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Aktivitäten, die von vornherein auf die Schädigung des Steueraufkommens in großem Umfang ausgelegt waren, wie etwa die Vorspiegelung erfundener Sachverhalte und die Erlangung ungerechtfertigter Vorsteuererstattungen in erheblichem Umfang. |
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Gewerbsmäßige Begehung der Steuerhinterziehung. |
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Aufbau eines aufwendigen Täuschungssystems. |
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Systematische Verschleierung von Sachverhalten. |
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Aufbau von Unternehmensstrukturen, die auch der Bereicherung durch Steuerhinterziehung dienen sollen mit dem Ziel wiederholter Tatbegehung über einen längeren Zeitraum hinweg. |
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Verstrickung anderer Personen. |
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Systematische Vornahme von Scheingeschäften oder Scheinhandlungen. |
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Buchtechnische Manipulationen in größerem Umfang. |
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Einschaltung von Domizilfirmen im Ausland. |
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Gewinnverlagerung ins Ausland. |
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Hinweis
Die Bedeutung der Entscheidung BGHSt 53, 71 Rn. 24 ff. liegt keineswegs nur in der Definition des „großen Ausmaßes“ durch die Festschreibung von Schwellenwerten für das Regelbeispiel gem. § 370 Abs. 3 Ziff. 2 AO. Gleichwertig sind die Ausführungen des BGH zu den Milderungsgründen, insbesondere die Hervorhebung der Lebensleistungund der Relation zwischen gezahlten und verkürzten Steuern. Es ist jedoch zu beobachten, dass Strafverfolgungsbehörden und Gerichte das Vorliegen eines „großen Ausmaßes“ vorschnell alleine auf der Grundlage des Verkürzungs- oder Vorteilsbetrages annehmen, ohne im konkreten Einzelfall die bloße Indizwirkung der Schwellenwerte kritisch zu hinterfragen.
Teil 2 Die Tatbestände des Steuerstraf- und -ordnungswidrigkeitenrechts› I. Die Straftatbestände der AO› 2. Bannbruch, § 372 AO
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Strafbar ist gem. § 372 AO die verbotswidrige Einfuhr, Ausfuhr oder Durchfuhr von Gegenständen, wenn die jeweilige Verbringungshandlung den zuständigen Zollbehörden nicht angezeigt wird. Die Verbringungsverbote, gleichgültig ob diese auf einem Gesetz oder einer Verordnung beruhen, bezwecken im Regelfall den Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, der Gesundheit und des Lebens von Menschen, Tieren oder Pflanzen, des nationalen Kulturguts von künstlerischem, geschichtlichem oder archäologischem Wert oder des gewerblichen Eigentums.[85] Allerdings sind die jeweiligen Ein-, Aus-, Durchfuhrverbote nahezu vollständig in den jeweiligen Gesetzen und Verordnungen mit besonderen Straf- oder Bußgeldtatbeständen spezialgesetzlich bewehrt.
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Aufgrund der Subsidiaritätsklauselgem. § 372 Abs. 2 AO tritt der Straftatbestand des Bannbruchs jedoch zurück, wenn die Tat in anderen Vorschriften mit Strafe oder Geldbuße geahndet wird. Die Subsidiarität ist folglich – abweichend von § 21 Abs. 1 OWiG – insbesondere in den Fällen besonders zu beachten, in denen der Verstoß gegen ein Verbringungsverbot in einem Spezialgesetz lediglich als Ordnungswidrigkeit sanktioniert wird.[86] Allerdings greift die Subsidiaritätsklausel nicht, wenn ein Schmuggeltatbestand gem. § 373 AO gegeben ist, selbst wenn der Grundtatbestand nur als Ordnungswidrigkeit geahndet werden würde.[87]
Wegen der Subsidiaritätsklausel gem. § 372 Abs. 2 AO ist der Bannbruch nur noch im Hinblick auf das Branntweinmonopolgesetz von praktischer Relevanz.
Neben dem Bannbruch ist hier bei verbotener Einfuhr regelmäßig auch eine tateinheitliche Steuerhinterziehung gem. § 370 Abs. 1, 5 AO zu bejahen.[88]
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Eine strafbefreiende Selbstanzeige ist beim Bannbruch nicht möglich, da § 371 AO nur die Fälle des § 370 AO nennt. Eine Selbstanzeige kann aber bei der Strafzumessung mildernd berücksichtigt und eine Einstellung nach §§ 153, 153a StPO in Betracht gezogen werden.[89]
Der Strafrahmen ergibt sich aus § 370 Abs. 1 AO, mögliche Nebenfolgen aus § 375 AO.
