1.3.3 Weitere zivilrechtliche Gesetze des Familienrechts
Das Lebenspartnerschaftsgesetz (LPartG) aus dem Jahre 2001 eröffnete bis September 2017 die Möglichkeit der Begründung von Eingetragenen Lebenspartnerschaften von gleichgeschlechtlichen Partnern (siehe Kapitel 14).
Das Gesetz über die religiöse Kindererziehung (RKEG) aus dem Jahre 1922 enthält Regelungen über die Teil- und Vollmündigkeit von Kindern in religiösen Angelegenheiten.
Das Versorgungsausgleichsgesetz aus dem Jahre 2009 regelt die Aufteilung von in der Ehezeit erworbenen Versorgungsanrechten zwischen den (geschiedenen) Ehegatten.
Das Betreuungsbehördengesetz (BtBG) aus dem Jahre 1992 regelt Aufgaben von Behörden im Zusammenhang mit der Rechtlichen Betreuung von Volljährigen (siehe Kapitel 13).
Im Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) wird allgemein geregelt, welche (Straf- und) Zivilgerichte für welche Angelegenheiten zuständig sind. Für familienrechtliche Angelegenheiten des Zivilrechts gilt nach dem GVG im Einzelnen Folgendes:
• Aufgaben des Familiengerichts (in 2. und 3. Instanz des Familiensenats des OLG bzw. des BGH):
1. Ehesachen, Ehescheidung (siehe Kapitel 2und 3)
2. Abstammung (siehe Kapitel 4)
3. Elterliche Sorge / Kindschaftssachen (siehe Kapitel 7 bis Kapitel 10)
4. Unterhalt (siehe Kapitel 3, 5 und 6)
5. Annahme als Kind / Adoption (siehe Kapitel 11)
6. Vormundschaft und Pflegschaft (siehe Kapitel 12)
7. Angelegenheiten im Zusammenhang mit Eingetragenen Lebenspartnerschaften (siehe Kapitel 14)
• Aufgabe des Betreuungsgerichts:
Rechtliche Betreuung (siehe Kapitel 13)
Die Zivilprozessordnung (ZPO) stellt die für Zivilprozesse zumeist maßgebliche Verfahrensordnung dar. Für die meisten Angelegenheiten des Familienrechts, insbesondere für Kindschaftssachen, gelten jedoch die Vorschriften des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG).
Das Personenstandsgesetz (PStG) enthält Regelungen über das Verfahren des Standesamtes und über das Führen von Heirats-, Geburten- und Sterberegistern und anderes.
1.3.4 Öffentlich-rechtliche Gesetze des Familienrechts
Das wichtigste materiell-rechtliche Gesetz des öffentlichen Familienrechts ist das bereits wiederholt genannte Achte Buch Sozialgesetzbuch – SGB VIII (Kinder- und Jugendhilfe) aus den Jahren 1990 / 1991 – mit zahlreichen späteren Änderungen, auf das im Rahmen dieser Darstellung immer wieder Bezug genommen wird. Außerdem gilt das Adoptionsvermittlungsgesetz (AdVermiG).
Vertiefung: Ergänzt wird das SGB VIII durch die allgemeinen Vorschriften im SGB I (Sozialgesetzbuch Allgemeiner Teil) und im SGB X (Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz). Für verwaltungsgerichtliche Streitverfahren nach dem SGB VIII gilt die Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO), in der auch das Widerspruchsverfahren geregelt ist (§§ 68 ff. VwGO). Mit Blick auf andere öffentlich-rechtliche Gesetze des Sozialrechts ist jedoch zumeist das Sozialgerichtsgesetz (SGG) das maßgebliche Prozessgesetz für Streitverfahren vor den Sozialgerichten.
Das Bundeskindergeldgesetz (BKGG) regelt die Voraussetzungen für die Gewährung von Kindergeld, das Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) von Elterngeld und Elternzeit. Das Einkommensteuergesetz (EStG) regelt u. a. die Gewährung von Steuervorteilen für Ehegatten (Steuerklassenwahl, Zusammenveranlagung, so genanntes Ehegattensplitting) und von Kinder-, Erziehungs- und Ausbildungsfreibeträgen sowie (ebenfalls) von Kindergeld.
Das Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) regelt die Voraussetzungen der Gewährung von Ausbildungsförderung für Auszubildende und Studenten. Nach dem Unterhaltsvorschussgesetz (UhVorschG) können bei Vorliegen der dort statuierten Voraussetzungen Unterhaltsvorschussleistungen gewährt werden, wenn Unterhaltspflichtige nicht oder nicht in vollem Umfange ihren Unterhaltszahlungsverpflichtungen nachkommen.
