(Cyrus und Crösus Schlacht, 546.)
76. Krösus kam nun, nach seinem Uebergang mit dem Heere, in das sogenannte Pteria im Kappadocischen. Pteria ist die Hauptstärke dieses Landes gegen die Stadt Sinope hin, welche zunächst am Pontus Euxinus liegt; daselbst lagerte er, und verheerte die Besitzungen der Syrier. Auch nahm er nicht nur die Stadt der Pterier, und machte Dieselben zu Knechten, sondern ebenso alle ihre Nachbarstädte; wie er auch die Syrier, die nichts verschuldet hatten, ihres Landes beraubte. Cyrus aber zog sein Heer zusammen, nahm Alle, die dazwischen wohnten, mit, und ging dem Krösus entgegen. Doch ehe er aufbrach, um sein Heer hinauszuführen, sandte er Herolde an die Ionier, um sie zum Abfall von Krösus zu versuchen. Den gaben indeß die Ionier kein Gehör. Als nun Cyrus angekommen und gegenüber von Krösus gelagert war, versuchten sie in der Pterischen Gegend ihre Stärke an einander. Und nach einer gewaltigen Schlacht, da Viele auf jeder Seite gefallen waren, trennten sich zuletzt beide Theile, ohne gesiegt zu haben, mit der Einbruch der Nacht. Das war also der Kampf der beiden Heeresmächte.
77. Krösus, der die Schuld auf die Zahl seines Kriegsvolkes schob (denn sein Schlachtheer war viel geringer, als das des Cyrus), zog denn, weil er Dem Schuld gab und Cyrus am folgenden Tag keinen Angriff versuchte, nach Sardes ab, entschlossen, die Aegyptier herbeizurufen, nach dem Eid (denn er hatte mit Amasis, König von Aegypten, noch früher Bundesgenossenschaft ausgemacht, als mit den Lacedämoniern), auch nach den Babyloniern zu senden (denn auch mit Diesen stand er in Bundesgenossenschaft; und Herr der Babylonier war zu der Zeit Labynetys), dazu die Lacedämonier aufzurufen, daß sie zur Frist sich einfänden; und wenn er Diese zusammen gebracht, und sein eigenes Heer versammelt hätte, so gedachte er, den Winter vorbeigehen zu lassen und mit dem Frühling gegen die Perser in's Feld zu ziehen. Zufolge dieses Entschlusses sandte er, nach seiner Ankunft in Sardes, Herolde an die Bundesgenossen, daß sie auf den fünften Monat in Sardes sich versammeln sollten; aber von seinem gegenwärtigen Heere, das mit den Persern gestritten hatte, ließ er alle Hülfstruppen auseinander gehen, ohne daß ihm jemals beiging, Cyrus könnte, nach einem so unentschiedenen Kampfe, gegen Sardes ziehen.
78. Während Krösus Gedanken hierauf gerichtet waren, füllte sich seine ganze Vorstadt mit Schlangen; und sobald dieselben sich gezeigt hatten, ließen die Pferde ab, auf den Waiden zu grasen, gingen hin und fraßen sie auf. Diese Erscheinung hielt Krösus, wie sie das auch war, für ein Zeichen. Alsbald schickte er heilige Botschafter au die Ausleger in Telmessus. 30Bis aber Jene angekommen und von den Telmessiern unterrichtet waren, was das Zeichen bedeuten wolle, war es ihnen nicht mehr gestattet, dem Krösus Kunde zu bringen; denn ehe sie nach Sardes zurückgeschickt waren, kam er in Gefangenschaft. Die Telmessier indeß thaten den Spruch: "ein fremdartig Kriegsvolk sey zu erwarten in Krösus Land, das da kommen und die Landeskinder unterjochen werde; denn die Schlange, sagten sie, sey ein Kind des Erdbodens, das Pferd aber kriegerisch, und ausländisch." Solchen Bescheid ertheilten die Telmessier dem Krösus, da er bereits gefangen war, wußten aber nichts davon, wie es um Sardes und Krösus selber stand.
79. Cyrus aber hatte gleich beim Abzug des Krösus, nach der bei Pteria vorgefallenen Schlacht, erfahren, er ziehe ab, um sein Heer aufzulösen; darauf berieth er sich und fand, jetzt sey es seine Sache, so schnell er könne, auf Sardes loszugehen, ehe sich zum zweitenmal die Macht der Lydier gesammelt habe. So dünkte es ihm gut, und so that er's auch schleunig. Denn er führte sein Heer so nach Lydien, daß er selbst der Bote seiner Ankunft für Krösus ward. Da kam Krösus in große Noth, daß die Umstände so unerwartet anders waren, als wessen er sich versehen hatte. Der noch führte er die Lydier in die Schlacht. Und zu dieser Zeit war kein Volk in Asien mannhafter und tapferer als das Lydische. Ihre Schlacht kämpften sie von den Rossen Herab, und trugen lange Lanzen, und waren ohnedieß gute Reiter.
80. Und als sie zusammen auf das Feld kamen, das vor der Sardischen Stadt liegt, groß und kahl (dessen Flüsse, worunter auch der Hyllus, zusammenstürzen in den größten, mit Namen Hermus, 31welcher vom heiligen Berg der Mutter Dindyméne 32herströmt, und bei der Phocäerstadt sich in's Meer ergießt), und als Cyrus hier die Schlachtordnung der Lydier sah, da nahm er, aus Besorgniß vor der Reiterei und auf Eingebung des Harpagus, eines Mediers, Folgendes vor. Alle Kamele, die seinem Heere folgten, mit Nahrungsmitteln oder mit Zeug beladen, sammelte er, ließ die Lasten herunternehmen und Männer darauf steigen, die mit einer Reiterrüstung angethan wurden.
