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Normalerweise besitzt ein Verwaltungsträger mehrere Organe, die Gemeinde typischerweise zwei: den Rat/die Gemeindevertretung und den Bürgermeister[6]. Gelegentlich gibt es ein „Zwischenorgan“, den Verwaltungsausschuss[7]. Deren Aufgaben müssen bestimmt und voneinander abgegrenzt werden. Ferner muss zB die Besetzung der Organe und ihre Willensbildung (insbes. bei Kollegialorganen, zB dem Rat der Gemeinde) geregelt werden. Das diese Fragen beantwortende Recht ist das sog. Innenrecht, welches sich mithin auf die Probleme der Verwaltungsorganisation als solche bezieht. Den Gegensatz bildet das sog. Außenrecht, welches die Rechtsbeziehungen zwischen Rechtspersonen regelt (zur Abgrenzung des Innenrechts vom Außenrecht bereits Rn 57).
Beispiele:
Innenrecht: Die Gemeindevertretung setzt sich entsprechend einer Wahl zusammen, die bestimmten Gesetzmäßigkeiten folgt, s. zB § 27 BbgKVerf; die Zusammensetzung und Wahl der Vollversammlung der Handwerkskammer regeln die §§ 93 ff HwO. Außenrecht: Jede öffentlich-rechtliche Norm, die die Rechtsbeziehung zwischen Bürger und Behörde regelt, zB das Bauplanungsrecht (es regelt ua, wo was wer bauen darf) oder das Hochschulrecht (es regelt u.a., unter welchen Voraussetzungen studiert werden darf).
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Die Erlangung der Handlungsfähigkeit durch Organe ist ein allgemeines Merkmal juristischer Personen, egal, ob sie dem Privatrecht oder dem öffentlichen Recht angehört. Bei juristischen Personen des öffentlichen Rechts wird der Begriff des Organs jedoch oftmals durch denjenigen der Behörde ersetzt[8]. Eine Behörde im organisationsrechtlichen Sinneist ein Organ einer juristischen Person des öffentlichen Rechts, welches zur Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben mit Außenwirkung berechtigt ist. Anders ausgedrückt: Verwaltungsträger sind keine Behörden, sondern haben welche und handeln durch sie.
Beispiel:
Die Aufgabenwahrnehmung im öffentlichen Baurecht ist grundsätzlich den Ländern zugewiesen. Diese sind zugleich Verwaltungsträger. Damit sie diese Aufgabe wahrnehmen können, haben sie Bauaufsichtsbehörden eingerichtet. Deren Aufbau und die weitere Verteilung der Zuständigkeit richten sich nach dem Organisationsrecht der Länder.
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Von der Behörde im organisationsrechtlichen Sinne zu unterscheiden ist der funktionelle Behördenbegriff. Behörde im funktionellen Sinne ist jede Stelle, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt. Bei ihm kommt es nicht auf die organisationsrechtliche Zuordnung an, sondern auf die Aufgabenwahrnehmung und damit auf die Funktion. Deshalb sind auch Beliehene Behörden im funktionellen Sinne. Der funktionelle Behördenbegriff liegt etwa § 1 Abs. 4 zugrunde. Darüber hinaus knüpfen auch die Informationsfreiheitsgesetze an den funktionellen Behördenbegriff an[9].
Beispiel:
Der Bundespräsident ernennt die Bundesbeamten. Organisationsrechtlich ist er ein Verfassungsorgan, das in diesem Falle aber Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt.
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Das Amt bildet die kleinste Organisationseinheit eines Verwaltungsträgers. Im alltäglichen Sprachgebrauch wird der Begriff des Amtes häufig synonym mit demjenigen der Behörde gebraucht ( Beispiel: das „Bauamt“). Unter einem Amt im organisationsrechtlichen Sinne versteht man demgegenüber den institutionalisierten, auf eine Person zugeschnittenen Aufgabenbereich[10]. Im Unterschied zum Begriff der Behörde kommt dem „Amt“ in diesem Sinne keine Außenzuständigkeit zu.
d) Organwalter und Amtswalter
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Der weite Kreis von juristischen Personen des öffentlichen Rechts als Verwaltungsträger zu den natürlichen Personen schließt sich mit den Begriffen des Organwalters und des Amtswalters. Denn zu ihnen gehören diejenigen natürlichen Personen, die letztlich mit den Aufgaben eines Organs oder eines Amtes betrautsind[11]. In terminologischer Hinsicht unüblich ist der Begriff eines „Behördenwalters“. Hier spricht man von einem „Behördenvertreter“.
