Wissenschaftsrat, Österreichischer: Fachhochschulen im österreichischen Hochschulsystem – Analysen, Perspektiven, Empfehlungen, Wien 2012
Wöhe, Günter: Einführung in die Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, 13. Aufl., München 1978
Wohnsdorf, Gottfried/Hummel , Gerhard: Hochschulrecht, in: Betzinger, Otto, Staats- und Verwaltungsrecht für Baden-Württemberg, Baden-Baden 1991
Wolff, Daniel/Zimmermann, Patrick: Gesetzgeberische Strategien für die Verteilung von Medizinstudienplätzen, WissR 2018, S. 159
Wolff, Hans J./Bachof, Otto/Stober, Rolf/Kluth, Winfried: Verwaltungsrecht Bd. 1 (unter Mitarbeit von Korte, Stefan und Eisenmenger, Sven), 13. Aufl., München 2017; Bd. 2, 7. Aufl. 2010
Würtenberger, Thomas: Bericht über das Symposium des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst zum Urteil des VerfGH BW 1 VB 16/15 zum Landeshochschulgesetz, OdW 2017, S. 217
Ders./Krohn, Axel: Abwahl des Rektors einer Hochschule – Beschluss des VGH Baden-Württemberg vom 26.2.2016, OdW 2016, S. 203
Zechlin, Lothar: Wissenschaftsfreiheit und Organisation – Die „Hochschullehrermehrheit“ im Grundrechtsverständnis der autonomen Universität, OdW 2017, S. 161
Ders.: Institutionelle Akkreditierung von Privathochschulen und Wissenschaftsfreiheit, OdW 2018, S. 253
Prof. Dr. Volker M. Haug
I. Reform und Aufbau2 – 25
1. Auslöser und Zielsetzung der Reformpolitik2 – 4
2.Felder der Reformpolitik5 – 25
a) Das Verhältnis von Staat und Hochschulen5 – 11
b) Die Organisation von Hochschulen12 – 18
c) Studium und Lehre19, 20
d) Qualitätssicherung21, 22
e) Hochschulmedizin23 – 25
II. Ausschöpfung der Landeshoheit nach der Föderalismusreform26 – 30
1. Wegfall bundesgesetzlicher Fesseln26
2. Modernisierung des Hochschuldienstrechts27, 28
3. Schaffung einer neuen Hochschulart: Duale Hochschule Baden-Württemberg29
4. Fusion von Universität und Forschungszentrum Karlsruhe zum KIT30
III. Feinjustierung und Ausdifferenzierung31 – 39
1. Feinjustierung durch Re-Akademisierung31 – 35
2. Ausdifferenzierung durch Stärkung von Sonderinteressen36, 37
3. Institutionelle Weiterentwicklungen38, 39
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Die jüngere Entwicklung von Hochschulrecht und Hochschulpolitik in Baden-Württemberg lässt sich in drei Abschnitte mit prägenden inhaltlichen Merkmaleneinteilen: Dies beginnt mit der Reform- und Aufbruchspolitik in den ausgehenden 1990er Jahren, setzt sich nach 2006 mit der beherzten Ausschöpfung der mit dem Wegfall zentralistischer Vorgaben verbundenen Spielräume im Zuge der Föderalismusreform fort und reicht in die Gegenwart mit einer Gesetzgebungstätigkeit der Ausdifferenzierung und Feinjustierung unter veränderten politischen Vorzeichen. Ging es in den ersten beiden Abschnitten stärker um die Stärkung von Hochschulautonomie und Steuerungsfähigkeit, stehen in der jüngeren Zeit die zeitgerechte Weiterentwicklung der Strukturen und die Stärkung der hochschulinternen Sonderinteressen im Vordergrund.
Einführung› I. Reform und Aufbau
Einführung› I. Reform und Aufbau › 1. Auslöser und Zielsetzung der Reformpolitik
1. Auslöser und Zielsetzung der Reformpolitik
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Auslöser des wachsenden Dranges nach umfassenden Reformen im Hochschulbereich war das zunehmende Gefühl, dass sich die Strukturen aus den 70er Jahren in weiten Teilen überlebthatten. Diese waren geprägt von einer massiven Staatsdominanz, erheblicher rechtlicher Detailsteuerung und nur geringen autonomen Handlungsspielräumen der Hochschulen, wie – pars pro toto – das NC-Hochschulvergaberecht zeigt: Die Studienplätze wurden nach Abitursnote und Wartezeit ohne Einflussnahme seitens der Hochschulen vergeben (dazu näher unten, Rn. 10). Daher pflegte der damalige baden-württembergische Wissenschaftsminister Klaus von Trotha oft zu sagen, dass es nur zwei Institutionen in Deutschland gebe, die hinsichtlich ihrer Insassen keine Mitspracherechte hätten: Hochschulen und Gefängnisse.
