1 ...7 8 9 11 12 13 ...22 Sofern Sie Zeit haben, können Sie an dieser Stelle die Gelegenheit nutzen und Sie sich erneut mit diesen Fallgruppen auseinandersetzen, die im Skript „Strafrecht AT I“ dargestellt werden.
Beispiel
Aktivist A hat die Nase voll vom Feinstaub. Er möchte aus Protest die durch den Wald führende Landstraße blockieren und nimmt dabei auch Gefahren für die Autofahrer in Kauf. Als er den ersten Baum fällt, der eine Fahrspur blockieren soll, stellt er sich so dilettantisch an, dass der Baum auf einen zufällig anwesenden Spaziergänger fällt und diesen tötet.
Hier könnte A zwar mit dem Fällen des Baumes ein Hindernis bereitet haben. Die Gefahr für den Spaziergänger ist aber keine verkehrsspezifische, so dass eine Strafbarkeit gem. § 315b ausscheidet, sofern keine weitere Gefahr eingetreten ist.
2. Teil Straßenverkehrsdelikte› B. Gefährliche Eingriffe in den Straßenverkehr, § 315b› III. Subjektiver Tatbestand
III. Subjektiver Tatbestand
1. Subjektiver Tatbestand des § 315b Abs. 1
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Der Täter muss mit Wissen und Wollen der Tatbestandsverwirklichung handeln, wobei dolus eventualis ausreicht. Beachten Sie, dass der Vorsatz des Täters sich lediglich auf die konkrete Gefährdungvon Leib oder Leben bzw. der Beschädigung einer fremden Sache von bedeutendem Wert beziehen muss. Es ist nicht erforderlich, dass der Täter auch mit der Verletzung des Tatobjektes rechnet, es sei denn, der Täter hat sein Kraftfahrzeug in verkehrsfeindlicher Absicht pervertiert, da in diesen Fällen ausnahmsweise ein Schädigungsvorsatz vorliegen muss.
2. Qualifikation gemäß § 315b Abs. 3 i.V.m. § 315 Abs. 3 Nr. 1a und b
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§ 315 Abs. 3 Nr. 1 ist aufgrund der Verweisung des Abs. 3 in § 315b eine Qualifikation zu § 315b Abs. 1. Diese Qualifikation zeichnet sich dadurch aus, dass der Täter zusätzlich zu dem normalen Tatbestandsvorsatz eine Absicht hat.
Gem. § 315 Abs. 3 Nr. 1a hat er die Absicht, durch die Tat einen Unglücksfall herbeizuführen.
Ein Unglücksfallliegt vor bei einem plötzlichen Eintritt eines erheblichen Personen- oder Sachschadens.[48]
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Gem. § 315 Abs. 3 Nr. 1bist die Tat qualifiziert, wenn der Täter in der Absichthandelt, eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken. Dabei muss die Handlung gem. § 315b Abs. 1 Nr. 1 bis 3 das Mittel zur Verdeckung oder Ermöglichung der Tat sein, sie darf nicht die Tat selbst sein. Wie bei § 211 auch ist es nicht erforderlich, dass tatsächlich eine Straftat begangen wurde. Beachten Sie, dass es nur auf die subjektive Vorstellung des Täters ankommt.
Unter Absicht ist in beiden Fällen dolus directus 1. Gradeszu verstehen.
2. Teil Straßenverkehrsdelikte› B. Gefährliche Eingriffe in den Straßenverkehr, § 315b› IV. Rechtswidrigkeit
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Bei der Rechtswidrigkeit kann diskutiert werden, ob eine Einwilligung des gefährdeten Rechtsgutsträgers eine Strafbarkeit des Täters nach § 315b ausschließt. Umstritten ist, ob ein disponibles Rechtsgut vorliegt, in dessen Verletzung der Gefährdete einwilligen kann. In der Klausur werden solche Fälle überwiegend in Zusammenhang mit § 315cdiskutiert, wenn ein Beifahrer in Kenntnis der Alkoholisierung des Fahrers zu diesem ins Fahrzeug steigt und es zu einem Beinahe-Unfall kommt, bei welchem lediglich der Beifahrer konkret gefährdet wurde. Wir werden uns daher mit dieser Problematik ausführlich bei § 315c, dort unter Rn. 65auseinandersetzen. Die dortigen Ausführungen können entsprechend auf § 315b übertragen werden.
Im Übrigen gelten die allgemeinen Grundsätze.
