Wolfgang Breuer
Ein Wittgenstein-Krimi
Dieses Buch ist ein Roman. Handlung und Personen, wie Täter und Opfer, sind frei erfunden. Allerdings spielen darin auch real existierende Personen im sehr realen Wittgensteiner Land eine gewichtige Rolle. Diesen Menschen schulde ich für ihr freundschaftliches Einverständnis dazu meinen aufrichtigen Dank. Sie machen die Geschichte ein ganzes Stück weit authentischer. Bezüge zu und Anspielungen auf Ereignisse des aktuellen Zeitgeschehens sind ebenso gewollt wie notwendig.
Wolfgang Breuer
Eine Tote im FlussEin Wittgenstein-Krimi
Coverfoto: Sarah Fricke
Autorenfoto: Fotoatelier Christiane
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ISBN 978-3-96136-062-8
E-Book 978-3-96136-063-5
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Freitag, 3. August 2018
Sonntag, 5. August 2018
Montag, 6. August
Dienstag, 7. August
Mittwoch, 8. August
Hanna lag im Schatten der uralten Bäume am Ederufer und streckte ihren schlanken, elastischen Körper durch. Sie fühlte sich wie im Himmel. Beglückt, beseelt und total kaputt. War das irre! So etwas hatte sie überhaupt noch nicht erlebt. Noch immer jagte in ihrer Fantasie ein Schauer nach dem anderen über ihre sonnengebräunte Haut.
Arne hatte sie urplötzlich überrascht, als sie, lediglich mit ihrem Bikinihöschen bekleidet, vornübergebeugt im gerade mal potiefen Wasser gestanden und das Nass über ihre Unterarme hatte fließen lassen. Das machte die Studentin in diesem brüllend heißen Sommer häufiger, wenn sie die Nase voll hatte vom Büffeln und ihr die Temperaturen unter dem Sonnenschirm daheim im Garten einfach zu unerträglich wurden.
Zu diesem lauschigen Plätzchen waren es mit dem Fahrrad gerade mal fünf, sechs Minuten aus dem Dorf heraus gewesen. Von der Stedenhofstraße über die Ederbrücke und ein paar Meter dahinter links unterhalb des Abhangs entlang. Schon nach wenigen Metern verschluckte sie der wohltuende Schatten der Laubbäume, die den Weg säumten. Und kurz darauf hatte sie ihr Geheimplätzchen erreicht.
Schon in ihrer Kindheit war das der bevorzugte Badeplatz gewesen. Niemand konnte sie hier sehen. Weder vom Weg diesseits der Eder, noch vom Dorf, von Arfeld aus. Der dichte Baumbestand auf beiden Uferseiten war an dieser Stelle ideal.
Ansonsten schien dieser Ort hier wie für sie reserviert. Hier fühlte sie sich wie Robinson Crusoe auf seiner Insel. Allein, aber glücklich.
Nur Arne kannte dieses kleine Paradies. Und der hatte sich an diesem Freitag leise an sie herangepirscht. Sie erschrak ein wenig, als er sie bei ihrer Erfrischung plötzlich von hinten umfasste und der BWL-Studentin einen langen Kuss auf den Nacken gab.
„Du Miststück!“, hatte sie lachend gekreischt und ihm mit den Händen Wasser ins Gesicht und auf seine Shorts geschaufelt. Woraufhin er ihr kurzerhand die Arme um die Hüften schlang und sie wie ein Ringer aushebelte, um mit ihr der Länge nach in die Eder zu plumpsen.
Wie kleine Kinder hatten sie geplanscht und geprustet in dem seichten Wasser. Ein ungleicher Kampf, bei dem aber Ertrinken kaum möglich gewesen wäre. Die wochenlange Trockenheit drohte das Gewässer mehr und mehr zu einem Bach werden zu lassen.
Dann hatte sich Hanna widerstandslos ans Ufer tragen und auf ihr Badelaken legen lassen. Und sie zitterte vor Erregung, als Arne sie auch noch ihres letzten Textils entledigte, bevor er sie mit einem Handtuch trocken rubbelte. Längst hatte auch er seine klatschnassen Klamotten abgestreift und deckte sie, neben ihr kniend, über und über mit Küssen ein. Sie genoss jede seiner Berührungen und bog ihm in unendlichem Verlangen ihren hübschen Körper entgegen.
