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Nach der Art der Rechtsquelle, auf Grund derer die Körperschaften des öffentlichen Rechts gebildet sind, lassen sich unterscheiden:
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völkerrechtliche Körperschaften des öffentlichen Rechts: die EU; |
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staatsrechtliche Körperschaften des öffentlichen Rechts: die Staaten selbst (die Bundesrepublik, die Länder) sowie die Gemeinden und Gemeindeverbände, Art. 28 Abs. 2 GG; die Sozialversicherungsträger nach Art. 87 Abs. 2 GG: zB die Deutsche Rentenversicherung Bund, die Bundesknappschaft, die Berufsgenossenschaften; |
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verwaltungsrechtliche Körperschaften des öffentlichen Rechts: die Landwirtschaftskammern; die Architektenkammern; die Ärzte-, Zahnärzte-, Tierärzte- und Apothekerkammern (geregelt in den landesrechtlichen Heilberufegesetzen); die Handwerksinnungen (§ 52 HwO), die Kreishandwerkerschaften (§§ 86, 53 HwO), die Handwerkskammern (§ 90 Abs. 1 HwO)[28]; die gesetzlichen Krankenkassen: AOK und Betriebskrankenkassen; die Universitäten und Fachhochschulen (§ 2 Abs. 1 BerlHG); |
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kirchenrechtliche Körperschaften des öffentlichen Rechts nach Art. 140 GG iVm Art. 137 WRV: die Diözesen der katholischen Kirche in Deutschland, die evangelischen Landeskirchen, aber auch eine Vielzahl kleinerer Kirchen: das Bistum der Altkatholiken in Deutschland, die jüdischen Gemeinden. |
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Weiterhin lassen sich die Körperschaften des öffentlichen Rechts nach ihren Mitgliedern differenzieren. Es gibt Gebiets-, Personal-, Real-, sowie Verbandskörperschaften. Sie unterscheiden sich nach dem Anknüpfungspunkt für die Mitgliedschaft. Bei Gebietskörperschaftenführt bereits der örtliche Bezug kraft Gesetzes zur Mitgliedschaft, sofern nicht weitere Unterscheidungsmerkmale hinzutreten, wie etwa die Staatsangehörigkeit[29]. Zu den Gebietskörperschaften zählen aus dem Bereich der unmittelbaren Staatsverwaltung der Bund und die Länder. Besonders prüfungsrelevant sind jedoch aus dem Bereich der mittelbaren Staatsverwaltung die Gemeinden. Deren „Mitglieder“ sind die Einwohner, also alle Personen mit Wohnsitz in der Gemeinde[30]. Hinzu kommen die Landkreise. Denn „Mitglieder“ der Landkreise sind nicht etwa die kreisangehörigen Gemeinden, sondern deren Einwohner[31]. Sie werden daher auch als „unechte Gemeindeverbände“ bezeichnet.
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Personalkörperschaftenknüpfen in der Regel an eine bestimmte Eigenschaft des Menschen, zB seinen Beruf, an und haben diesen Menschen in der Regel als Zwangsmitglieder: die Rechtsanwalts- und Notarkammern, die Heilberufekammern, die Kammern nach der Handwerksordnung (s. zB § 90 Abs. 2 HwO). Bei den Realkörperschaftenergibt sich die Mitgliedschaft aus der Sache, zB aus dem Eigentum an einem Grundstück oder aus der Innehabung eines bestimmten Betriebs: Mitgliedschaft in der Industrie- und Handelskammer nach § 2 Abs. 1 IHKG (Sa. I Nr 818).
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Verbandskörperschaftenhaben lediglich juristische Personen als Mitglieder. Deshalb erstreckt sich die Zuständigkeit der Organe der Bundkörperschaften ausschließlich auf die juristischen Personen und nicht auf deren Mitglieder. Solche Verbandskörperschaften sind etwa die Bundesrechtsanwaltskammer, die Kreishandwerkerschaften (s. § 86 HwO), die Krankenkassen- und die Sparkassenverbände, die Planungsverbände nach § 205 Abs. 1 BauGB. Hinzu kommen auf dem Gebiet des Kommunalrechts die echten Gemeindeverbände. Diese zeichnen sich dadurch aus, dass Mitglieder die verbandsangehörigen Gemeinden sind. Zu ihnen zählt insbes. der Zweckverband[32].
