4. Unterscheidung nach der Regelungsdauer
381
Weiterhin kann nach der Regelungsdauer differenziert werden. Damit ist jedoch nicht die Geltungsdauer einer Genehmigung gemeint, etwa einer Gaststättenerlaubnis. Diese Unterscheidung stellt vielmehr darauf ab, ob sich der VA in einer einmaligen Regelung erschöpft oder dauerhafte Rechtsfolgen bzw. ein dauerhaftes Rechtsverhältnis begründen soll. Viele VAe erschöpfen sich in einer einmaligenRegelung. Dies gilt etwa für die Aufforderung eines Polizisten an einen Verkehrsteilnehmer, an den Straßenrand zu fahren. Teilweise entfalten VAe aber auch Dauerwirkung. Zwei Fälle dieses Typs von VA sind denkbar: die Erzeugung dauernder Rechtsfolgenzum einen sowie zum anderen die Begründung oder Änderung eines dauernden Rechtsverhältnisses.
Beispiele:
Erster Fall:Die Festsetzung laufender Geldleistungen, zB einer Rentenzahlung durch einen öffentlich-rechtlichen Versicherungsträger, oder die Zahlung von Sozialhilfe oder Wohngeld, §§ 2 ff WoGG (Sa. I Nr 385); es handelt sich um eine periodisch zu erfüllende Leistung, deren Höhe sich ändern kann (Rentenanpassung), die aber auch wegen Änderung der Anspruchsvoraussetzungen oder der persönlichen Voraussetzungen entfallen kann (nach einem Lottogewinn entfällt der Anspruch auf Sozialhilfe), dann endet der DauerVA.
Zweiter Fall:Ernennung zum Beamten; Beförderung eines Beamten; Erteilung einer Gewerbeerlaubnis nach §§ 30 ff GewO; Gewerbeuntersagung nach § 35 Abs. 1 GewO[163]
; Fahrtenbuchauflage[164]; Verkehrszeichen[165]; Kiesabbaugenehmigung[166].
5. Unterscheidung nach den Regelungsstufen
a) Einstufige Verwaltungsakte
382
Zudem kann nach den Regelungsstufen unterschieden werden zwischen einstufigen und mehrstufigen VAen. Diese Differenzierung ist orientiert an der Zahl der Behörden, die am Erlass eines VA mitwirken. Von einem einstufigen VAist jedenfalls dann zu sprechen, wenn für seinen Erlass außer der für die Entscheidungsfindung zuständigen Behörde keine anderen Behörden zu beteiligensind. Die Gesetze drücken das häufig durch die Worte „zuständige Behörde“ aus.
Beispiel
§ 47 Abs. 1 S. 1 KrWG: „Die zuständige Behörde überprüft in regelmäßigen Abständen…“
b) Mehrstufige Verwaltungsakte
383
Bei einem mehrstufigen VA wirken mehrere Behörden bei seinem Erlass zusammen. Von einem mehrstufigen VA[167] ist indes nur dann auszugehen, wenn die für den Erlass des VA zuständige Behörde die Zustimmung oder das Einvernehmender mitwirkungsberechtigten Behörde benötigt[168]. Von der Notwendigkeit der Zustimmung ist auszugehen, wenn das Gesetz entweder den Begriff „Zustimmung“ selbst (die Gesetze nutzen diesen Begriff bei Vorliegen eines Hierarchieverhältnisses) oder den Begriff „Einvernehmen“ (die Gesetze gebrauchen diesen Begriff bei der Mitwirkung gleichgestellter Körperschaften oder Organe) verwendet.
Beispiele:
§ 9 Abs. 2 S. 1 BFStrG: „Im Übrigen bedürfen Baugenehmigungen oder nach anderen Vorschriften notwendige Genehmigungen der Zustimmung der obersten Landesstraßenbaubehörde, wenn 1. …“; § 36 Abs. 1 S. 1 BauGB: „Über die Zulässigkeit von Vorhaben nach den §§ 31 … wird im bauaufsichtlichen Verfahren von der Baugenehmigungsbehörde im Einvernehmen mit der Gemeinde entschieden.“
384
Um keinen mehrstufigen VA im zuvor dargelegten Sinne handelt es sich dann, wenn das Gesetz die Mitwirkung einer anderen Behörde anordnet, diese aber nicht ihre Zustimmung oder ihr Einvernehmen erteilen muss. Diese nicht konsensabhängigen Mitwirkungsformenkommen insbes. in Form von Anhörungen, der Abgabe von Stellungnahmen oder der Herstellung des Benehmens vor[169].
