Hier ist A nicht zur Ausführung des Diebstahls in die Hütte eingebrochen. Der Diebstahlsvorsatz wurde erst später gefasst.
Beispiel 2
A steigt durch ein Seitenfenster in den Schmuckladen der C ein, um eine wertvolle Perlenkette mitzunehmen. Im Geschäft muss er feststellen, dass die Kette sich nicht mehr im Laden befindet. Frustriert beschließt er, den Laden unverrichteter Dinge wieder zu verlassen. Am Ausgang entdeckt er eine Flasche Wein, die er spontan einsteckt, um sich wenigstens auf diese Art noch einen schönen Abend zu machen.
Es liegt zweifellos ein Diebstahl an der Flasche Wein vor. Zur Begehung dieses Diebstahls ist A aber nicht bei C eingestiegen, da er den entsprechenden Vorsatz erst gefasst hat, als er sich schon im Laden befand. A hat sich demgemäß wegen versuchten Diebstahls in einem besonders schweren Fall an der Kette und vollendeten einfachen Diebstahls an der Flasche Wein strafbar gemacht.
Beispiel 3
Achtung!Der vorgenannte Fall sieht anders aus, wenn A seinen Diebstahlsvorsatz nicht zunächst aufgibt und dann wieder neu fasst, sondern bei durchgängig fortbestehendem Vorsatzsein Interesse auf ein anderes Objekt richtet: Nachdem A festgestellt hat, dass die Kette nicht mehr da ist, schaut er sich im Laden um, um etwas anderes zu finden, das er mitnehmen kann. Dabei entdeckt er die Flasche Wein, die er alsdann einsteckt.
Nunmehr hat A sich bezüglich der Flasche Wein wegen Diebstahls in einem besonders schweren Fall strafbar gemacht.
JURIQ-Klausurtipp
Nicht nur bei § 243, sondern auch bei der sonst erforderlichen Beantwortung der Frage, ob eine oder mehrere Taten vorliegen, ist der Vorsatz also das wesentliche Kriterium. Ein Vorsatzwechselkann eine Zäsurdarstellen mit der Folge, dass zwei Taten angenommen werden müssen, wenn der Täter den Vorsatz zunächst aufgibt und erst danach wieder neu fasst. Mit der Problematik des Vorsatzwechsels beschäftigen Sie sich in der Klausurschon bei Erstellung der Gliederung. Im Beispiel 2 hätten Sie dann zutreffend festgestellt, dass zwei Taten vorliegen und diese zwei Taten dann auch hintereinander geprüft. § 243 hätten Sie dann bei der ersten Tat – Versuch – bejaht, bei der zweiten Tat angeprüft, aber unter Hinweis darauf, dass der Täter nicht zur Begehung dieser Tat eingestiegen ist, abgelehnt.
112
Die Problematik des Vorsatzwechsels wird auch noch einmal im Zusammenhang mit § 243 Abs. 2 relevant. Siehe dazu Rn. 145.
2. Geschützte Räumlichkeit
113
Durch die Verwendung der Formulierung „anderer umschlossener Raum“ hat der Gesetzgeber deutlich gemacht, dass der umschlossene Raum den Oberbegriffzu den in Nr. 1 benannten Räumlichkeiten bildet. Das Gebäude sowie der Dienst- und Geschäftsraum sind damit spezielle Fälle des umschlossenen Raums.
Unter einem umschlossenen Raumwird ein Raumgebilde verstanden, das dazu bestimmt ist, von Menschen betreten zu werden, und das mit zumindest teilweise künstlichen Vorrichtungen zur Abwehr des Eindringens Unbefugter umgeben ist.[4]
114
Umschlossenbedeutet nicht notwendigerweise, dass die Räume fest verschlossen sind. Erforderlich ist aber eine Umschließung, die ein tatsächliches Hindernis darstellt.
Beispiel
Zu umschlossenen Räumen gehören Eisenbahnwagen, Bürowagen eines Baugeschäfts, Schiffe, Teile eines Bergwerks, ein von Mauern umgebener Fabrikhof oder Lagerplatz, sonstige eingezäunte Grundstücke, sofern der Zaun das Betreten verhindern soll, oder einzelne abgeschlossene Räume innerhalb eines Gebäudes.[5]
115
In Klausuren wird häufig der Diebstahl aus bzw. von Kraftfahrzeugenzu prüfen sein. In diesen Fällen ist wie folgt zu differenzieren:
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Die Fahrgastzelleeines Kraftwagens sowie der Laderaum, soweit er dazu bestimmt ist, von Menschen betreten zu werden, werden als umschlossener Raum angesehen und unterfallen dem § 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 1.[6] |
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Der Kofferraumeines PKW hingegen sowie die Ladefläche eines Kombis, die nicht zum Betreten bestimmt sind, werden dagegen als Behältnis nach § 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 angesehen.[7] |
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Das Entwenden des Kraftwagens selbstunterfällt seit der Neufassung des § 243 ebenfalls dem Regelbeispiel Nr. 1. Voraussetzung ist lediglich, dass der Einbruch in das verschlossene Auto das Mittel zur Ausführung der Tat ist.[8] |
116

