[19]
Hierzu vert. Hufen/Siegel , Rn 844 ff. Gegenbeispiel bei VGH München, NVwZ-RR 2019, 299, 300 (keine drittschützende Wirkung von enteignungsrechtlichen Verfahrensvorschriften).
[20]
Hierzu Siegel , in: ders./Waldhoff, § 4 Rn 211. Fraglich ist alleine, ob sich dies (bereits) unmittelbar aus der jeweiligen Bestimmung der Bauordnung ergibt oder (erst) in Zusammenschau mit Art. 14 GG.
[21]
Hierzu Siegel , in: ders./Waldhoff, § 3 Rn 125 f.
[22]
Erbguth/Guckelberger , § 9 Rn 9. Zum Gebot der (völkerrechtsfreundlichen) Auslegung der GG-Bestimmungen im Lichte der EMRK BVerfG, NVwZ 2018, 1121, 1125.
[23]
Zu dieser Einordnung Siegel , Europäisierung des Öffentlichen Recht, 2012, Rn 51.
[24]
Erbguth/Guckelberger , § 9 Rn 9.
[25]
Übersicht bei Hufen/Siegel , Rn 854-855; vert. Kahl/Ohlendorf , JA 2011, 41 ff. Hierzu auch die Vorlage des BVerwG an den EuGH, NVwZ 2018, 1234 (zur Frage der Klagebefugnis von Flughafennutzern gegen die Genehmigung einer Entgeltordnung).
[26]
EuGH NVwZ 2014, 673 ff.
[27]
Eingehende Begründung bei Guckelberger , Deutsches Verwaltungsprozessrecht unter unionsrechtlichem Anpassungsdruck, 2017, S. 130 ff (135) m.w.N.
[28]
Verhandlungen des 71. Deutschen Juristentages Essen 2016, Tagungsband, 2017, N 161 (dort Ziff. 12).
[29]
Hierzu Hufen/Siegel , Rn 856-858.
[30]
Hierzu Siegel , in: ders./Waldhoff, § 4 Rn 267 ff. Zum Nachbarschutz im öffentlichen Baurecht Schoch , JURA 2004, 317 ff; Voßkuhle/Kaiser , JuS 2018, 764 ff.
Teil II Grundbausteine des Verwaltungsrechts› § 10 Das Verwaltungsrechtsverhältnis
§ 10 Das Verwaltungsrechtsverhältnis
Inhaltsverzeichnis
I. Begriff
II. Bedeutung
III. Feststellung im Einzelfall
IV. Arten
V. Das „besondere Gewaltverhältnis“
Teil II Grundbausteine des Verwaltungsrechts› § 10 Das Verwaltungsrechtsverhältnis› I. Begriff
251
Das Verwaltungsrechtsverhältnis ist ein Unterfall des Rechtsverhältnisses. Die Kategorie „Rechtsverhältnis“ entstammt der allgemeinen Rechtslehre. Ein Rechtsverhältnisliegt vor, wenn sich aus einem konkreten Sachverhalt auf der Grundlage einer Rechtsnorm eine rechtliche Beziehung einer Person zu einer anderen Person oder einer Sache ergibt[1]. Rechtsverhältnisse sind bereits aus dem Privatrecht bekannt: So begründet etwa ein privatrechtlicher Vertrag Rechtverhältnisse zumindest unter den Vertragsparteien. Nicht-vertragliche privatrechtliche Rechtsverhältnisse können etwa bei der Geschäftsführung ohne Auftrag nach §§ 677 ff BGB entstehen. Wenn die Rechtsbeziehung demgegenüber verwaltungsrechtlicher Artist, handelt es sich um ein Verwaltungsrechtsverhältnis. Auch das Verwaltungsrechtsverhältnis kann vertraglicher Natur sein, muss es aber nicht. Oftmals bestehen spezifische Zusammenhänge des Verwaltungsrechtsverhältnisses mit dem subjektiven öffentlichen Recht; denn aus subjektiven Rechten können Verwaltungsrechtsverhältnisse entstehen, umgekehrt können sie subjektive Rechte begründen[2].
Teil II Grundbausteine des Verwaltungsrechts› § 10 Das Verwaltungsrechtsverhältnis› II. Bedeutung
252
Die heutige Bedeutung des Verwaltungsrechtsverhältnisses ergibt sich insbes. aus dem Verwaltungsprozessrecht. Nach § 43 Abs. 1 VwGO kann der Bürger auf die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines „Rechtsverhältnisses“ klagen[3]. Da auch für die Erhebung einer solchen Feststellungsklage gemäß § 40 VwGO der Verwaltungsrechtsweg eröffnet sein muss, erfordert dies eine Beschränkung auf Verwaltungsrechtsverhältnisse.