‚Wenn es jetzt nicht passiert‘, tobte es in ihr, ‚wenn es jetzt nicht passiert, dann werde ich verrückt.‘
„Bitte, bitte, komm zu mir“, flüsterte sie zitternd vor Erregung und fühlte den ersten Orgasmus bereits kommen, bevor sie ihn überhaupt in sich gespürt hatte.
Was für ein unglaubliches Abenteuer! Die Liebenden wälzten sich eng umschlungen auf der kleinen Lichtung und jagten einem Höhepunkt nach dem anderen entgegen. Immer und immer wieder. Noch nie hatte Hanna so etwas erlebt. Und sie wollte, dass es kein Ende nimmt.
Doch das kam jäh. Ein Klingelton wie in einem amerikanischen Office ließ bei ihrem Lover jede Spannkraft ersterben und in ihm die totale Ernüchterung einkehren.
„Elender Mist“, schimpfte Arne, während er sich seitwärts zu seinem Smartphone rollte. „Kann man nicht mal mehr zur Mittagszeit in Ruhe seine Geliebte verwöhnen?“
„Ja bitte“, schnaubte er ziemlich sauer in das Mobiltelefon, während Hanna nach wie vor selig nach Luft schnappte und ihren Körper streichelte. Das Erlebte klang in ihr nach.
Dann stand der baumlange Mann neben ihr auf. „Richtig, Doktor Arne Priester. Um was geht es? … Ach, Sie sind es. … Wie denn, jetzt schon?“
Hanna begann leise zu lachen, als sie an ihm hochschaute. Aus ihrem Blickwinkel baumelte sein Penis unmittelbar unter seinem Handy. Eine beknackte Kombination, die sie unweigerlich an Telefonsex denken ließ. Doch der promovierte Wirtschaftsanwalt Arne hatte wohl ganz andere Probleme.
„Ich muss …, leider“, hatte er ihr nach dem Telefonat ins Ohr gehaucht, ihr einen langen Kuss gegeben und sich ganz nebenbei die nasse, dreiviertellange Hose über den Hintern gezerrt. Wenige Minuten später hörte man hinten auf dem Weg bereits den Motor seines sechszylindrigen Chevrolet New Conversion starten. Ohne jedes weitere Wort war er verschwunden. Für weitere Erklärungen hatte er offenbar keine Zeit. Hanna ließ es widerspruchslos geschehen und fühlte weiter in sich hinein. Es war wie in einem Traum!
„Oh nein! Bitte nicht! Warum ausgerechnet heute? Verfluchte böse Tat!“ Sven Lukas war von seiner Sonnenliege im Garten hochgeschossen und starrte unverwandt zu Mina herüber, die blinzelnd in der Augustsonne lag und vor sich hin briet.
„Wo ist sie gefunden worden?“, rief er in sein Handy. „In Arfeld? Wo denn da? …“ Der ‚Freak’ hörte eine ganze Weile lang aufmerksam dem zu, was ihm der Diensthabende von der Wache in Berleburg mitzuteilen hatte. Dann fragte er schließlich: „Wer ist vor Ort? … Aha. SpuSi, KTU, Gerichtsmediziner auch schon bestellt? … Okay. Ja, ich fahr‘ gleich los. … Was? … Nee, nee, ich bin in Diedenshausen. Jep, Ciao!“
„So eine Kacke, so eine verfluchte!“, schimpfte der Kriminalkommissar und hätte aus einer Drehung heraus beinahe sein Smartphone wie einen Diskus in den Hang unterhalb von Minas Haus geschleudert. „Ausgerechnet heute, ausgerechnet, wo ich allein den Bereitschaftsdienst machen muss, finden die eine Leiche in der Eder. Das ist doch zum Kotzen!“
Mina war inzwischen hellwach und fragte interessiert nach:
„Weiblich oder männlich?“
„Weiblich. Muss ziemlich übel aussehen.“
„Ach, Herrjeh. Und vermutlich auch keine Ahnung, wer das war.“
„Natürlich nicht. Es ist gerade mal 45 Minuten her, dass sie gefunden wurde.“ Ohne weitere Worte sammelte er seine Klamotten ein, um sich drinnen kurz zurechtmachen und anziehen zu können.
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