkurrenten, zersplitterte Märkte, allmächtige Kunden, rebellische Aktionäre – die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts stellen die Anpassungsfähigkeit von Unternehmen in aller Welt auf eine harte Probe und zeigen die Grenzen eines Managementmodells auf, das nicht mit dem Lauf der Zeit Schritt gehalten hat.“ (vgl. Hamel/Breen, 2007, The Future of Management bei Harvard Business Review Press, übersetzt aus dem Amerikanischen von Gebauer: Hamel, 2008, S. 9). Diese ernüchternde Feststellung rührt an den Grundfesten einer Betriebswirtschaftslehre, die bis zur Finanzkrise 2007 davon ausging, mit den bisherigen Managementmodellen, darunter jenen, die nach systemtheoretischem Paradigma ein ganzheitliches, die Umfeldfaktoren einbeziehendes Schema postulierten, die Unternehmensführung zukunftsfähig aufgestellt zu haben.
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