2. Teil Straßenverkehrsdelikte› B. Gefährliche Eingriffe in den Straßenverkehr, § 315b› V. Vorsatz-Fahrlässigkeits-Kombination gem. § 315b Abs. 1 i.V.m. Abs. 4
V. Vorsatz-Fahrlässigkeits-Kombination gem. § 315b Abs. 1 i.V.m. Abs. 4
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Gem. § 315b Abs. 1 i.V.m. Abs. 4 kann der Täter zwar vorsätzlich eine der Tathandlungen vornehmen und dadurch die Sicherheit des öffentlichen Straßenverkehrs gefährden, aber nur fahrlässig hinsichtlich der Gefahrhandeln. Von Relevanz wird diese Kombination vor allem wieder bei § 315c. An dieser Stelle sollten Sie sich aber schon einmal folgenden, für beide Normen relevanten Aufbau einprägen:
Gefährliche Eingriffe in den Straßenverkehr,
§ 315b Abs. 1 i.V.m. Abs. 4
I. Objektiver Tatbestand
II. Vorsatz im Hinblick auf die Vornahme der Tathandlung gem. Nr. 1 bis 3 und die dadurch eingetretene Beeinträchtigung der Sicherheit des Straßenverkehrs
III. Fahrlässigkeit gem. § 315b Abs. 4 im Hinblick auf die Gefahr
objektive Sorgfaltspflichtverletzung bei objektiver Vorhersehbarkeit der Gefahr
IV. Rechtswidrigkeit
V. Schuld
Subjektiver Fahrlässigkeitsvorwurf
2. Teil Straßenverkehrsdelikte› B. Gefährliche Eingriffe in den Straßenverkehr, § 315b› VI. Fahrlässigkeits-Fahrlässigkeits-Kombination gemäß § 315b Abs. 1 i.V.m. Abs. 5
VI. Fahrlässigkeits-Fahrlässigkeits-Kombination gemäß § 315b Abs. 1 i.V.m. Abs. 5
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Möglich ist auch, dass der Täter sowohl hinsichtlich der Einwirkung auf den Straßenverkehr als auch hinsichtlich der Gefahrverursachung fahrlässig handelt. In diesem Fall stellt § 315b ein ganz normales Fahrlässigkeitsdeliktdar, das wie folgt geprüft werden sollte:
Gefährliche Eingriffe in den Straßenverkehr,
§ 315b Abs. 1 i.V.m. Abs. 5
I. Tatbestand
1.Tathandlung gem. § 315b Abs. 1 Nr. 1–3
2.Beeinträchtigung der Sicherheit des Straßenverkehrs
3.Eintritt der konkreten Gefahr für Leib oder Leben eines anderen Menschen oder einer fremden Sache von bedeutendem Wert
4.Kausalität
5.Objektive Sorgfaltspflichtverletzung bei objektiver Vorhersehbarkeit der Gefahr (Fahrlässigkeit)
6.Objektive Zurechnung
II. Rechtswidrigkeit
III. Schuld
Subjektiver Fahrlässigkeitsvorwurf
2. Teil Straßenverkehrsdelikte› B. Gefährliche Eingriffe in den Straßenverkehr, § 315b› VII. Erfolgsqualifikation gemäß § 315b Abs. 3 i.V.m. § 315 Abs. 3 Nr. 2
VII. Erfolgsqualifikation gemäß § 315b Abs. 3 i.V.m. § 315 Abs. 3 Nr. 2
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Verursacht der Täter durch die Tat eine schwere Gesundheitsschädigung eines anderen Menschen oder eine Gesundheitsschädigung einer großen Zahl von Menschen, so verwirklicht er die Erfolgsqualifikation des § 315 Abs. 3 Nr. 2, welcher aufgrund der Verweisung in § 315b Abs. 3 auf diese Norm anwendbar ist. Erfolgsqualifikationen werden Ihnen schon an anderer Stelle begegnet sein, so vor allem bei § 227, der Körperverletzung mit Todesfolge. Dort wie auch hier sieht der Aufbau einer Erfolgsqualifikation wie folgt aus:
Gefährliche Eingriffe in den Straßenverkehr,
§ 315b Abs. 3 i.V.m. § 315 Abs. 3 Nr. 2
I. Voraussetzungen des Grunddeliktes
1.Objektiver Tatbestand des § 315b
2.Subjektiver Tatbestand des § 315b Abs. 1
(Bei Vorsatz-Fahrlässigkeits-Kombination bzw. bei Fahrlässigkeits-Fahrlässigkeits-Kombination wählen Sie den oben dargestellten Aufbau.)
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