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Symptome der vielerorts beklagten Defizite des Hochschulsystemswaren z.B. die Belastung durch hohe Studierendenzahlen, Strukturmängel im Studium, fehlende Kontrolle von Qualität, didaktischer Konzeption und inhaltlicher Relevanz von Studienangeboten, fehlende oder zu schwache Praxisorientierung, zu hohes Lebensalter der Absolventen, fehlende Transparenz über das Leistungsgeschehen an den Hochschulen und unzureichende Flexibilität bei der Mittelbewirtschaftung.
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Die Hochschulreformpolitik hat sich die Stärkung der Leistungskraft der Hochschulen und damit die weitere Verbesserung ihrer Wettbewerbsfähigkeit auf dem nationalen und internationalen Bildungsmarkt zum Ziel gesetzt. Denn Hochschulen, die an sich einen hohen wissenschaftlichen Anspruch stellen, kamen und kommen nicht umhin, sich dem Wettbewerb auf dem Bildungs- und Forschungsmarktzu stellen – einem Wettbewerb um gute Forscher und Lehrer, einem Wettbewerb um staatliche Mittel, einem Wettbewerb um Drittmittel und einem Wettbewerb um gute Studierende. Um sich in diesem Wettbewerb gut positionieren zu können, mussten sich die Hochschulen vom Status behördlicher Einrichtungen, die vom übergeordneten Wissenschaftsministerium erlassene operative Vorgaben umzusetzen hatten, emanzipieren. Zugleich musste die Handlungsfähigkeit der Hochschulen nach innen gestärkt werden. Dies bedingte eine Ablösung der klassischen Gremienkultur, die zwar dem einzelnen Wissenschaftler weitergehendere Teilhabemöglichkeiten bot, aber zugleich Verantwortungswahrnehmung erschwerte und oft zu Entscheidungen auf dem kleinsten gemeinsamen Nenner führte.
Einführung› I. Reform und Aufbau › 2. Felder der Reformpolitik
2. Felder der Reformpolitik
a) Das Verhältnis von Staat und Hochschulen
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(1) Im Mittelpunkt der Reformmaßnahmen stand die Stärkung der Eigensteuerung und damit der Autonomie der Hochschulen. Dafür wurden die Mitwirkungsrechte des Staates in vielfältiger Weise abgebaut. Besonders deutlich wird dies bei einer Gegenüberstellung des baden-württembergischen Hochschulrechts von 1995 und von heute in einigen beispielhaft ausgewählten Bereichen, wobei der hier beschriebene heutige Rechtszustand im Wesentlichen bereits seit 2005 besteht.
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(a) Die Professoren wurden 1995 auf Vorschlag der Hochschulen vom Ministerium berufen, ohne dass dieses an die Reihenfolge der Liste gebunden gewesen wäre (§ 66 III UG[1]). In Ausnahmefällen durfte das Ministerium sogar den Ruf an eine Person erteilen, die von der Hochschule gar nicht vorgeschlagen gewesen war (§ 66 VII UG); der Hochschule stand in einem solchen Fall lediglich ein Anhörungsrecht zu. Die Berufung der Professorenliegt heute bei den Hochschulen. Zuvor muss die Zustimmung des Ministeriums zur Liste eingeholt werden (§ 48 II 1 LHG). Der Übergang der Verantwortung für die Berufungsentscheidung hat dazu geführt, dass die Prüfung der Liste im Ministerium nur noch kursorisch erfolgt und sich in aller Regel auf die Beanstandung formaler Mängel beschränkt.
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(b) 1995 nahm das Ministerium zahlreiche personalrechtliche Einzelzuständigkeitenwahr – bis hin zur Entscheidung über die Bewilligung eines Forschungssemesters (§ 68 UG). Außerdem lagen die Gehaltsverhandlungen mit den Professoren– sowohl bei Neuberufungen wie bei Bleibeverhandlungen – ausschließlich in der Hand des Ministeriums. Den Rektoren blieb lediglich, ein erhebliches Gewinnungs- oder Erhaltungsinteresse der Hochschule in einem Brief an das Ministerium darzulegen und um entsprechende Berücksichtigung zu bitten. Heute ist eine Reihe von personalrechtlichen Zuständigkeiten auf die Hochschulen delegiert, etwa im Disziplinarrecht (§ 11 V LHG) oder bei der Genehmigung von Forschungssemestern (§ 49 VII LHG). Insofern ist es nur konsequent, dass auch die Gehaltsverhandlungen mit den Professoren jetzt – auf der Grundlage eines Vergaberahmens, den jede Hochschule hat – vom Rektorat geführt werden (§ 16 III 2 Nr. 11 – 14 LHG).[2]
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