Schließlich gibt es ebenfalls dem öffentlichen Recht zuzuordnende internationale Verträge und Abkommen auf dem Gebiet des Familienrechts, z. B. das Haager Kinderschutzabkommen, mehrere internationale Abkommen in den Bereichen Adoption und Kindesentführung und nicht zuletzt die UN-Kinderrechtskonvention (UN-KRK) aus dem Jahre 1989.
Literatur
Lehrbücher des Familienrechts (siehe Literaturverzeichnis)
2 Verlöbnis und Ehe
Der erste der drei Abschnitte des Buches 4. BGB Familienrecht mit der Überschrift „Bürgerliche Ehe“ umfasst mit ca. 300 Paragraphen fast 50% der ca. 600 Vorschriften des gesamten Buches 4., von denen wiederum weit mehr als die Hälfte dem ehelichen Güterrecht und insbesondere dem Vertragsgüterrecht gewidmet sind. Da der zuletzt genannte Themenbereich für die Soziale Arbeit nicht von sehr großer Bedeutung ist, wird darauf nur stichwortartig eingegangen.
2.1 Verlöbnis
Das Verlöbnis ist ein formfreier familienrechtlicher Vertrag mit dem Inhalt des gegenseitigen Heiratsversprechens. War das Verlöbnis früher regelmäßiges „Vorstadium der Ehe“, so hat es in den letzten Jahren an Bedeutung verloren. Es hat auch nur noch wenige rechtliche Konsequenzen (siehe Übersicht 4).
Übersicht 4
Das Verlöbnis (= familienrechtlicher Vertrag)
Rechtliche Konsequenzen:
1. (ggf.) Ersatzpflichten bei Rücktritt (§§ 1298, 1299), z. B. bei Aufwendungen für Hochzeit oder Haushalt
2. (ggf.) Herausgabe von Geschenken (§ 1301)
3. Verlobte sind „Angehörige“ i. S. v. § 11 Abs. 1 Nr. 1a StGB
4. Zeugnisverweigerungsrechte von Verlobten im Straf- und Zivilprozess (§ 52 Abs. 1 Nr. 1 StPO, § 383 Abs. 1 Nr. 1 ZPO)
2.2 Eheschließung
Wesentlich folgenreicher als das Verlöbnis ist die Ehe. Dementsprechend umfangreicher und komplizierter sind die rechtlichen Regelungen betreffend Eheschließung, Ehewirkungen und Ehescheidung. Das BGB enthält lediglich Rechtsvorschriften betreffend die „weltliche“ Ehe; es erkennt allerdings in § 1588 an, dass es daneben auch kirchenrechtliches Eherecht gibt, dessen (ggf. weitergehende) Verpflichtungen „durch die Vorschriften dieses Abschnittes nicht berührt werden.“
Auch die Eheschließung stellt einen familienrechtlichen Vertrag zwischen den Ehegatten dar. Die Ehe kann gemäß § 1353 Abs. 1 Satz 1 zwischen zwei Personen sowohl verschiedenen Geschlechts als auch (seit dem 01.10.2017) gleichen Geschlechts geschlossen werden, sofern die in Übersicht 5 aufgelisteten Voraussetzungen vorliegen – mit unterschiedlichen rechtlichen Konsequenzen bei Verstößen gegen die dort genannten Vorschriften.
Übersicht 5
Voraussetzungen für eine Eheschließung
1. Absolut unverzichtbar (sonst: „Nicht-Ehe“!)
– Erklärungen der Eheschließenden vor dem zuständigen Standesbeamten, miteinander die Ehe eingehen zu wollen (§ 1310 Abs. 1 Satz 1).
– Ehemündigkeit: gemäß § 1303 Satz 2 kann mit einer Person, die das 16. Lebensjahr nicht vollendet hat, eine Ehe nicht wirksam eingegangen werden.
2. Kein Verstoß – sonst ggf. Aufhebbarkeit der Ehe nach §§ 1313 ff. – gegen
– § 1303 Satz 1 (Mindestalter: 18 Jahre)
– § 1304 (Geschäftsunfähigkeit)
– § 1306 (keine bereits bestehende Ehe oder eingetragene Lebenspartnerschaft nach dem LPartG)
– § 1307 (enge Verwandtschaft)
– § 1308 (Adoption)
– § 1311 (persönliche Anwesenheit)
– § 1314 Abs. 2 Nr. 1 bis 5
3. Weitere Verfahrensvorschriften insb. nach dem PStG
(Bei Verstößen: rechtswirksame, unaufhebbare Ehe)
2.2.1 Unverzichtbare Voraussetzungen nach § 1310 Abs. 1 und § 1303 Satz 2
Gemäß § 1310 Abs. 1 wird die Ehe ausschließlich dadurch geschlossen, dass „die Eheschließenden vor dem Standesbeamten erklären, die Ehe miteinander eingehen zu wollen.“ Mangelt es an einer entsprechenden Willenserklärung, handelt sich um eine sog. „Nicht-Ehe“ ohne Ehewirkungen.
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