Schreiben Sie niemals in der ersten Person! Auch Ausdrücke wie m.E. (meines Erachtens) usw. sind unschön und haben allenfalls in wissenschaftlichen Abhandlungen eine Berechtigung. Dass (angeblich) eine herrschende Meinung zu einer bestimmten Streitfrage besteht, ersetzt nicht das inhaltliche Argument.
Das Zitieren anderer Personen mit Namen ist in einer Klausur kaum möglich, da man dann eine entsprechende Fundstelle hinzufügen müsste, die man aber im seltensten Fall im Kopf hat.
e) Verweisen Sie innerhalb Ihrer Klausur auf genaue Gliederungspunkte oder Seiten!
Selbstverständlich gilt es, in der Klausur Wiederholungen zu vermeiden. Der Hinweis „s.o.“ oder Ähnliches ist indes nicht ausreichend. Wenn häufiger Verweisungen erfolgen müssen, bleibt vielleicht keine ausreichende Zeit, die entsprechenden Stellen zu finden. Zeigen Sie dann dem Korrektor, dass Sie die juristische Arbeitstechnik beherrschen, indem Sie beim ersten Mal den Verweis korrekt ausführen. Wenn dann im Folgenden keine Zeit dafür bleibt, wird er Verständnis zeigen, jedenfalls wenn eindeutig ist, worauf Sie verweisen möchten.
f) Verwenden Sie Abkürzungen allenfalls in echter Zeitnot am Klausurende!
Vielfach sind Abkürzungen bei privaten Repetitoren beliebt – für Korrektoren von Examensklausuren gilt das Gegenteil. Der Studierende mag den Eindruck gewinnen, Abkürzungen seien Ausweis einer gewissen „Professionalität“. Das ist nicht der Fall. „Professionell“ ist ein Urteil des BGH. Dort werden Sie keine Abkürzungen finden.
Sehr unschön sind z. B. WE (Willenserklärung), PV (Pflichtverletzung), Vss (Voraussetzungen), SV (Sachverhalt), KggV (K gegen V), SEA (Schadensersatz), ~ (analog).
g) Verweisen Sie in Ihrer Lösung nicht auf den Sachverhalt („Laut Sachverhalt …“)!
Der Verweis auf den Sachverhalt ist auch bei Examenskandidaten noch sehr beliebt. Er ist jedoch überflüssig und kostet Zeit. Der Korrektor kennt den Sachverhalt auswendig. In echter Not, d. h. wenn Sie wirklich meinen, es sei notwendig, den Korrektor auf eine Sachverhaltspassage aufmerksam zu machen, klingt „im vorliegenden Fall“ besser.
Wenn Sie – verständliche – Schwierigkeiten haben, auf diese Floskel zu verzichten, schreiben Sie den Satz hin wie üblich und streichen Sie dann „laut Sachverhalt“ weg. Ihr Satz klingt sofort besser, weil Sie ihm nicht mehr den Stempel „dies ist nur eine Prüfungsklausur“ aufdrücken, sondern die Lösung sich jetzt auch auf einen realen Fall beziehen könnte.
h) Lassen Sie den bestimmten Artikel vor Personenbezeichnungen grundsätzlich weg!
Schreiben Sie statt „Der A hat einen Anspruch gegen den B“ „A hat einen Anspruch gegen B“. Dies spart Zeit und klingt weniger nach der Sprache von Kleinkindern.
i) Lassen Sie vermeintlich „bekräftigende“ Ausdrücke weg!
Vermeiden Sie z. B.:
– |
zweifellos, ohne Zweifel, ohne Frage |
– |
natürlich, selbstverständlich |
– |
unproblematisch |
– |
jedenfalls, auf jeden Fall |
– |
eindeutig |
Diese Ausdrücke sind im harmlosen Fall überflüssig. Häufig aber zeigen sie dem Korrektor, dass Sie Zweifel haben, das Problem jedoch „verdrängt“ wurde. Sie setzen damit ein Signal für eine etwaige Lücke in der Klausurlösung. Wenn Sie Ihre Lösung „bekräftigen“ wollen, verwenden Sie einen apodiktischen Stil.
j) Lassen Sie auch „relativierende“ Ausdrücke weg!
Dies sind z. B.
Sie machen deutlich, dass Sie sich nicht sicher sind, also das Problem nicht lösen konnten.