b) Rechtsfähige Anstalten
aa) Begriff
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Rechtsfähige Anstalten des öffentlichen Rechts – häufig öffentliche Anstalten oder auf kommunaler Ebene kommunale Anstalten[33] genannt – sind zunächst ein „Bestand von Mitteln, sächlichen und persönlichen, welche in der Hand eines Trägers öffentlicher Verwaltung einem besonderen Zweck dauernd zu dienen bestimmt sind“[34]. Diese Definition erfasst aber lediglich einen „Betrieb“ zur Erfüllung öffentlicher Verwaltungsaufgaben. Zur Erlangung organisationsrechtlicher Relevanz muss daher eine gewisse organisatorische Verselbstständigunghinzukommen. Der zentrale Unterschied der Anstalt zur Körperschaft liegt darin, dass Körperschaften Mitglieder haben, Anstalten hingegen Nutzer[35].
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Entsprechend dem Anstaltszweckdifferenziert lassen sich folgende Gruppen feststellen:
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kulturelle Anstalten und Bildungsanstalten: Schulen, Bibliotheken, Museen, Archive, Theater; |
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Forschungsanstalten: Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung; |
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Versorgungs- und Entsorgungsanstalten: Krankenhäuser, Altenheime, Studentenwerke, Kindergärten, Wasser-, Gas- und Kraftwerke, Verkehrsbetriebe, Friedhöfe, Müllabfuhr, Abwasserbeseitigung; |
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Altersversorgungsanstalten: zB für Rechtsanwälte und Notare; |
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Gewahrsamsanstalten: Strafanstalten, geschlossene Krankenanstalten; |
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Banken: die öffentlich-rechtlichen Sparkassen und Bausparkassen; |
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wirtschaftslenkende und -fördernde Anstalten: Filmförderungsanstalt (FFA), Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE); |
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Versicherungsanstalten: die öffentlich-rechtlichen Feuerversicherer; |
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„freiheitssichernde“ Anstalten: die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten. |
cc) Reichweite der Rechtsfähigkeit
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Zur mittelbaren Staatsverwaltung gehören Anstalten nur, soweit sie rechtsfähig sind. Es gibt allerdings eine Reihe vollrechtsfähigerAnstalten. Sie bilden sowohl gegenüber dem Träger der Anstalt wie auch gegenüber jedem Dritten eine nicht nur organisatorisch, sondern auch rechtlich selbstständige Einheit mit eigenem Namen. Sie werden durch ein Gesetz geschaffen oder zugelassen. Sie haben eigene Satzungsgewalt.
Beispiele:
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der Deutsche Weinfonds, |
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die Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder, |
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die Landesanstalten für das Rundfunkwesen, |
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die Studentenwerke (die aber teilweise als Stiftung des öffentlichen Rechts organisiert sind). |
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Es existieren aber auch teilrechtsfähigeAnstalten. Sie bilden nur vermögensrechtlich und nur gegenüber Dritten eine rechtlich selbstständige Einheit. Sie sind nichtjuristische Personen des öffentlichen Rechts, freilich selbstständige Subjekte staatlicher Verwaltung. Sie werden durch ein Gesetz geschaffen oder zugelassen. Sie haben eigene Satzungsgewalt, die indes als Folge von Rechten des Anstaltsträgers eingeschränkt ist.
Beispiele:
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der Deutsche Wetterdienst (DWD)[36], |
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Sparkassen[37]. |
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Viele Anstalten, insbes. im kommunalen Bereich, sind jedoch nicht rechtsfähig. Sie sind vielmehr Funktionseinheiten eines Hoheitsträgers und unterscheiden sich im Außenverhältnis – im Verhältnis zu den Benutzern und sonstigen Dritten – trotz ihres eigenen Namens nicht vom Anstaltsträger. Sie haben keine eigenständigen Berechtigungen und Verpflichtungen und auch kein Vermögen.
Beispiele:
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kommunale Versorgungsanstalten (Stadtwerke, sofern nicht rechtlich verselbstständigt), |
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städtische Badeanstalt, |
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Stadtbibliothek, |
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kommunale Entsorgungseinrichtungen (Müllabfuhr, Abwasserbeseitigung, sofern nicht rechtlich verselbstständigt). |
c) Stiftungen des öffentlichen Rechts
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