[17]
BVerwG, KommJur 2018, 169, 171 f.
[18]
Hierzu eingehend W.-R. Schenke , Geschäftsführung ohne Auftrag zum Zwecke der Gefahrenabwehr, in: Geis/Umbach (Hrsg,), Planung, Steuerung, Kontrolle, FS Bartelsberger, 2006, S. 529 ff.
[19]
Gurlit , in: Ehlers/Pünder, § 35 Rn 15.
[20]
BVerwGE 80, 170, 172 f; OVG Münster, NVwZ-RR 2013, 759, 762 f.
[21]
Beispiel bei VGH München, NJW 2016, 1606 f: Aufwendungsersatzanspruch eines Tierarztes gegen eine Fundbehörde wegen Notbehandlung eines Tieres. Hierzu auch Oechsler , JuS 2016, 215 ff.
[22]
Erbguth/Guckelberger , § 44 Rn 8.
[23]
BGH, NJW 2017, 397, 398.
[24]
BGH, NVwZ 2016, 870, 871, BVerwG, NJW 2018, 3125, 3128. Skeptisch Maurer/Waldhoff , § 29 Rn 16.
[25]
So etwa am Beispiel der Versorgung mit Schulbüchern OVG Münster, NVwZ-RR 2013, 759, 761 f, zum Aufwendungsersatzanspruchs eines Lehrers.
[26]
BGH, NJW 2018, 2723, 2727 m.w.N.
[27]
BGH, NJW 2019, 1809, 1812 f; hierzu Hebeler , JA 2019, 638 ff.
[28]
Hierzu Ehlers , JURA 2012, 692 ff und 849 ff.
[29]
Hierzu etwa Burgi , Kommunalrecht, 6. Aufl. 2019, § 16 Rn 59 ff.
[30]
BVerwG, NVwZ 2017, 61 ff; hierzu Waldhoff , JuS 2017, 711 f.
[31]
Erbguth/Guckelberger , § 43 Rn 4.
[32]
BGHZ 61, 7, 12 f.
[33]
BVerwGE 80, 170, 175.
[34]
BVerwGE 80, 170, 174.
Teil III Handlungsformen der Verwaltung› § 19 Schlichtes Verwaltungshandeln
§ 19 Schlichtes Verwaltungshandeln
Inhaltsverzeichnis
I. Begriff
II. Anforderungen an die Rechtmäßigkeit
III. Fehlerfolgen
830
Fall 24:
Die zuständige Behörde möchte eine Bundesfernstraße verbreitern. Sie benötigt dazu einen 3 m breiten Streifen Land des A. Dieser verweigert den Verkauf des Lands. Daraufhin weist die Enteignungsbehörde den Träger der Straßenbaulast vorzeitig in den Besitz des Lands ein. Der Straßenbaulastträger beginnt mit den Bauarbeiten, indem er einen Zaun, der das Grundstück des A umschließt, abreißt. Ist dieses Vorgehen rechtmäßig? Rn 839
Teil III Handlungsformen der Verwaltung› § 19 Schlichtes Verwaltungshandeln› I. Begriff
831
Der VA zeichnet sich u.a. dadurch aus, dass er eine Regelungswirkung aufweist (s.o. Rn 308 ff). Die öffentliche Verwaltung kann aber bei der Behandlung eines Einzelfalls auch ohne Regelungswirkungtätig werden. Das damit umschriebene schlichte Verwaltungshandeln bildet zugleich den Oberbegrifffür Realakte einerseits und Verwaltungsentscheidungen ohne Regelungsgehalt andererseits, zu denen insbes. Wissenserklärungen gehören[1]. Teilweise wird insoweit allerdings umgekehrt der Begriff des Realakts als Oberbegriff gewählt unter Einbeziehung der Wissenserklärungen sowie des informellen Verwaltungshandelns[2].
832
Realaktesind Tathandlungen. Unter diesem Begriff fasst man alle Handlungen zusammen, die nicht auf einen Rechtserfolg, sondern auf einen tatsächlichenErfolg gerichtet sind. Das Fehlen des Rechtserfolgs ist der entscheidende Unterschied zum VA sowie zum örV. Aber auch Maßnahmen im Rahmen der Verwaltungsvollstreckung sind teilweise als Realakte einzustufen (s.o. Rn 704, 707).
