(Assyrier, Asien's Herrn, v. 1231 - 711 vor Chr.)
95. Weiter geht nunmehr unsere Geschichte dein Cyrus nach, Wer er war, der den Thron des Krösus umstürzte, und zugleich den Persern, auf welchem Wege sie Herren von Asien geworden sind. Wie es also ein und andere Perser sagen, welche die Geschichte des Cyrus nicht vergrößern wollen, sondern nach der Wirklichkeit angeben: Diesem gemäß werde ich schreiben; obwohl ich weiß, daß man über Cyrus noch dreierlei andere Erzählungsweisen hört. Da die Assyrier über das obere Asien fünfhundert zwanzig Jahre herrschten, fingen zu allererst die Medien an, von ihnen abzufallen; und Diese gingen auch aus ihrem Freiheitskampfe mit den Assyriern als wackere Männer hervor, warfen die Knechtschaft ab und wurden frei. Nach ihnen aber machten es auch die andern Völker ebenso wie die Medier. Da nun Alle auf dem Festlande selbstständig waren, kamen sie folgendermaßen wiederum unter Herrschaft.
96. Unter den Mediern war ein kluger Mann, mit Namen Dejoces, ein Sohn des Phraortes. Derselbe Dejoces that aus Luft zur Herrschaft Folgendes. Die Medier wohnten streckenweise, und da er in dem reinigen zum voraus schon in Achtung stand, legte er sich jetzt noch mehr und bereitwilliger auf Ausübung der Gerechtigkeit; und zwar that er Dieß, während große Gesetzlosigkeit durch ganz Medien war, weil er wußte, daß dem Recht das Unrecht Streit bringt. Die Medier in demselben Flecken sahen feine Weise, und wählten ihn zu ihrem Richter. Da war er nun, eben weil er auf die Herrschaft ausging, gerad und gerecht. Und das für hatte er nicht geringes Lob bei den Bürgern; so daß die Leute in den andern Flecken vernahmen, Dejoces sey allein ein Mann, der sicher Recht spreche, und, weil sie früherhin unter manche ungerechte Erkenntnisse gefallen waren, jetzt, da sie Dieß gehört hatten, gerne zu Dejoces hingingen, um sich auch Recht sprechen zu lassen, am Ende aber sich an keinen Andern mehr wandten.
97. Als aber der Zulaufenden immer mehr ward, weil es hieß, die Rechtssprüche fallen nach der Wahrheit aus, erkannte Dejoces, daß Alles an ihm liege; und nun wollte er nicht mehr hinsitzen, wo er sonst öffentlich zu Gericht saß, und sagte auch, er richte nicht mehr. Denn Das bringe ihm Schlechten Gewinn, wenn er, mit Hintansetzung des Seinigen, Andern den ganzen Tag Recht spreche. Da nun Raub und Gesetzlosigkeit noch viel ärger in den Flecken wurde, als es zuvor gewesen war, machten die Medier eine Versammlung aus und besprachen sich, um über ihre Lage sich Rechenschaft zu geben. Und, wie mir scheint, sagten wohl die Freunde des Dejoces: "Es ist einmal unmöglich, daß wir auf unsere jetzige Art ferner ordentlich im Lande wohnen: wohlan, stellen wir einen eigenen König auf! So wird das Land wohl verwaltet werden, so auch wir selbst unsern Geschäften nachgehen können, und nicht vor Gesetzlosigkeit heimathlos seyn."
(Dejoces, Medierkönig, 700. v. Chr.)
98. Mit dergleichen Reden bringen sie's dahin, daß sie einen König haben wollten. Und als man sogleich zur Sprache brachte, Wen sie zum König aufstellen würden, kam Niemand mehr und mit größerem Lob von allen Seiten zur Sprache, als Dejoces; bis sie's einstimmig gut hießen, er rolle ihr König seyn. Da befahl ihnen Dieser, ihm eine Wohnung zu bauen, wie sich's für einen König schickt, und eine Schutzwache von Lanzenträgern zu geben. Das thun die Medier. Sie bauen ihm eine große, feste Wohnung, wozu er selbst die Stelle bezeichnete; und auch Lanzenträger, gestatten sie ihm, aus sämmtlichen Mediern auszulesen. Und nun, wie er im Besitz der Herrschaft war, gebot er den Mediern, eine Stadt anzulegen, die sie mit größerer Sorge, als alle andern, in Stand setzen sollten. Die Medier gehorchten wieder; und so baute er ein großes und starkes Wert (dasselbe, das jetzt Agbatana 37(Ekbatana) genannt ist) mit Ringmauern, deren immer eine in der andern steht. Dieses Werk ist aber so eingerichtet, daß immer eine Ringmauer gerade um die Schutzwehren höher ist, als die andere. Daß es so ist, daran hilft freilich etwas der Ort selbst, der eine Anhöhe ist; aber ein anderer Theil ist auch noch mehr Wert der Kunst; und während der Ringmauern im Ganzen sieben sind, steht in der legten die Königsburg und der Schatz. Die größte Mauer dabei ist fast so im Umfang, wie die Ringmauer von Athen. Ferner sind an der ersten Ringmauer die Schubwehren weiß, an der zweiten schwarz, an der dritten Ringmauer purpurfarb, an der vierten blau und an der fünften hellroth. So sind von allen Ringmauern die Schubwehren mit Farben übertüncht; nur die zwei letzten haben die eine versilberte, die andere vergoldete Schutzwehren.