Beispiele:
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So erlässt etwa nach § 48 BImSchG die zuständige Behörde nach Anhörung der beteiligten Kreise allgemeine Verwaltungsvorschriften. |
• |
Nach § 17 Abs. 2 UVPG holt die zuständige Behörde bei der Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung die Stellungnahmen der unterrichteten Behörden ein. |
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Gemäß § 5 Abs. 4 S. 4 FStrG setzt die oberste Landesstraßenbaubehörde im Benehmen mit der höheren Verwaltungsbehörde und nach Anhörung der Gemeinde die Ortsdurchfahrt für eine Bundesfernstraße fest. |
385
Bei einem mehrstufigen VA stellt sich die Frage, ob der Mitwirkungsaktder beteiligten Behörde eigene VA-Qualitätbesitzt, oder ob er lediglich als eine dem Verwaltungsinternum angehörende Handlung anzusehen ist. Bedeutsam für die Abgrenzung zwischen Verwaltungsinternum und selbstständigem VA ist das Merkmal „Außenwirkung“ (s.o. Rn 338).
c) Abgrenzung zur Entscheidungsabstufung bei der zuständigen Behörde
386
Vom mehrstufigen VA ist zu unterscheiden sind zudem Vor- und Zwischenentscheidungen derselben Behörde, die Teilregelungen enthalten und damit TeilVAe sein können. Sie gibt es insbes. im bauordnungsrechtlichen und immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren (s.o. Rn 316 ff).
6. Unterscheidung nach der Zustimmungsbedürftigkeit
387
Die Unterscheidung zwischen zustimmungsbedürftigen und nicht zustimmungsbedürftigen VAen stellt auf die Notwendigkeit der Mitwirkungdes Adressaten des VA vor dessen Erlass und auf die Mitwirkung von Dritten ab. Die Mitwirkung des Betroffenen ist auch ein prägendes Merkmal des öffentlich-rechtlichen Vertrags. Der entscheidende Unterschied zu diesem liegt darin, dass beim zustimmungsbedürftigen VA die Maßnahme auch dann eine einseitig-hoheitliche Regelung bleibt, wenn sie teilweise oder ganz dem Willen des Betroffenen entspricht[170].
a) Zustimmungsfreie Verwaltungsakte
388
Den Normalfallkennzeichnet das Recht der Behörde, ohne Rücksicht auf den Willen des Adressaten den VA zu erlassen.
Beispiel:
Die Aufforderung des Polizisten an den Verkehrsteilnehmer A, sein Auto am Straßenrand zwecks Durchführung einer Verkehrskontrolle zu parken, ist unabhängig vom Einverständnis des A rechtmäßig.
b) Zustimmungsbedürftige Verwaltungsakte
389
Ein VA, der eine zustimmungsbedürftige Begünstigung des Adressaten regelt, heißt zustimmungsbedürftigerVA. Ist dieser VA antragsbedingt (verfahrensrechtliche Mitwirkung), spricht man auch vom antragsbedingtenVA.
Beispiel:
Nach den Landesbauordnungen wird das Verfahren zur Erteilung der Baugenehmigung nur auf Antrag eingeleitet, etwa nach § 68 Abs. 1 BauO Bln[171]. Die Baugenehmigung darf dem Bauherrn also nicht gegen seinen Willen „aufgezwungen“ werden. Trotz der erforderlichen Mitwirkung des Bauherrn ergeht die Baugenehmigung in Form eines VA, so dass es sich um keinen öffentlich-rechtlichen Vertrag handelt.
Die Begriffe „mitwirkungsbedingter VA“ und „antragsbedingter VA“ werden häufig gleichgesetzt. Dies ist indes nicht vollständig richtig, da auch dann, wenn die Gesetze die Notwendigkeit eines Antrags nicht festlegen, eine Mitwirkung des Adressaten in Betracht kommt. Dies ist insbes. dann der Fall, wenn mit einer Berechtigung eine Belastung verbunden ist. Während die antragslose Gewährung einer Begünstigung noch vorstellbar erscheint, ist sie in Kombination mit einer Belastung ausgeschlossen.
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