Übersicht 15
Ausbildungskosten nach § 1610 Abs. 2BGB
1. Grundsatz: geschuldet ist die Finanzierung einer Ausbildung, die mit Blick auf Begabung, Neigung und Leistungswillen angemessen ist.
2. Ausnahme (dann: auch „Zweitausbildung“), wenn:
– Ausbildungsgang Abitur-Lehre-Studium (in dieser Reihenfolge),
– enger sachlicher Zusammenhang (Abi, Bauzeichner, Architekturstudium) und enger zeitlicher Zusammenhang
– und wenn dies den Eltern wirtschaftlich zumutbar ist.
3. Weitere Ausnahme (sehr selten), wenn:
– Ausbildungsgang Realschule, Lehre, Fachoberschule, Fachhochschule
– und wenn bereits zu Beginn der praktischen Ausbildung erkennbar ein Studium angestrebt wurde (!)
– und wenn dies den Eltern wirtschaftlich zumutbar ist.
3.1.3 Religiöse Kindererziehung
Eines der ältesten bildungsrelevanten deutschen Gesetze ist das Gesetz über die religiöse Kindererziehung vom 15.07.1921 (Reichsgesetzblatt I S. 939 – mit späteren Änderungen). Dieses Gesetz aus der Zeit der Weimarer Republik enthält Vorschriften des öffentlichen wie des privaten Rechts. Bei Minderjährigen tritt danach die „Religionsmündigkeit“ wesentlich früher ein als die Volljährigkeit nach dem BGB: nach der Vollendung des 14. Lebensjahres steht dem Kinde die Entscheidung (allein) darüber zu, „zu welchem religiösen Bekenntnis es sich halten will“; hat es das 12. Lebensjahr vollendet, so kann es nicht gegen seinen Willen in einem anderen Bekenntnis als bisher erzogen werden (§ 5 des genannten Gesetzes).
3.2 Elterliche Sorge (Teil I)
3.2.1 Begriff und Erwerb der elterlichen Sorge
Elterliche Sorge ist ein Sammelbegriff für die wichtigsten privatrechtlichen Beziehungen zwischen Eltern und Kindern nach den §§ 1626 bis 1698b BGB (Wabnitz 2014b, Kap. 7bis 10; Fröschle 2013; Heiß/Castellanos 2013; Hoffmann 2013; Völker/Clausius 2011). Die elterliche Sorge beinhaltet zugleich die wichtigsten Funktionen der elterlichen Verantwortung im Zusammenhang mit ihrem verfassungsrechtlich geschützten, Pflichten gebundenen Elternrecht nach Art. 6 Abs. 2Satz 1 GG ( Kap. 2.3.2).
Der frühere Rechtsbegriff „Elterliche Gewalt“ wurde erst 1980 durch den seitdem gültigen Begriff der „elterlichen Sorge“ abgelöst und 1998 mit der Einfügung partnerschaftlicher Beziehungsmerkmale in § 1626 Abs. 2BGB in die derzeit gültige, modernen Anschauungen entsprechende Gesetzesform gebracht.
Grundtypen der elterlichen Sorge sind die gemeinsame elterliche Sorge durch beide Eltern und die Alleinsorge durch einen Elternteil.
Elterliche Sorge umfasst gemäß § 1626 Abs. 1Satz 2 BGB die Sorge für die Person (Personensorge) und das Vermögen des Kindes (Vermögenssorge). Daran knüpft gemäß § 1629 Abs. 1Satz 1 BGB jeweils die gesetzliche Vertretung an, sodass die elterliche Sorge die in Übersicht 16aufgeführten Elemente beinhaltet:
Übersicht 16
Elterliche Sorge
• Personensorge § 1626 Abs. 1sowie § 1629 (gesetzliche Vertretung)
• Vermögenssorge § 1626 Abs. 1sowie § 1629 (gesetzliche Vertretung)
Man muss also unterscheiden zwischen:
1. Personensorge in tatsächlicher Hinsicht
2. Gesetzlicher Vertretung in Personensorge-Angelegenheiten
3. Vermögenssorge in tatsächlicher Hinsicht
4. Gesetzlicher Vertretung in Vermögenssorge-Angelegenheiten
Der Erwerb der elterlichen Sorge setzt zunächst voraus, dass es sich um eine Mutter bzw. einen Vater im Rechtssinne gemäß §§ 1591, 1592 Nr. 1, 2 oder 3 BGB handelt. Sodann muss einer der 5 Erwerbstatbestände der elterlichen Sorge gemäß § 1626a BGB erfüllt ist (siehe dazu Übersicht 17; Wabnitz 2014b, Kap. 7; Münder et al. 2013b, § 10 II):
Übersicht 17
Die fünf Erwerbstatbestände der elterlichen Sorge gemäß § 1626a BGB
1. gemeinsame Sorge beider, bereits bei der Geburt des Kindes miteinander verheirateter Eltern; dies ergibt sich aus einem Umkehrschluss aus § 1626a Abs. 1(„Sind die Eltern nicht …“)
2. gemeinsame Sorge beider, nicht miteinander verheirateter Eltern aufgrund von Sorgeerklärungen beider Eltern (§ 1626a Abs. 1Nr. 1)
3. gemeinsame Sorge beider Eltern ab dem Zeitpunkt der Heirat nach der Geburt des Kindes (§ 1626a Abs. 1Nr. 2)
4. gemeinsame Sorge beider Eltern aufgrund einer Entscheidung des Familiengerichts (§ 1626a Abs. 1Nr. 3)
5. alleinige Sorge der Mutter (§ 1626a Abs. 3: „Im Übrigen“)
Haben beide Eltern die gemeinsame Sorge oder hat ein Elternteil die Alleinsorge inne, so ändert sich daran auch aufgrund einer Trennung oder Scheidung grundsätzlich nichts, es sei denn, einem Antrag eines Elterteils auf Übertragung der Alleinsorge wird durch das Familiengericht stattgegeben (siehe die differenzierten Regelungen des § 1671 BGB; Wabnitz 2014b, Kap. 9; Münder et al. 2013b, § 13).
