Beispiele:
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Schaffung von Sicherheit durch die Anwendung des Polizeirechts (Eingriffsverwaltung); |
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Erbringung der Leistungen nach dem SGB (Leistungsverwaltung); |
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Erlass eines Bebauungsplans, wenn er für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist, § 1 Abs. 3 BauGB (planende Verwaltung, Sa. I Nr 300). |
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Die gesetzesfreie Verwaltungsetzt Tatbestände ohne Gesetzesvollzug. Allerdings darf der Begriff der „Gesetzesfreiheit“ nicht dahingehend (miss-)verstanden werden, dass die Verwaltung insoweit nicht an vorhandene Gesetze gebunden sei. Der Vorrang des Gesetzes nach Art. 20 Abs. 3 GG gilt auch hier uneingeschränkt. Gemeint ist vielmehr, dass die öffentliche Verwaltung hier nicht umfassend gesteuert wird, sondern ihr zumindest teilweise Gestaltungsspielräume verbleiben (dazu ausf. § 8)[10].
Beispiele:
Ausstrahlung von Fernsehsendungen; auswärtiger Dienst; sog. Tathandlungen/Realakte wie zB Auskünfte.
4. Unterscheidung nach der Gesetzesqualität
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Letztlich ist die öffentliche Verwaltung zu erfassen nach der Qualität der ihre Arbeit bestimmenden Rechtsnormen. Die bisherigen Ausführungen könnten den Schluss nahe legen, die öffentliche Verwaltung arbeite immer auf der Basis des öffentlichen Rechts. Dieser Schluss wäre falsch: Es gibt auch öffentliche Verwaltung auf der Grundlage des Privatrechts. Weil die Verwaltung davon häufig Gebrauch macht, haben Juristen früher sogar von einer „Flucht in das Privatrecht“ gesprochen. Wenn die öffentliche Verwaltung ihre Pflichten mit Hilfe des Privatrechts erfüllt, spricht man vom Verwaltungsprivatrecht(dazu ausf. § 23).
Beispiel:
Erfüllung von Aufgaben der Daseinsvorsorge wie die Belieferung der Haushalte mit Strom, Wasser, Gas durch eine „Stadtwerke GmbH“.
[1]
Hierzu Roellecke , Die Verwaltung 1996, 1 ff.
[2]
Forsthoff , Lehrbuch des Verwaltungsrechts, 10. Aufl. 1973, S. 1.
[3]
Erbguth/Guckelberger , § 6 Rn 3.
[4]
Übersicht über die unterschiedlichen Ansätze bei Maurer/Waldhoff , § 1 Rn 7.
[5]
Otto Mayer , Deutsches Verwaltungsrecht, 3. Aufl. 1924, S. 7; Jellinek , Verwaltungsrecht, 3. Aufl. 1931, S. 6.
[6]
Weitere Beispiele bei Detterbeck , § 1 Rn 5.
[7]
Maurer/Waldhoff , § 1 Rn 11 f.
[8]
Zu seinem Umfang s. § 1 SGB I, Sa. Ergänzungsband Nr 401.
[9]
Maurer/Waldhoff , § 1 Rn 19, sprechen insofern von Lenkungsverwaltung.
[10]
Gröpl , Rn 1340.