Teil 2 Die Tatbestände des Steuerstraf- und -ordnungswidrigkeitenrechts› I. Die Straftatbestände der AO› 3. Schmuggel, § 373 AO
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§ 373 AO stellt im Verhältnis zu den Straftatbeständen der Steuerhinterziehung gem. § 370 AO (Einfuhr- und Ausfuhrabgaben) und des Bannbruchs gem. § 372 AO einen echten Qualifikationstatbestanddar. Die Vorschrift gem. § 373 Abs. 1 AO sieht eine verschärften Strafrahmen von sechs Monaten bis zu zehn Jahren für den gewerbsmäßigen, gewaltsamen und bandenmäßigen Schmuggel vor; die Strafschärfung des § 372 AO Abs. 2 knüpft somit an eine besondere Gefährlichkeit der Tatbegehung oder des Täters an (z.B. Beisichführen einer Schusswaffe, bandenmäßige Begehung).[90]
Besondere Bedeutung hat der Tatbestand in den vergangenen Jahren beim Zigarettenschmuggel erlangt, wobei Deutschland sowohl Bestimmungs- als auch Transitland ist.[91]
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Das Tatbestandsmerkmal der Gewerbsmäßigkeit richtet sich nach den allgemeinen, von der Rechtsprechung des BGH entwickelten Kriterien. Gewerbsmäßig handelt demnach, wer die Absicht hat, sich durch wiederholte Begehung von Straftaten der fraglichen Art eine fortlaufende Einnahmequelle von einiger Dauer und einigem Umfang zu verschaffen.[92] Allerdings ist Gewerbsmäßigkeit nicht mit Gewerblichkeit gleichzusetzen, d.h. wenn der Täter den Schmuggel lediglich anlässlich seiner unternehmerischen Tätigkeit begeht.[93]
Um einen einheitlichen Bandenbegriff zu erreichen wurde in § 373 Abs. 2 Nr. 3 AO auf das bisherige Qualifikationsmerkmal „unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds die Tat ausführt“ verzichtet; der Bandenbegriff richtet sich daher nach den Rechtsprechungsgrundsätzen des BGH.[94]
Maßstab für die Berechnung der hinterzogenen Steuer ist der Wert der legalen Einfuhr, nicht der tatsächlich erzielte, eventuell geringere Schwarzmarktpreis.[95]
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Im Rahmen der Strafzumessung ist zu berücksichtigen, dass § 373 Abs. 2 Hs. 2 AO eine Strafrahmenverschiebung für minder schwere Fällevorsieht (bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe oder Geldstrafe). Da der Strafrahmen des Grundtatbestandes gem. § 373 Abs. 1 Hs. 1 AO demjenigen eines besonders schweren Falles der Steuerhinterziehung entspricht, entfaltet das Vorliegen eines Regelbeispiels gem. § 370 Abs. 3 AO regelmäßig eine Sperrwirkung für die Annahme eines minder schweren Falles i.S.v. § 373 Abs. 2 Hs. 2 AO.[96]
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Eine strafbefreiende Selbstanzeige ist beim Schmuggel gem. § 373 AO nicht möglich, da § 371 AO nur die „Fälle“ des § 370 AO erwähnt.[97]
Teil 2 Die Tatbestände des Steuerstraf- und -ordnungswidrigkeitenrechts› I. Die Straftatbestände der AO› 4. Steuerhehlerei, § 374 AO
4. Steuerhehlerei, § 374 AO
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Die Steuerhehlerei entspricht der Sachhehlerei gem. § 259 StGB, wobei es hier – statt der Perpetuierung einer rechtswidrigen Besitzlage durch eine gegen fremdes Vermögen gerichtete Vortat – auf die Aufrechterhaltung eines vom Vortäter geschaffenen steuerrechtswidrigen oder bannwidrigen Zustandesankommt.[98] Dadurch wird die Bestrafung des Besitzes oder der Handel mit unversteuerten bzw. verbotswidrig eingeführten Waren ermöglicht, auch wenn die Hinterziehung oder die verbotene Einfuhr selbst nicht bewiesen werden kann.[99]
Taugliche Vortaten der Steuerhehlerei sind die Steuerhinterziehung (Verbrauchssteuern, Ein- und Ausfuhrabgaben), der Bannbruch oder der Schmuggel, wobei die Vortat nach h.M. vollendet, jedoch noch nicht beendet sein muss. Die Abgrenzung zwischen Steuerhehlerei und der sukzessiven Teilnahme an der Vortat zwischen Vollendung und Beendigung richtet sich nach der Willensrichtung des Handelnden. Allerdings kommt ein Bannbruch als taugliche Vortat aufgrund der Subsidiaritätsklausel gem. § 372 Abs. 2 AO dann nicht in Betracht, wenn die Tat nach einem anderen Gesetz strafbar oder ordnungswidrig ist.[100]
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