Beispiel:
Die Gewährung einer Subvention an einen Unternehmer unter der Bedingung, die Produktion umzustellen; während die Geldzahlung für den Unternehmer positiv ist, ist eine Produktionsumstellung mit Nachteilen verbunden: Umschulung der Produktionsarbeiter, Suche nach neuen Kunden etc. Diese Begünstigung/Belastung muss der Unternehmer freiwillig nicht akzeptieren.
c) Abgrenzung zum Verwaltungsakt auf Unterwerfung
390
Mitwirkungsbedürftige, den Rechtskreis des Bürgers einschränkende VAe werden teilweise auch „VAe auf Unterwerfung“ genannt[172]. In diesem Zusammenhang ist der Begriff sinnlos. Er drückt das Gewollte nicht aus. Durch den VA wird sein Adressat „unterworfen“. Darum geht es hier aber nicht: Die Gestaltung einer Sachlage durch die Verwaltung ist vom Willen des Bürgers abhängig; folglich „unterwirft“ sich die Behörde. Sie ist aber nicht Adressat, sondern Produzent des VA.
Beispiel:
Nach dem Filmförderungsgesetz werden Filmprojekte mit nicht rückzahlbaren Prämien subventioniert, wenn die Filmherstellung in bestimmter Zeit erfolgt. Die Bewilligung erfolgt durch einen VA.
391
Diesen VA nennen der BGH[173] und das BVerwG in diesem Fall sowie in anderen Subventionsfällen[174] VA auf Unterwerfung, um im Falle des Fehlschlags der Subvention ihre Rückforderung zu begründen. Die Möglichkeit der Rückforderung soll der VA auf Unterwerfung leisten. Diese Konstruktionist überflüssig, weil sich die Rückforderung mit einer Nebenbestimmung zum VA (Bedingung, Befristung) – dazu unten Rn 413 ff– problemlos erreichen lässt[175].
7. Unterscheidung nach der primären Wirkrichtung
392
Darüber hinaus kann nach der primären Wirkrichtung unterschieden werden zwischen personalen und dinglichen VAen. Personale VAe regeln unmittelbar das Verhalten oder die Rechtsstellung von Personen. Der dingliche VA erfasst Einzelfallregelungen, die sich auf einen öffentlich-rechtlichen Zustand eines Gegenstands beziehen. Auch dingliche VAe richten sich an Personen; ihr Regelungsgehalt bezieht sich aber vor allem auf eine Sache[176].
Beispiele:
die Widmung, die Entwidmung, all die Fälle, die § 35 S. 2 zweite Variante – die sachbezogene Allgemeinverfügung – betreffen; die Erteilung einer Baugenehmigung[177].
393
Auch wenn der Gesetzgeber den dinglichen VA anerkannt hat, ist keineswegs klar, was unter ihm zu verstehen ist. Rechtstheoretisch ist die Annahme sachbezogener Rechtsverhältnisse nur bedingt nachvollziehbar[178]. Der Begriff dinglicher VA kann deshalb nur dann eine sinnvolle Funktion haben, wenn man ihn als Umschreibung der Summe von VAen begreift, deren Adressaten durch eine Beziehung zu einer Sache bestimmt sind[179]. Zudem lassen sich nur in begrenztem Maße spezifische Rechtsfolgenaus der Figur ableiten. Insbes. kann die Rechtsnachfolgefähigkeit nicht schlechthin alleine mit der Dinglichkeit eines VA begründet werden[180]. Abgesehen von eindeutigen ausdrücklichen Anordnungen einer Rechtsnachfolge[181] wird die Dinglichkeit aber oftmals als zentrales Begründungselement für eine Rechtsnachfolge herangezogen[182].
8. Unterscheidung nach der Abhängigkeit von anderen Verwaltungsakten
394
Die Differenzierung zwischen unabhängigen und abhängigen VAen knüpft daran an, ob die Wirksamkeiteines VA v om Erlass eines anderen VA abhängt. Das ist normalerweise nicht der Fall. Ein beliebiges Gebot setzt die Existenz eines vorangegangenen Gebots nicht voraus. Ausnahmsweise ist aber ein VA von einem anderen abhängig oder akzessorisch:
Beispiele:
eine Auflage (die Nebenbestimmung „Auflage“ ist ein VA, s.u. Rn 422; Androhung eines Zwangsmittels[183]; Gebührenbescheid[184]; eine Kostenlastentscheidung nach § 80; eine Einziehungsverfügung ist abhängig von der Pfändungsverfügung[185].