Und als er sie ausgerüstet hatte, verordnete er, daß sie, dem andern Heere voran, der Reiterei des Krösus entgegengingen; den Kamelen aber sollte das Fußvolk folgen, und hinter dem Fußvolk stellte er seine ganze Reiterei auf. Als nun Alle nach seiner Anordnung standen, ermahnte er sie, ohne Schonung gegen die andern Lydier, Jeden zu tödten, der ihnen unter die Hand käme, den Krösus selbst aber nicht zu tödten, auch nicht wenn er, während man ihn ergriffe, sich wehren sollte. Dieß war seine Mahnung. Die Kamele stellte er aber deßhalb der Reiterei gegenüber, weil das Pferd vor dem Kamele scheut und es nicht aushält, seine Gestalt zu sehen, noch seinen Geruch zu verspüren. Ebendeßhalb also stellte er's klug an, um dem Krösus seine Reitermacht unnütz zu machen, da auch der Lydier im Auge hatte, gerade durch diese sich hervorzuthun. Und wirklich, als sie in der Schlacht sich begegneten, hatten nicht sobald die Pferde den Geruch der Kamele verspürt, und dieselben erblickt, als sie rückwärts sich herumwarfen, und so die Hoffnung des Krösus dahin war. Gleichwohl waren die Lydier auch jetzt nicht zaghaft ; sondern, als sie bemerkten, was es werden wolle, sprangen sie von den Pferden, und stießen zu Fuß mit den Persern zusammen; sie wurden aber allmählig, da auf beiden Seiten Viele gefallen waren, in die Flucht geschlagen, in die Mauern zurückgeworfen, und von den Persern belagert.
81. So waren sie nun im Belagerungsstande. Hierauf ließ Krösus, in der Meinung, die Belagerung werde ihm langwierig werden, aus seiner Beste neue Boten an die Bundesgenossen abgehen. Hatte er nämlich früher ausgeschickt, um auf den fünften Monat Versammlung nach Sardes ansagen zu lassen, so sandte er jetzt hinaus, um sich die schleunigste Hülfe ausbitten zu lassen; denn Krösus sey belagert.
82. Unter diesen Bundesgenossen, nach denen er schickte, waren auch die Lacedämonier. Aber die Spartiaten selbst hatten um eben diese Zeit gerade einen Streithandel mit den Argivern wegen eines Landstrichs mit Namen Thyrea. Dieses Thyrea, das wirklich Argolischen Antheils war, hatten die Lacedämonier au sich gerissen. Noch bis Malea nämlich ging das Argivische gegen Abend, sowohl das feste Land, als auch die Insel Cythéra uns die übrigen Inseln. Als nun die Argiver um ihr entrissenes Eigenthum zur Wehre schritten, da trat man in Verhandlung, und beide Theile kamen überein, dreihundert Kämpfer von jeder Seite aufzustellen; und welcher Theil übrig bleibe, dessen sollte das Land seyn; aber die Menge beider Heere sollte ihres Weges nach Hause gehen, und dem Kampfe nicht anwohnen, damit nämlich nicht bei der Anwesenheit der Heerhaufen, die Einen oder die Andern, sähen sie die Ihrigen unterliegen, ihnen zu Hülfe kamen. Nach diesem Vertrage gingen sie denn auseinander; die Auserwählten aber, die jeder Theil zurückgelassen, stießen zusammen. Und als sie gekämpft hatten und waren aneinander gerathen, blieben von sechshundert Männern drei übrig: von den Argivern nämlich Afcenor und Chromius, von den Lacedämoniern Othryades. Diese waren noch übrig bei'm Einbruch der Nacht. Nun liefen die Zwei von Argivischer Seite, als Sieger, nach Argos; Othryades aber von Lacedämonischer Seite zog die Leichname der Argiver aus, trug ihre Waffen in sein Lager, und hielt sich dann auf seinem Posten. Des andern Tages fanden sich beide Theile ein, um nachzusehen. Eine Zeit lang wollten nun Beide Sieger seyn, die Einen, weil von den Ihrigen mehr übrig geblieben, die andern mit der Erklärung, daß Jene geflohen seyen, während der Ihrige den Platz behauptet, und die Leichname von den Andern ausgezogen habe. Zuletzt aber ging ihr Streit in eine Schlacht über, worin Viele auf jeder Seite blieben, die Lacedämonier jedoch siegten. Die Argiver nun, die feit dieser Zeit ihre Häupter bescheeren, während zuvor nur langes Haar bei ihnen galt, legten sich ein Gesetz mit einem Fluche auf, daß nicht eher ein Argiver das Haar dürfe wachsen lassen, noch ihre Weiber Gold an sich tragen, als bis sie Thyrea wieder genommen hatten. Aber die Lacedämonier machten hievon gerade das Gegentheil zum Gesetz; denn während sie vorher kein langes Haar trugen, sollte es seither gelten. Von jenem Othryades aber, der einzig von den Dreihunderten übriggeblieben war, sagt man, er habe sich geschämt, nach Sparta heimzukehren, da seine Waffenbrüder dahin waren, und in Thyrea selbst sich umgebracht.
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