3.2.2 Inhalte und Ausübung der elterlichen Sorge
Die Personensorge betrifft umfassend alle Erziehungs-, Bildungs- und Betreuungsaufgaben, die sich auf die Person (und nicht auf das Vermögen) des Kindes beziehen. Die Vermögenssorge ist die Sorge für das Vermögen des Kindes mit dem Ziel der Erhaltung, Vermehrung oder gegebenenfalls wirtschaftlichen Verwertung desselben (vgl. §§ 1638 bis 1649 BGB) (zur Personensorge siehe die Übersicht 18; Wabnitz 2014b, Kap. 7):
Übersicht 18
Personensorge (insbesondere nach §§ 1631 ff. BGB) Wesentliche Inhalte:
1. Erziehung und Pflege (§ 1631, § 1633)
2. Namensgebung (§§ 1616 ff.)
3. Beaufsichtigung, Aufenthaltsbestimmung, Verlangen der Herausgabe des Kindes (§ 1631, § 1632)
4. Persönlicher Umgang (§§ 1626 Abs. 3, 1684, 1685)
5. Ausbildung und Beruf (§ 1631a)
6. Ausnahmsweise: Unterbringung mit Freiheitsentziehung (§ 1631b)
7. Gesundheit (§ 1631, § 1631c, § 1631d)
8. Zustimmung zur Eheschließung (§ 1303 Abs. 3)
Haben die Eltern die elterliche Sorge gemeinsam inne, so üben sie diese auch gemeinsam aus, und zwar gemäß § 1627 Satz 1 BGB in eigener Verantwortung und in gegenseitigem Einvernehmen zum Wohl des Kindes. Bei Meinungsverschiedenheiten müssen sie versuchen, sich zu einigen (Satz 2). Können sich die Eltern in einer einzelnen Angelegenheit oder in einer bestimmten Art von Angelegenheiten der elterlichen Sorge für das Kind nicht einigen, so kann das Familiengericht auf Antrag eines Elternteils die Entscheidung einem Elternteil übertragen – also im Ergebnis faktisch entscheiden (§ 1628 Satz 1 BGB); dies allerdings nur bei Angelegenheiten „von erheblicher Bedeutung“, wie z. B. die Entscheidung über den Besuch einer weiterführenden Schule, die Verlegung des Wohnsitzes an einen entfernten Ort oder die Berufswahl etc.
3.2.3 Bildung und elterliche Sorge
Die Wahrnehmung der Verantwortung für die Bildung ihrer Kinder gehört zum Kernbereich der elterlichen Sorge. Eltern müssen unter anderem dafür sorgen, dass die Schulpflicht der Kinder erfüllt wird (Kap. 9.1), dass sie auch mit Blick auf Bildungsangelegenheiten ihre Unterhaltsverpflichtungen nach §§ 1601 ff., 1610 BGB erfüllen ( Kap. 3.1.2) und gemäß § 1631a BGB in Angelegenheiten von Ausbildung und Beruf auf die Eignung und Neigung ihres Kindes Rücksicht nehmen und dabei im Zweifel den Rat von Lehrern oder anderen geeigneten Personen einholen.
3.3 Elterliche Sorge (Teil II)
3.3.1 Gesetzliche Vertretung
Gemäß § 1629 Abs. 1Satz 1 BGB umfasst die elterliche Sorge die gesetzliche Vertretung des Kindes ( Kap. 3.2.1). Minderjährige benötigen für die Vornahme wirksamer rechtsgeschäftlicher Handlungen – insbesondere zum Abschluss von Verträgen – grundsätzlich einen gesetzlichen Vertreter. Das gilt ausnahmslos für das geschäftsunfähige Kind (§ 104 Nr. 1 BGB), das das siebente Lebensjahr noch nicht vollendet hat, und zumeist auch für beschränkt geschäftsfähige Minderjährige im Alter von sieben bis unter 18 Jahren (§§ 106, 107 BGB – mit wenigen Ausnahmen nach §§ 110 bis 113 BGB); Wabnitz 2014b, Kap. 8; Münder et al. 2013b, § 10 IV).
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