Die Truppen des Shôguns machten Jagd auf Go-Daigo. Sie belagerten den Berg Kasagi. Doch sein neuer Gefolgsmann Kusunoki Masashige und dessen Leute leisteten ihnen über Monate Widerstand. Gemeinsam mit einem der jungen Söhne des Kaisers, Prinz Morinaga, machte er ihnen das Leben im Gebirge schwer, indem er einen Guerillakrieg gegen sie führte. Schließlich gelang es ihnen aber doch, den Kaiser gefangenzunehmen.
Um jeden neuerlichen Widerstand im Keim zu ersticken, wollten sie auch Kusunoki ergreifen und ihn töten. Dieser war jedoch in die Akasaka-Festung geflohen, ein rechteckiges Gelände, das von Holzpalisaden, verstärkt durch einige Türme, umgeben war. Im Frühjahr 1333 standen die Truppen aus Kamakura, nicht weniger als 100 000 Mann unter Führung des jungen und ehrgeizigen Heerführers Ashikaga Takauji, schließlich vor Akasaka-jô. Sie waren zunächst etwas enttäuscht darüber, eine Festung mit solch kläglichem Schutz vorzufinden. Sollten sie tatsächlich so leichtes Spiel mit dem Mann haben, der ihnen in den Bergen monatelang widerstanden hatte? Es gab nicht einmal einen Festungsgraben. Alles deutete darauf hin, daß die Angelegenheit noch vor Anbruch der Dunkelheit erledigt sein würde.
Es wurde Signal zum Angriff gegeben, und die Truppen stürmten auf die Palisaden zu, in einem unbeschreiblichen Gedränge. Jeder hoffte, sich den leicht zu erringenden Ruhm holen zu können, als erster in die Festung einzudringen. Doch hatten sie nicht mit dem Einfallsreichtum des Belagerten gerechnet. Hinter den Palisaden standen 200 Bogenschützen bereit. Die Angriffswellen der Truppen des Shôguns wurden förmlich niedergemäht. Als Ashikaga schließlich Befehl zum Rückzug erteilte, mußte er 1 000 tote Kämpfer vor den Palisaden der Festung zurücklassen.
Vom Kampf erschöpft, schlugen die Truppen ihr Lager auf. Sie legten ihre Rüstungen ab, pferchten die Pferde ein und begaben sich in ihre Zelte, um in der Nacht Kraft für einen neuen Angriff am nächsten Tage zu schöpfen. Sie ahnten nicht, daß der Bruder Kusunokis, Shichirô, und sein Verbündeter, Wada Gorô Masato, sich bereits den ganzen Tag mit 300 Reitern auf einem bewaldeten Hügel, entfernt vom Schlachtfeld, verborgen gehalten hatten. In zwei Gruppen kamen die Reiter aus dem Wald und stürmten das Lager der Samurai des Shôguns aus zwei Richtungen. Im Handumdrehen war es verwüstet. Plötzlich öffneten sich drei Tore in den Palisaden von Akasaka-jô, und weitere Reitertrupps Kusunokis, die während des Tages ihre Kräfte geschont hatten, schlossen sich den nächtlichen Angreifern an. Panik ergriff die Truppen des Shôguns, und Hals über Kopf flohen sie zu den Ebenen des Ishikawa-Flusses, wobei sie Tote, Verwundete, Waffen und Pferde zurückließen.
Dennoch gab Ashikaga nicht auf. Er sammelte seine Truppen und beschloß eine reguläre Belagerung der Festung. Mehrmals versuchte er, der Belagerung ein schnelles Ende zu bereiten, aber die wenigen tausend Kämpfer Kusunokis ließen alle Angriffe scheitern. Der raffinierte Gefolgsmann des Kaisers ersann immer neue Kriegslisten. Er erwies sich als erfahrener Kriegsherr, der in der Lage war, mit höchst ungewöhnlichen Methoden einem zahlenmäßig weit überlegenen Feind, der nur mit herkömmlichen Kampfsituationen vertraut war, die Stirn zu bieten. So geschah es beispielsweise eines Tages, daß auf Truppen der Belagerer, die an einem steilen Hügel vorbeiritten, plötzlich Felsblöcke und Baumstämme herabrollten, welche Kusunokis Leute oben mit Stricken festgebunden hatten, die sie nun alle gleichzeitig kappten. An einem anderen Tag gerieten sie in eine ausgeklügelte Falle. Kusunoki hatte Anweisung gegeben, daß man die Angreifer unbehelligt an einer Flanke der Festung die Palisade hinaufklettern lassen solle. In vollkommener Stille warteten seine Männer auf der anderen Seite auf den Feind, der bereits an den sicheren Sieg glaubte. Doch kaum war die Palisade von Angreifern bedeckt, ließ er die Seile kappen, die sie hielt. Diese Palisade war in Wirklichkeit eine Attrappe gewesen. Die Samurai Ashikagas stürzten zu Boden und fanden sich plötzlich vor dem echten Burgwall wieder, von dem aus Steine und Pfeile auf sie niederprasselten. 700 von ihnen mußten an jenem Tag ihr Leben lassen. Auch am nächsten Tag erging es den Truppen der Angreifer nicht besser, als sich plötzlich von oben kochendes Wasser in wahren Fluten über sie ergoß, und weder ihre Helme noch ihre Rüstungen konnten sie vor schweren Verbrühungen schützen.
