Titelseite Sebastian Kneipp So sollt ihr leben! Winke und Ratschläge für Gesunde und Kranke zu einer einfachen, vernünftigen Lebensweise und einer naturgemäßen Heilmethode 1890
Einleitung und Vorwort.
Erster Theil. Von den Vorbedingungen der Gesundheit und den Mitteln zu ihrer Erhaltung.
Erstes Kapitel. Einfluß des Lichtes auf die Gesundheit des Geistes und des Körpers.
Zweites Kapitel. Die Luft in ihrer Beziehung zur Gesundheit.
Drittes Kapitel. Wärme und Kälte in ihrer Beziehung zur Gesundheit.
Viertes Kapitel. Kleidung.
Fünftes Kapitel. Arbeit, Bewegung und Ruhe.
Sechstes Kapitel. Wohnung.
Siebentes Kapitel. Von der Nahrung.
Achtes Kapitel. Über das Essen.
Neuntes Kapitel. Erziehung.
Zehntes Kapitel. Schule und Beruf.
Zweiter Theil. Wie kann geheilt werden nach den Regeln meiner Erfahrung?
Asthma.
Das Auge.
Bauchfellentzündung, Folgen derselben.
Beinfraß.
Bettnässen.
Blutbrechen (durch Hustenreiz).
Blutbrechen (aus dem Magen).
Blutverlust, Folgen desselben.
Brustfellentzündung, Folgen derselben.
Entzündungen, ungeheilte.
Frühgeburt (durch Schnüren).
Fußflechten.
Fußleiden.
Fußschweiß.
Gehörleiden.
Geschwüre.
Geschwulst (am Knie).
Hautausschläge und Geschwüre (Masern, Scharlach &c.).
Hüfte, verschobene.
Kinderkrankheiten (einige).
Krämpfe.
Lungenleiden (angehende Schwindsucht, Katarrh, Emphysem, Verschleimung &c. &c.).
Magenleiden. (Abweichen = Diarrhöe, Verstopfung, Aufstoßen, Verdauungsleiden &c. &c.).
Marasmus.
Nervenleiden.
Nierenleiden.
Rheumatische und verwandte Leiden.
Rückenmarkschwindsucht.
Schlaganfall.
Scrophulöse Zustände.
Steinleiden (Griesleiden).
Typhus.
Unterleibsleiden (Entzündung, Krämpfe, Schwäche &c. &c.).
Veitstanz und ähnliche Krankheiten.
Verkehrte Ernährungsart (Folgen derselben).
Verschleimung (allgemeine).
Verwundungen und Vergiftungen.
Vollbad, unfreiwilliges (Verhalten nach demselben).
Wassersucht (Haut- &c. Wassersucht).
Zerrüttung des Körpers durch schlechten Lebenswandel.
1. Über Arnica (Arnica montana, Wohlverleih).
2. Blutarmuth.
3. Die Gicht.
4. Etwas über die Kraftsuppe.
5. Von der Wirkung des Wassers.
Nachwort.
Sebastian Kneipp
So sollt ihr leben!
Winke und Ratschläge
für
Gesunde und Kranke
zu einer
einfachen, vernünftigen Lebensweise
und einer
naturgemäßen Heilmethode
1890
Wenn ich einen Blick auf das Leben und Treiben der Menschen werfe, so sehe ich, wie die meisten derselben in dem von Gott ihnen angewiesenen Stande und Berufe angestrengt arbeiten und sich abmühen müssen, um sich und den Ihrigen die nöthigen Mittel zum Lebensunterhalte zu verschaffen, wie sie thatsächlich im Schweiße ihres Angesichtes ihr Brod verdienen. Es lehren mich auch die Ankunft des Menschen auf Erden, seine Wanderung hienieden, sowie sein Weggang aus dieser Welt, daß der Mensch seinen unsterblichen Geist in einem zwar wunderbar gebauten, aber sehr gebrechlichen Gefäße trägt. Mannigfaltige Leiden des Geistes und Körpers erschweren dem Menschen die Erfüllung seiner Berufspflichten, und „ein schweres Joch liegt auf den Kindern Adams von dem Tage, da sie hervorgehen aus ihrer Mutter Schooß, bis zu dem Tage, da sie in die Erde wieder zurückkehren, welche die Mutter Aller ist“.
Daß es so nicht immer gewesen sein kann, lehrt uns schon die Vernunft, da der Mensch durch seinen unsterblichen, willensfreien Geist ein Ebenbild seines allmächtigen, allgütigen und allweisen Schöpfers ist. Durch den Glauben wissen wir, daß die ganze Schöpfung unter dem Fluche der Erbschuld und ihrer Strafe seufzt, und der gerechte Gott verlangt von dem Menschen, daß er dieses sein Geschick in Geduld ertrage und auch zum Tode bereit sei, wann und wo Er ihn ruft. Aber Er, der gesagt hat: „Rufe mich an in der Noth, und Ich will dich erretten!“ – Er verlängert auch, durch unser demüthiges Bitten bewogen, die Tage unserer irdischen Pilgerfahrt und zieht den strafenden Arm zurück, der schon erhoben war, uns mit der Ruthe der Gebrechen und Mühsale zu züchtigen. Doch soll der Mensch nicht bloß zu seinem Schöpfer flehen um Gesundheit und langes Leben, sondern er soll auch seinen Geist gebrauchen, um die Schätze zu finden und zu heben, welche der allgütige Vater in die Natur hineingelegt hat als Heilmittel für die vielfachen Übel dieses Lebens. Auch hier gilt das Sprüchwort: „Hilf dir selbst, dann hilft dir Gott!“
Von jeher hat es Männer gegeben, welche es sich zur Lebensaufgabe machten, die Mittel und Wege zu erforschen, wodurch die mancherlei Krankheiten geheilt werden könnten. Wie viele Bücher existieren, die uns Kunde geben von der Heilkraft mancher Kräuter, von der heilsamen Wirkung mineralischer Stoffe! Andere wieder lehren, wie man dieses oder jenes Übel durch Schneiden, Brennen u. dgl. zu entfernen habe.
