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Stiftungen des öffentlichen Rechts werden vom Staat errichtet oder anerkannt. Sie kennzeichnet, dass vom Staat oder einem Dritten als Stifter eine Organisation zur Verwaltung eines endgültig übergebenen oder aus bestimmten Quellen zu speisenden Vermögensgeschaffen wird. Die Organisation hat mit den Erträgen des Vermögens öffentliche Zwecke zu erfüllen. Der Stifter hat über den Stiftungsakt hinaus keinen weiteren Einfluss auf das Handeln der Stiftung. Zu unterscheiden sind Stiftungen mit und ohne eigene Rechtsfähigkeit.
Beispiele:
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Stiftung Europa-Universität-Viadrina[38], |
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Stiftung Preußischer Kulturbesitz. |
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In der Verwaltungspraxis spielen „Beliehene“oder „beliehene Unternehmen“eine bedeutende Rolle. Der Staat überträgt hier Privatpersonen oder privatrechtlichen Gesellschaften Hoheitsbefugnisse, um einzelne Hoheitsaufgaben außerhalb des Behördenapparats zu erfüllen. Er entlastet auf diese Weise den Verwaltungsapparat und macht sich zugleich die private Sachkenntnis nutzbar.
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Eine Beleihung liegt vor, wenn– erstens – natürlichen oder juristischen Personen des Privatrechts – zweitens – Verwaltungsaufgaben zur Erfüllung im eigenen oder fremden Namen übertragen werden und – drittens, dies vor allem – diese Personen zur Aufgabenerfüllung mit einer Rechtsstellung ausgestattet werden, die sie ermächtigt, hoheitliche Befugnisse gegenüber Dritten auszuüben.
bb) Erfordernis einer gesetzlichen Grundlage
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Die Beleihung erfolgt durch Gesetz oder durch VA auf Grund eines Gesetzes. Es dürfen lediglich einzelne Zuständigkeiten übertragen werden; die Übertragung von Zwangsgewalt ist nicht zwingend. Die Beleihung begründet zwischen dem Beliehenen und der beleihenden juristischen Person des öffentlichen Rechts ein öffentlich-rechtliches Auftrags- und Treuhandverhältnis. Die Rechte und Pflichten ergeben sich aus den einschlägigen Gesetzen, der Bestallungsurkunde oder aus einem Vertrag. Der Beliehene muss bei der Amtsausübung das gesamte öffentliche Recht beachten. Er unterliegt der Aufsicht. Zu Dritten besteht bei der Amtsausübung ein öffentlich-rechtliches Verhältnis. Er darf für seine Tätigkeit auf Grund gesetzlicher Vorschriften Gebühren erheben. – Der Beliehene ist nicht nur Verwaltungsträger (s.o. Rn 116), sondern auch Behörde iSv § 1 Abs. 4[39]. Er ist vor dem Verwaltungsgericht zu verklagen, wenn seine Amtshandlungen auf Rechtmäßigkeit überprüft werden sollen[40].
Beispiele:
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Luftfahrzeugführer (§ 12 Abs. 1 LuftSiG), |
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Jagdschutzberechtigte (§ 25 Abs. 1 BJagdG), |
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Sachverständige des TÜV (§ 29 Abs. 2 S. 2 StVZO). |
cc) Abgrenzung zum Verwaltungshelfer
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Beliehene sind abzugrenzen vom Verwaltungshelfer. Diese sind unselbstständigund nur als Werkzeug in die Erledigung hoheitlicher Aufgaben eingeschaltet – sie handeln im Auftrag und nach Weisung der Behörde. Ein klassisches Beispielbildet die Tätigkeit von Schülerlotsen. – Werden private Unternehmen in die Aufgabenerfüllung eingebunden, so können sie unselbstständig sein, sie müssen es aber nicht. Insbes. ein staatlich beauftragter Abschleppunternehmer besitzt bei der Wahrnehmung dieser Aufgabe typischerweise eine gewisse Selbstständigkeit. Teilweise wird – unter Aufgabe des klassischen Merkmals der Unselbstständigkeit – auch diese Kategorie dem Verwaltungshelfer zugerechnet[41]. Überzeugender erscheint es indessen, am Merkmal der Unselbstständigkeit festzuhalten und dem (unselbstständigen) Verwaltungshelfer den (selbstständigen) Erfüllungsgehilfenzur Seite zu stellen[42].
