Jana Gamper
Satzinterpretationsstrategien mehr- und einsprachiger Kinder im Deutschen
Herausgegeben von Cristina Flores (Braga), Tanja Kupisch (Konstanz), Jürgen M. Meisel (Hamburg/Calgary), Esther Rinke (Frankfurt am Main)
A. Francke Verlag Tübingen
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E-Book-Produktion: pagina GmbH, Tübingen
ePub-ISBN 978-3-8233-0007-6
Dank Die Anfertigung und Fertigstellung meiner Dissertation wäre ohne die Unterstützung von zahlreichen Personen kaum denkbar gewesen. Einigen von ihnen möchte ich an dieser Stelle meinen Dank aussprechen. Meinen beiden Betreuern Prof. Dr. Klaus-Michael Köpcke und Dr. Andreas Bittner gilt mein ganz besonderer Dank. Die Zeit, Energie und Geduld, die sie in die Besprechungen und Diskussionen meiner Dissertation investiert haben, haben entscheidend zu ihrer Entstehung beigetragen. Ich habe durch die intensive Betreuung ungeheuer viel gelernt und danke den beiden, dass sie mir meinen Weg in die Sprachwissenschaft auf ihre ganz eigene Weise geebnet haben. Ebenso danke ich meinem Zweitgutachter Prof. Dr. Brian MacWhinney für die Möglichkeit, einen Teil der Arbeit an der Carnegie Mellon University schreiben zu dürfen sowie für seinen wertvollen Input und seine Ideen. Den an der empirischen Erhebung beteiligten Schulleiterinnen und Schulleitern, Lehrerinnen und Lehrern, den Eltern und ganz besonders den Kindern danke ich sehr für ihre Teilnahme. Ich hatte das große Glück, Mitglied des Promotionskollegs Empirical and Applied Linguisticsder Universität Münster zu sein. Der Austausch mit den Lehrenden sowie den anderen Promovierenden, ihre kritischen Nachfragen sowie ihr Feedback haben meine Arbeit stets ein Stück vorangebracht. Ich habe sehr von meiner Mitgliedschaft im Kolleg profitiert und möchte die fünf Jahre nicht missen. Besonders meine Mitpromovenden Verena Wecker, Anja Binanzer, Elisa Franz, Marc Schutzeichel und Valentina Cristante haben mich stets unterstützt – dafür danke ich ihnen. Prof. Dr. Jens Bölte danke ich für die Unterstützung in statistischen Fragen. Katrin Thelen möchte ich für die vielen Stunden in der Bibliothek, endlose Gespräche über die Welt der cues und allen voran die Freundschaft, die aus all dem entstanden ist, danken. Die vier gemeinsamen Bürojahre während der Dissertationsphase und die vielen erhellenden Gespräche, die mich mit Sabina De Carlo auch außerhalb der Bürowände verbinden, haben mich in vielerlei Hinsicht geprägt. Danke dafür. Kathrin Weber danke ich fürs Zuhören, Diskutieren, Unterstützen und Motivieren innerhalb und außerhalb unserer Dissertationswelten. Mein besonderer Dank gilt Alisa Blachut, die mit kritischem Blick und viel Geduld und Akribie die Arbeit Korrektur gelesen und es stets geschafft hat, mir mit freundschaftlichem Rat und einem offenen Ohr zur Seite zu stehen. Ebenso möchte ich meiner Familie, vor allem meiner Mutter, meinem Stiefvater und meinen Großeltern dafür danken, dass sie mich immer motiviert haben und immer hinter mir stehen. Mein größter Dank gilt Dir, Stefan. Danke fürs an meiner Seite sein. Abkürzungsverzeichnis AG Agens AKK Akkusativ CM Competition Model DAT Dativ DET Determinierer FEM Femininum L1 Erstsprache L1 NL Erstsprache Niederländisch L1 R Erstsprache Russisch L2 Zweitsprache MASK Maskulinum monolingual D monolingual Deutsch N+ maximale Nominalphrase N>N zwei aufeinanderfolgende nominale Konstituenten N1 erste nominale Konstituente N1-Strategie Strategie, die erste von zwei nominalen Konstituenten als Agens auszuwählen N2 zweite nominale Konstituente NEUT Neutrum