Doch in der Festung wurden allmählich die Lebensmittel knapp, und Kusunoki beschloß, mit seinen verbliebenen Kriegern die Festung zu verlassen. Zuvor plante er jedoch noch eine letzte Überraschung für die Belagerer. Es war eine regnerische Nacht. Die Männer Kusunokis errichteten einen riesigen Scheiterhaufen, auf den sie die Leichen der gefallenen Kämpfer legten. Daraufhin verließen die Belagerten in aller Heimlichkeit in kleinen Gruppen die Festung und schlichen unbehelligt durch die Reihen der Belagerer, deren Aufmerksamkeit durch Müdigkeit und das schlechte Wetter nicht sehr hoch war. Ein einziger Samurai Kusunokis war noch innerhalb der Palisaden geblieben. Dieser setzte schließlich den Scheiterhaufen in Brand. Als die Flammen hoch hinaufschlugen, eilten die Belagerer in die Festung, die durch keine Verteidiger mehr geschützt war. Sie glaubten, die Belagerten hätten kollektiven Selbstmord begangen, aber umsonst suchten sie unter den verkohlten Leichen die sterblichen Überreste Kusunokis. Der Mann des Kaisers und seine Samurai waren bereits in weiter Ferne, und er war entschlossen, eines Tages wieder für Go-Daigo in den Kampf zu ziehen.
Die Belagerung von Chihaya-jô
In der Zwischenzeit hatte man Go-Daigo all seine Rechte aberkannt und ihn auf die Insel Chiburi-jima des Oki-Archipels verbannt, das sich zwischen Kyûshû und der Koreanischen Halbinsel befindet. Seine Güter waren konfisziert worden und ebenso die Besitztümer aller, die ihn unterstützt hatten. Doch sein Sohn, Prinz Morinaga, der ins Yoshino-Gebirge geflohen war, verkündete, den Kampf fortsetzen zu wollen. Er wußte, daß er nach wie vor auf Kusunoki Masashige zählen konnte, der nun im ganzen Land für seinen Mut und seinen Einfallsreichtum berühmt geworden war und dem von überallher neue Gefolgsleute zuströmten, die sich mit ihm unter dem Banner der Kaisertreuen versammelten. Sein hohes Ansehen beruhte nicht zuletzt auch darauf, daß ihm das Leben seiner Mitstreiter nicht gleichgültig war und daß er sie respektvoll behandelte.
Zunächst einmal zog sich Kusunoki mit einer Gruppe seiner Krieger wieder in seine Festung von Akasaka zurück. Um die Reise unbehelligt zu überstehen, hatten sie sich als Bauern getarnt. Sie konnten dort aber nicht länger als einen Monat ausharren, denn den Truppen des Shôguns war es gelungen, ihnen die Wasserversorgung abzugraben. Doch erneut gelang es ihm und seinen Leuten, unbemerkt aus der belagerten Festung zu entkommen.
Wenige Meilen weiter südlich hatte er eine neue Festung errichten lassen, Chihaya-jô. Die Festung war reich mit Vorräten ausgestattet und dafür vorgesehen, einer sehr langen Belagerung standhalten zu können. Dorthin begab er sich nun, und sein Ziel bestand zunächst darin, die Kräfte von Ashikaga Takauji, dem Oberbefehlshaber der Truppen des Shôguns Hôjô, dort so lange wie möglich zu binden. Jener war fest entschlossen, diesmal eine endgültige Entscheidung herbeizuführen. Eine wahre Lawine aus berittenen Kämpfern strömte aus Kamakura zum Ort der Belagerung. Drei Divisionen, insgesamt etwa 100 000 Mann, kamen, um Kusunoki zu vernichten. In der Festung standen ihnen nicht mehr als knapp 1 000 Krieger gegenüber. Doch diese Tausendschaft vermochte es, Chihaya-jô zwei lange Monate hindurch zu halten und Tausenden Angreifern den Tod zu bringen, die immer aufs neue an den Verteidigungsmaßnahmen scheiterten, die der schier unerschöpflichen Erfindungsgabe des Generals des Kaisers entsprangen.
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