181. Diese Mauer also ist der Panzer. Noch läuft innen eine Mauer herum, nicht viel schwächer, nur schmaler, als die andere. Auch in jeder von den zwei Abtheilungen der Stadt steht ein Bauwerk. (In der einen befand sich die Königsburg, mit einer großen, starten Ringmauer; in der andern das Heiligthum des Zeus Belus mit ehernen Thoren, welches bis auf meine Zeit stand, ein Viereck, jederseits zwei Stadien lang. 52Inmitten des Heiligthums aber war ein Thurm von festen Steinen erbaut, von eines Stadiums Länge und Breite; und auf diesen Thurm kam noch ein Thurm zu stehen, und wiederum ein anderer auf diesen, bis auf acht Thürme. Dahinauf ist außen eine Wendeltreppe um alle Thürme gezogen. Und ziemlich in der Hälfte der Treppe ist ein Rastort mit Ruhebänken, wo sich die Hinauf: steigenden niedersetzen, um auszuruhen. Auf dem letzten Thurm aber ist ein großer Tempel, und in den Tempel liegt ein großes Lagerpolster wohlgebettet, und davor ist ein Tisch gesetzt von Gold. Standbild ist darinnen aber keines aufgerichtet; auch übernachtet daselbst kein Mensch, außer einer Frau von den Einwohnern, die sich gerade der Gott aus Allen erwählt, wie die Chaldäer, die Priester dieses Gottes, sagen.)
182. Auch behaupten Ebendieselben, was sie mich nicht glauben machen, der Gott selbst besuche den Tempel und ruhe auf dem Lagerpolster aus, wie Das der Fall auch im Aegyptischen Theben ist, nach Aussage der Aegyptier; denn dort schläft auch eine Frau im Heiligthum des Thebischen Zeus; und von diesen Beiden heißt es, sie lassen sich nie in Umgang mit einem Manne ein; und wie Dasselbe in Patara im Lycischen mit der Weissagepriesterin des Gottes (Apollo) der Fall ist, welche, so oft es eben kommt (weil dort nicht immerdar ein Orakel ist), allemal über Nacht mit in den Tempel eingeschlossen wird.
183. Noch ist in dem Heiligthum zu Babylon unten ein anderer Tempel, worin ein großes Bild des Zeus von Gold sitzt, vor welchem ein großer Tisch von Golde steht, und dessen Fußgestell und Thron gleichfalls von Gold ist, was, wie die Chaldäer sagten, mit achthundert Talenten Goldes gemacht worden ist. Und außerhalb des Tempels ist ein Altar von Gold. Noch ist da ein anderer großer Altar, wo die vollkommenen Opfer vom Kleinvieh dargebracht werden. Denn auf dem goldenen Altar darf Nichts dargebracht werden, alt was noch Milch saugt. Auf dem größern Altar verbrennen auch die Chaldäer alljährlich tausend Talente Weihrauch,wenn sie gerade diesem Gott sein Fest feiern. Auch stand auf dieser heiligen Stätte zu jener Zeit noch eine Bildsäule von zwölf Ellen, schwer von Gold. Ich sah sie indessen nicht; und sage nur, was von den Chaldäern gesagt wird. Nach dieser Bildsäule trachtete Darius, Hystaspes Sohn, unterstand sich jedoch nicht, sie zu nehmen; aber Xerxes, Darius Sohn, nahm sie und tödtete auch den Priester, der ihm untersagen wollte, die Bildsäule anzutasten. So war denn dieses Heiligthum eingerichtet. Insbesondere sind auch viele Weihgeschenke da.
(Semiramis, v. Chr. 747 - 733)
184. Dieses Babylon hat viele Könige gehabt (deren ich in den Assyrischen Geschichten Erwähnung thun werde), welche die Mauern und die Heiligthümer verschönert haben; darunter besonders auch zwei Frauen. Die Eine, welche vorher herrschte, und fünf Geschlechter vor der Nachherigen kam, hatte den Namen Semiramis. Diese hat sehenswerthe Dämme über die Ebene hin aufgeführt, da vorher der Fluß über die ganze Ebene auszutreten pflegte.
(Nitokris, 604 - 561.)