9. Unterscheidung nach dem Grad der Gesetzesbindung
395
Nach den Grad der Gesetzesbindung ist zu unterscheiden zwischen gebundenen VAen und solchen, die im Ermessen der zuständigen Behörden stehen. Bei einem gebundenen VAmuss dieser bei Vorliegen der gesetzlichen Tatbestandsvoraussetzungen erlassen werden. Die typische Formulierung lautet hier „… ist zu erteilen, wenn …“.
Beispiele:
• |
die Baugenehmigung nach den Bauordnungen der Länder[186]; |
• |
die immissionsschutzrechtliche Anlagengenehmigung nach § 6 BImSchG. |
396
Ermessens-VAeliegen dann vor, wenn sie in Vollzug von Normen ergehen, die einen Tatbestand regeln, bei dessen Erfüllung ein VA ergehen kann. Ob die Verwaltung den VA erlässt, liegt in ihrem Ermessen (zum Ermessen s.o. Rn 206 ff).
Beispiel:
§ 8 Abs. 1 StAG: „Ein Ausländer, der rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat, kann … auf seinen Antrag eingebürgert werden, wenn er …“.
10. Unterscheidung nach der Art der Eröffnungskontrolle
a) Genehmigungsfreie, anzeigepflichtige und genehmigungsbedürftige Tätigkeiten
397
Mit Blick auf das Erlaubtseineines bestimmten Tuns kennt das öffentliche Recht drei unterschiedliche Fälle: das genehmigungsfreie Handeln, das anzeigepflichtige Handeln und das genehmigungsbedürftige Handeln. Unabhängig davon kann bei rechtswidrigem Handeln auch nachträglich (repressiv) eingeschritten werden.[187].
Beispiele:
Das Sich-Fortbewegen auf öffentlichen Straßen ist genehmigungsfrei, weil an öffentlichen Straßen der sog. Gemeingebrauch besteht; § 7 Abs. 1 S. 1 BFStrG: „Der Gebrauch der Bundesfernstraßen ist jedermann im Rahmen der Widmung und der verkehrsbehördlichen Vorschriften zum Verkehr gestattet, (Gemeingebrauch).“ – Der Betrieb eines Gewerbes ist jedermann gestattet, weil Gewerbefreiheit herrscht; § 1 Abs. 1 GewO stellt fest: „Der Betrieb eines Gewerbes ist jedermann gestattet, soweit nicht durch dieses Gesetz Ausnahmen oder Beschränkungen vorgeschrieben oder zugelassen sind.“ Aus verschiedenen Gründen, zB der Gewerbeüberwachung, schreibt § 14 Abs. 1 S. 1 GewO vor: „Wer den selbstständigen Betrieb eines stehenden Gewerbes … anfängt, muss dies der für den betreffenden Ort zuständigen Behörde gleichzeitig anzeigen.“ Damit ist der Beginn eines jeden Gewerbes anzeigepflichtig, es sei denn, das spezielle Gewerbe ist genehmigungspflichtig, §§ 30 ff GewO.
b) Arten der Eröffnungskontrollen
398
Nicht selten bedarf es vor Aufnahme einer Betätigung der Erteilung einer Erlaubnis in Form eines VA. Insoweit sind nach der Kontrollintentionzwei Fälle zu unterscheiden: Entweder hat der Antragsteller einen Anspruch auf die Erteilung der Genehmigung bei Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen; oder die Erteilung der Genehmigung steht trotz der Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen im behördlichen Ermessen. Den ersten Fall nennt man präventives Verbot mit Erlaubnisvorbehalt oder Kontrollerlaubnis, den zweiten repressives Verbot mit Befreiungsvorbehalt oder Ausnahmebewilligung[188]. Diese Unterscheidung ist damit eng verwoben mit der Unterscheidung nach dem Grad der Gesetzesbindung (s.o. Rn 395 f).
aa) Präventive Verbote mit Erlaubnisvorbehalt
399
Präventive Verbote mit Erlaubnisvorbehalt gibt es, weil die Behörde vorweg prüfen soll, ob ein beantragtes Vorhaben den Vorschriften des öffentlichen Rechts entspricht. Wird diese Entsprechung festgestellt, muss die Behörde die Genehmigung erteilen. Das gesetzlich ausgesprochene Verbot steht somit unter dem Vorbehalt seiner Aufhebung bei Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen. Deshalb werden die einschlägigen Regelungen als präventive Verbote mit Erlaubnisvorbehalt charakterisiert. Der Erlaubnisvorbehalt kommt sachlich nur dann zum Tragen, wenn Versagungsgründe für ein Erteilen der Genehmigung vorliegen.
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