99. So baute sich Dejoces ein festes Haus sammt solcher Umgebung, und hieß alsdann sein Volk ringsumher die Beste bewohnen. Als aber Alles gebaut war, so hat Dejoces, und zwar er zuerst, die Ordnung eingesetzt, daß Niemand selbst zum König eingehen darf, sondern Alles durch Boten verhandelt wird, und der König sich von Niemanden sehen läßt; dazu auch, daß vor seinen Augen Sachen und Ausspucken durchaus unziemlich ist. Mit solcher Majestät umgab er sich deßwegen, damit nicht, wenn er sich seyen ließe, seine Jugendfreunde, die mit ihm aufgewachsen und von keinem schlechtern Hause, auch an Mannhaftigkeit nicht unter ihn waren, sich kränker und einen Anschlag machen, vielmehr, da er sich nicht sehen ließ, ihn für Einen von anderer Art halten möchten.
100. Und wie er Das angeordnet und sich, in der Herrschaft befestigt hatte, wachte er scharf über dem Recht. Man schrieb die Rechtshändel auf, und schickte sie an ihn hinein; er entschied sie drinnen und schickte sie wieder heraus. So machte er's mit den Rechtshändeln, und traf außerdem die Ordnung, daß er Jeden, von dem er eine Gewaltthat erfuhr, belangen ließ, und nach Maßgabe des jedesmaligen Frevels verurtheilte, wobei er denn auch Späher und Horcher hatte durch das ganze Land, das er beherrschte.
101. Also hielt Dejoces das Medische Volk sammen, und beherrschte es. Medierstämme sind aber soviele: Busier, Paretacener, Struchaten, Arizantier, Budier, Magier. Das sind die sämmtlichen Medierstämme.
(Phraortes, Perserkönig, von 647 an.)
102. Dieser Dejoces hatte zum Sohn den Phraortes, welcher nach dem Ende des Dejoces, der dreiundfünfzig Jahre König gewesen war, zur Herrschaft kam. Wie aber Dieser dazu gekommen war, genügte es ihm nicht, die Medier allein zu beherrschen, sondern er zog gegen die Perser ins Feld, die er zuerst angriff und zuerst den Mediern unterthan machte. Hernach aber mit diesen zwei Wörtern, die beide so stark was sey, unterwarf er sich Asien von einem Volt zum andern; bis er endlich gegen die Assyrier zu Felde zog, und zwar gegen die Assyrier, welche Ninus 38inne hatten und zuvor über Alle herrschten, damals aber von ihren Streitgenossen, welche abgefallen waren, verlassen, sonst jedoch in gutem Stande waren; bis also Phraortes gegen Diese zog, und er selbst, nach zweiundzwanzigjähriger Herrschaft, umkam, so wie großentheils auch sein Heer.
(Cyaxares v. 625 an, belagert Ninus 624.)
103. Nach Phraortes Ende überkam Cyaxares die Herrschaft, der Sohn des Phraortes, Sohnes von Dejoces. Dieser soll noch viel tapferer gewesen seyn als seine Ahnen, und schaarte auch zuerst die Asiaten nach Haufen, und traf zuerst die Anordnung, daß jeder Theil besonders war, nämlich die Spießträger, die Bogenschützen und die Reiter, während vor ihm Alles bunt zusammen gemengt war. Er ist es, der den Lydiern jene Schlacht lieferte, da ihnen während der Schladt der Tag zur Nacht ward, und der ganz Asien jenseits des Halys unter sich vereinigte. Jetzt sammelte er Alle, die er beherrschte und zog aus gegen die Ninusstadt, um seinen Vater zu rächen, neben der Absicht, diese Stadt einzunehmen. Wie er aber die Assyrier im Treffen besiegt hatte, und Ninus umlagerte, kam auf ihn ein großes Scythenheer heran. Diese führte der Scythenkönig Madyas an, des Protothyas Sohn; sie waren in Asien eingedrungen nach Verdrängung der Cimmerier aus Europa, und indem sie Diese auf ihrer Flucht verfolgten, in's Medische Land gekommen.
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