185. Die andere Königin, welche nach Dieser kam, hatte den Namen Nitokris, und dieselbe (die noch verständiger war, als ihre Vorgängerin), hinterließ einmal die Denkmäler, welche ich anführen werde; sodann bemerkte sie auch das Reich der Medier, wie es so groß und ohne Ruhe war, und so viele Städte, besonders die Ninusstadt, wegnahm; und baute nun vor, so gut sie konnte. Zuerst machte sie den Fluß Euphrat, der vorher eine gerade Strömung hatte (den nämlichen, der mitten durch die Stadt strömt), durch Gräben, welche sie oberhalb einstach, dermaßen krumm, daß derselbe ganzer dreimal in einen Assyrischen Flecken zu fließen kommt. Dieser Flecken, in welchen der Euphrat kommt, hat den Namen Arderikka. Wenn nun Jemand von der Seite unsers (des mittelländischen) Meeres her nach Babylon sich begibt, so gelangt er, während er den Euphratfluß hinunterschifft, dreimal in ebendenselben Flecken, und das an dreien Tagen. Also einmal machte sie Dieses. Darin dämmte sie längs jedem Ufer des Flusses einen Damm auf, an dem es bewundernswürdig ist, was für eine Größe und Höhe er hat. Sie grub nämlich weit oberhalb Babylon ein Becken für einen See, indem sie es ein wenig seitwärts vom Strome zog, und so tief machte, daß sie allemal bis auf Wasser grub, und so breit, daß sein Umfang vierhundert und zwanzig Stadien maß; die Erde aber, die dabei ausgegraben wurde, dazu verwandte, um längs den Ufern des Flusses jenen Damm aufzuwerfen. Nachdem sie nun mit dem Graben fertig war, schaffte sie Steine herbei, und zog ringsherum eine Wand. Warum sie aber Beides, den Fluß krumm und den Graben zu einem großen Sumpf machte, das war, damit der Fluß, durch seine Brechung in viele Wendungen, langsamer und dabei die Fahrt nach Babylon krumm würde; endlich nach der Fahrt noch der lange See zu umwandern wäre. Auch führte sie dieß Wert eben in dem Theil des Landes auf, wo die nächsten Wege von Medien hereinführten, damit nicht die Medier in Verkehr kämen und so mit ihren Umständen bekannt würden.
186. Das war ihr die Hauptsache; aber zugleich nahm sie folgendes Nebenwert mit. Bei den zwei Abtheilungen der Stadt, wovon der Fluß die Mitte hielt, mußte unter den vorigen Königen; Wer immer aus der einen Abtheilung in die andere hinüberkommen wollte, auf einer Fahrzeug hinübersehen. Und Das war, wie ich meine, beschwerlich, aber auch hiefür sah diese Königin vor. Als sie nämlich das Becken für den See grub, wollte sie von demselben Werk dieses andere Denkmal hinterlassen. Sie hieb gewaltige Steine; und als sie diese fertig hatte, und der Behälter (für jenen See) ausgegraben war, leitete sie das ganze Strombett des Flusses in den gegrabenen Behälter; und jetzt, während dieser angefüllt und zugleich das alte Strombett ausgetrocknet war, übermauerte sie für's erste die Ufer des Flusses an der Stadt und den Stufen, die von der Thüren in den Fluß führten, ganz mit Backsteinen, auf dies selbe Weise, wie schon die Mauer war; zum andern baute sie gerade in der Mitte der Stadt, mit den Steinen, welche sie gehauen hatte, eine Brücke, wobei sie die Steine mit Eisen und Blei verband. Darauf legte sie mit jedem Tag viereckige Balken, auf welchen die Babylonier hinübergingen; aber die Nacht hindurch nahm man immer diese Balken weg darum nämlich, damit sie nicht bei Nacht sich hinüber machten und einander bestöhlen. Als aber der Graben durch den Fluß zu einem vollen See gemacht, und der Brückenbau im Reinen war, führte sie den Euphratfluß in's alte Strombett aus dem See zurück; und nun war der Graben, recht, was er sollte, ein Sumpf geworden, und den Bürgern war eine Brücke bewerkstelligt.
187. Eben diese Königin erfand auch folgenden Trug. Ueber dem volkreichsten Thor der Stadt errichtete sie selbst sich ein Grabmal, das oben an dem Thor hervortrat. Und in dieses Grabmal hieb sie eine Inschrift ein, die also lautete: "Wer von den mir nachfolgenden Königen Babylons einmal Mangel leidet in seinem Schatz, öffne das Grabmal und nehme Schätze, so viel er will. Allein er öffne es in keinem andern Fall, als wenn er wirklich Mangel leidet. Denn Das wäre nicht gut." Dieses Grabmal blieb unangetastet, bis das Königthum auf Darius überging. Darius ärgerte sich nun, daß er dieses Thor niemals benützen konnte, und dann, daß, während Schätze da liegen, und die Schätze selbst ihn einladen, er sie nicht nehmen sollte. Dieses Thor konnte er aber darum niemals benützen, weil er beim Durchfahren die Leiche über seinen Kopf bekommen hätte. Als er nun das Grabmal öffnete, fand er keine Schätze, aber die Leiche und eine Inschrift, die also lautete: "Wenn du nicht unersättlich, und nach Schätzen gierig wärest, so hättest du nicht der Todten Gräber geöffnet." Das ist es, was man von dieser Königin sagt.
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