Im Zentrum waffenrechtlicher Fragestellungen steht regelmäßig – abstrakt formuliert – die Beurteilung des Verhaltens einer Person zu einem Gegenstand.
Das Verhalten muss darauf untersucht werden, ob und welche Arten des waffenrechtlichen Umgangses darstellt.
Der Gegenstand ist zunächst darauf zu untersuchen, ob er als Waffebzw. Munition iSd. WaffG einzustufen ist.
Soweit die Waffen- /Munitionseigenschaft bejaht wird, ist zu prüfen, ob die Waffe/Munition verboten, erlaubnispflichtig oder erlaubnisfreiist.
Im Fall des Umgangs mit verbotenen Waffen ist die zutreffende Sanktionsvorschrift herauszuarbeiten.
Liegt eine erlaubnisfreie Waffe vor, so sind die für erlaubnisfreie Waffen geltenden Reglementierungen des WaffG herauszuarbeiten.
Hinsichtlich erlaubnispflichtiger Waffen/Munition ist zu differenzieren:
Soweit die erforderliche Erlaubnisbei der zuständigen Waffenbehörde beantragtwird, gilt es zu prüfen, ob die notwendigen Voraussetzungen vorliegen, um die begehrte Erlaubnis erteilen zu können.
Wird die erlaubnispflichtige Waffe/Munition hingegen in einer behördlichen Kontrollsituationfestgestellt, so müssen zunächst die erforderlichen Erlaubnisseerkannt werden. Liegen diese vor, ist der Umgang rechtmäßig. Soweit die grds. erforderliche Erlaubnis nicht vorgelegt werden kann, ist zunächst zu klären, ob im konkret zu beurteilenden Fall eine Ausnahme von der Erlaubnispflichtgreift. Nur wenn keine Ausnahme greift, liegt ein Verstoß gegen das WaffG und damit regelmäßig eine Straftat vor.
Weiterhin können in einer solchen Situation die Sorgfaltspflichten im Umgang mit einer Waffe/Munition Gegenstand der Kontrolle sein:
Im Rahmen polizeilicher Kontrollstellenwerden typischerweise Sachverhalte abzuarbeiten sein, in denen Waffen/Munition von einem Ort zu einem anderen Ort transportiert werden. Neben der oben beschriebenen Erlaubnisüberprüfung (sowie dazugehöriger Ausnahmetatbestände) ist hier insbesondere die aus § 36 Abs. 1 resultierende Pflicht des Waffenbesitzers zu beachten, die erforderlichen Vorkehrungen zu treffen, um ein Abhandenkommen der Waffen sowie den unbefugten Zugriff Dritter auf dieselben zu verhindern.
Bei Kontrollen der Waffenbehördenwird es schwerpunktmäßig um die Überprüfung der Aufbewahrungspflichten nach § 36 Abs. 1, 5 WaffG iVm. § 13 AWaffV gehen.
Gleichviel, ob es eine Klausurfragestellung oder aber einen praktischen Fall zu bewältigen gilt, ist eine systematisch strukturierte waffenrechtliche Analyse vonnöten, um auch komplex gelagerte Konstellationen einer Lösung zuführen zu können.
