Die von diesen Tathandlungen betroffenen Tatobjekte sind gem. § 315b Abs. 1 Nr. 1 Anlagen oder Fahrzeuge.
Unter Anlagensind sämtliche dauerhaften Einrichtungen zu verstehen, die dem Straßenverkehr dienen.[7]
Beispiel
Dazu zählen Verkehrszeichen, Ampeln, Schranken an Bahnübergängen sowie sonstige Einrichtungen, die in § 43 StVO beispielhaft aufgezählt sind. Darüber hinaus zählen zu den Anlagen aber auch die Straße selbst samt dem Zubehör, wie z.B. Gullydeckel oder Leitplanken.
Unter Fahrzeugensind sämtliche im Straßenverkehr vorkommenden Beförderungsmittel ohne Rücksicht auf ihre Antriebsart zu verstehen.[8]
Beispiel
Zu den Fahrzeugen gehören mithin sowohl Kraftfahrzeuge als auch Straßenbahnen, Fahrräder und Motorräder sowie motorisierte Rollstühle. Nicht erfasst sind Inlineskates oder Skateboards.
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Der Eingriff in den Straßenverkehr kann auch durch das Bereiten eines Hindernisses erfolgen.
Ein Hindernis bereitet, wer eine Einwirkung auf den Straßenkörper vornimmt, die geeignet ist, den reibungslosen Verkehrsablauf zu hemmen oder zu gefährden.[9]
Beispiel
Das Errichten einer Straßensperre[10], das Spannen eines Drahtseils quer über die Fahrbahn[11] stellt ebenso ein Hindernis dar wie das Zu-Boden-Werfen eines Menschen auf die Fahrspur einer Autobahn, wobei sich der Täter zum Fixieren des Opfers auf das Opfer setzt, damit dieses nicht von der Straße fliehen kann.[12]
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Schließlich kann ein Eingriff in den Straßenverkehr durch Vornahme eines ähnlichen, ebenso gefährlichen Eingriffserfolgen. Diese Tathandlungsalternative hat einen Auffangcharakter und ist aus diesem Grund vom Wortlaut her weit gefasst. Damit das in Art. 103 Abs. 2 GG verankerte Bestimmtheitsgebotnicht verletzt wird, ist ein Täterverhalten zu fordern, welches in seiner Gefährlichkeit den in § 315b Abs. 1 Nr. 1 und 2 genannten Tathandlungsalternativen gleichsteht.[13]
Beispiel
Als ähnliche, ebenso gefährliche Eingriffe wurden angesehen das Herabgießen von Farbe von einer Autobahnbrücke auf fahrende Autos[14], das Deponieren von benzingefüllten Plastikbeuteln im Motorraum zur Herbeiführung einer Explosion[15]
d) Eingriff durch Unterlassen
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Die Tathandlungen gem. § 315b Abs. 1 Nr. 1–3 können auch durch ein Unterlassen begangen werden, sofern die Voraussetzungen des § 13 gegeben sind. Dies kommt insbesondere dann in Betracht, wenn ein Kraftfahrer ein Hindernis nicht beseitigt, das er durch einen eigenen Unfall oder ein eigenes Fahrverhalten auf der Fahrbahn errichtet hat.[16]
Beispiel
An dem Anhänger des von A geführten Lkw platzt im Verlauf der Fahrt einer der mittleren Reifen, so dass das Fahrzeug kurzfristig ins Schleudern gerät. Dabei löst sich eine nur unsachgemäß befestigte Holzpaneele, die auf der rechten Fahrbahn liegen bleibt. A bringt sein Fahrzeug einige hundert Meter weiter zum Stehen, bemerkt zwar die Holzpaneele, glaubt aber, zunächst wichtigere Dinge erledigen zu müssen. Der nachfolgende Lkw-Fahrer L sieht diese Holzpaneele zu spät und kann einen Unfall mit dem überholenden Porschefahrer P nur noch dadurch vermeiden, dass er sein Fahrzeug nach rechts in die Leitplanke fährt.
Eine Strafbarkeit nach § 315b Abs. 1 Nr. 2 scheidet zunächst aus, weil A nicht durch einen verkehrsfremden Eingriff in den Straßenverkehr ein Hindernis bereitet hat. Die Holzpaneele hat sich infolge eines verkehrstypischen Vorganges gelöst, welcher auch nicht unter Berücksichtigung der BGH -Rechtsprechung zu einem verkehrsfeindlichen Eingriff umgedeutet werden kann.