Falsch:
„Der B hat m.E. unproblematisch einen Anspruch aus § 433 gegen den A, weil der A und der B laut Sachverhalt wohl einen KV (s. o.) geschlossen haben.“
Richtig:
„A und B haben einen Kaufvertrag geschlossen (oben Frage 1, A.I.). Daher hat B gegen A einen Anspruch aus § 433 II BGB .“
1. Teil Allgemeiner Teil› II. Besonderheiten der Klausur im individuellen und kollektiven Arbeitsrecht
II. Besonderheiten der Klausur im individuellen und kollektiven Arbeitsrecht
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In der arbeitsrechtlichen Klausur ist zunächst zu beachten, dass das Arbeitsrecht über eine Vielzahl unterschiedlicher Rechtsquellen auf unterschiedlichen Hierarchieebenen verfügt (insbesondere Gesetz, Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung, Arbeitsvertrag). Diese Ebenen müssen dem Klausurschreiber bekannt sein und er muss wissen, wie sich die Ebenen zueinander verhalten (vgl. dazu Fall 3, Repetitorium I., Rz. 59 f.).
Relevant wird dies besonders bei Klausuren, in denen wie bei den meisten zivilrechtlichen Klausuren danach gefragt ist, ob eine Person einen Anspruch gegen eine andere hat (sog. Anspruchsklausur). Diese Klausuren stellen in der Technik daher für den Examenskandidaten zunächst keine Schwierigkeit dar. Der Bearbeiter sollte sich jedoch vergegenwärtigen, dass in einem Gutachten sämtliche Anspruchsgrundlagen genannt und geprüft werden müssen. Sollten mehrere Anspruchsgrundlagen gegeben sein, ist zu fragen, wie sie sich zueinander verhalten. Im Zweifel gilt das Günstigkeitsprinzip.
Häufiger noch als Anspruchsklausuren werden im Arbeitsrecht Klausuren gestellt, in denen danach gefragt wird, ob das Rechtsverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer noch besteht oder ob dieses beendet wurde. In diesem Fall muss die Wirksamkeit der beendenden Maßnahme geprüft werden. Auch hier ist selbstverständlich ein Obersatz zu bilden.
Ganz überwiegend geht es in solchen Klausuren um die Wirksamkeit einer Kündigung. Für den arbeitsrechtlich versierten Studierenden ist dies von Vorteil, da die Kündigung in aller Regel nach einem festen Schema geprüft wird (vgl. Fall 6, Repetitorium I., Rz. 109). Der Prüfungsaufbau steht damit grundsätzlich fest.
Gerade in kündigungsrechtlichen, aber auch in anderen arbeitsrechtlichen Klausuren wird häufig nach den Erfolgsaussichten einer entsprechenden Klage (des Arbeitnehmers) gefragt, so dass Zulässigkeit und Begründetheit zu prüfen sind. In der Regel werden (sofern nicht der jeweilige Prüfungsstoff auch im Verfahrensrecht einen Schwerpunkt setzt) in der Zulässigkeitsprüfung keine besonderen Schwierigkeiten liegen. Es wird aber erwartet, dass die Prüfungsreihenfolge bekannt ist und dass der Kandidat die relevanten Normen des ArbGG kennt und mit ihnen arbeiten kann.
Schließlich sollte sich der Bearbeiter vergegenwärtigen, dass im Arbeitsrecht der höchstrichterlichen Rechtsprechung ein besonderes Gewicht zukommt. Da es kein umfassendes Arbeitsvertragsgesetz gibt und sich das Arbeitsrecht zudem ständig im Fluss befindet, orientiert sich die Praxis sehr stark an den Vorgaben des BAG und des EuGH. Ein Abweichen von einer Ansicht des BAG oder des EuGH, das zu einer Veränderung der Prüfungsreihenfolge und/oder der Schwerpunktsetzung führt, sollte deshalb in einer Examensklausur unterbleiben.
2. Teil Klausurfälle
2. Teil Klausurfälle› Fall 1 Mehr Schein als Sein
Fall 1 Mehr Schein als Sein
Inhaltsverzeichnis
Vorüberlegungen
Gliederung
Lösung
Repetitorium
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A ist bei der Versicherung V seit 2001 beschäftigt. Nach dem zwischen beiden geschlossenen Vertrag soll A als selbstständige Handelsvertreterin (Versicherungsvertreterin) tätig werden. Aufgabe von A ist die Vermittlung von Kranken-, Lebens-, Unfall- und Sachversicherungen sowie die Pflege und Ausweitung des Bestands. Für andere Versicherungsunternehmen darf A nicht tätig werden.
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