Ich selbst wurde schon in meiner Kindheit darauf aufmerksam, wie dieses und jenes Kräutlein von den älteren Leuten aufgesucht und bei mancherlei Leibesgebrechen angewendet wurde. Sie betrachteten die erschaffene Welt mit viel sinnigeren Augen, als Dieses heutzutage geschieht, und dankbar erhoben sie nach Erlangung der Gesundheit ihren Blick zum Himmel, von dem alle Heilung und Rettung kommt. Diese Kräutlein, welche bei den Alten in so hohem Ansehen standen, sind heute theils verachtet, theils vergessen; nur noch einzelne werden von den einfachsten Leuten als sogenannte Hausmittel gesucht und gebraucht. Es ist mit diesen Kräutern gegangen wie mit der alten Mode. Das Gute, Brauchbare, überaus Einfache und doch so Schöne ist verschwunden, und das Geschmacklose, das durchaus Unschöne, das Schädliche, das den Körper zu Grunde Richtende ist an seine Stelle getreten.
Von dem aufrichtigen Streben beseelt, die Leiden meiner Mitmenschen, so viel es in meiner Macht steht, zu lindern, habe ich die alten verlassenen und vergessenen Kräutlein wieder aufgesucht, habe ihre Heilkraft erprobt und Manchen geheilt von schweren und langjährigen Leiden. Wie oft mußte ich da ausrufen: „Wie wunderbar bist Du, o Herr, in Deinen Werken! Was der Mensch nicht achtet, ja was er mit Füßen tritt, das hast Du liebreich vor seinen Augen gepflanzt, damit er dadurch Hilfe in Noth und Elend finde!“
Ein ganz besonderes Heilmittel aber für zahlreiche Gebrechen der armen gefallenen Menschennatur hat die wohlthätige Hand des Allerhöchsten der Menschheit gegeben, welches man überall auf Erden findet. Es ist dieß das Wasser. Dieses große Geschenk des allgütigen Vaters stillt nicht bloß den Durst des Menschen und der Thiere, sondern es ist auch das allererste, vorzüglichste und allgemeinste Heilmittel für den menschlichen Körper. Weist nicht die Natur selbst den Menschen mit tausend Fingerzeigen darauf hin, daß an ihm das Wasser als Heilmittel angewendet werden soll! Wie fühlt er sich neubelebt und gestärkt, wenn er nach harter Tagesarbeit oder des Morgens nach dem Aufstehen Gesicht und Hände, auch wohl Hals und Brust mit Wasser abwäscht! Sieht er nicht, wenn anders er die Natur nicht im Vorübergehen anzuschauen gewohnt ist, wie die Thiere in krankem Zustande das Wasser aufsuchen als ein Heilmittel für ihre Leiden? Der mit Vernunft begabte Mensch aber zeigt sich hier leider oft unvernünftiger als das vernunftlose Geschöpf!
Das Wasser weckt, wenn es im Frühling und Sommer zur Erde niederfällt, überall Leben und Gedeihen, regt in der Pflanzenwelt alle Organe zu neuem Leben, zu erhöhter Thätigkeit an. Es erfrischt und belebt auch die Körpertheile, welche alle civilisirten Menschen täglich zu reinigen gewohnt sind. Sollte das nicht alles ein Fingerzeig für den Menschen sein, daß das Wasser ebenso geeignet sein dürfte, die krankhaften Stoffe aus dem menschlichen Körper auszuleiten und auszuwaschen, den Körper in seiner Gesammtheit zu erfrischen, zu beleben und zu stärken, den gesunden wie den kranken! – Doch auch hier geht es wie in gar vielen Dingen. Das Einfache, das Naturgemäße, das Vernünftige wird aufgegeben und die Heilung da gesucht, wo sie nicht zu finden ist, in dem Unnatürlichen, ja Widernatürlichen. Man kann fast sagen: Je absonderlicher eine auftauchende Heilmethode ist, desto mehr Freunde und Anhänger gewinnt sie, bis endlich die leichtgläubige Menge einsieht, daß sie betrogen ist und der Heilkünstler sich die Taschen gefüllt hat. Was die heilige Schrift von dem übernatürlichen Wasser der Gnade sagt, das gilt vielfach auch vom natürlichen Wasser: „Die Quellen des lebendigen (d. h. des Leben gebenden und erhaltenden) Wassers haben sie verlassen und sich Cisternen gegraben, welche kein Wasser (und darum kein Leben) haben.“
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