[1]
Ziekow , in: Sodan/Ziekow, GK ÖR, 9. Aufl. 2020, § 105 Rn. 1.
[2]
Hufen , VwProzR, 11. Aufl. 2019, § 31 Rn. 11.
[3]
Zu § 47 Abs. 6 VwGO ausf. Schenke , VwProzR, 17. Aufl. 2021, Rn. 1125 ff.
2. Teil Repetitorium im Verwaltungsprozessrecht› 4. Kapitel Vorläufiger Rechtsschutz› B. Der Antrag auf Anordnung/Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung nach § 80 Abs. 5 S. 1 VwGO und die Anträge nach §...
B. Der Antrag auf Anordnung/Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung nach § 80 Abs. 5 S. 1 VwGO und die Anträge nach § 80a Abs. 3 VwGO
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Teil 1: Sachentscheidungsvoraussetzungen eines Antrags nach § 80 Abs. 5 S. 1 VwGO/§ 80a Abs. 3 VwGO
1. |
Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs – § 40 Abs. 1 S. 1 VwGO |
2. |
Statthaftigkeit des Antrags – § 80 Abs. 1, Abs. 2 VwGO |
3. |
Verfahrensartabhängige Sachentscheidungsvoraussetzungen a) Antragsbefugnis § 42 Abs. 2 VwGO analogb) Weitere Sachentscheidungsvoraussetzungen? |
4. |
Zuständigkeit des Gerichts der Hauptsache – § 80 Abs. 5 VwGO |
5. |
Beteiligtenbezogene Sachentscheidungsvoraussetzungen – §§ 61 ff. VwGO |
6. |
Ordnungsgemäße Antragstellung – §§ 81 ff. VwGO |
7. |
Allgemeines Rechtsschutzbedürfnis a) Vorherige Anrufung der Behörde (§ 80 Abs. 6 VwGO)? b) Keine Verfristung der Hauptsache c) Vorherige Einlegung des Rechtsbehelfs in der Hauptsache? |
Teil 2: Begründetheit eines Antrags nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO/§ 80a Abs. 3 VwGO
1. |
Obersatz |
2. |
Passivlegitimation |
3. |
Der Prüfungsmaßstab |
II. Erläuterungen zum Aufbauschema – Sachentscheidungsvoraussetzungen
1. Einführung
a) Bedeutung und Wesen der aufschiebenden Wirkung
179
Studierende fürchten Klausurfälle mit einem Antrag auf Anordnung oder Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsbehelfs – vollkommen zu Unrecht. Die Furcht basiert zum einen auf der auf den ersten Blick verwirrenden Regelungsvielfalt der §§ 80, 80a VwGO, zum anderen beruht sie auf dem vom herkömmlichen Schema geringfügig abweichenden Aufbau der Begründetheitsprüfung. Wenn der Regelungsmechanismus der §§ 80 ff. VwGO erst einmal verstanden ist, lassen sich die meisten Fälle ebenso leicht lösen wie die Fälle, deren Lösung einer bestimmten Klageart folgt. Dabei kommt dem Eintritt der aufschiebenden Wirkungeine Schlüsselfunktionzu. Denn im bipolaren Verwaltungsrechtsverhältnis[1] – also der Situation einer Adressatenanfechtungsklage – besteht ein Bedürfnis nach vorläufigem Rechtsschutz lediglich dann, wenn ein Rechtsbehelf keine aufschiebende Wirkung hat. Und bei multipolaren Verwaltungsrechtsverhältnissen – also der Situation einer Drittanfechtungsklage – bestimmt es sich danach, welcher der beteiligten Akteure aktiv werden muss (s.u. Rn. 193und 195mit den dort aufgeführten Konstellationen).
