1 ...7 8 9 11 12 13 ...16 Hinweis:
Mit dem 3. WaffRÄndG (1.9.2020) wurden Magazine gegenständlich vom WaffG erfasstund sind rechtlich den Schusswaffen gleichgestellt (Anl. 1 Abschn. 1 UA 1 Nr. 4.4). Soweit Magazine nicht nach Anl. 2 Abschn. 1 verboten sind, sind sie erlaubnisfrei, es greift dann allein das Alterserfordernis nach § 2 Abs. 1.
3.Exkurs: Schreckschusswaffen, Reizstoffwaffen und Signalwaffen 9
Die Schusswaffeneigenschaft von Schreckschusswaffen, Reizstoffwaffen und Signalwaffen ist nicht einheitlich zu beantworten und muss jeweils im Einzelfall geklärt werden. Der Gesetzgeber verortet sowohl die Schreckschuss-, wie auch die Reizstoff- und Signalwaffen in Gänze bei den Schusswaffen, 10ohne eine präzise Differenzierung vorzunehmen.
Schreckschusswaffen verfügen einzig über ein Kartuschenlager. Bei der verschossenen Kartuschenmunition handelt es sich um Hülsen mit Ladung, die ein Geschoss nicht enthalten. 11In Ermangelung eines Geschosses kann ein solches gar nicht durch den Lauf getrieben werden, weshalb Schreckschusswaffen keine Schusswaffen iSd. WaffG sind, sondern unter die den Schusswaffen gleichgestellten tragbaren Gegenstände fallen, vgl. Anl. 1 Abschn. 1 UA 1 Nr. 1.2.1.
Bei den Reizstoff- und Signalwaffen ist danach zu differenzieren, ob diese ein Kartuschenlager oder ein Patronenlageraufweisen. Im Falle eines Kartuschenlagers liegt es wie bei den Schreckschusswaffen, vgl. oben.
Handelt es sich hingegen um Reizstoff- oder Signalwaffen mit Patronenlager, so werden jeweils Reizstoff- bzw. Patronengeschosse durch den Lauf getrieben. Solche Reizstoff- und Signalwaffen unterfallen dem Schusswaffenbegriff.
Bei den Signalwaffen mit Schusswaffeneigenschaft handelt es sich häufig um solche im Kaliber 4 (26,5 mm, „Kaliber 4-Waffen“). Als Reizstoffwaffe mit Schusswaffeneigenschaft ist etwa die Mehrzweckpistole (MZP1, Kaliber 40 mm) anzuführen, die bei zahlreichen Verbandspolizeien dienstlich zugelassen ist.
Meist sind in der Praxis solche Schreckschuss-, Reizstoff- und Signalwaffen vorzufinden, die lediglich über ein Kartuschenlager verfügen und die zudem mit einem Gaslauf 12versehen sind, der nicht durchgängig (frei von Hindernissen) ist. Mit ihnen kann daher ausschließlich Kartuschenmunition verschossen werden. Hierbei handelt es sich um Knall- oder Reizstoffkartuschen. Die Signalfunktion wird typischerweise durch Aufschrauben eines 15mm-Abschussbechers bewirkt, in welchen pyrotechnische Munition eingebracht wird, die dann über den Abschuss einer Knallkartusche gezündet wird.
Diese Gegenstände weisen demnach eine Schreckschuss-, Reizstoff- und Signalwaffeneigenschaft zugleich auf, je nachdem, wie sie konkret verwendet werden. Sie werden auch als „SRS-Waffen“bezeichnet und sind zumeist nach § 8 BeschG zugelassen und tragen eine entsprechende Kennzeichnung („PTB“ im Kreis).
Merke:
Die wichtigste Gruppe der den Schusswaffen gleichgestellten tragbaren Gegenstände bilden die „SRS-Waffen“.
4.Differenzierung des Schusswaffenbegriffs unter Einbeziehung der den Schusswaffen gleichgestellten tragbaren Gegenstände
Nach dem Prinzip der Definition „Schusswaffe“ und der anschließend durch den Gesetzgeber vorgenommenen Gleichstellung einer ganzen Reihe von tragbaren Gegenständen mit den Schusswaffen nimmt der Gesetzgeber in Anl. 1 Abschn. 1 UA 1 Nr. 2 eine umfängliche Untergliederung des Oberbegriffes „Schusswaffe“ vor.
Überblick:
Merke:
Mit dem 3. WaffRÄndG wurden Magazineals den Schusswaffen rechtlich gleichgestellte Gegenstände in den Anwendungsbereich des WaffG einbezogen, vgl. Anl. 1 Abschn. 1 UA 1 Nr. 4.4. ff.