3. Träger öffentlicher Belange
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Gleichsam „quer“ zu den Begriffen des Verwaltungsträgers und der Behörde liegt der Begriff der Träger öffentlicher Belange (kurz: TöB). Relevant wird er etwa im öffentlichen Baurecht bei der Aufstellung von Bauleitplänen. Dort wird unterschieden zwischen der Öffentlichkeitsbeteiligung nach § 3 BauGB und der TöB-Beteiligung nach § 4 BauGB. Bereits die Umschreibung in § 4 Abs. 1 S. 1 BauGB lässt erkennen, dass es sich dabei um einen Oberbegriff für Behörden(im funktionellen Sinne) und sonstige Träger öffentlicher Belangehandelt. Zu den sonstigen Trägern öffentlicher Belange, die nicht zugleich den funktionellen Behördenbegriff erfüllen, denen jedoch durch Gesetz oder aufgrund Gesetzes die Wahrnehmung öffentliche Aufgaben übertragen worden ist, zählen Verwaltungsträger, soweit sie sich auf eigene subjektive Rechte berufen können[12].
Beispiel:
Eine Nachbargemeinde beruft sich bei der Aufstellung eines Bebauungsplans auf die Verletzung ihrer Planungshoheit nach § 2 Abs. 2 BauGB. Sie agiert hier nicht als Behörde (dies wäre etwa die Naturschutzbehörde der planenden Gemeinde). Vielmehr möchte sie die Verletzung ihrer eigenen Selbstverwaltungsrechte geltend machen.
Teil II Grundbausteine des Verwaltungsrechts› § 5 Verwaltungsorganisation› II. Verwaltungsaufbau
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Bund und Länder besitzen Staatsqualität. Sie sind Inhaber ursprünglicher Herrschaftsgewalt. Als Inhaber unabgeleiteter Staatsgewalt sind sie originäre Verwaltungsträger. Erbringen sie Verwaltungstätigkeit durch eigene „Behörden“, dann stellt sich diese Tätigkeit als unmittelbareStaatsverwaltung dar (u. 1.). Im Gegensatz dazu ist mittelbareStaatsverwaltung das Verwaltungshandeln organisatorisch und rechtlich verselbstständigter juristischer Personen des öffentlichen Rechts (selbstständige Körperschaften, Anstalten und Stiftungen) sowie Beliehener (u. 2.). Im Zuge der zunehmenden Europäisierungdes Verwaltungsrechts (s.o. Rn 49) gesellen sich zur (unmittelbaren und mittelbaren) Staatsverwaltung Stellen der Europäischen Union hinzu (u. 3.).
1. Unmittelbare Staatsverwaltung
a) Unmittelbare Bundesverwaltung
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Unmittelbare Staatsverwaltung durch den Bund als Verwaltungsträger – unmittelbare Bundesverwaltung – liegt vor, wenn eine nicht verselbstständigte Verwaltungseinheit durch den Bund eingerichtet und unterhaltenwird. Sie ist hierarchisch gegliedert. Diese Hierarchie besteht aus obersten Bundesbehörden, Bundesoberbehörden, Bundesmittelbehörden und Bundesunterbehörden.
aa) Oberste Bundesbehörden
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Oberste Bundesbehörden sind Behörden auf Bundesebene, die keiner anderen Behörde untergeordnet sind[13]. Das GG kennt folgende oberste Bundesbehörden: die Bundesregierung, den Bundeskanzler, die Bundesminister (Art. 62, 65 GG); den Bundesrechnungshof (§ 1 S. 1 BRHG, Sa. I Nr 705); den Vorstand der Deutschen Bundesbank (§ 29 Abs. 1 S. 1 BBankG, Sa. Ergänzungsband Nr 855). Auch das Präsidium des Bundestags, der Bundesrat und das BVerfG erfüllen partiell Verwaltungsaufgaben, sind aber nicht in die Hierarchie der Bundesverwaltung eingegliedert und lassen sich deshalb nicht der hier relevanten Kategorie zuordnen[14].
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Bundesoberbehörden sind den Bundesministerien nachgeordnete Behörden. Sie sind sachlich für genau bezeichnete Aufgaben zuständig. Ihr örtlicher Zuständigkeitsbereich ist die gesamte Bundesrepublik. Solche Behörden gibt es in großer Zahl. Art. 87 Abs. 1 GG benennt einige Bundesoberbehörden. Art. 87 Abs. 3 GG normiert die Voraussetzungen für die Gründung neuer Bundesoberbehörden.
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