Bild 2:
Ausdifferenzierung der öffentlichen Verwaltung nach ihren Trägern
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3. Stellen der Europäischen Union
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Dieser ohnehin bereits komplexe Verwaltungsaufbau wird zusätzlich dadurch verkompliziert, dass zunehmend auch Stellen der Europäischen Union mit dem Vollzug unionalen Verwaltungsrechts betraut werden. Beim Vollzug des Unionsrechts ist grundlegend zu unterscheiden zwischen dem direktenVollzug durch die Einrichtungen der EU und dem indirektenVollzug durch die Stellen der Mitgliedstaaten. Eine eigene Ebene des Organisationsrechts bildet lediglich der Direktvollzug[43]. Wegen der Grundsätze des Art. 5 EUV (s.o. Rn 52) ist dieser zugleich nachrangig gegenüber dem indirekten Vollzug des Unionsrechts durch die Mitgliedstaaten[44]. Soweit der Direktvollzug danach zulässig ist, bildet die Kommissionunter Einbeziehung der ihr rechtlich zugeordneten Stellen das zentrale Vollzugsorgan der EU. Hinzu kommen immer häufiger Agenturen, die gegenüber der Kommission unterschiedliche Grade der Verselbstständigung aufweisen[45].
Beispiel:
In der Bundesrepublik Deutschland angesiedelt ist die Europäische Agentur für Flugsicherheit (EASA) mit Sitz in Köln.
Teil II Grundbausteine des Verwaltungsrechts› § 5 Verwaltungsorganisation› III. Gesetzesvollzug im europäisierten Bundesstaat
III. Gesetzesvollzug im europäisierten Bundesstaat
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Nachdem zuvor die verschiedenen Verwaltungsebenen dargestellt worden sind, gilt es nun zu klären, welche dieser Verwaltungsebenen für den Gesetzesvollzug im europäisierten Bundesstaat zuständig ist. Die Zuweisung einer Aufgabenkompetenz an die verschiedenen Verwaltungsträger wird auch als Verbandskompetenzbezeichnet. Sie klärt also, ob für den Gesetzesvollzug der Bund, die Länder, die Träger der mittelbaren Staatsverwaltung oder die Organe der Europäischen Union zuständig sind. Dabei gilt auf verfassungsrechtlicher Ebene ein grundsätzliches Verbot der Mischverwaltung: Jenseits einfacher Kooperationen zwischen den Verwaltungsträgern sowie in den Fällen ausdrücklich zugelassener Mischverwaltung (vgl. Art. 91a-e GG) muss klar sein, welchem Verwaltungsträger die Verantwortung für eine Sachaufgabe zukommt[46]. Der Verbandskompetenz nachgelagert ist die Frage der Organkompetenz. Sie klärt, welches Organ innerhalb des jeweiligen Verwaltungsträgers zuständig ist. Bei der Verbandskompetenz ist grundsätzlich zu unterscheiden zwischen dem Vollzug von Landesgesetzen, dem Vollzug von Bundesgesetzen, der nicht-gesetzesakzessorischen Verwaltung und dem Vollzug des Unionsrechts.
1. Vollzug von Landesgesetzen
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Vergleichsweise einfach gestaltet sich der Vollzug von Landesgesetzen. Art. 83 ff GG sind hier nicht einschlägig, da sie sich auf den Vollzug von Bundesgesetzen beschränken (hierzu sogleich). Folglich greift die allgemeine Vorschrift zur Kompetenzverteilung ein: Gemäß Art. 30 GG ist die Ausübung staatlicher Befugnisse und die Erfüllung staatlicher Aufgaben Sache der Länder, soweit das Grundgesetz nichts Abweichendes bestimmt. Aus diesem Grunde fallen viele, auch examensrelevante Materien des Besonderen Verwaltungsrechts in die Zuständigkeit der Länder. Dies gilt etwa für weite Bereiche des Polizei- und Ordnungsrechts[47].
2. Vollzug von Bundesgesetzen
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Art. 83 ff GG enthalten besondere Regelungen für den Vollzug von Bundesgesetzen, welche die allgemeine Bestimmung des Art. 30 GG zur Kompetenzverteilung im Bundesstaat verdrängen[48]. Dabei sind drei Grundtypen zu unterscheiden: der Vollzug der Bundesgesetze durch die Länder als eigene Angelegenheit, die Bundesauftragsverwaltung sowie die bundeseigene Verwaltung. Der Vollzug durch die Länder als eigene Angelegenheit bildet dabei den Regelfall („soweit dieses Grundgesetz nichts anderes bestimmt oder zulässt“). Diese Regelungssystematik erfordert zudem Zurückhaltung bei der Anerkennung ungeschriebener Verwaltungskompetenzen des Bundes[49].
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