Ein Gebäudeist ein mit dem Grund und Boden verbundenes Bauwerk, das den Zutritt von Menschen ermöglicht und geeignet und bestimmt ist, dem Schutze von Menschen oder Sachen zu dienen, und Unbefugte vor dem Betreten abhalten soll.[9]
117
Eine dauernde Verbindung mit dem Grund und Boden ist nicht erforderlich. Von daher können auch Zirkuszelte oder Ausstellungszelte Gebäude in diesem Sinne sein. Erforderlich ist aber zumindest eine durch die Schwere des Bauwerks hergestellte natürliche Verbindung mit dem Grund und Boden.[10] Das Igluzelt auf dem Campingplatz fällt also nicht darunter.
Hinweis
Auch die Wohnungkann unter Gebäude subsumiert werden. Sie ist aber 1998 als Tatort aus § 243 herausgenommen worden. Der Wohnungseinbruchsdiebstahl wurde zur Qualifikation gem. § 244 Abs. 1 Nr. 3 mit der Folge einer weiteren Erhöhung des Strafrahmens. Die Tathandlungen beim Wohnungseinbruchsdiebstahl entsprechen aber den nachfolgend dargestellten Handlungen.
118

Ein Geschäftsraumist eine Räumlichkeit, die hauptsächlich für eine gewisse Zeit oder dauernd zur Verrichtung von Geschäften beliebiger, nicht notwendigerweise wirtschaftlicher Art bestimmt ist.[11]
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In der Klausur begegnen Ihnen überwiegend die Handlungsmodalitäten des Einbrechens, Einsteigens und des Verwenden eines falschen Schlüssels. Von geringer Klausurrelevanz ist die Alternative des Sich-Verborgen-Haltens.
120

Einbrechenist das gewaltsame Öffnen von Umschließungen, die dem Eintritt in den geschützten Raum entgegenstehen.
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Eine Substanzverletzung ist dabei nicht unbedingt erforderlich.[12] Allerdings muss der Täter eine nicht ganz unerhebliche Anstrengung unternehmen, um die Zugangshindernisse zu überwinden.[13]
Beispiel
Es genügt etwa, wenn der Täter den die Türöffnung versperrenden Schrank beiseite schiebt.[14] Ebenso kann der Einbruch durch Aushebeln der Türe oder durch Auseinanderbiegen der Flügel eines Scheunentores erfolgen.[15] Nicht ausreichend ist das Entriegeln eines offen stehenden Fensters.[16]
122
Da die Vorwerfbarkeit des Einbrechens in der Überwindung der Zugangshindernisseliegt, ist das Einbrechen bereits mit der gewaltsamen Beseitigung dieses Hindernisses verwirklicht. Ein Betreten des geschützten Raums ist nicht erforderlich. Es reicht aus, wenn von außen durch eine Öffnung in den Innenraum hineingegriffen wird.[17]
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