Beispiele:
• |
Auszahlung eines Geldbetrags; |
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Fahrt mit dem Dienstfahrzeug; |
• |
Errichtung eines Verwaltungsgebäudes; |
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Abriss eines Hauses; |
• |
Durchführung einer Videoüberwachung[3]; |
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Durchführung einer Akteneinsicht[4]; |
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Anwendung eines Zwangsmittels; |
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der sofortige Vollzug. |
833
Zu den Wissenserklärungengehören Informationen, Auskünfte und ähnliche Maßnahmen, mit denen die öffentliche Verwaltung das Verhalten der Bürger oftmals indirekt steuert[5]. Von diesen Wissenserklärungen haben „behördliche Warnungen“ eine besondere Aktualität erreicht. Ihr Anwendungsbereich ist etwa im Umweltrecht zu finden[6].
Beispiele
für behördliche Warnungen: Veröffentlichung einer Liste mit glykolhaltigen und damit wohl gesundheitsschädlichen Weinen durch das Bundesgesundheitsamt[7]
; Warnung vor angeblich verdorbenen Teigwaren durch das Regierungspräsidium Stuttgart[8]; Warnung vor sog. Jugendsekten[9]; Hinweis auf Schadstoffe im Trinkwasser[10]; Veröffentlichung sog. „Transparenzlisten“[11].
834
Ebenfalls nicht auf einen Rechtserfolg zielt ein Handeln ab, das sich zwischen Staat und Bürger abspielt und das heute „informales“ oder „informelles“ Verwaltungshandelngenannt wird. Dieses Handeln ist Folge einer Kooperation zwischen Staat und Bürger. „Informelles“ Verwaltungshandeln zeigt sich zB in Aushandlungsprozessen oder in Absprachen über mögliche Inhalte von VAen. Das gibt es vor allem im öffentlichen Wirtschaftsrecht, Umweltrecht und Steuerrecht[12].
Beispiele:
Verhandlungen im Vorfeld von Genehmigungsverfahren; Übereinkommen mit dem Versprechen, rechtswidrige Zustände zu beseitigen, um behördliche Eingriffe zu vermeiden; Verständigungen im Steuerrecht über die Höhe der zu zahlenden Steuer bei schwierigen Sachverhaltsfragen.
835
Eine gewisse Nähe zum informellen Verwaltungshandeln weisen schließlich die Fälle der Konfliktmittlung oder Mediationauf ( § 2 Abs. 2 S. 3 Nr 5 der 9. BImSchV, § 4b BauGB)[13]. Unter Mediation versteht man die freiwillige und eigenverantwortliche Konfliktbeilegung durch einen neutralen, von den Beteiligten einvernehmlich bestellten Dritten[14]. Die Mediation ist zwar ebenso wie der örV konsensorientiert und beinhaltet eine Bindung an das gewonnene Mediationsergebnis. Regelmäßig ist diese Bindung aber nur faktischer Natur, da ein entsprechender Rechtsbindungswille fehlt[15]. Die Bindungswirkung kann bei Vorliegen eines entsprechenden Rechtsbindungswillens aber auch vertraglicher Natur sein[16]. Auch im Verwaltungsrecht findet die Mediation zunehmend Verbreitung[17].
Teil III Handlungsformen der Verwaltung› § 19 Schlichtes Verwaltungshandeln› II. Anforderungen an die Rechtmäßigkeit
II. Anforderungen an die Rechtmäßigkeit
836
Wie jedes staatliche Handeln muss auch schlichtes Verwaltungshandeln mit dem geltenden Recht in Einklangstehen[18]
. Das für den VA Gesagte gilt auch für sie. Die Behörde muss deshalb für die Vornahme der Handlung zuständig sein. Zuständigkeitsprobleme haben sich insbes. ergeben bei Warnungen der Bundesregierung im Umweltbereich[19]. Wenn das Verwaltungsrecht weitere Anforderungen an die Rechtmäßigkeit stellt, sind diese Anforderungen einzuhalten[20]. Allerdings ist die Regelungsdichte beim schlichten Verwaltungshandeln weitaus geringer als etwa bei VAen; es ergeht häufig im sog. „gesetzesfreien“ Raum (zum Begriff s.o. Rn 24). Aber auch dann findet das schlichte Verwaltungshandeln seine Rechtmäßigkeitsgrenzen in den Grundrechten und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit als Grenze jeden staatlichen Handelns[21]
. Ebenfalls hat der Grundrechtsschutz Betroffener eine große Rolle gespielt. Mit Blick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit kann gesagt werden, dass manchmal ein Verbot eines Produkts weniger einschneidend ist als eine öffentliche Warnung; die öffentliche Warnung hat für das das Produkt herstellende Unternehmen sehr häufig einen schweren Nachfrage- und Imageverlust zur Folge.
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