Teil II Grundbausteine des Verwaltungsrechts› § 10 Das Verwaltungsrechtsverhältnis› III. Feststellung im Einzelfall
III. Feststellung im Einzelfall
253
Da sich das Verwaltungsrechtsverhältnis auf einen konkreten Sachverhalt beziehen muss, ist das allgemeine Staat-Bürger-Verhältnis kein Rechtsverhältnis in diesem Sinne[4]. Die Pflicht des Bürgers, die Gesetze zu beachten, begründet ein Rechtsverhältnis noch nicht. Es entsteht erst, wenn der Bürger zum Staat in eine nähere Beziehungtritt. Dieses ist der Fall, wenn die Verwaltung gegenüber dem Bürger eine bestimmte Rechtspflicht durch eine behördliche Entscheidung konkretisiert oder wenn der Bürger vom Staat eine bestimmte Entscheidung begehrt[5]. Besonders einfach gerät die Feststellung eines Verwaltungsrechtsverhältnisses beim Abschluss eines ör Vertrags (dazu ausf. § 17). Aber auch ohne Abschluss eines Vertrags kann ein Verwaltungsrechtsverhältnis begründet werden.
Beispiel:
Ein Unternehmer hat nach § 6 BImSchG einen Anspruch auf Erteilung der Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb einer genehmigungsbedürftigen Anlage, wenn er die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt. Stellt er einen solchen Antrag, entsteht zwischen ihm und der Genehmigungsbehörde ein Verwaltungsrechtsverhältnis.
Teil II Grundbausteine des Verwaltungsrechts› § 10 Das Verwaltungsrechtsverhältnis› IV. Arten
254
Zum Gegenstand eines Verwaltungsrechtsverhältnisses kann inhaltlich alles werden, was rechtlich erlaubt ist. Eine Typologie des Verwaltungsrechtsverhältnisses bedeutet deshalb zugleich eine Typologie des geltenden Rechts. Diese Typologie kann hier nicht geleistet werden[6]. Freilich sind einige Differenzierungen möglich, die sich auf die Arten von Verwaltungsrechtsverhältnissen auswirken.
1. Differenzierung nach der Dauer
255
Eine erste Differenzierung betrifft die Dauer des Verwaltungsrechtsverhältnisses. Insoweit sind kurzfristige und langfristigeVerwaltungsrechtsverhältnisse zu unterscheiden. Ein kurzfristiges Verwaltungsrechtsverhältnis entsteht aus einem konkreten und einmaligen Anlass; es beschränkt sich auf die rechtliche Bewältigung dieses Anlasses.
Beispiel:
Die behördliche Anordnung zum Einbau von Umweltschutzmaßnahmen in eine Anlage; die polizeiliche Verfügung zum Abriss eines Hauses; die Einsichtnahme in Akten.
2. Differenzierung nach dem Gegenstand
256
Längerfristige Verwaltungsrechtsverhältnisse lassen sich nach dem Gegenstand des Rechtsverhältnisses unterscheiden. Mit Maurer/Waldhoff [7] können personenbezogene, vermögensbezogeneVerwaltungsrechtsverhältnisse sowie Anstalts- und Benutzungsverhältnisseunterschieden werden. Diese vorgenommene Differenzierung ist allerdings nicht idealtypisch. Häufig finden sich in Dauerverwaltungsrechtsverhältnissen mehrere der aufgezeigten Merkmale.
Beispiele:
• |
für personenbezogene Verwaltungsrechtsverhältnisse: das Beamtenverhältnis; die Zugehörigkeit eines Studenten zu einer Universität; |
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für vermögensbezogene Verwaltungsrechtsverhältnisse: Subventionsverhältnisse; Steuerschuldverhältnisse; Sozialleistungsverhältnis mit Rentenanspruch; |
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für Anstalts- und Benutzungsverhältnisse: Wasser- und Energieversorgung; Abfallentsorgung. |
3. Differenzierung nach der Bindungswirkung
257
Weiterhin kann nach der Reichweite der Bindungswirkung zwischen einfachen Verwaltungsrechtsverhältnissen, verwaltungsrechtlichen Schuldverhältnissen und verwaltungsvertraglichen Schuldverhältnissen differenziert werden. Letztere weisen den höchsten Bindungsgrad auf und werden durch öffentlich-rechtlichen Vertrag begründet[8]. Verwaltungsvertragliche Schuldverhältnisseunterliegen besonderen Gesetzmäßigkeiten und werden daher gesondert behandelt (dazu ausf. § 17)[9]. Zwischen den verwaltungsvertraglichen und den einfachen Verwaltungsrechtsverhältnissen angesiedelt sind die sonstigen verwaltungsrechtlichen Schuldverhältnisse(dazu ausf. § 18). Diesem Typ werden Rechtsverhältnisse zugeordnet, die sich durch einen schuldrechtsähnlichen Charakter auszeichnen. Auf sie finden die Vorschriften des BGB über die Ansprüche bei Leistungsstörungen entsprechende Anwendung[10]. Ein typisches verwaltungsrechtliches Schuldverhältnis ist die öffentlich-rechtliche Geschäftsführung ohne Auftrag[11].
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