Diese unterfallen, soweit sie nicht verboten sind (→ S. 34 f.), als einzige den Schusswaffen gleichgestellte Gegenstände nicht der prinzipiellen Erlaubnispflicht nach Anl. 2 Abschn. 2 UA 1 S. 1 und sind daher erlaubnisfrei, wenn sie nicht verboten sind. Im Ergebnis greift für nicht verbotene Magazine allein das Alterserfordernis nach § 2 Abs. 1.
5.Tragbare Waffen im technischen Sinn, § 1 Abs. 2 Nr. 2a, und im nichttechnischen Sinn, § 1 Abs. 2 Nr. 2b
a) Begriffsbestimmungen.In § 1 Abs. 2 Nr. 2a sind die Waffen im technischen Sinn beschrieben. Sie zeichnen sich dadurch aus, dass sie die Zweckbestimmungaufweisen, die Angriffs- oder Abwehrfähigkeit von Menschen zu beseitigen oder herabzusetzen.
Tragbare Waffen im technischen Sinn sind stets Waffen iSd. WaffG.
Anders liegt es bei den in § 1 Abs. 2 Nr. 2b behandelten Waffen im nichttechnischen Sinn. Diese unterscheiden sich von den Waffen im technischen Sinn zentraldadurch, dass sie nicht deren Zweckbestimmung aufweisen, gleichwohl aufgrund ihrer Beschaffenheit, Handhabung oder Wirkungsweise dazu geeignetsind, die Angriffs- oder Abwehrfähigkeit von Menschen zu beseitigen oder herabzusetzen.
Tragbare Waffen im nichttechnischen Sinn sind nur dann Waffen iSd. WaffG, soweit sie ausdrücklich im Gesetz (Anl. 1 Abschn. 1 UA 2 Nr. 2) genannt sind.
b) Zweckbestimmung.13.Die Zweckbestimmung meint den Herstellerzweck, welcher sich zunächst aus der ausdrücklichen Deklarationdes Gegenstandes herleiten lässt. Fehlt es an einer solchen, so ist zumindest dann die Waffeneigenschaft zu bejahen, wenn der Gegenstand unter gewöhnlichen Umständen und typischerweise nur als Waffeverwendet werden kann und eine anderweitige Nutzung nur schwerlich möglichist. 14
Merke:
Die Zweckbestimmungeines Gegenstandes bemisst sich nach dem Herstellerzweck. Unbeachtlichist, zu welchem Zweck ein Gegenstand im Einzelfall mitgeführtwird.
Die Zweckbestimmung eines Gegenstandes kann auch durch nachträglichen Umbaudesselben verändertwerden. Wird eine ursprünglich als Gebrauchsgegenstand hergestellte Sache in der Absicht gegenständlich umgearbeitet, den so neu hergestellten Gegenstand als Waffe gebrauchen zu können, so ist durch den Umbau ein neuer Gegenstand mit einem entsprechend neuen Herstellerzweck entstanden. Der Alltagsgegenstand ist durch die Bearbeitung zur Waffe im technischen Sinn geworden.
Umgekehrt können auch Waffen im technischen Sinn durch Umbau zu reinen Gebrauchsgegenständen werden und ihre Waffeneigenschaft verlieren (Bsp.: die Klinge eines Dolchs wird stumpf geschliffen).
Nicht zuletzt vor diesem Hintergrund kann sich die Abgrenzung im Einzelfall kompliziert gestalten, weil Überschneidungen zwischen Gegenständen des Alltags und Waffen durchaus möglich sind.
c) Einzelfälle15.
aa) Als Waffen im technischen Sinn hergestellt.Kampfmesser, Dolch, Säbel, Bajonett, Stiefelmesser, Stahlrute, Totschläger, Schlagring.
bb) Nach Umbau als Waffe im technischen Sinn einzustufen.Baseballschläger, der am Schlagende mit Nägeln präpariert wird. Ventilrad, welches in der Mitte durchtrennt und an der geflexten Seite mit Tape versehen wird, um es als Schlagring einsetzen zu können. Parfümflacon, der mit Reizstoff gefüllt wird.
cc) Keine Waffen im technischen Sinn.Baseballschläger, Knüppel, Küchenmesser, Überlebensmesser, Taschenmesser, Fleischermesser, Tauchermesser, Jagdnicker, Hirschfänger, Fahrtenmesser. Als Sportgeräte hergestellte Florette, Degen und Säbel. Medizinisches Skalpell, Seziermesser, Äxte, Beile, Macheten, Sicheln, Sensen usw.
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