180
Nach § 80 Abs. 1 S. 1 VwGO haben Widerspruch und Anfechtungsklage grundsätzlich aufschiebende Wirkung. Dies gilt nach § 80 Abs. 1 S. 2 VwGO für die dort so bezeichneten Verwaltungsakte mit Doppelwirkung. Allerdings kann eine Doppelwirkung auch in einer Person eintreten, etwa wenn eine (begünstigende) Genehmigung mit einer (belastenden) Auflage verbunden ist. Da im Fall von § 80 Abs. 1 S. 2 VwGO aber Konstellationen erfasst sind, in denen die Wirkungen bei verschiedenen Personen eintreten, sollte man besser von Verwaltungsakten mit Drittwirkungsprechen[2]. Aufschiebende Wirkung bedeutet nach überwiegender und zutreffender Ansicht, dass die Vollziehung des Verwaltungsakts gehemmt wird (sog. Vollziehbarkeitstheorie)[3]. Für diese Ansicht und zugleich gegen die kaum noch vertretene Wirksamkeitstheorie spricht bereits der Wortlaut des § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 VwGO („… die sofortige Vollziehung anordnet . . .“). Darüber hinaus entfällt gemäß § 43 Abs. 2 VwVfG die Wirksamkeit eines Verwaltungsakts lediglich bei dessen Aufhebung. Die Aufhebung eines Verwaltungsakts erfolgt im verwaltungsgerichtlichen Verfahren aber nach § 113 Abs. 1 S. 1 VwGO lediglich bei einer erfolgreichen Anfechtungsklage in der Hauptsache.
[1]
Zum Begriff Peine/Siegel , AllgVerwR, 13. Aufl. 2020, Rn. 258.
[2]
Peine/Siegel , AllgVerwR, 13. Aufl. 2020, Rn. 367.
[3]
Schenke , VwProzR, 17. Aufl. 2021, Rn. 1022 ff. mwN.
b) Entfallen der aufschiebenden Wirkung kraft Gesetzes
181
Die aufschiebende Wirkung tritt jedoch nicht ein, wenn einer der in § 80 Abs. 2 VwGOgenannten Fälle vorliegt. Sie weisen eine unterschiedliche Klausurrelevanz auf. Von untergeordneter Bedeutung ist in den meisten Bundesländern die Bestimmung des § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 VwGO. Denn das Recht der öffentlichen Abgaben und Kostengehört regelmäßig nicht (mehr) zum Pflichtstoff. Anders verhält es sich in denjenigen Bundesländern, in denen das Kommunalabgabenrecht noch zum Pflichtstoff zählt. Mit der Ausnahme soll die Finanzierung notwendiger öffentlicher Aufgaben gewährleistet werden[1]. Aus diesem Zweck folgt, dass nur solche Abgaben erfasst werden, bei denen der Ertragszweck bzw. Ausgleichszweck im Mittelpunkt steht. Nicht erfasst werden daher Lenkungsabgaben oder Nebenkosten zu Verwaltungsakten[2].
182
In polizeirechtlichen Klausuren ist insbesondere § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 VwGO von Bedeutung. Danach entfällt die aufschiebende Wirkung bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten. Diese Ausnahmeregelung ist jedoch in zweierlei Hinsicht beschränkt: Zum einen bezieht sie sich lediglich auf Polizeivollzugsbeamte und blendet damit die Ordnungsbehörden aus[3]. Ordnungsbehörden müssen daher grds. die sofortige Vollziehung anordnen (s.u. Rn. 184 f.), wenn sie die aufschiebende Wirkung ausschließen wollen. Zum anderen muss die Anordnung bzw. Maßnahme unaufschiebbar sein, es muss also ein sofortiges Einschreiten der Polizei erforderlich sein[4]. Bei Verkehrszeichen ist § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 VwGO entsprechend anzuwenden[5].
183
Besonders klausurrelevant ist zudem § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 VwGO, wonach die aufschiebende Wirkung durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetzausgeschlossen werden kann. Besonders prüfungsrelevant ist hier die Bestimmung des § 212a Abs. 1 BauGB[6]. Danach haben Widerspruch und Anfechtungsklage eines Dritten gegen die bauaufsichtliche Zulassung eines Vorhabens keine aufschiebende Wirkung. Darüber hinaus sehen oftmals Landesgesetze vor, dass Rechtsbehelfe gegen Maßnahmen der Verwaltungsvollstreckung ebenfalls keine aufschiebende Wirkung entfalten[7].
[1]
Ziekow , in: Sodan/Ziekow, GK ÖR, 9. Aufl. 2020, § 106 Rn. 5; VGH Mannheim, NJW 2020, 701, 702.
[2]
Hufen , VwProzR, 11. Aufl. 2019, § 32 Rn. 10 mwN (auch zur teilweise abweichenden Rechtsprechung). Ebenso etwa VGH Mannheim, NJW 2020, 701 (702) (zu den Kosten einer Ersatzvornahme).
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