Teil I Grundlagen› § 3 Verortung des Verwaltungsrechts in der Rechtsordnung
§ 3 Verortung des Verwaltungsrechts in der Rechtsordnung
Inhaltsverzeichnis
I. Begriff des Verwaltungsrechts
II. Das Verwaltungsrecht als Teil des öffentlichen Rechts
III. Verhältnis des Verwaltungsrechts zu den anderen Ebenen des öffentlichen Rechts
IV. Bedeutsame Einteilungen des Verwaltungsrechts
V. Die Relevanz des Privatrechts im Verwaltungsrecht
VI. Entwicklung des Verwaltungsrechts
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Fall 1:
In Berlin werden von Jugendlichen öffentliche und private Gebäude sowie U- und S-Bahnen mit Farbe aus Spraydosen besprüht; es entstehen zT bizarre „Gemälde“. Um dieses Sprayen zu verhindern, erlässt das Abgeordnetenhaus von Berlin ein „Spraydosen-Verkaufsgesetz“. § 1 lautet: Das Verkaufen von mit Farben gefüllten Spraydosen ist verboten. Ausnahmsweise dürfen diese Spraydosen verkauft werden an Malerbetriebe, … § 2: Für die Überwachung des Verbots sind die Gewerbeaufsichtsbehörden zuständig. Ist das Verkaufsgesetz Privatrecht oder öffentliches Recht? Rn 44
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Fall 2:
Als A seinen neuen Personalausweis auf dem Rathaus in Empfang nimmt, stellt er fest, dass sein Name falsch geschrieben ist. Er gerät in Aufregung und beschimpft die Mitarbeiter der Verwaltung als dem Zeitgeist verfallene Typen, deren Anspruch an die Qualität ihrer Arbeit gegen Null tendiere. Zugleich verlangt er die sofortige Berichtigung des Personalausweises. Daraufhin verweist ihn der Behördenleiter des Hauses. Welche Rechtsnatur hat diese Maßnahme? Rn 45
Teil I Grundlagen› § 3 Verortung des Verwaltungsrechts in der Rechtsordnung› I. Begriff des Verwaltungsrechts
I. Begriff des Verwaltungsrechts
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Dem Bezugspunkt des Verwaltungsrechts, also der öffentlichen Verwaltung, widmete sich § 2. Der Befassung mit dem Bezugspunkt des Verwaltungsrechts kann jetzt die Vorstellung des Verwaltungsrechts als solches folgen. Verwaltungsrecht ist die Summe der Rechtsnormen, die für die Verwaltung spezifisch gelten(also nicht für „Jedermann“ – für den Bürger, ein Unternehmen oder eine Stiftung privaten Rechts). Es existiert als geschriebenes und ungeschriebenes Recht. Es regelt das „Internum“ der Verwaltung (Aufbau, Rechtsposition der Bediensteten) und die Rechtsbeziehung der Bürger zur Verwaltung.
Beispiel:
Die Frage des Aufbaus einer Landesverwaltung beantwortet das Verwaltungsrecht ebenso wie die Frage, ob der Bürger einen Anspruch auf Erteilung einer Baugenehmigung hat.
Teil I Grundlagen› § 3 Verortung des Verwaltungsrechts in der Rechtsordnung› II. Das Verwaltungsrecht als Teil des öffentlichen Rechts
II. Das Verwaltungsrecht als Teil des öffentlichen Rechts
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Das Verwaltungsrecht ist Teil des öffentlichen Rechts. Das öffentliche Recht setzt sich aus folgenden Materienzusammen: Völkerrecht, Europarecht, Staatsrecht und Verwaltungsrecht. Das öffentliche Recht bildet wiederum eine der drei Säulen, die heute die Gesamtheit des Rechts ausmachen: das Privatrecht, das öffentliche Recht und das Strafrecht. Diese drei Säulen prägen von Beginn an das Jurastudium. Allerdings ist zu beachten, dass das Strafrecht eigentlich ebenfalls dem öffentlichen Recht zuzuordnen ist, sich jedoch gegenüber dem sonstigen öffentlichen Recht verselbstständigt hat. Zudem ist auch das (Zivil- und Straf-) Prozessrecht öffentlich-rechtlicher Natur, wird jedoch als „Annex“ gemeinsam mit dem sonstigen Privat- und Strafrecht behandelt[1].
1. Relevanz der Abgrenzung vom Privatrecht
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Die Unterscheidung zwischen öffentlichem Recht und Privatrecht ist von großer theoretischer und praktischer Bedeutung.[2] Die Relevanz der Differenzierung erweisen wenigstens folgende Gründe:
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Streitigkeiten, die das Privatrecht betreffen, werden vor den ordentlichen Gerichten ausgetragen, s. § 13 GVG; für Streitigkeiten, welche das öffentliche Recht betreffen, sind in der Regel die Verwaltungsgerichte zuständig, s. § 40 Abs. 1 S. 1 VwGO; |
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deliktisches Handeln der Verwaltung unterliegt einem speziellen Haftungsregime, s. § 839 BGB iVm Art. 34 GG; |
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das VwVfG gilt nur „für die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit“ von Behörden, s. § 1 Abs. 1; |
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die Verwaltungsvollstreckung ist prinzipiell nur zur Durchsetzung öffentlich-rechtlicher Forderungen und Verpflichtungen möglich; |
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die Bestimmung des Umfangs der Gesetzgebungskompetenz nach Art. 74 Abs. 1 Nr 1 GG (Bürgerliches Recht), die freilich unter Berücksichtigung traditioneller Aspekte zu erfolgen hat[3] . |
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