Grob skizziert lässt sich der waffenrechtliche Prüfungsvorgang wie folgt darstellen:
Prüfungsschritt 1: |
Liegt Waffe/MunitioniSd. WaffG vor? |
→ dazu II. |
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und |
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Prüfungsschritt 2: |
Wird Umgangdamit geübt? |
→ dazu III. |
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Hinweis: Nur wenn Prüfungsschritte 1 und 2 bejaht werden können, ist der Anwendungsbereich des WaffG gem. § 1 Abs. 1 eröffnet. |
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Prüfungsschritt 3: |
Waffe/Munition verboten? § 2 Abs. 3 |
→ dazu IV.2. |
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Prüfungsschritt 4: |
Waffe erlaubnispflichtig? § 2 Abs. 2 |
→ dazu IV.3. |
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Wenn erlaubnispflichtige Waffe (-), weiter mit Prüfungsschritt 7 |
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Wenn erlaubnispflichtige Waffe (+) |
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Konstellation Kontrolle: |
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Var. 1: Erlaubnis liegt vor |
→ Umgangsart rechtmäßig |
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Var. 2: Erlaubnis liegt nicht vor |
→ Prüfungsschritt 5 |
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Konstellation Antragstellung: |
→ Prüfungsschritt 6 |
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Prüfungsschritt 5: |
Ausnahmen von der Erlaubnispflicht |
→ dazu IV.4. |
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Prüfungsschritt 6: |
Erlaubnisvoraussetzungen |
→ dazu IV.6. |
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Prüfungsschritt 7: |
Erlaubnisfreie Waffe |
→ dazu IV.7. |
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Prüfungsschritt 8: |
Konstellation im Einzelfall |
→ dazu V. |
II.Waffen iSd. WaffG, § 1 Abs. 2
Waffen sind nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 Schusswaffen und den Schusswaffen gleichgestellte tragbare Gegenstände sowie nach Nr. 2a, b die dort näher beschriebenen tragbaren Gegenstände:
§ 1 Abs. 2 Nr. 1: |
• Schusswaffen • Schusswaffen gleichgestellte tragbare Gegenstände |
§ 1 Abs. 2 Nr. 2: |
Tragbare (bewegliche) Gegenstände, a) die ihrem Wesen nach dazu bestimmt sind, die Angriffs- oder Abwehrfähigkeit von Menschen zu beseitigen oder -herabzusetzen, insbesondere Hieb- und Stoßwaffen → Waffen im technischen Sinn eb) die, ohne dazu bestimmt zu sein, insbesondere wegen ihrer Beschaffenheit, Handhabung oder Wirkungsweise geeignet sind, die Angriffs- oder Abwehrfähigkeit von Menschen zu beseitigen oder herabzusetzen, und in diesem Gesetz genannt sind → Waffen im nichttechnischen Sinne |
1.Schusswaffen (§ 1 Abs. 2 Nr. 1 Alt. 1)
Anl. 1 Abschn. 1 UA 1 Nr. 1.1:
„Schusswaffen sind Gegenstände, die zum Angriff oder zur Verteidigung, zur Signalgebung, zur Jagd, zur Distanzinjektion, zur Markierung, zum Sport oder zum Spiel bestimmt sind und bei denen Geschosse durch einen Lauf getrieben werden.“
• Charakteristisch ist demnach zunächst die Zwecksetzung.
• Weiter ist wesensbestimmend, dass ein „Geschoss“ durch einen „Lauf “ getriebenwird, wobei diese Begriffe jeweils legaldefiniert sind:
– Geschosse sind als Waffen oder für Schusswaffen bestimmte feste Körper sowie gasförmige, flüssige oder feste Stoffe in Umhüllungen (vgl. Anl. 1 Abschn. 1 UA 3 Nr. 3).
– Der Lauf (vgl. Anl. 1 Abschn. 1 UA 1 Nr. 1.3.1) ist ein aus einem ausreichend festen Werkstoff bestehender rohrförmiger Gegenstand, der Geschossen, die hindurchgetrieben werden, ein gewisses Maß an Führung gibt. Demnach kann ein Lauf etwa auch aus Kunststoff oder Keramikwerkstoff hergestellt sein. Ein „gewisses Maß an Führung“ ist anzunehmen, wenn die Länge des Laufteils, das die Führung bestimmt, mind. das Zweifache des Kalibers (also des Geschossdurchmessers) beträgt.
Merke:
Armbrüste und Bogenwaffen fallen in Ermangelung eines Laufes nichtunter den Schusswaffenbegriff.
• Unerheblich ist die Art der Energie, welche das Geschoss antreibt (nicht nur heiße Gase, sondern zB. auch CO 2oder Muskelkraft etc. sind mit umfasst).
Merke:
Blasrohre und „Erbsenpistolen“ bzw. „Softairwaffen“ fallen daher dem Grunde nach unter den Schusswaffenbegriff.
• Ebenfalls unerheblich ist, ob der Gegenstand tragbar ist oder nicht (auch ortsfeste Geschütze, Kanonen etc. sind Schusswaffen).
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