NOM Nominativ NP Nominalphrase NVN nominale Konstituente - Verb - nominale Konstituente OS-Satz Satz, in dem das Objekt vor dem Subjekt realisiert wird PAT Patiens REZ Rezipiens S>O Abfolge Subjekt vor Objekt SO-Satz Satz, in dem das Subjekt vor dem Objekt realisiert wird SpSt Sprachstand SVO Subjekt - Verb - Objekt 1 Einleitung „Die Esel wollten natürlich alle Kinder streicheln“ – am 20.11.2011 druckte der Lüdinghausener Kreiskurier1 diese ungewöhnlich anmutende Meldung ab. Auf den ersten Blick scheint es, als würden die Kinder von den Eseln gestreichelt werden. Beim nochmaligen Lesen wird diese erste Interpretation des Satzes jedoch vermutlich von den meisten Sprechern2 des Deutschen revidiert, sodass die Esel zu den Gestreichelten und die Kinder zu den Streichelnden werden. Obwohl diese Reinterpretation ohne weiteres vorgenommen werden kann, stellt sich die Frage, wodurch die anfängliche Ambiguität überhaupt entsteht und wie sie schließlich aufgelöst werden kann. Die erste Lesart des Satzes kann zustande kommen, weil Sprecher annehmen, dass das erstgenannte Argument des Verbs streichelnder Handlungsträger (Agens) und das zweitgenannte das Objekt (Patiens) sei. Man kann sich bei der Satzinterpretation also auf die Reihenfolge der Konstituenten und damit auf die Wortstellung stützen. Untermauert wird diese Satzinterpretation durch die Tatsache, dass beide Nominalphrasen im Plural realisiert werden und die Verbform in Hinblick auf Kongruenzrelationen keine der beiden Phrasen eindeutig als agentivisch favorisiert. Syntaktische Ambiguitäten kommen im täglichen Sprachgebrauch in unzähligen Ausprägungen vor. Neben den ‚streichelnden Eseln‘ finden sich zum Beispiel Meldungen wie Zwei Autos beschädigten Unbekannte in der Nacht von Samstag auf Sonntag3oder Elterngeld: Nur jedes fünfte Kind wickelt Papa.4 Jeder dieser Sätze ist uneindeutig und ermöglicht bei der Bestimmung des Subjekts zwei Lesarten. Während die streichelnden Esel und das wickelnde Kind vermutlich aufgrund des Weltwissens, dass Esel nicht streicheln können und Kinder ihre Eltern eher nicht wickeln, als Agens entfallen, ist es im zweiten Beispiel die Unbelebtheit der Autos, die diese als Aktanten ausschließt. Die Beispiele zeigen, dass Sprecher Sätze nach komplexen Prinzipien analysieren müssen, wenn sie bestimmen wollen, wer Handlungsträger und wer nur von der Handlung betroffen ist. Nicht umsonst nennt Kako (2006: 1) Sätze „miniature plays“, die stets die Information enthalten, wer was tut und mit wem was geschieht. Die sprachliche Oberfläche dient uns neben dem Weltwissen dabei als Orientierungspunkt, um zu erfassen, wer die Aktanten innerhalb der Satzszene sind und in welcher Relation sie zueinander stehen, das heißt welche Rolle sie im Stück spielen. Unterschiedliche Formen werden dabei dazu verwendet, die Rollen der beteiligten Handlungsaktanten anzuzeigen. Formal-grammatische Mittel haben folglich eine Kodierungsfunktion. Aufgabe der Sprecher ist es, den oberflächensprachlichen Kode zu entschlüsseln, um an den Inhalt, im vorliegenden Fall die semantischen Relationen, zu gelangen. Der Handlungs- und Satzrahmen wird dabei von der Verbbedeutung bestimmt; den an der Handlung beteiligten Aktanten müssen in einem zweiten Schritt spezifische Rollen zugewiesen werden. So wäre bei der Kombination der Lexeme schenken, Mädchen, Jungeund Blumezunächst nur klar, dass auf die Handlung des Schenkens sowie auf drei an der Handlung beteiligte Aktanten ( Mädchen, Junge, Blume) referiert wird.
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