In Betracht kommen kann jedoch eine Strafbarkeit gem. §§ 315b Abs. 1 Nr. 2, 13. Der BGH hat in Fällen vergleichbarer Art das Bereiten eines Hindernisses durch Unterlassen der Entfernung desselben bejaht.[17] Die Garantenstellung ergibt sich im vorliegenden Beispiel aus Ingerenz, da die nicht ordnungsgemäße Befestigung der Ladung ein pflichtwidriges Vorverhalten darstellt. Teilweise wird in der Literatur die Entsprechungsklausel verneint. Demnach muss das Unterlassen von seiner Vorwerfbarkeit her einem aktiven Tun entsprechen (§ 13). Ein Täter, der aber lediglich ein Hindernis nicht beseitige, weise weniger kriminelle Energie auf als ein solcher, der aktiv ein solches Hindernis schaffe.[18]
e) Verkehrsfeindliche Einwirkungen aus dem Straßenverkehr heraus
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Wie bereits eingangs erwähnt, soll § 315b grundsätzlich nur Eingriffe erfassen, die von außen in den Straßenverkehr einwirken. Um Strafbarkeitslücken zu vermeiden, sollen nach Auffassung des BGH , der sich die Literatur weitestgehend angeschlossen hat[19], allerdings auch solche Tathandlungen von § 315b erfasst werden, die aus dem fließenden oder ruhenden Straßenverkehr heraus begangen wurden.
JURIQ-Klausurtipp
Sollten Sie in der Klausur § 315b prüfen müssen, dann wird Ihnen in den meisten Fällen die nachfolgend dargestellte Problematik begegnen. Bei genauer Kenntnis der BGH-Rechtsprechungdürfte Ihnen die Abgrenzung zwischen einem strafbaren Eingriff gem. § 315b und einem weder von dieser Norm noch ggfs. von § 315c erfassten und damit straflosen Eingriff jedoch leicht fallen.
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Diese Eingriffe können entweder das Bereiten eines Hindernissesgem. § 315b Abs. 1 Nr. 2 oder aber die Vornahme eines ähnlichen, ebenso gefährlichen Eingriffsgem. § 315b Abs. 1 Nr. 3 darstellen. Voraussetzung ist jedoch, dass Sie sich nicht in einer Verletzung von Verkehrsregeln und in einer fehlerhaften Verkehrsteilnahme erschöpfen, da insoweit § 315c Abs. 1 Nr. 2 abschließend ist. Die Verkehrsbehinderung, die durch den zweckentfremdeten Einsatz des Kraftfahrzeuges erreicht wird, muss von einigem Gewicht sein.
Erforderlich ist mithin, dass
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die Eingriffe aufgrund einer Zweckentfremdung des Fahrzeugesund der damit verbundenen Gefahrverursachung den Charakter von verkehrsfeindlichen Einwirkungenannehmen, und |
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der Täter in der Absicht handelt, den Verkehrsvorgang zu einem Eingriff in den Straßenverkehr zu pervertieren und dadurch die Sicherheit des Straßenverkehrs zu beeinträchtigen. Diese „Pervertierungsabsicht“setzt dolus directus 1. Grades voraus. |
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Zusätzlich verlangt der BGH beim Einsatz eines Fahrzeuges als Waffe oder Schadenswerkzeug einen Schädigungsvorsatz, wobei dolus eventualis genügt. Der Täter muss also zumindest billigend in Kauf nehmen, dass entweder ein anderer Mensch oder eine fremde Sache von bedeutendem Wert durch sein Verhalten geschädigt wird. Insofern sind die Anforderungen an den Vorsatz bei Eingriffen dieser Art höher, da es bei § 315b grundsätzlich ausreicht, dass der Täter nur die Gefährdungeines anderen Menschen bzw. einer fremden Sache von bedeutendem Wert billigend in Kauf nimmt.[20]
Hinweis
Damit kann § 315b in diesen Fällen nur als Vorsatz-Vorsatz-Kombination gem. Abs. 1 verwirklicht werden.
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